Im schwülen Frühsommer dieses Jahres haben die USA und die EU, mit anderen Worten: die NATO, einen neuen, aus ihrer Sicht nahezu genialen Vorschlag zur Lösung des
Kosovo-Konfliktes ausgebrütet und ihn Serbien und Rußland unterbreitet. Nachdem Belgrad, unterstützt von Moskau, den Ahtisaari-Plan über eine "überwachte Unabhängigkeit" der südserbischen Provinz Kosovo und Metohien und damit ihr Herausbrechen aus seinem völkerrechtlich anerkannten Staatsgebiet abgelehnt hat, haben sie eine viermonatige Beratungspause im Sicherheitsrat vorgeschlagen. Kommt es in diesem Zeitraum zu keiner Einigung, dann soll der Ahtisaari-Plan ohne weitere Verzögerung umgesetzt werden. Dieser famose Plan sieht für Kosovo bekanntlich eine eigene Verfassung, Streitkräfte, Flagge und Hymne, das Recht, internationale Verträge abzuschließen, sowie die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen wie UNO und Weltbank vor. Um seinen angeblichen Kompromißcharakter zu demonstrieren, sichert er den noch nicht vertriebenen Serben einige Sonderrechte zu, den Schutz ihrer Klöster und Kirchen sowie das Verbot, Kosovo mit anderen Staaten (sprich: Albanien) zu vereinigen. Damit die Vorherrschaft von EU und NATO im Zentrum des Balkans erhalten bleibt, soll dieser Kosovo-Status nach dem Muster von Bosnien-Herzegowina von einem "Internationalen Zivilen Repräsentanten", einer EU-Polizeitruppe und einer "Internationalen Militärpräsenz" gesichert werden. Summa summarum: Auch nach dem neuen Vorschlag soll Kosovo endgültig von Serbien abgetrennt werden, wenn nicht jetzt, dann eben vier Monate später.
Wie nicht anders zu erwarten, hielt sich die Begeisterung in der serbischen Hauptstadt in Grenzen. Der für Kosovo und Metohien zuständige Minister Slobodan Samardzic erklärte, der "Vorschlag" enthalte nichts Neues und sei deshalb weder für Belgrad noch für Moskau akzeptabel: "Der neue Resolutionsentwurf gibt der albanischen Seite keinen Impuls zu verhandeln, sondern das falsche Signal, daß man sich nur noch vier Monate bis zum endgültigen Beschluß, dem Inkrafttreten einer neuen Resolution, die in ihrem Inhalt identisch mit dem Ahtisaari-Plan, d.h. mit der ›überwachten Unabhängigkeit‹ wäre, gedulden muß." Der Vorschlag, so Samardzic, soll "die Resolution 1244 (die die territoriale Integrität Serbiens bekräftigte; R.H.) außer Kraft setzen und Kosovo und Metohien abtrennen". Zugleich brachte der serbische Politiker die Hoffnung zum Ausdruck, daß die albanische Seite einer Fortsetzung der Verhandlungen zustimmt und keinesfalls einseitige Handlungen in Richtung einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung unternimmt.
