"Es gibt keine Alternative" - das ist Schlachtruf schlechter, konservativer Politik und Philosophie. "Eine andere Welt ist möglich" - dies ist eine Losung, die seit Jahren immer mehr Menschen ...
...aus allen Kontinenten zusammenführt. Ernst Bloch hat ein komplexes Instrumentarium für die Erkundung von Alternativen ausgearbeitet und dabei Verfahren der Möglichkeitsforschung bereitgestellt, die es auch heute noch verdienen, bedacht und angeeignet zu werden. Leben wir doch in einer Zeit, in denen Philosophen, Politiker wie ›einfache Menschen‹ die Implosion der sozialistischen Staaten Europas als Beweis dafür ansehen, die Geschichte sei zu Ende und Kapitalismus ihre Endstation. Fragt man nach Ursachen und Gründen jener Implosion, sieht man auch, wie von den kommunistischen Parteien im sozialistischen Lager seit den fünfziger Jahren im wachsenden Maße abgeschwächte und verklausulierte Varianten der Alternativlosigkeit verkündet wurden, in der DDR unter Honecker etwa die "Fortsetzung der bewährten Politik der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik ". Diese Haltung ist sicher auch mit der Vertreibung oder Inhaftierung kreativer Denker wie Ernst Bloch, Georg Lukacs, Wolfgang Harich in den fünfziger Jahren verbunden. Blättert man in dem Band "Ernst Blochs Revision des Marxismus" 1957, findet man unter den von Unverständnis strotzenden Argumenten gegen Bloch auch immer wieder Polemiken gegen seine Gedanken zur Kategorie ›Möglichkeit‹. Man bestreitet rundweg, daß es wichtig sei, sich tiefer mit diesem Problemkreis zu befassen. "Die marxistische Philosophie verleiht der Kategorie Möglichkeit keine solche Priorität, wie es Bloch tut ..."1
Bloch eröffnet sein Kapitel über die Kategorie Möglichkeit in ›Das Prinzip Hoffnung‹ mit vier knappen Sätzen wie mit einem musikalischen Leitmotiv: "Wie oft stellt sich etwas so dar, daß es sein kann. Oder gar daß es anders sein kann als bisher, weshalb etwas daran getan werden kann. Das wäre aber selber nicht möglich ohne Mögliches in ihm und vor ihm. Hier ist ein weites Feld, es muß mehr als je befragt werden."2 So sind drei Leitgedanken zu weiterer Entfaltung eingeführt: - Unser Tun, unsere Praxis leben aus der Realisierung von Möglichem; - Dieses Mögliche muß im Objektiven selbst liegen, denn sonst wären unsere Ziele und Zwecke ja nur subjektives Wünschen; - Dieses Reich der Möglichkeiten blieb bislang wenig erforscht, am wenigsten die verschiedenen Schichten der Kategorie Möglichkeit.3 Erstaunlicherweise sehe ich gegenwärtig, wie viele Progressive und auch bekennende Linke diesen Bereich Blochschen Philosophierens weniger und kursorischer beachten als seine Konzeptionen zu Hoffnung, Utopie, Front und seine konkreten politischen Verlautbarungen. Und es wird nicht selten übersehen, wie die Möglichkeitsproblematik mit solchen anderen Kategorien verschlungen ist. So warf Andreas Heyer unter Berufung auf Richard Saage in dieser Zeitschrift Bloch vor, den Begriff der Utopie unangemessen auszuweiten. 4 Dieser Einwand geht an Blochs Anliegen gründlich vorbei. Der sieht in der politischen Utopie nur eine der Arten und Äußerungen der ›utopischen Funktion‹, die in aller Wirklichkeit und allen Bereichen menschlichen Tuns wühlt und wirkt, in Politik, Kunst, Technik, Philosophie und Religion ebenso wie in den Alltagsträumen. Dabei lotet er tiefer und fragt, wieso es überhaupt möglich ist, Besseres als das Wirkliche und Gegenwärtige überhaupt zu denken und anzustreben und wie sich bloßes Wunschdenken, wie sich träumerische Kritik am Bestehenden unterscheiden lassen vom Bewußtmachen noch offener Möglichkeiten in Natur, Gesellschaft, Technik. Als erstes verweist Bloch darauf, es seien subjektiv und objektiv Mögliches auseinander zu halten.
