Casting für Eliten

Kommentar

in (10.05.2004)

Seit dem Zwischenbericht zum Programm "ExcellenTUM" der TU-München ist die Debatte über Elitehochschulen in Deutschland im Gange.

Neu an der Diskussion ist, dass sich auch die SPD öffentlich für Eliteuniversitäten ausspricht.

Die Debatte um die Errichtung von Eliteuniversitäten bereitet eine Diskussion über die generelle Einführung von Studiengebühren ab dem ersten Semester vor. Es ist, auch in der öffentlichen Debatte, legitim zu behaupten, dass das deutsche Bildungssystem marode und im europäischen Vergleich sehr selektiv ist.

Die Planungen der rot-grünen Bundesregierung sehen vor, vier Universitäten mit zusätzlich 50 Mio. Euro jährlich zu fördern. Dazu sollen sich die Hochschulen in einem "Casting Verfahren" - à la "Deutschland sucht den Superstar" - um das begehrte Geld bewerben. Wer den Zuschlag bekommt, wird dann zur Eliteuniversität. Für die Universität Duisburg-Essen würde die Zusatzförderung eine Erhöhung des Jahresetats von 250 auf 300 Mio. Euro bedeuten. Vergleiche mit Eliteuniversitäten wie Princeton erscheinen bei einem Jahresetat von 2 Mrd. $ und allgemeinen Studiengebühren in fünfstelliger Höhe lächerlich.

Diese Schein-debatte soll davon ablenken, dass das Ziel die Einführung von Studiengebühren ab dem ersten Semester ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann das im Hochschulrahmengesetz verankerte Studiengebührenverbot fällt. Dann wird es mit Gebühren in der Höhe von 500 Euro nicht getan sein. Stattdessen ist davon auszugehen, dass man in vier- bis fünfstelliger Höhe Gebühren zahlen muss, um eine gute universitäre Ausbildung zu erhalten. Wer sich das nicht leisten kann, besitzt keinen Anspruch auf Bildung.

Eine ausschließlich auf Profit basierende Gesellschaftsordnung wie die kapitalistische erzeugt immer soziale Ungleichheit. Trotz aller Behauptungen, dass Chancengleichheit in der Bildung gegeben sei, studieren immer weniger Kinder aus der Unterschicht. Im Jahre 1982 stammten noch 23 % aus sog. ArbeiterInnenfamilien, 2000 waren es nur noch 13,6 %; gleichzeitig stellt ein Hochschulabschluss die Grundlage für sozialen Aufstieg dar.

Wer neben seinem Studium noch arbeiten muss, wird von der Hochschulbildung ausgeschlossen. Die Pläne zur Errichtung von Eliteuniversitäten verschärfen soziale Ungleichheit und lassen Bildung zu einem Privileg der Besserverdienenden werden. Von Chancengleichheit ist immer weniger die Rede. Das Bildungssystem soll endgültig dazu werden, was es im Kapitalismus immer war: Ein Instrument zur Förderung zukünftiger kleiner Eliten.

Dies darf aber nicht Ziel einer progressiven Hochschulpolitik sein. Stattdessen muss Bildung zuerst den gesellschaftlichen Fortschritt und die Befähigung des Einzelnen am gesellschaftlichen Prozess teilzuhaben ermöglichen .Dies bringt diese Scheindebatte nicht mit sich. Sie hat das alleinige Ziel die Verschärfung der sozialen Selektion im Bildungssystem voranzutreiben.