Ein wenig Sand im Getriebe: Die Jugend- und Auszubildendenvertretung.

Aufgaben und Probleme der jugendlichen Interessenvertretung.

in (22.08.2001)

Eine zukunftsorientierte, qualifizierte Berufsausbildung ist nicht immer selbstverständlich.

Vermehrt wird die Qualität der Ausbildung dem unternehmerischen Kostendenken unterworfen. Arbeitgeberverbände und Handelskammern werden nicht müde, verkürzte Schmalspurausbildungen mit geringer Qualifizierung zu fordern. Auch in den bestehenden Ausbildungsverhältnissen sehen sich Jugendliche mit veralteten Ausbildungsmitteln oder ausbildungsfremden Tätigkeiten konfrontiert. Auf das spätere Berufsleben bereitet jedoch nur eine qualifizierte Berufsausbildung vor. Die Ausbildung im diesem Sinne zu überwachen, ist unter anderem die Aufgabe der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) im Betrieb.

Wie der Betriebsrat die gewählte Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen im Betrieb ist, so kümmert sich die Jugend- und Auszubildendenvertretung um die Sorgen und Probleme der jugendlichen ArbeitnehmerInnen. Die JAV vertritt die Interessen aller Jugendlichen unter 18 Jahren und aller Auszubildenden, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die Aufgaben der JAV regelt das Betriebs-verfassungsgesetz. Danach ist ihre Arbeit in zwei wesentliche Bereiche aufgeteilt: Überwachung und Kontrolle sowie Maßnahmen beantragen und Anregungen entgegennehmen.

_Kontrolle und Interessenvertretung im Betrieb:

Die Überwachungsaufgaben bilden einen Schwerpunkt der JAV-Arbeit. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz hat die JAV darüber zu wachen, dass die für die jugendlichen Ar-beitnehmerInnen "geltenden Gesetze, Verordnungen, Un-fallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden". Darunter fallen unter anderem das Berufsbildungsgesetz, das die Grundlagen der Berufsbildung regelt, das Jugendarbeitsschutzgesetz oder die Ausbildungsrahmenpläne, deren Einhaltung die JAV zu kontrollieren hat.

Neben den Überwachungsaufgaben muß die JAV aber auch aktiv auf die Ausbildungssituation der jugendlichen ArbeitnehmerInnen einwirken. So kann sie Maßnahmen beim Betriebsrat beantragen, die zum Beispiel dazu dienen, die Berufausbildung zu verbessern. Das Betriebsverfassungsgesetz weist der JAV also ein Antragsrecht zu. Desweiteren hat sie eine Mittlerfunktion, indem sie Anregungen von Jugendlichen und Auszubildenden entgegennehmen und beim Betriebsrat auf eine Erledigung hinwirken kann. Über den Betriebsrat ist es ihr demnach möglich, Beschwerden bzw. Vorschläge zur Verbesserung der Ausbildung an den Unternehmer weiterzuleiten. Darunter können Maßnahmen wie die Übernahme aller Auszubildenden, Verbesserung der Lehrmittelausstattung u.ä. fallen.

_Einschüchterungen und andere Alltagsprobleme:

Eine konsequente Interessenvertretungspolitik der JAV sieht sich allerdings oft mit Problemen konfrontiert. Mit Ein-schüchterungsversuchen und massiven Angriffen versuchen viele Arbeitgeber, eine starke jugendliche Interessenvertretung zu verhindern. Um sich dennoch mit Nachdruck für die Belange der Jugendlichen und Auszubildenden einsetzen zu können, haben Jugend- und Auszubildendenver-treterInnen einen gesetzlichen Anspruch auf unbefristete Übernahme in ein Vollzeitarbeitsverhältnis. Dieser Anspruch ist 1974 durch die Gewerkschaften erkämpft worden, um einen Rausschmiß engagierter junger InteressenvertreterInnen nach der Ausbildung zu verhindern.

Die JAV-Arbeit ist auch dadurch beeinträchtigt, dass sich die betriebliche Realität seit der Verabschiedung des Betriebverfassungsgesetzes 1972 grundlegend geändert hat. Durch neue Unternehmenskonzepte wie Outsourcing, Betriebsaufspaltung oder die Einbeziehung von Fremdfirmen wird Interessenvertretung im Betrieb zunehmend schwieriger. So werden die gesetzlichen Bestimmungen den betrieblichen Anforderungen nicht mehr gerecht. Besonders in kleineren Betrieben müßte die Stellung der JAV gestärkt werden. Ein Großteil der Jugendlichen wird in sogenannten "kleinen/mittleren Industrie- oder Handwerksbetrieben" mit weniger als 20 Auszubildenden ausgebildet. In vielen Betrieben gibt es deshalb nur eine/n gewählte/n Jugend- und Ausbildungsvertreter/in oder bei weniger als fünf Auszubildenden gar keine JAV. Die im Juni 2001 im Bundestag verabschiedete Reform des Betriebsverfassungsgesetzes sieht zwar eine Erhöhung der Anzahl der JAV-Mitglieder in Betrieben mit mehr als 150 Jugendlichen oder Auszubildenden vor, die Zahl der Mandate in den kleineren Betrieben bleibt allerdings unverändert. Außerdem besteht die Möglichkeit zur Wahl einer JAV weiterhin erst ab fünf und nicht, wie von Gewerkschaften gefordert, schon ab drei Wahlberechtigten.

_Weiterhin JAV-freie Zonen:

Auch nach der jüngsten Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes fallen zahlreiche Jugendliche nicht unter den Schutz einer Jugend- und Auszubildendenvertretung. So sieht die Gesetzesreform keine Erweiterung des Arbeitneh-merbegriffs vor. Der klassische Arbeitnehmerbegriff erfasst nicht Arbeitsverhältnisse wie Scheinselbständige oder außer- und überbetriebliche Auszubildende. Bundesweit über 200.000 Auszubildenden in außer- und überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen wird damit die Möglichkeit genommen, durch die Wahl einer JAV ihre Interessen zu vertreten. Zwar beabsichtigt die Bundesregierung, die Interessenvertretung der betroffenen Auszubildenden im Berufsbildungsgesetz zu regeln. Jedoch wird durch diese gesetzliche Sonderregelung die Ungleichbehandlung von betrieblichen und außerbetrieblichen Auszubildenden weiterhin fortgeschrieben.