Unterscheidung subjektbezogene und objektimmanente Möglichkeit Mögliches oder Kannsein ist generell partiell Bedingtes. Es ist etwas, für das nur ein Teil seiner Ursachen, Gründe, Determinanten gegeben ist. Sind dunkle Wolken am Himmel, sagen wir ›Es ist möglich, das es bald regnet.‹ Schon seit alten Zeiten wurde gesagt ›Es wird möglich sein, daß Menschen fliegen‹. Sie können darauf verweisen, daß wir begründet vermuten, bestimmte Ereignisse werden eintreten, weil viele der erforderlichen Bedingungen aktuell gegeben sind und weil wir wissen, die noch ausstehenden Faktoren sind auch irgendwo bereits real vorhanden. Wir wissen freilich (noch) nicht, wann und wie die noch erforderlichen Bedingungen hinzukommen werden. Solche Sätze können aber auch darauf verweisen, daß in der Realität selbst für diese Ereignisart ein ›nicht vollständig zureichender, also mehr oder minder unzureichender Bedingungsgrund vorliegt.‹ 5 Man mag aus verschiedenen Motiven solche Unterscheidung für nutzlose Sophisterei halten. Manche meinen, die Unterscheidung sei ja selbstverständlich, aber der Sache nach gehe es ja um das Gleiche. Immer beziehen sich ja unsere Möglichkeits-Urteile auf objektive Zusammenhänge. Das stimmt wohl und Bloch nennt deshalb beide Aspekte des Kannseins ›das sachlich-objektiv Mögliche‹ (im Unterschied zum bloß Denkmöglichen). Aber er verweist zugleich darauf, es macht eine gewichtige Differenz, ob die fehlenden Bedingungen für einen Vorgang primär in unserem momentanen Wissen oder primär in der Wirklichkeit selbst ausstehen. Wer nun meint, diese Differenz sei bedeutungslos, setzt (meist unreflektiert) zugleich voraus, daß in der Realität die verschiedenen Faktoren und Bausteine der Zustände jeweils irgendwo schon fertig vorliegen und nur noch gedanklich oder real zusammengeführt werden müssen. Dies ist aber Ausdruck eines mechanistischen Determinismus, mit dem Werden und Anderswerden nicht wirklich verstanden und bedacht werden können. Dies Denken wird dann zum Einfallstor für engstirnigen Dogmatismus auch bei dialektisch-materialistischen Ausgangspositionen. Gesetzmäßigkeit wird dann verstanden als notwendiger, also einzig möglicher Pfad in die Zukunft. "Jede in der Entwicklung befindliche Wirklichkeit enthält verschiedene, oft einander gegensätzliche Seinstendenzen .... Eine der Möglichkeiten vermag sich zu realisieren, und zwar die, die sich ›in ihrer Entfaltung als die Notwendigkeit erweist.‹"6 Und Förster folgerte sogleich: "Der Begriff des ›objektiv-real Möglichen‹ ist eine inhaltslose, unreale Abstraktion ... ausgesprochen antimaterialistisch." Mit solcher Denkhaltung war zugleich eine vorwiegend empiristische, deskriptive Vorstellung von Wissenschaft und dialektischem Denken verbunden. Rückblickend wird mir deutlicher als je, daß solch Empirismus und Praktizismus wesentliche Momente im stalinistischen Dogmatismus waren.
Wenn man die Unterscheidung von subjektbezogenen und objektimmanenten Möglichkeits-Aspekten ablehnt, dann erklärt man direkt oder indirekt jegliche Utopie - also den Entwurf von Realitäten, die über das bislang Gegebene hinausgehen - zum bloßen Wunschbild. Das erfolgt denknotwendig, weil man mit dieser Nichtunterscheidung Realisierungsmöglichkeiten nur im Rahmen des bereits gegebenen Wesens und Systems bedenken will und kann. Sir Karl Popper hat eine ganze Theorie aufgebaut, um offen Utopien als Wunschbilder und als Leitbilder für Totalitarismus zu diskreditieren, besonders sozialistische Konzepte.7
Andere sagen direkt, daß eine strenge Unterscheidung zwischen subjektbezogenen und objektiv-realen Möglichkeiten nicht sinnvoll und möglich sei, weil ja das ›Ding an sich‹ gar nicht zu erkennen ist. Für sie bleibt Möglichkeit bloß Denk-Modalität.8
Wie verschieden auch begründet wird, warum man nicht zwischen subjektbezogenen und objektiv-realen Möglichkeiten unterscheidet, stets verschließen sich solche Autoren damit einer konsequent historischen Betrachtung der Realitäten wie des Neuen.
Die Unterscheidung von sachhaft-objektgemäßen und objektiv-real Möglichem
Bloch gibt sich nicht damit zufrieden, beim Reden über sachlichobjektiv Mögliches differenzierte Bedeutungsgehalte zu zeigen. Er führt solche Bedeutungsunterschiede zurück auf zwei Schichten objektiver Möglichkeiten:
"Das sachhaft Mögliche bezeichnet das mehr oder minder ausreichend Bedingende in den Gegenständen selbst und in ihren Sachverhalten .... Das sachhaft Mögliche ist das sachhaft-partiell Bedingte gemäß dem strukturellen Genus, Typus, Gesellschaftszusammenhang, Gesetzeszusammenhang der Sache ...."9
"Das objektiv-real Mögliche umfaßt jene Gestalten, für die das Ganze ihrer inneren wie äußeren Bedingungen ... noch nicht gereift ist." So gilt für die Welt als Ganzes: "Die Materie ist die reale Möglichkeit zu all den Gestalten, die in ihrem Schoß latent sind und durch den Prozeß entbunden werden."10
Das Verb ›entbinden‹ kann die Vorstellung erwecken, etwas Vorgeformtes, zumindest in seiner inneren Struktur schon Determiniertes - etwa durch Erbinformationen oder Strukturgesetze -, werde freigesetzt, aus einer Bindung befreit, so wie in der Eichel der Genotypus des Eichbaums fixiert ist und im einzelnen Baum variantenreich sich verwirklichen kann. Diese Möglichkeitsform meint Bloch mit ›objektiv-realem‹ Kannsein ausdrücklich nicht. Er zielt darauf, daß mit jedem neuen Typus auch Bedingungen für weitere Typen geschaffen werden, die in früheren Entwicklungsformen der Mater noch nicht verhanden sind. Sie sind latent in den früheren Stufen und für die späteren Gestalten Teile ihrer Bedingungen, die eben in ihrer Gänze objektiv noch unreif und unvollständig sind. Etwa Eiweiße in den ersten Lebewesen. Sie sind latent in der Welt anorganischer Substanzen vorhanden gewesen und sie bilden dann eine Grundbedingung für die Evolution des Pflanzen- und Tierreiches. So könnte man die ›sachhaft-objektgemäßen Möglichkeiten‹ auch als konkretaktuell realisierbar bezeichnen, die ›objektiv-realen‹ dahingegen als allgemein-zukünftige Latenzen.