In den NATO-Metropolen hat die ablehnende Haltung Belgrads auf den Taschenspielertrick gewiß nicht überrascht, aber sie lieferte den Vorwand, die "uneinsichtige Position" der Serben heftig zu kritisieren und den Druck auf die serbische Regierung ein weiteres Mal zu erhöhen. In einem Maße, daß selbst der meist zurückhaltende Regierungschef Vojislav Kostunica von einem "amerikanisch-serbischen Krieg um Kosovo" sprach. Mit der versuchten neuen Nötigung wird ein weiteres Kapitel in der unendlichen Geschichte der Erpressung Serbiens durch die NATO und die EU geschrieben. Sie begann mit ökonomischen Sanktionen während der jugoslawischen Bürgerkriege, sie setzte sich fort mit den militärischen Interventionen in Bosnien und mit der schamlosen Treibjagd im Kosovokonflikt. Durch Androhung massiver militärischer Gewalt wurde den Serben damals Zugeständnis um Zugeständnis abgepreßt. Trotz allem Einlenken folgte der 78tägige Bombenterror, und auch als die Waffen schwiegen, ging die Nötigung weiter - bis hin zu dem erpresserischen Appell der EU-Außenminister vom 18. September 2000, in dem sie für den Fall einer Wiederwahl Milosevics eine Fortsetzung der Sanktionen und im Falle eines Wahlsieges von Kostunica und Djindjic ihre Aufhebung ankündigten. Kaum war Milosevic gestürzt, folgte die ultimative Forderung nach seiner Verhaftung und Auslieferung als Voraussetzung für eine dringend benötigte Umschuldung. Als der Ex-Präsident unter Bruch des Völkerrechts und der Verfassung in einer geheimdienstlich organisierten Nacht- und Nebelaktion in den Sicherheitstrakt des Scheveninger Gefängnisses verschleppt war, folgten Forderungen nach Auslieferung der Armeeführung und nach bedingungsloser Unterordnung des Landes unter die nimmersatten Wünsche der Haager Generalanklägerin Carla del Ponte. Parallel dazu übten NATO und EU permanenten Druck aus, um Belgrad zum Verzicht auf das von der NATO okkupierte autonome Gebiet Kosovo zu zwingen. Kein anderes europäisches Land wurde seit dem Zusammenbruch des Realsozialismus in Europa so permanent und schamlos erpreßt wie Jugoslawien und Serbien, und keines hat sich dabei so hervorgetan wie Deutschland.
Anfang der 1990er Jahre hat die Bundesrepublik tatkräftig dazu beigetragen, den Vielvölkerstaat Jugoslawien zu zerschlagen. 1999 hat sie sich unter dem Vorwand, eine "humanitäre Katastrophe" und eine angebliche ethnische Vertreibung der Albaner aus Kosovo zu verhindern, an der Aggression gegen Jugoslawien beteiligt. Als eine der Besatzungsmächte in dem südserbischen Gebiet hat sie tatenlos der Vertreibung der Serben und anderer nichtalbanischer Bevölkerungsgruppen zugesehen. 2006 half sie, den Staatenbund Serbien und Montenegro zu sprengen und den Namen Jugoslawien von der Landkarte zu tilgen. Jetzt beteiligt sie sich aktiv daran, einen Teil des Staatsgebietes der Republik Serbien, Kosovo und Metohien, abzutrennen und damit erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg europäische Grenzen zu verändern. Ein Bruch des Völkerrechts und ein gefährlicher Präzedenzfall obendrein!
Zu den Beweggründen dieser bundesdeutschen Gewalt- und Erpressungspolitik gegen Serbien gibt es mittlerweile zahllose Theorien. Eine davon ist ohne jeden Zweifel in das Reich der Legende zu verweisen: die Behauptung, Bonn habe sich von den edlen Motiven der Verteidigung der Menschenrechte, der Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechtes der jugoslawischen Völker, der Beendigung des Blutvergießens im jugoslawischen Bürgerkrieg und der Unterdrückung der Albaner in Kosovo leiten lassen. Wo aber sind die tatsächlichen Beweggründe zu suchen?
