Mit dem "Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen" (MoRaKG) hat die Bundesregierung neben der erst kürzlich verabschiedeten "Unternehmenssteuerreform 2008" ein weiter
Projekt nach dem Motto "Wer da hat, dem wird gegeben " in Angriff genommen. Begünstigte dieses Vorhabens werden große Teile der Private Equity Branche und ihrer Manager sowie die Fondsanleger sein. Da nicht nur das Treiben der Private Equity Branche durch die Heuschreckendebatte hier zu Lande, sondern auch deren Steuerprivilegien in den USA und Großbritannien arg in die Kritik geraten sind, müssen der vielgepriesene deutsche Mittelstand und jene Existenzgründer, von denen technologisches Innovationspotenzial erhofft wird, für einen positiven Begründungszusammenhang herhalten.
Wer aber glaubt, dass für diese so gern als Hoffnungsträger der deutschen Wirtschaft bezeichneten Unternehmen und Wirtschaftspioniere auch etwas vom Kuchen abfällt, wird sich getäuscht sehen: Gefördert werden sollen nur diejenigen, die als Fonds diesen Unternehmen Kapital in Form einer Unternehmensbeteiligung zur Verfügung stellen. Inwiefern den in dieser Art übernommenen Unternehmen, die als Ziel- oder Portfoliounternehmen bezeichnet werden, Schulden aufgebürdet werden - also Kapital wieder entzogen wird -, ist dabei nicht von Bedeutung.
Dabei geht es im Wesentlichen um folgende Sachverhalte: erstens um die gewerbesteuerliche Behandlung der Fondsgesellschaften selbst, die im Juristendeutsch als Beteiligungsgesellschaften bezeichnet werden; zweitens um die einkommensteuerliche Behandlung der Gewinnbeteiligung von Fondsmanagern; und drittens gibt die Begründung des Gesetzentwurfes vor, sog. "Business Angel", also "erfahrene Unternehmerpersönlichkeiten (Â…), die sich mit Kapital und Know-How unmittelbar in ›junge‹ Unternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft einbringen",1 steuerlich fördern zu wollen. Des Weiteren sollen Beratungsleistungen, die die Private Equity Gesellschaften ihren Kapitalgebern in Rechnung stellen, weiterhin von der Umsatzsteuer befreit bleiben. Außerdem ist eine Ausnahme von der in der Unternehmenssteuerreform eben erst beschlossenen Beschränkung der Verlustverrechnung geplant. Schließlich wird ein Teil der Maßnahmen im Zusammenwirken mit der ab 2009 in Kraft tretenden Abgeltungssteuer auch den Fondsanlegern zusätzliche Steuergeschenke bescheren.
Neben diesen unmittelbar steuerlich relevanten Sachverhalten sollen darüber hinaus bisher geltende Verbote hinsichtlich der Beteiligung von Private Equity Fonds an bestimmten Unternehmen fallen. Hierdurch würde ein weiterer Teil der Unternehmenslandschaft zur Verwertung durch die Fonds freigegeben.