Diese Bestimmungen sind nur zu verstehen, indem man die Unterscheidung von ›Gegenstand/Sache‹ und ›Objekt‹ bei Bloch beachtet. ›Gegenstand/Sache‹ bedeutet dabei eine konkrete Entität, die anderen Entitäten oder einem erkennenden Subjekt gegenüber tritt, mit ihnen real und aktuell zusammenhängt. ›Objekt‹ hingegen bedeutet typushafte Entitäten (Klassen, Arten, Sorten) in ihrer Entwicklung, in ihrer Prozeßhaftigkeit, als Moment weiterer Veränderungen gesehen, also betrachtet nach den noch in ihm steckenden Entwicklungsmöglichkeiten. Verdeutlichen kann man sich das etwa in der dreifachen Betrachtung, die dialektisch-historische Materialisten den Kapitalismus unterziehen. Da ist zunächst die Untersuchung des ›Objekts‹ Kapitalismus als spezieller Typus, als gesellschaftliche Formation unterschieden von anderen Formationen. Die Funktionsweise von kapitalistischen Gesellschaften hat Marx klassisch im ›Kapital‹ unternommen. Ausgehend von der Keimzelle ›Warenproduktion‹ über die ›industrielle Warenproduktion‹ hin zum Zusammenhang vom jeweiligen Vergesellschaftungsgrad der Produktivkräfte und Produktionsverhältnissen und Überbauten werden die Funktionsweisen dieses Gesellschaftstypus untersucht. Und es wird deutlich, wie in dessen Elementen und Entwicklungsstufen jeweils sachhaft-objektgemäße Möglichkeiten liegen, die sich historisch entfalten und verändern. Es werden Voraussetzungen und Eingriffsmöglichkeiten deutlich, wie durchaus unterschiedliche Möglichkeiten dabei zu realisieren sind, aber auch, welche durch den Gang der Entwicklung objektiv ausgeschlossen sind. Das ermöglichte Marx und Engels dann auch im 19. Jahrhundert, wesentliche weitere Entwicklungsstufen und -varianten dieser Gesellschaft und ihrer Klassen zu prognostizieren - etwa das monopolkapitalistische Stadium, die Automatisierung der Produktion, das revolutionäre Potential.
Kapitalismus wird zweitens untersucht als Objekt, das Möglichkeiten produziert, durch die es überholt und aufgehoben werden kann. Im Kapitalismus reifen erst die objektiven Voraussetzungen für sozialistische Gesellschaften.
Aufbauend auf der Untersuchung der Objekte werden drittens existierende ›Gegenstände‹ wie kapitalistische Staaten oder das kapitalistische Weltsystem und ihre Elemente sachlich untersucht als Momente der jeweiligen nationalen und welthistorischen Situation und damit nach den herangereiften Möglichkeiten weiterer Entwicklungen im Rahmen des Gegenstandes ›Kapitalismus‹ oder darüber hinaustreibend. ›Gegenstände‹ sind also die Entitäten als bereits geronnene, bereits verwirklichte möglicher Formen; die ›Objekte‹ sind die Entitäten in ihrem Kann-Sein überhaupt, ihren verschiedenen möglichen Entwicklungen, Reifestadien und Varianten und über sich hinaustreibend. ›Gegenstände‹ nennt Bloch in manchen Zusammenhängen auch ›Gestalten‹ und ›Auszugsgestalten‹, die ›Objekte‹ entsprechend ›Substrat‹.11 Aus der Unterscheidung von sachhaften und konkret-realen Möglichkeiten zieht er Schlußfolgerungen, die für die Wissenschaftstheorie ebenso bedeutsam sind wie für die politische Strategiebildung und Programmatik.
Die sachhaft-objektgemäßen Möglichkeiten der ›Gegenstände‹ sind weitgehend empirisch erkennbar und nachweisbar (natürlich nur gestützt auf Theorien). Es liegen ja schon Exemplare aus der Klasse vor, an denen man mögliche weitere Varianten erkennen kann. (Solch ein empirisch faßbarer Gegenstand war für Marx England im 18./19.Jh., waren USA und Deutschland für Lenin, und für uns sind es sozialistische Staaten des 20./21. Jh.) Objektiv-reale Möglichkeiten sind primär theoretisch zu erschließen und zu erkunden, erfordern rationale und künstlerische Phantasie. Diese unterschiedenen Schichten des Kann-Seins bedeuten aber eine echte Krux für Revolutionäre, wollen sie nicht zu Revoluzzern werden oder zu bloßen Reformern und Dogmatikern verkommen, die das Bestehende stützen und festhalten. Der Revoluzzer vertraut seinem Zukunftsentwurf übermäßig und unterschätzt die inneren und äußeren Realisierungsbedingungen des Neuen. Der Dogmatiker hingegen mißtraut einem Zukunftsentwurf, der vom Bekannten zu deutlich abweicht.12