Nicht wenige außenpolitische Experten stimmen darin überein, daß der aus der Geschichte herrührende antiserbische Komplex eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte und spielt, ein Komplex, der schon weit über hundert Jahre lang die Haltung der in Deutschland Herrschenden gegenüber Serbien bestimmt und sich in geschichtsprägenden Worten niederschlug: 1876 auf dem Berliner Kongreß, auf dem Bismarck trotz der Erklärung, daß ihm das Glück südslawischer Hammeldiebe vollständig gleichgültig sei, dafür eintrat, Serbien klein zu halten; 1914, nach dem Attentat in Sarajewo, als Wilhelm II. handschriftlich formulierte: "Mit den Serben muß aufgeräumt werden, und zwar bald" sowie "Die Kerls (Serben)...müssen geduckt werden"; 1941, kurz vor dem ersten deutschen Luftangriff auf Belgrad, als Hitler befahl, "Jugoslawien militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen". Für großdeutsche Politiker und Militärs ist es unvergessen und unverzeihlich, daß die Serben im vergangenen Jahrhundert zweimal, in beiden Weltkriegen, wesentlich dazu beigetragen haben, den deutschen Vormarsch auf dem Balkan zu stoppen. Und zu Beginn der 1090er Jahre waren es ausgerechnet die Serben, die sich nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus in Europa nicht dem Diktat ausländischer Mächte beugen wollten, statt bürgerliche Oppositionsparteien die Sozialisten wählten und widerspenstig als letzte auf dem europäischen Kontinent die verschlissene, aber immer noch rote Fahne nicht einziehen wollten. Daß die nach 1990 wiedererstarkten Tschetniks Antikommunisten waren und führende serbische Kräfte in Bosnien auf antikommunistische Positionen übergegangen waren, konnte das Feindbild nicht trüben. Die Serben waren nicht nur Serben, sie galten auch noch als Kommunisten. Konnte es da noch eine Frage sein, auf wessen Seite ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat zu stehen hatte?
In ihrem Haß sind die "Serben-in-die-Knie-Zwinger" (Ex-Außenminister Kinkel) nicht zu übertreffen. Das furchtbare Massaker von Srebrenica, dessen Verlauf und Opferzahl noch immer umstritten sind, wird immer aufs neue als größtes Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg dem serbischen Volk zur Last gelegt und als Totschlagargument gegen jede objektive Betrachtung des blutigen Bürgerkriegsgeschehens im zerbrochenen Jugoslawien verwandt. Die Tatsache, daß der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen (IGH) in seinem Urteil zur Schadenersatzklage Bosniens und Herzegowinas gegen Belgrad festgestellt hat, daß Serbien nicht des Völkermordes" in Srebrenica schuldig ist und daran auch nicht beteiligt war, wurde nur am Rande gemeldet und inzwischen längst in Vergessenheit gebracht.
Aber allein im Serbenhaß, der schon paranoide Züge trägt, das Motiv für die bundesdeutsche Haltung zu suchen, greift zu kurz. Nicht nur irrationale, sondern sehr rationale machtpolitische und ökonomische Momente spielen eine Rolle - auch im Falle Kosovos.
Die südserbische autonome Provinz ist ein armes, aber an Ressourcen reiches Gebiet. Es verfügt über beträchtliche Vorkommen an Blei, Zink, Chrom, Nickel, Silber, Gold und mit 17 Milliarden Tonnen über die zweitgrößten Braunkohlelagerstätten Europas. Begierig blickt das deutsche und internationale Kapital auf diese Reichtümer, besonders auf das Bergbaukombinat Trepca im Norden des Amselfeldes, das einst, in den Zeiten der sozialistischen Selbstverwaltung, bis zu 29.000 Beschäftigte zählte und in der Blei- und Zinkproduktion an zweiter Stelle in Europa lag. Im August 2000, ein Jahr nach der Eroberung Kosovos durch die NATO, wurde es von schwerbewaffneten KFOR-Truppen gestürmt und der UN-Verwaltung unterstellt. Der serbische Direktor wurde davongejagt und durch einen Vertreter der "internationalen Gemeinschaft" ersetzt. Die Übernahme war laut dem damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan ein erster Schritt in Richtung Privatisierung, die vor allem von deutschen Protektoratsverwaltern vorangetrieben wird. Sie ist in Trepca aufgrund der Zerstörungen durch NATO-Raketen und ungeklärter Eigentumsverhältnisse noch nicht abgeschlossen. Zweifellos kann man auf Bodenschätze leichter zugreifen, wenn sie in einem Zwergstaat mit "überwachter Souveränität", nicht in einem souveränen und in der Zukunft auch wiedererstarkten Land, in diesem Fall der Republik Serbien, liegen.