Steuerfrei, weil vermögensverwaltend
Auf Grund der zu engen und willkürlichen Eingrenzung des Kreises der Gewerbesteuerpflichtigen einerseits und um andererseits das regelmäßige unternehmerische Wirtschaften abzugrenzen vom nicht regelmäßig am wirtschaftlichen und gewerblichen Verkehr Teilnehmenden, wurde im Steuerrecht der Begriff "Verwaltung eigenen Vermögens" geschaffen. Problematisch ist dabei, dass dieser Begriff nach der geltenden Gesetzeslage nicht immer trennscharf von der "Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr", der eine Gewerbesteuerpflicht mitbegründet, unterscheidbar ist. Dies hat mit dazu beigetragen, dass im Laufe der Zeit der Begriff "vermögensverwaltend" insbesondere im Hinblick auf Beteiligungsgesellschaften reichlich überdehnt wurde. So führt etwa die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen in einem Portfoliounternehmen durch die Beteiligungsgesellschaft noch nicht dazu, dass deren Tätigkeit als unternehmerisch bezeichnet werden kann, was neben anderem ein Tatbestandsmerkmal für die Einstufung als gewerbliches Unternehmen wäre. Auch darf eine Beteiligungsgesellschaft die Mehrheit der Anteile an einem Unternehmen halten, ohne dass sie dadurch den Status "vermögensverwaltend" verliert. Ebenso liegt noch keine unternehmerische Tätigkeit vor, wenn ein Aufsichtsrat bestimmt, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden dürfen. Lediglich, wenn Zustimmungsvorbehalte in einem Maße eingeräumt werden, "dass der Geschäftsführung der Portfolio-Gesellschaft kein echter Spielraum für unternehmerische Entscheidungen bleibt",2 wäre dies ein Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit. Unabhängig von der Interpretationsfähigkeit dieser Formulierung sind in Anbetracht der erheblichen Abhängigkeiten, die zwischen der Geschäftsführung eines Portfoliounternehmens und dessen Mehrheitseigner bestehen, Zweifel daran angebracht, inwieweit für die Finanzverwaltung und die Aufsichtsbehörden Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit in der Praxis überhaupt ermittelbar sind.
Der in dieser Angelegenheit sehr rührige Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) sieht sich aber trotz dieser sehr großzügigen Auslegung des Begriffs "vermögensverwaltend" noch nicht ausreichend zufrieden gestellt. Statt es ins Ermessen der jeweiligen Finanzverwaltung gestellt zu sehen, ob ein Fonds der Steuerpflicht entgehen kann, pocht der BVK darauf, dass ohne Zugrundelegung bestimmter Kriterien alle Beteiligungsgesellschaften generell von der Gewerbesteuer verschont bleiben. Diese Forderung wird mit dem in die Irre führenden Begriff der Steuertransparenz verbrämt. Die Finanzwissenschaftler Lorenz Jarass und Gustav Obermair haben hierzu festgestellt: "Es geht keinesfalls um mehr Transparenz, also mehr Informationen über Geschäfte, Eigentümer und Gewinne von Private Equity Fonds. Der steuertechnische Begriff ›steuerliche Transparenz‹ bedeutet vielmehr keinerlei Besteuerung beim Unternehmen, sondern ausschließlich beim Anteilseigner.
Da die Fonds-Anteilseigner ganz überwiegend Ausländer sind oder steuerbefreite Inländer wie Lebensversicherungen, erfolgt im Ergebnis in Deutschland im Regelfall überhaupt keine Besteuerung. Die Forderung ›steuerlicher Transparenz‹ für Private Equity Fonds bedeutet also de facto die Forderung nach Steuerfreiheit von in Deutschland erwirtschafteten Erträgen für die Fonds selbst und für ihre ausländischen Anteilseigner."3
Einen wesentlichen Teilerfolg kann der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften bereits verbuchen. So soll eine besondere Unterform der Private Equity Fonds, nämlich die Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft, geschaffen werden. Fonds, die deren Kriterien entsprechen, sollen künftig generell von der Gewerbesteuer befreit werden, indem sie pauschal als vermögensverwaltend eingestuft werden können. Da mit Wagniskapital jenes Kapital bezeichnet wird, das in junge und technologieorientierte Unternehmen investiert wird, erweckt das Finanzministerium den Eindruck, dass Steuerprivilegien hier am besten zu rechtfertigen sind, da die jeweiligen Zielunternehmen nach der ursprünglichen Planung nicht mehr als 500 000 Euro an Eigenkapital hätten haben dürfen. Maßgeblich auf Druck der CDU wurde diese Grenze aber zwischenzeitlich um das 40-fache auf 20 Mio. Euro erhöht. Der IG Metall geht das zu weit, "denn damit würden auch sehr große mittelständische oder sogar Großunternehmen gefördert. Von den 3,5 Millionen deutschen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) im KfW-Mittelstandspanel (KMU sind demzufolge Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 500 Millionen Euro) verfügt kein einziges über ein Eigenkapital von 20 Millionen Euro."4
So zutreffend wie in dieser Analyse die Eigenkapitalunterlegung der mittelständischen Unternehmen auch dargestellt sein mag, so wird in dieser Positionsbestimmung der IG Metall doch übersehen, dass es gar nicht um die Förderung der Zielunternehmen, sondern ausschließlich um die Steuerprivilegien von Fonds geht, die sich diese Unternehmen einverleiben. Die Anhebung der Eigenkapitalgrenze führt einzig dazu, dass das Feld, auf dem sich die Private Equity Fonds steuerfrei tummeln dürfen, massiv ausgeweitet wird.