Bloch bemüht sich, jenes Dilemma zu verdeutlichen und zugleich ihm zu entkommen. Er unterscheidet Wesenheit und Gewesenheit. Es gab immer wieder Versuche von Theoretikern, die sich auf Marx berufen, Wissenschaftlichkeit, Objektivität allein zu gründen auf bisher Gewesenes, Geronnenes, Manifestiertes. Das führte dann zu den unheilvollen Versuchen, das sowjetische Modell auf alle sozialistischen Staaten zu übertragen und zur Verdammung aller anderen Modelle als ›unmarxistisch‹, gleichbedeutend mit ›unwissenschaftlich‹. Es wurde mit solcher Haltung ja zugedeckt, daß es durchaus verschiedene Strategien und Taktiken gibt, die zu einer sozialistischen Gesellschaft führen können. Wenn objektive Möglichkeiten nicht voll erschöpfend zu erkennen sind, ist nur an der vordersten Front der Bewegung zu erkennen und zu entscheiden, was in der je konkreten Situation entsprechend weiterführt, optimal weiterführt. Dies anzuerkennen erlaubt erst Pluralismus in einer Partei zu praktizieren. Deshalb ist die theoretische Untersuchung der ›Front‹ - eines typisch Blochschen Begriffes - zugleich wichtig, um praktizistisches wie subjektivistisches Vorgehen zu vermeiden. "Es gibt utopische Ränder nicht nur des jeweils Seienden, sondern des gesamten bereits vorhandenen Seins und Werdens selber, die das vorhandene Wirkliche mit .... objektiv-real Möglichem umgeben."13 Im objektiv-real Möglichen kann das Objektgemäß-Sachhaft- Mögliche in Realität umschlagen - in der Gesellschaft durch menschliches Handeln. Dieser Erkenntnis verweigern sich die Dogmatiker: "Den untrennbaren Zusammenhang von Möglichkeit und Notwendigkeit zu betonen ist erforderlich gegenüber der Auffassung von Ernst Bloch, wonach die ›Front des Prozesses‹ nicht von inhärenter Notwendigkeit erfüllt sei, sie nur Kontingenz aufweise."14
Tatsächlich aber verweist Bloch mit seinem ›Front‹-Begriff auf den systematischen Zusammenhang von Möglichkeiten, Gesetzmäßigkeiten, Gegenwart und Handeln. "Die mit Marx gesehene vermittelte Gegenwart unterscheidet sich von der üblichen Gegenwart vor allem darin, daß sie der einzige und ausgezeichnete Zeitort unseres Handelns ist."15 Mit einem Rückgriff auf seinen Freund Georg Lukács betont er, daß menschliches Tun zu weltveränderndem Handeln dann wird, wenn nicht nur Vergangenheit und Zukunft, sondern zugleich das bereits Vorhandene und das erst Mögliche vermittelt werden. Mit der von mir bereits erwähnten Neigung dogmatischer Marxianer, Notwendigkeit mechanistisch, Wissenschaft empiristisch und dementsprechend gesellschaftliches Handeln als eine Art Rechenaufgabe und Ingenieurskunst zu betrachten, hängt wohl zusammen, daß in der Bannbulle über Blochs ›Revisionismus‹ kaum über das Problemfeld ›Entscheidung‹ geschrieben wird. Begriffe wie ›Entschluß‹, ›Alternativen‹, ›Wahlmöglichkeiten‹, ›Gegenmodelle‹ werden nicht ernsthaft reflektiert. Der Gebannte aber bemerkt im Zusammenhang mit den Kategorien ›Front, Novum, Ultimum‹: "Das Wissen, das der Mut und das vor allem die Entscheidung braucht, kann aber hierbei nicht die häufigste Weise des bisherigen haben: nämlich eine betrachtende. Das nur betrachtende Wissen bezieht sich notwendig auf Abgeschlossenes und so Vergangenes, es ist hilflos gegen Gegenwärtiges und blind für die Zukunft ... Das zur Entscheidung notwendige Wissen hat sinngemäß eine andere Weise: ... eine mit dem Prozeß gehende, die dem sich durcharbeitend Guten, das ist Menschenwürdigem des Prozesses aktiv-parteiisch verschworen ist. ... Was also ... dem Wissen der Entscheidung, der Entscheidung des erlangten Wissens zugeordnet ist, ist das konkret-utopische Korrelat in der realen Möglichkeit."16 Zu Recht wird in der ›Enzyklopädie Philosophie‹ die Unterscheidung der beiden Möglichkeitsschichten als die zentrale Leistung von Ernst Bloch hervorgehoben. 17
Innere und äußere Bedingungen
Kreist die Untersuchung des Möglichen um das menschliche Handeln, wird von besonderem Interesse das Verhältnis von inneren und äußeren Bedingungen. "Anders-Seinkönnen zerfällt in Anders-Tunkönnen und Anders-Werdenkönnen. Sobald diese beiden Bedeutungen konkret unterschieden sind, dann tritt die innere partielle Bedingung als aktive Möglichkeit, das ist, als Vermögen, Potenz hervor und die äußere partielle Bedingung als Möglichkeit im passiven Sinne, als Potentialität"18 Unter den ›inneren Bedingungen‹ wird hier das aktive Können der Subjekte verstanden, unter den ›äußeren Bedingungen‹ hingegen das ›passive Getanwerdenkönnen‹ von Veränderungen in den Gegenständen und Objekten wie Subjekten.
Unterscheidet man so innere und äußere Bedingungen, sind Fragen systematisch zu untersuchen, die sich Menschen seit jeher gestellt haben: Müssen innere und äußere Bedingungen im gleichen Maße ausgereift sein? Kann man Defizite auf der einen Seite durch Überschüsse auf der anderen ausgleichen? Wo ist es wichtiger und vordringlicher einzugreifen, ins subjektive Vermögen oder in die gegenständlichen Bedingungen?
Solche Fragen stellen sich für Strategie und Taktik auch von politischen Akteuren. Bloch hat heuristische Prinzipien formuliert, solche Fragen zu beantworten und auch konkrete Antworten gegeben. Hier soll versucht werden, einige seiner Heuristiken für heutige Probleme fruchtbar zu machen.