Nicht zuletzt ist die Balkan-, Serbien- und Kosovo-Politik Deutschlands wie auch anderer NATO-Staaten gegen Rußland gerichtet. Seit jeher betrachtet Moskau Serbien als wichtige Stütze seines Einflusses auf dem Balkan. Auch zu Zeiten der Existenz der Sowjetunion und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien war das nicht anders. Trotz scharfem Streit bis hin zum Abbruch aller Beziehungen und wiederkehrendem Zwist betrachteten sich Russen und Serben als "slawische Brüder" - eng verbunden durch friedlichen Handel und siegreiche Kriege, Nähe der Kultur, Sprache und Religion. Wer Rußlands Positionen auf dem Balkan schwächen und eigene ausweiten wollte, der mußte Serbien schwächen. Mehr noch: Zu den Zielen russischer und sowjetischer Außenpolitik gehörte es, sich, gestützt auf Serbien wie auch auf Montenegro, zeitweilig mit Hilfe der inzwischen zerschlagenen SFRJ, Zugang zum Adriatischen Meer zu verschaffen. Von Teilergebnissen, wie der Errichtung eines Reparatur- und Versorgungsstützpunktes für die sowjetische Kriegsflotte in Rijeka, abgesehen, ist das bisher nie gelungen. Doch in den Augen deutscher und anderer NATO-Militärstrategen ist die Gefahr des russischen Einflusses auch mit dem Verschwinden der Sowjetunion nicht dauerhaft gebannt. Sie befürchten, nicht zu Unrecht, daß die Großmacht Rußland nach Überwindung ihrer zeitweiligen Schwäche an ihre traditionelle Balkanpolitik anknüpfen wird. Der sicherste Weg, das zu verhindern, ist die Schwächung Serbiens. Das unablässige Einschlagen auf dieses Land und der Plan, Kosovo aus dem serbischen Staatsgebiet herauszusprengen, hatten und haben so stets eine antirussische Komponente. Die Ironie der Geschichte besteht darin, daß das erschöpfte Rußland unter Jelzins torkelnder Führung den Serben in den entscheidenden Momenten vor und nach der NATO-Aggression die Unterstützung versagte, gegen eigene Interessen handelte und einer nur mühsam verdeckten antirussischen Politik Beihilfe leistete.
Doch heutzutage ist die Unterwürfigkeit Moskaus passé. Unter der Präsidentschaft Putins hat Rußland zwar noch nicht völlig zu alter Stärke, aber doch zu einer an den eigenen Interessen orientierten Balkanpolitik zurückgefunden. Unmittelbar nach seiner Teilnahme an einem Treffen südosteuropäischer Regierungschefs zu Energiefragen im kroatischen Zagreb Ende Juni dieses Jahres und am Vorabend der darauf folgenden Schwarzmeer-Konferenz über ökonomische Zusammenarbeit in Istambul erklärte der russische Präsident ohne größere diplomatische Schnörkel: "Die ganze Welt weiß, daß der Balkan und das Gebiet des Schwarzen Meeres für uns eine Zone des besonderen Interesses ist." Programmatisch fügte er hinzu, Rußland gedenke, in diese Region zurückzukehren.
Nach Serbien ist Moskau zur Erleichterung der Regierenden und Opponierenden in Belgrad inzwischen zurückgekehrt, was seinen sichtbarsten Ausdruck in der Unterstützung der serbischen Position im Kosovo-Konflikt findet. So ist es nicht verwunderlich, daß Rußland auch die jüngsten Winkelzüge der NATO zur Abtrennung des südserbischen Gebietes von Serbien ablehnt. Maliziös erklärte Außenminister Lawrow, daß die Europäer und die Amerikaner mit den von ihnen suggerierten "neuen Ideen" die Notwendigkeit anerkannten, die Verhandlungen über die Zukunft Kosovos fortzusetzen, um hinzuzufügen, daß Moskau keinesfalls die Vorstellung akzeptieren könne, nach einer bestimmten Frist automatisch den Ahtisaari-Plan zu aktivieren, da dieser de jure ein unabhängiges Kosovo schaffen würde. Auch Putin selber hat eine Unabhängigkeit für die serbische Provinz Kosovo wiederholt abgelehnt, so auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm in Gesprächen mit der bundesdeutschen Kanzlerin Merkel und US-Präsident Bush und danach während eines Treffens mit Serbiens Präsidenten Tadic. Gegenüber letzterem betonte er, Rußlands Haltung sei nicht "von konfessionellen, ethnischen oder historischen Erwägungen diktiert", sondern von heutigen Grundsätzen internationaler Politik.