Je dreister die Steuergeschenke, desto lyrischer die Begriffe
Es leuchtet ein, dass es für sich genommen bereits eine gewisse Privilegierung darstellt, mit einem erhöhten Gewinnanteil an einer Unternehmung beteiligt zu sein. Die Auseinandersetzung über Sinn und Unsinn solcher Privilegien ist üblicherweise eher Angelegenheit der jeweiligen Betriebsbelegschaften und Vorstände sowie ggf. der Tarifvertragsparteien - auch wenn der Unmut über hohe Managergehälter oftmals zu Recht in der breiteren Öffentlichkeit hohe Wellen schlägt. Davon abgesehen, dass der Bundesrechnungshof reklamiert, dass Einkunftsmillionäre von den Finanzbehörden nur unzureichend kontrolliert werden, konnte dies den gemeinen Steuerzahler aus fiskalischer Sicht bisher eigentlich ziemlich kalt lassen: Wer hohe Einkünfte bezieht, unterliegt dann eben der entsprechend höheren Progression der Einkommensteuer. Nicht kalt lassen sollte es einen aber, wenn es um die erhöhte Gewinnbeteiligung von Managern vermögensverwaltender Fonds geht: Diese ist nämlich auf Betreiben von SPD, Bündnis 90/DieGrünen und CDU seit 2004 zur Hälfte steuerfrei.
Damit diese Privilegierung der Privilegien nicht allzu offensichtlich ins Auge springt, bezeichnen die Protagonisten dieser Steuerbefreiung die erhöhte Gewinnbeteiligung gerne mit dem englischen Begriff "carried interest". Darunter ist die Beteiligung von Fondsmanagern, die selbst Anteile am verwalteten Fonds halten, am erzielten Gewinn dieses Fondsvermögens zu verstehen. Diese Gewinnbeteiligung von in der Regel ca. 20 Prozent kommt erst dann zur Auszahlung, wenn die Gesellschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben.
Wohl durch die in den USA und in Großbritannien zuletzt stark in die Kritik geratenen dortigen Steuerprivilegien hat sich das Bundesfinanzministerium befleißigt, den Eindruck zu erwecken, dass nun auch in Deutschland diese Steuergeschenke beschnitten werden, indem nun nur noch 40 Prozent des erhöhten Gewinnanteils steuerfrei bleiben sollen. Der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) und Bündnis 90/Die Grünen fordern dagegen, dass die hälftige Steuerbefreiung nicht nur beibehalten sondern auch auf alle Beteiligungsgesellschaften ausgedehnt werden soll. Der Unterschied zwischen der Forderung des BVK und der von Bündnis 90/Die Grünen liegt lediglich darin, auf welchem Weg dies erreicht werden soll. Da der BVK ohnehin die gänzliche Gewerbesteuerfreiheit aller Beteiligungsgesellschaften anstrebt, könnten aus seiner Sicht zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden, indem alle Beteiligungsgesellschaften als vermögensverwaltend eingestuft werden. Bündnis 90/Die Grünen setzen hingegen den Fortbestand eines Teils von gewerblichen Beteiligungsgesellschaften voraus, fordern aber direkt die hälftige Steuerfreiheit für die Managergewinne der gesamten Branche.