"Die partielle Bedingtheit darf in keiner der beiden Bedingungsarten unter einen bestimmten Bruchteil sinken, sonst ist Überkompensierung durch die andere Bedingungsart selber unmöglich."19 Dies richtet sich gegen revolutionären Putschismus. Solcher wird heute von manchen den Bolschewiki vorgeworfen, und man wirft die Frage auf: ›Durfte denn Lenin eigentlich zur Oktoberrevolution aufrufen?‹ Nicht wenige Schlaumeier wissen heute, daß die schwache Entwicklung des subjektiven Faktors in Rußland und der Sowjetunion von vornherein einen dauerhaften Sieg der sozialistischen Umwälzungen unmöglich gemacht habe. Wieviel tiefgründiger argumentiert dagegen Fidel Castro: ›Die Revolution kann nur durch ihre eigenen Fehler zerstört werden."20
"Der subjektive Faktor kann ohne Verflechtung, ohne Wechselwirkung mit den objektiven Faktoren - was nach Maßgabe der Reife der äußeren Bedingungen wirklich geschehen kann oder wenigstens in die Wege geleitet werden kann - am wenigsten wirken."21 Diesen Hinweis scheinen gegenwärtig solche Linken in Deutschland adäquat aufzugreifen, die gegen eine Regierungsbeteiligung auf Länder- oder gar Bundesebene wettern. Für sie lassen die gesellschaftlichen Verhältnisse momentan nur faule Kompromisse mit Neoliberalen zu, was einzig und allein dazu führt, deren Politik mit durchzusetzen. Ernst Bloch würde ihnen wohl entgegenhalten, daß die revolutionären Kräfte in Totalopposition kaum lernen werden, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen, noch breitere Schichten erreichen können. Der Ratschlag, nun nach der großen Niederlage das revolutionäre Wollen und Wissen im eigenen Kreise zu pflegen und für bessere Zeiten aufzubewahren, stellt eine Abwartehaltung dar, der die produktive Verflechtung mit dem gegenwärtigen Kampf und die Stärkung des subjektiven Faktors behindert.
"Das Anders-Tunkönnen ist nicht das Aufhebende, wohl aber das Umdeterminierende in allen Determinierungen; das Anders-Werdenkönnen ist nicht das Aufhebbare, wohl aber Lenkbare, Umdeterminierbare in allen Determinierungen."22 Hier hebt Bloch nochmals hervor, daß sein Denken wie der historisch-dialektische Materialismus überhaupt, nichts mit Indeterminismus und Irrationalismus zu tun hat. Ins Praktische gewendet, erinnert es den politisch Tätigen, jeden handelnden Menschen daran, sein Anderstunkönnen ist selbst ein Moment des komplexen Bedingungsgefüges. Und spiegelbildlich: man kann das Störende, Hemmende, Unzulängliche nicht einfach zum Verschwinden bringen, aus den Determinationskomplexen herauswünschen. Man kann nur Bedingungen und Merkmale so umgestalten, daß andere, bessere Determinationen und Wirkungszusammenhänge entstehen. So denke ich zuweilen nach, was wohl Ernst Bloch zu Robert Kurz und seinen flammenden Aufrufen gegen ›die Arbeit‹ sagen würde oder zu Büchern über das "Ende der Arbeit ". Arbeit in der und für die Gesellschaft können wir nicht aufheben, wohl aber von einer kapitalistischen Formbestimmtheit in eine sozialistische und - später einmal - in eine kommunistische umlenken und umdeterminieren.
Möglichkeitsfelder, Ungleichzeitigkeit, Pluralismus
Folgerichtig hebt Bloch wiederholt hervor, daß das Mögliche einen ganzen Bereich von Alternativen ausmacht. Es handelt sich um Möglichkeitsfelder, wie er sie für die verschiedenen Bereiche schildert. So ist nicht zufällig das Kapitel über Sozialutopien überschrieben ›Freiheit und Ordnung‹. Dabei wird die Linie ›Morus‹ nicht gegen die Linie ›Campanella‹ ausgespielt, sondern über mögliche Ursachen für die Betonung dieses oder jenes Aspektes ebenso reflektiert wie über Vor- und Nachteile der jeweiligen Vorstellungen über das Verhältnis dieser beiden Werte und Prinzipien. Heute ist die Rede von den Möglichkeitsfeldern und von der nach vorn offenen Geschichte in fast aller Munde. Doch wird leicht übersehen, daß man rasch in eine andere Denkrichtung zurückfallen kann. Immer dann, wenn Wirklichkeit und Notwendigkeit gedacht werden als Ketten und Summen von zwingenden und zufälligen Determinierungen, die eben nur eine bestimmte Realität zulassen, glaubt man rasch, die einzig richtige, alternativlose Lösung gefunden zu haben. Ernst Bloch hingegen arbeitete mit einem Begriff, der in der modernen Systemtheorie zentrale Bedeutung erhielt - ›Kontingenz‹. Es ist das Feld der Möglichkeiten zwischen dem Notwendigen und dem Unmöglichen, das von Dogmatikern rigoros unterbelichtet wird.
