Zivile Maßnahmen sind wichtiger!

Warum ich gegen den Tornado-Einsatz in Afghanistan bin

Es ist kaum zu hoffen, dass eine Entsendung von Tornados ausschließlich oder auch nur vorrangig dem Schutz der im Süden Afghanistans stationierten ISAF-Kontingente dienen würde.

Ende 2001 wurde im Rahmen der "Operation Enduring Freedom" (OEF) von einer multinationalen Koalition unter Führung der USA das Taliban-Regime in Afghanistan gestürzt. Deutschland beteiligte sich am Afghanistan-Teil von OEF mit bis zu 100 Einsatzkräften des KSK. Der OEF-Einsatz in Afghanis-tan wurde auch weitergeführt, als durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrats die NATO-geführte Afghanistan-Schutztruppe ISAF aufgestellt wurde, die Peacekeeping-Charakter hatte. Von der afgha-nischen Bevölkerung wurde er daher - im Gegensatz zur Fortsetzung der OEF über den Sturz der Tali-ban hinaus - zunächst überwiegend positiv bewertet.
2006 wurden große Teile der OEF-Einheiten der USA in ISAF-Einheiten umgewandelt. Leider hieß das nicht, dass sie ihre Strategie veränderten. Seit Anfang Februar leitet ein US-General die ISAF. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass er dem Antidrogen- und Antiterrorkrieg ein Ende setzt, im Gegenteil.
In dieser Situation ist kaum zu hoffen, dass eine Entsendung von Tornados ausschließlich oder auch nur vorrangig dem Schutz der im Süden Afghanistans stationierten ISAF-Kontingente dienen würde. Die Bundeswehr wird über den Tornado-Einsatz an der eskalierenden Strategie der USA beteiligt, ob sie will oder nicht. Dies wird negative Rückwirkungen auf das ohnehin schwindende Ansehen der ISAF im Nordosten haben. Auch die Vorstellung, dass der Tornadoeinsatz die letzte Forderung an Deutschland sein wird, ist unrealistisch. Es ist eher damit zu rechnen, dass als Nächstes der Einsatz deutscher Bodentruppen im Süden eingefordert wird.
Die Situation in weiten Teilen Afghanistans ist nach wie vor durch bitterste Armut, Hunger und feh-lende medizinische Versorgung gekennzeichnet. Die Lebenserwartung liegt 20 Jahre unter der der Nachbarländer, die Kinder- und Müttersterblichkeit sind mit die höchste weltweit.
Die im Süden Afghanistans verfolgte Strategie wird zunehmend kritisiert. Z.B. vom britischen SENLIS Council, vom kanadischen Standing Senate Committee on National Security and Defence, in einer aktuellen swp-Studie.
In Afghanistan, speziell im Süden, müssten dringend
• Antiterror- und Antidrogeneinsätze, die zivile Schäden Opfer billigend in Kauf nehmen, be-endet
• die humanitäre Hilfe verstärkt;
• den Drogenbauern eine Überlebensperspektive ohne Drogenanbau eröffnet;
• generell ein umfassendes ländliches Wiederaufbauprogramm gestartet
werden. Verhandlungen mit "moderaten" Talibanführern über Hilfskonvois und Wiederaufbauprojek-te, eine Lizensierung von Mohnanbau für pharmazeutische Zwecke und ein konsequentes Einbezie-hen der Bevölkerung in die Planung und Durchführung des Wiederaufbaus wären Teile einer kon-struktiven Afghanistanstrategie.
Der Tornado-Einsatz soll 35 Millionen Euro kosten. In zivilen Maßnahmen wäre dieses Geld sinnvoller angelegt.