Zu einfach wäre es aber zu glauben, dass das Bundesfinanzministerium als vermeintlicher Hüter der Staatseinnahmen hier einen Erfolg und die Private Equity Lobby sich eine Abfuhr eingehandelt hätten. Mit der Schaffung des weitgefassten Konstrukts einer Wagniskapitalgesellschaft, die per se als vermögensverwaltend einzustufen ist, werden künftig deutlich mehr Manager als bisher in den Genuss dieses Steuergeschenkes kommen. Lediglich jene Manager, die bisher schon die hälftige Steuerbefreiung genießen konnten, werden sich künftig mit einer 40-prozentigen Steuerfreiheit begnügen müssen. Außerdem hatte sich ein Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums ursprünglich die Forderung des Antrages von Bündnis 90/Die Grünen zu eigen gemacht. Während der Gesetzentwurf aber wieder davon Abstand nahm, auch die Manager gewerblicher Fonds in den Genuss des steuerermäßigten "carried interest" kommen zu lassen, wird dafür nun ein weiteres Steuergeschenk geplant, das im Eckpunktepapier noch nicht vorgesehen war und im Folgenden beschrieben ist.
Wie die Engel in das Steuerrecht einziehen und den Reichen Segen spenden
Da - so die Begründung des Referentenentwurfes - "junge Unternehmen, neben dem institutionellen Wagniskapitalmarkt, auch Kapital von vermögenden, unternehmerisch denkenden und handelnden Personen" erhalten, die sich zudem mit "Know-How und ihrem persönlichen Netzwerk in diese Unternehmen einbringen", sollte das Engagement dieser als "Business Angel" Bezeichneten durch eine Anhebung des Freibetrages von 9 060 Euro auf 20 000 Euro im Rahmen des § 17 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gefördert werden. 5 Diese Passage des EStG gewährt einen Steuerfreibetrag auf Gewinne, die bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften anfallen, wenn diese mehr als ein Prozent des Nennkapitals umfassen.
Ungeachtet dessen, ob auch eine solche Förderung als sinnvoll einzuschätzen ist, kann diese Maßnahme mitnichten als zielgenau bewertet werden. Zum einen konstituieren junge Unternehmen sich längst nicht immer als Kapitalgesellschaften, womit es erst gar nicht zu einer Förderung der Mentoren von Personengesellschaften käme. Zum anderen würden längst nicht nur die eigentlich avisierten "Business-Angel" von Kapitalgesellschaften in den Genuss des Steuervorteils kommen. In der Begründung des Gesetzentwurfes wird zwar emsig über "Business Angel" und den Segen, der von diesen ausgehe, fabuliert, jedoch wird es im Gesetzestext unterlassen, diese scheinbar so ehrenwerten Persönlichkeiten als juristische Figur zu definieren. Damit können sich alle über Steuererleichterungen freuen, die planen, größere Anteile an Kapitalgesellschaften zu veräußern. Die Art und Weise ihres Engagements in diesen Firmen wird dabei völlig bedeutungslos sein.
Wie die "Management Fee" der Umsatzsteuer entgeht
Die "Management Fee" ist keineswegs eine märchenhafte Gestalt, die Unternehmen aus der Klemme hilft. Vielmehr entstammt dieser Begriff dem Jargon der Private Equity Branche: Als "Management Fee" werden Gebühren für Beratungsleistungen bezeichnet, die die Private Equity Gesellschaften ihren Kapitalgebern in Rechnung stellen. Diese Beratungsgebühr beträgt gewöhnlich zwischen einem und fünf Prozent der Einlage. Nach einem Erlass vom Mai 2007 war vorgesehen, dass diese Leistungserbringung ab dem Jahre 2008 umsatzsteuerpflichtig sein soll. Nach der Veröffentlichung des Referentenentwurfes zum MoRaKG hat die CDU in weiteren Verhandlungen durchgesetzt, dass dieser Erlass nun wieder zurückgezogen wurde. Faktisch werden diese Beratungsleistungen damit in den Rang von gemeinnützigen oder mildtätigen Tätigkeiten erhoben, für gewöhnlich können nämlich nur derart eingestufte Tätigkeiten von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen werden. Vor dem Hintergrund der zu Anfang des Jahres in Kraft getretenen Mehrwertsteuererhöhung ist diese Maßnahme um so skandalöser - während der Mehrheit der Bevölkerung massiv Kaufkraft entzogen wurde, erhalten diejenigen, die soviel Einkommen erzielen, dass sie es gar nicht konsumtiv verausgaben können, auch noch Umsatzsteuergeschenke.