Auch unter Linken wird dem Andersdenkenden gern vorgeworfen, er sei dogmatisch und intolerant, weil er Gegenentwürfe ausschließt und verdammt, die sich bei komplexer und weitsichtiger Betrachtung als realistisch erweisen können. Oder man etikettiert Andersdenkende als unmarxistisch oder unwissenschaftlich, wenn sie mögliche Strategien vorschlagen, die nicht ins eigene Gesellschaftsmodell passen. In den Programmdebatten der PDS spielten solche globalen Vorwürfe ebenso eine überdimensionale Rolle wie jetzt bei der Vorbereitung einer Linkspartei in Deutschland. Solche Beschuldigungen mischen sich in die Diskussionen um ›Transformationskonzept‹ oder ›Revolutionskonzept‹, um die Beteiligung in Länderparlamenten, um ›bedingungsloses Grundeinkommen‹ oder ›bedarfsorientierte Grundsicherung‹. Kann man nun der Gefahr kräftezehrender Debatten entgehen, indem man sich des Urteils enthält und alle Denkmöglichkeiten gleichermaßen akzeptiert? Dann gelangt man wohl zu Beliebigkeit und Skeptizismus, man schwächt die Kampfkraft. Es geht also darum, sowohl unberechtigte Einengungen wie unsinnige Ausweitungen der gedachten Möglichkeitsfelder zu vermeiden. Bedenkenswert warnte Gerhard Zwerenz in seinem Artikel ›Blochs doppelte Revolte‹ vor programmatischen Einengungen bei Linken.23 Die Aufgabe, gemeinsame Ziele vernünftig zu bestimmen, wird von Linken zu oft schlecht bewältigt. Wegen des dynamischen, komplexen und zukunftsoffenen Charakters von Natur wie Gesellschaft gibt es freilich keine Patentrezepte, wie man es vermeidet, Möglichkeitsfelder zu überzeichnen. Es gibt aber Heuristiken, zuerst und vor allem die Orientierung, alles im Gesamtzusammenhang und in langfristiger Perspektive zu betrachten.
Gewichtige heuristische Hinweise Blochs für den Umgang mit Möglichkeiten ergeben sich aus seinem Konzept der ›Ungleichzeitigkeit‹.24 Damit will er die soziale Qualität von Verhaltensmustern und Denkweisen charakterisieren, die früher einmal adäquat oder progressiv waren, aber noch nicht realisiert, historisch noch nicht abgegolten sind, nur als Hoffnung, Tagtraum, Zerstreuung oder auch als Schlachtruf reaktionärer Populisten weiterleben. Blochs heuristische Anregungen warnen davor, solche Verhaltensmuster, die nicht den eigenen Erkenntnissen oder den neuen Situationen entsprechen, frontal abzulehnen und sie aus dem Feld möglicher Kampfziele und Kampfformen auszuschließen, seien es Heimatliebe, Kosmetik, Tanz, Sport, Fitness, Individualität oder Kampf um mehr Arbeitsplätze, Europäische Union.
Blochs Ausführungen zur Kategorie ›Möglichkeit‹ sind auch als theoretische Begründung von Pluralismus und Bündnispolitik in Gesellschaften und in politischen Organisationen, vor allem Parteien zu lesen. Wenn die Sache selbst noch im Werden begriffen ist, müssen Handlungsziele elastisch und breit gefächert formuliert werden und die optimale Variante kann sich erst im gemeinsamen Handeln, in einem Lernprozeß ergeben. Und in diesem Lernprozeß gibt es verschiedene Sichten, Bewertungen auf den Prozeß, die im Meinungsstreit zu einer Entscheidung führen sollen. Systeme im Ungleichgewicht sind eben nicht berechenbar - wie auch neuerdings System- und Chaostheorie herausarbeiten. Dem Prinzip des Meinungsstreites haben die stalinistischen Parteistrategen nie widersprochen. Verbal wurde das sogar in Parteistatuten fixiert. Es kommt also offensichtlich auf die tägliche praktische Verwirklichung solchen Prinzips an. Dazu sollte man sich der verschiedenen theoretischen wie rhetorischen wie propagandistischen Fallen bewußt sein, die den produktiven Diskurs behindern und blockieren können. Und man kann Bloch auch so lesen, daß er mit seinem Philosophieren auch immer wieder solche Fallen markiert. Er macht darauf aufmerksam, mit einem engen Determinismusverständnis und Materiebegriff ist ganz schnell der Schritt getan vom ›bestmöglich‹ zu ›einzigmöglich‹. Es wird vorwiegend mit den Erfahrungen in der Vergangenheit argumentiert und kaum mit den Möglichkeiten, die in der Zukunft realisierbar werden können, wenn man mit Hilfe von Kompromissen weitere Teilbedingungen herbeiführen kann. Pluralismus fördernde Diskussionsbeiträge sind recht gut an der einschließenden oder anschließenden Kritik an anderen Positionen zu erkennen. In einem iterativen Herangehen stellt man zuerst die gemeinsamen Auffassungen heraus und stellt dann die noch bestehenden strittigen Fragen dar, auch auf die verschiedenen Erfahrungen der Partner verweisend. Man versucht den vernünftigen Kern anderer Konzeptionen zu erfassen und mit den eigenen Erkenntnissen zu vermitteln.25 Eine ausschließende Kritik lehnt andere Beschreibungen von Möglichkeitsfeldern eher in Gänze ab. Oft stützt man sich dabei auf schematische Analogien und oberflächliche Vergleiche. So ist es inner- und außerhalb der PDS gängig, das ›Transformationskonzept‹, das dem neuen Programm zugrunde liegt, mit der Politik der Sozialdemokraten gleichzusetzen. Regierungsbeteiligung der Linkspartei auf Länderebene wird generell und undifferenziert als neoliberale Politik diffamiert. Hardt/Negri fordern absolute Demokratie und werfen Kommunisten und Sozialisten in Regierungsverantwortung grundsätzlich ›Staatsvergottung‹ vor.26
Bloch zeigt auch: wegen der Breite der Möglichkeitsfelder und wegen der unterschiedlichen Erfahrungen der Menschen ist ein Spannungsverhältnis zwischen Theoretiker und Politiker und zwischen verschiedenen Fraktionen und Gruppierungen vorprogrammiert. Es kann nur ausgehalten und ausgetragen werden, wenn von allen Beteiligten solche Hintergründe erkannt werden und so die unterschiedlichen Standpunkte als primär objektiv bedingt (und möglich) anerkannt werden. Programmatische und strategische Differenzen aber aus Charakterschwächen (natürlich immer der anderen) zu erklären, hat schon immer dem gemeinsamen Kampf geschadet. So wurde etwa die Regierungsbeteiligung in Berlin mit dem Ehrgeiz Gregor Gysis ›erklärt‹.27
Blochs Herangehen könnte auch helfen, den Pluralismus weit produktiver zu gestalten, als heute noch gegeben. Pluralismus bedeutet nicht Einigung auf kleinstem gemeinsamem Durchschnitt der Meinungen, sondern das Recht, die Möglichkeiten im Möglichkeitsfeld unterschiedlich zu akzentuieren. Für das Handeln aber gelten Mehrheitsbeschlüsse. Manche linke Gruppierung pflegt freilich die negativen Aspekte der Politik anderer Gruppen, auch von Mehrheiten, hervorzuheben und ihre positiven Ergebnisse zu verschweigen oder kleinzureden. So geschieht es seit Monaten mit der Beteiligung der Linkspartei.PDS an Länderparlamenten in Berlin und Mecklenburg- Vorpommern. Eine Studie von Rolf Reißig verweist darauf, daß alle Beteiligte lernen müssen, mit der Regierungsbeteiligung umzugehen. 28 Solcher Lernprozesse an der je aktuellen Front des Geschehens bedarf es, damit wir eine mögliche neue Welt verwirklichen können.
