Bayer CropScience, Tochterunternehmen des deutschen Chemiegiganten Bayer, ist im April 2010 in den USA zu einer Schadensersatzzahlung in Höhe von 48 Millionen Dollar verurteilt worden. Zahlen muss das Gentech-Unternehmen an Landwirte aus Arkansas, deren Reisernte mit genetisch verändertem Reis der noch nicht zugelassenen Sorte „Liberty Link 601" (LL 601) verunreinigt worden war. Die Schadensersatzsumme setzt sich aus 6 Millionen US-Dollar „tatsächlichem" Schadensersatz und 42 Millionen US-Dollar „punitive damages", also Strafschadensersatz, zusammen.
Doch selbst diese Rekordsumme kommt dem durch die Kontamination landesweit verursachten Schaden nicht einmal nahe: Greenpeace-Schätzungen zufolge liegt dieser bei nicht weniger als 1,3 Milliarden US-Dollar. Die Reissorte war - ohne Zulassung als Lebensmittel - in den internationalen Handel gelangt, was unter anderem Einfuhrsperren der EU und Japans nach sich gezogen und dadurch zu massiven Preisstürzen für us-amerikanische Reisbauern geführt hatte. In den USA verklagten rund 3.000 von ihnen Bayer auf Schadensersatz - die jetzt erzielte Summe stellt dabei die bisher ergangenen drei Urteile in den Schatten: Hier waren insgesamt nur 4,5 Millionen US-Dollar zugesprochen worden. Bayer will - wie in den anderen Verfahren auch - in Berufung gehen; das Unternehmen hält die Summe für „unangemessen hoch" und wehrt sich gegen die Verurteilung zu Strafschadensersatz.
Der genmanipulierte Reis ist „immun" gegen das Totalherbizid „Liberty", das auf den Feldern jede andere Pflanze tötet. Bislang war LL 601 nur zu Forschungszwecken auf Versuchsfeldern angebaut worden. Welche Auswirkungen herbizidresistente Pflanzen auf ein Ökosystem haben, ist wissenschaftlich umstritten. Insbesondere in Europa überwiegt bislang die Skepsis gegenüber den nicht absehbaren Konsequenzen möglicher Kreuzungen genmanipulierter Pflanzen oder den Auswirkungen auf die Insektenwelt und damit auf das gesamte Ökosystem.
In Deutschland forderte die „Koordination gegen Bayer-Gefahren" nach dem Urteil, das Unternehmen solle seinen Antrag auf eine EU-Importzulassung für den gentechnisch veränderten Reis zurückziehen; die Risiken eines großflächigen Anbaus seien nach wie vor unkalkulierbar. Kalkulieren muss Bayer nun allerdings mit den hohen Kosten seiner Risikotechnologie. Das Beispiel zeigt, dass im Bereich gentechnischer Verunreinigung von Lebensmitteln in keinem Fall auf klare Schadensersatzregelungen verzichtet werden darf - zu Lasten der Gentech-Unternehmen, versteht sich. Ganz dem Verursacherprinzip entsprechend.
Thorsten Deppner, Freiburg