Die verschärfte Mantelkaufregelung - wie eine sinnvolle Maßnahme exklusiv für die Branche wieder ausgehebelt wird
Neben milliardenschweren Belastungen, die die Unternehmenssteuerreform ab 2008 für die öffentlichen Haushalte mit sich bringen wird, konnte in diesem Gesetzgebungsverfahren aber nicht gänzlich ignoriert werden, dass die Kritik an den Steuergestaltungsmöglichkeiten der Unternehmen immer lauter wurde. Eine Reaktion hierauf war eine Verschärfung der sog. "Mantelkaufregelung". Von einem Mantelkauf ist die Rede, wenn eine Kapitalgesellschaft mit bestehenden Verlustvorträgen maßgeblich mit dem Ziel aufgekauft wird, die Verluste beim Erwerber steuermindernd nutzbar zu machen. Die Vorschrift zielt darauf ab, einen Handel, bei dem die Verluste den einzigen Kaufanreiz darstellen, weitestgehend zu unterbinden. Mit der Unternehmenssteuerreform 2008 wurde diese Regelung im Rahmen des § 8c Körperschaftsteuergesetz verschärft, um bis dato immer noch mögliche Steuergestaltungen einzuschränken.
Für Fonds, die sich in der Form einer Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft organisieren, soll nach den vorliegenden Gesetzesplänen diese striktere Regelung zur Beschränkung der Verlustverrechnung nun allerdings nicht mehr gelten. Neben der Gewerbe-, der Einkommen- und der Umsatzsteuer wird der Branche der Finanzinvestoren damit auch im Bereich der Körperschaftsteuer eine steuerliche Vorzugsbehandlung zuteil.
Auswirkungen
Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge sollen die Steuermindereinnahmen, mit denen bei Inkrafttreten des MoRaKG zu rechnen ist, den Betrag von 465 Mio. Euro nicht übersteigen. Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. hat mit einer Kleinen Anfrage diese Berechnung und die entsprechende Datengrundlage hinterfragt. Dabei stellte sich heraus, dass die Bundesregierung weder über Informationen darüber verfügt, in welchem Umfang die bereits heute bestehenden Steuerprivilegien der Private Equity Branche und ihrer Manager den Staatssäckel belasten, noch darüber, mit welchen Ausfällen bei den einzelnen geplanten Maßnahmen in Zukunft zu rechnen ist. Auch existieren keinerlei Schätzungen darüber, wie viele Fonds künftig versuchen werden, den Kriterien der Steuerfreiheit zu entsprechen. Damit können die verlautbarten 465 Mio. Steuermindereinnahmen getrost als Luftnummer qualifiziert werden.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürften die durch das Inkrafttreten des MoRaKG verursachten Steuerausfälle jedoch weitaus höher liegen. Dabei werden diese Steuerausfälle nur zu einem Teil aus den zuvor dargestellten Steuergeschenken resultieren. Besonders misslich für den Staatshaushalt dürfte es sein, dass durch das MoRaKG einerseits die Zahl der vermögensverwaltenden Fonds deutlich zunehmen wird und andererseits ab 2009 die Einführung der pauschalen Abgeltungssteuer auf private Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne in Höhe von 25 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag) bereits beschlossene Sache ist. Die Kombination beider Regelungen "zeigt, weshalb die generelle Einordnung der Private Equity Fonds in Deutschland ab 2009 als vermögensverwaltend wesentliche Bedeutung auch für größere deutsche Investoren hätte: Sie könnten ihre bisher direkt gehaltenen Anteile an gewerblichen Personengesellschaften in einen Private Equity Fonds einbringen und so ihren Spitzensteuersatz von 44 Prozent auf 26 Prozent reduzieren."6 Zwar soll es eine generelle Einordnung aller Beteiligungsgesellschaften als vermögensverwaltend nach dem Willen des Finanzministeriums nicht geben (nach Schätzungen des Ministeriums selbst würde dies zu Steuerausfällen von 15 bis 20 Mrd. Euro führen), jedoch wird die gegenüber den ursprünglichen Planungen um das 40-fache erhöhte Beteiligungsgrenze an Wagniskapitalgesellschaften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe führen.