Dietrich Wahl - Jg. 1929; Prof. i. R., Dr. sc. phil.; 1949-1954 Studium Philosophie, Geschichte und Indologie an der Universität Leipzig, 1953-1957 Assistent bei Ernst Bloch, 1957-1964 Lehrtätigkeit Philosophie und Geschichte der Philosophie, 1964-1970; Wissenschaftsorganisatorische Tätigkeit an der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1970-1990 Institut für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaften dieser Akademie. Artikel und Bücher: gemeinsam mit H. Parthey: Die experimentelle Methode in Natur- und Gesellschaftswissenschaften 1966; Hrsg.: Ethische Probleme der Wissenschaft 1978. Zuletzt in UTOPIE kreativ: Das Phaleas-Syndrom: Ringen um wirtschaftliche und politische Gleichheit, Heft 119 (September 2000) und Heft 120 (Oktober 2000).
1 Wolfgang Förster: Ernst Blochs Revision des Marxismus, Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1957.
2 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, Erster Band, Aufbau-Verlag Berlin 1954, S. 243.
3 Ebenda, S. 244.
4 "Durch ... Verweis auf Morus ist es Saage möglich, einen Begriff der politischen Utopie zu entwickeln, der explizit gegen Ernst Bloch (Prinzip Hoffnung) gerichtet ist. Denn nach Saage kann man den Kern des utopischen Diskurses nur dann erkennen, wenn man genau benennt, was politische Utopien sind, und nicht wie Bloch alles unter den Begriff Utopie faßt: vom Tagtraum über chiliastische Heilserwartungen bis hin zu apokalyptischen Vorstellungen und Märchen. " Andreas Heyer: Politische Utopien der europäischen Neuzeit, in: UTOPIE kreativ, Heft 151 (Mai 2003).
5 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, a. a. O., S. 245.
6 Wolfgang Förster, a. a. O., S. 209.
7 Karl Raimund Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde (1945); Das Elend des Historizismus (1957).
8 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, a. a. O., S. 261.
9 Ebenda, S. 249, 251; Das sachhaft-objektgemäß Mögliche bedeutet das Feld von Variationen, das gemäß der Struktur der Dinge umrissen und eröffnet wird (ebenda, S. 255).
10 Ebenda. Vgl. auch die Unterscheidung von ›Nach- Möglichkeit-Seiendem‹ und ›In-Möglichkeit-Seiendem‹, ebenda, S. 223.
11 Ernst Bloch: Experimentum Mundi, suhrkamp taschenbuch wissenschaft 564, S. 155 f.
12 "Exakt erkannt und bestimmt werden kann vom Menschen nur die Wirklichkeit, sofern sie hinter uns liegt oder uns noch gegenwärtig umgibt. Ein anderes ›Sein‹ gibt es nicht und nur dieses Sein ist abbildbar. ... Das exakte Zukunftsbild beruht also auf Vorausberechnung Â… Auf dieser Vorausberechnung beruht die gesamte sozialistische Planung." (Ernst Blochs Revision, a. a. O., S. 314/ 315).
13 Ernst Bloch: Tübinger Einleitung in die Philosophie, edition suhrkamp 3308, S. 102.
14 Ernst Blochs Revision ..., a. a. O., S. 209.
15 Ernst Bloch: Experimentum mundi, a. a. O., S. 89: "Solange der Mensch sein Interesse - anschauend kontemplativ - auf Vergangenheit oder Zukunft richtet, erstarren beide zu einem fremden Sein ... Erst wenn der Mensch die Gegenwart als Werden zu erfassen fähig ist, indem er in ihr jene Tendenz erkennt, aus deren dialektischem Gegensatz er die Zukunft zu schaffen fähig ist, wird die Gegenwart zu seiner Gegenwart." (zitiert aus Georg Lukács: Geschichte und Klassenbewußtsein, GA, II, S. 392)
16 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, a. a. O., S. 216/217.
17 "Es ist ... die zentrale Leistung von Blochs "Schichten der Kategorie Möglichkeit", die Unterscheidung zwischen dem "sachhaft-objektgemäß Möglichen" und dem "objektiv-real Möglichen" einzuführen, und d. h.: zwischen einer Unterbestimmtheit hinsichtlich (noch nicht) vorliegender Bedingungen und einer Realoffenheit des geschichtlichen bzw. natürlichen Prozesses." (Enzyklopädie Philosophie, Hrsg. H.-J.Sandkühler, Stichwort ›Möglichkeit‹, Meiner Verlag, S. 868/869).