Wie dem Weißen Haus so ist auch der schwarz-roten Regierung in Berlin die Haltung Rußlands ein Dorn im Auge. Schon im Frühjahr hatte Außenminister Steinmeier unmittelbar nach der Ablehnung des Ahtisaari-Planes durch seinen russischen Amtskollegen unterstrichen, daß der Sicherheitsrat auch ohne eine Einigung zwischen den Kosovo-Albanern und den Serben entscheiden müsse. Drohend hatte der aggressionserfahrene ehemalige Chef des Bundeskanzleramtes hinzugefügt: "Würde er (Ahtisaari) eine zwangsweise Rückführung des Kosovo in das serbische Staatsgebiet vorschlagen, dann bedeutete dies Krieg." Was heißt hier "Rückführung"? Der deutsche Außenminister, der sich zumindest in Grundfragen des Völkerrechts auskennen müßte, sollte wissen, daß in der Schlußakte der KSZE die Unverletzlichkeit der Grenzen der europäischen Staaten festgeschrieben ist und daß Kosovo trotz zeitweiliger ausländischer Besetzung, Vertreibung und Ghettoisierung der serbischen Bevölkerung laut der Sicherheitsrats-Resolution 1244 untrennbarer Bestandteil der Republik Serbien ist. Doch wie Washington und London spekuliert Berlin darauf, Rußland mit wohlfeilen Argumenten und notfalls mit erpresserischen Druck, nämlich mit der nur schlecht verhüllten Drohung eines neuen Krieges auf dem Balkan von der Notwendigkeit zu überzeugen, der Unabhängigkeit Kosovos zuzustimmen. Bisher sind diese Spekulationen nicht aufgegangen. Auch während des jüngsten Treffens zwischen Bush und Putin in Kennebunkport hat sich die Position Moskaus nicht verändert. Die UNO-Vetomacht Rußland und Serbien bleiben bei ihrer Ablehnung des Planes des finnischen Expräsidenten Ahtisaari, und die NATO-Staaten und die Tonangebenden in Kosovo setzen weiter auf ihn.
Weshalb der angeblich integre, neutrale finnische Politiker, diese vielgepriesene "Vermittlungswunderwaffe der UNO", einen so eindeutig antiserbischen, proalbanischen Plan gemäß den Wünschen der NATO entworfen und dem Weltsicherheitsrat vorgelegt hat, gehört zu den scheinbaren Rätseln, an denen die Balkanpolitik vieler Staaten so reich ist. Das in Banja Luka, dem Zentrum der bosnischen Serben, erscheinende Blatt Fokus hat dafür eine recht abenteuerliche Erklärung. Danach hat der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) in einem an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gerichteten Bericht die Zweifel bestätigt, daß die albanische Führung in Kosovo Ahtisaari mit 40 Millionen Euro bestochen habe, damit er in seinem Plan die Unabhängigkeit vorschlägt. Das ist zwar ziemlich unwahrscheinlich, aber ein rationaler Kern ist nicht zu übersehen. Der Ex-Präsident wirkte keinesfalls als neutraler Vermittler oder gar als ehrlicher Makler. Die Beweggründe kennt er selbst am besten. Und wenn man die strategische Lage und die immensen Rohstoffreserven des Gebietes im Auge hat, dann sind allemal hohe Summen im Spiel.
Ralph Hartmann, ständiger Ossietzky-Mitarbeiter, gehörte dem Diplomatischen Dienst der DDR an. Letzter Auslandsposten: Botschafter in Belgrad.