Raoul Didier - Jg. 1967, Diplom-Volkswirt, M. A.; Referent für Steuer- und Finanzpolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.
Dr. Axel Troost - Jg. 1954, Volkswirt; finanzpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und Mitglied des Bundesvorstandes DIE LINKE; jüngste Veröffentlichungen: Intelligente Finanzpolitik für mehr Beschäftigung statt hausgemachter Staatsverschuldung (2006); Der Angriff auf die Sparkassen (2007).
1 Referentenentwurf im Bundesministerium für Finanzen: Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen, S. 20/21.
2 Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom 16. Dezember 2003 (IV A 6 - S 2240 - 153/03).
3 Lorenz Jarass, Gustav Obermair: Steuerliche Aspekte der Aktivitäten von Private Equity und Hedge Fonds. Gutachten im Auftrag der Hans-Böckler- Stiftung, Juli 2007.
4 Private Equity: Nicht fördern, sondern fordern!, in: Wirtschaft aktuell 15/2007 - Aktuelle wirtschaftspolitische Analysen der IG Metall.
5 Referentenentwurf, a. a. O., S. 35.
6 Lorenz Jarass, Gustav Obermair, a. a. O., S. 41.
in: UTOPIE kreativ, H. 205 (November 2007), S. 1050-1056
aus dem Inhalt:
Essay HANS JÜRGEN KRYSMANSKI: Der stille Klassenkampf von oben. Strukturen und Akteure des Reichtums; Oktoberrevolution WOLFGANG RUGE: Vom Roten Oktober zur Alleinherrschaft der Bolschewiki. Machtkämpfe nach der Machtübernahme; ULLA PLENER: Zu Lenins demokratischer Strategie auf dem Weg zum Sozialismus: 1917 und 1921; Gesellschaft - Analysen & Alternativen WERNER RUF, PETER STRUTYNSKI: Militärinterventionen: verheerend und völkerrechtswidrig; RAOUL DIDIER, AXEL TROOST: "Steuertransparenz" und Managerlatein; RONALD BLASCHKE: Mythos der produktiven Arbeit. Ein neues Buch von Manfred Füllsack zum Thema Arbeit und Grundeinkommen; Standorte JOCHEN MATTERN: Negatives Lernen; MARTIN DÂ’IDLER: "boloÂ’bolo" (1983) von P. M. Der Entwurf eines globalen Anarchismus als neuer Klassiker der politischen Utopie; Konferenzen & Veranstaltungen RICHARD DETJE: Konjunkturperspektiven. Zwischen Prosperitätserwartungen und Krisenszenarien - Workshop von Helle Panke und WISSENTransfer; Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau; Bücher & Zeitschriften Marcus Hawel: Die normalisierte Nation. Vergangenheitsbewältigung und Außenpolitik in Deutschland (WOLFRAM ADOLPHI); Daniel Friedrich Sturm: Uneinig in die Einheit. Die Sozialdemokratie und die Vereinigung Deutschlands 1989/90 (HARALD LANGE); Rüdiger Bernhardt: Gerhart Hauptmann. Eine Biographie (KAI AGTHE); Hans-Hermann Hertle, Konrad H. Jarausch (Hrsg.): Risse im Bruderbund. Die Gespräche Honecker - Breshnew 1974 bis 1982 (JOCHEN CERNY); Dirk Mellies: Trojanische Pferde der DDR? Das neutralistisch-pazifistische Netzwerk der frühen Bundesrepublik und die Deutsche Volkszeitung, 1953-1973 (BERND HÜTTNER)