18 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, a. a. O., S. 252.
19 Ebenda.
20 Fidel Castro u. a.: Kuba - nach Fidel. Kann die Revolution überleben? Kai Homilius Verlag 2006, S. 62.
21 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, a. a. O., S. 252.
22 Ebenda, S. 252/253.
23 "Ich empfehle nun diese pragmatischen Konsequenzen, die Mandel aus der französischen Revolutionstriade sowie der Marxschen Forderung nach Aufhebung der Klassengesellschaft und der Selbstbefreiung des Menschen gezogen hat als Kernbestand eines sozialistischen Programms und warne vor dem Zwang weiterreichender Festlegungen." Gerhard Zwerenz: Blochs doppelte Revolte, in: UTOPIE kreativ, Heft 144 (Oktober 2002).
24 Vgl. Roger Behrens: Aktualisierung des Ungleichzeitigen. Anmerkungen zur Prozeßlogik einer mehrschichtigen Dialektik, in: UTOPIE kreativ, Heft 153/154 (Juli/August 2003).
25 In der Diskussion um die Gründung der Linkspartei sind einige Papiere erschienen, die solch einschließende Diskussion praktizieren, etwa ›Programmatische Eckpunkte auf dem Weg zu einer neuen Linkspartei in Deutschland. Diskussionsgrundlage der gemeinsamen Programmdiskussion von Linkspartei. PDS und WASG‹ vom 23. Februar 2006; Michael Brie, Christoph Spehr: Was ist heute links? Reihe "kontrovers " der Rosa-Luxemburg- Stiftung, Heft 1/2006; Harald Pätzold: Wo ist das Problem? Parteiprogramm oder Gründungsmanifest, Disput 17, März 2006.
26 Michael Hardt, Antonio Negri: Empire. Die neue Weltordnung, Campus Verlag 2002; Michael Hardt, Antonio Negri: Multitude. Krieg und Demokratie im Empire, Campus Verlag 2004.
27 Sarah Wagenknecht: Kapitalismus im Koma. Eine sozialistische Diagnose, edition ost 2003, S. 122.
28 "In das Mitregieren ist in erster Linie eine Minderheit (Senatoren, Fraktion, Bürgermeister, Mitarbeiter) einbezogen. Oder anders formuliert: die damit verbundenen neuen Erfahrungen und Einsichten, Lernprozesse und Kompetenzgewinne betreffen zunächst nur einen relativ kleinen Kreis. Nicht die gesamte PDS und ihr Umfeld sehen sich gleichermaßen durch die Regierungsverantwortung gefordert. Daraus können und entstehen tatsächlich, wie sich gerade auch in Berlin zeigt, Ungleichzeitigkeiten in den Erfahrungs-räumen der PDS-Mitgliedschaft. Mehr noch - oft entstehen durch die Regierungsbeteiligung erst einmal neue inhaltliche Klüfte in der Bewertung der Ergebnisse der Regierungsbeteiligung und oft auch ihres Sinns und Zwecks." (Rolf Reißig: Mitregieren in Berlin. Die PDS auf dem Prüfstand, Texte/Rosa- Luxemburg-Stiftung, Bd. 22, Karl Dietz Verlag Berlin 2005, S. 65).
in: UTOPIE kreativ, H. 195 (Januar 2007), S. 63-72
aus dem Inhalt:
VorSatz; Essay ANDREAS HEYER: Die Last der Verschwörung - Gracchus Babeufs Theorie der Freiheit und Gleichheit; Gesellschaft - Analysen & Alternativen Ulrich Busch: Berlin - Weltstadtvisionen und Finanzrestriktionen; ULLA PLENER: Wirtschaftsdemokratie in der Programmdiskussion der neuen Linken; JENS-EBERHARD JAHN: Zur Akzeptanz von Grundsicherung und Grundeinkommen in der Mitgliedschaft der Linkspartei.PDS; Utopie konkret MARTIN MEIER: Zur Bedeutung des Militärs in den politischen Utopien, Staatsromanen und Robinsonaden der Frühen Neuzeit; Zwischen allen Stühlen GÜNTER WIRTH: Walther Harichs "Ostorientierung" Einige Bemerkungen über den Vater von Wolfgang Harich - und ihn; DIETRICH WAHL: Ernst Bloch über Möglichkeit und linke Diskurse; Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau; Bücher & Zeitschriften Gunnar Winkler: Die Region der neuen Alten. Fakten und Positionen zur sozialen Situation älterer Bürger in den neuen Bundesländern 1990 bis 2005 (JÖRG ROESLER); Falko Schmieder: Ludwig Feuerbach und der Eingang der klassischen Fotografie. Zum Verhältnis von Anthropologischem und Historischem Materialismus (JENS-F. DWARS); Robert Kurz: Das Weltkapital. Globalisierung und innere Schranken des modernen warenproduzierenden Systems (MICHAEL KATZMAYR); Paul Martin Neurath: Die Gesellschaft des Terrors. Innenansichten der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald, hg. von Christian Fleck und Nico Stehr, aus dem Englischen von Hella Beister (ROGER BEHRENS); Siegfried Bock, Ingrid Muth, Hermann Schwiesau: Alternative deutsche Außenpolitik? DDR-Außenpolitik im Rückspiegel (II) (FRANZ-KARL HITZE); Simon Sebag Montefiore: Stalin, Am Hof des roten Zaren (BERT GROSSE); Jahresinhaltsverzeichnis 2005; Summaries