Spanische Linke im Kampf gegen die Korruption des Establishments

Die spanischen Sozialisten haben Pedro Sánchez erneut zum Generalsekretär gewählt. Sánchez ist als »klarer Gewinner« aus der Abstimmung der Mitglieder der PSOE hervorgegangen, zu der die 188.000 Mitglieder der PSOE aufgerufen waren.

Mit dieser Personalentscheidung war nicht gerechnet worden, denn als Favoritin des Parteiapparats galt von Anfang an Susana Diaz (42), ehrgeizige Ministerpräsidentin von Andalusien, die mit der Mehrheit der PSOE-Führung den Rücktritt von Sanchez vor Monaten erzwungen hatte. Die Ministerpräsidentin von Andalusien hatte nicht nur die Unterstützung der beiden sozialistischen Ex-Premiers Felipe González und José Luis Rodríguez Zapatero, sondern auch der Regionalfürsten der Sozialisten und des gesamten Parteivorstands.

Die innerparteilichen Gegner zwangen Sánchez Anfang Oktober 2016 zum Rücktritt. Der Sturz des Generalsekretärs der sozialistischen Partei machte den Weg frei für eine tolerierte Regierung von Mariano Rajoy. Sánchez zählt zum linken Flügel der PSOE. Im Gegensatz zu seinen parteiinternen Gegnern war er dafür eingetreten, mit der linksgerichteten Partei Podemos und der liberalen Partei Ciudadanos eine Koalition zu bilden und so die Regierung Rajoy der konservativen Volkspartei (PP) abzulösen. Díaz hingegen lehnte jede Annäherung ihrer Partei an Podemos ab. Der Ausgang der Urabstimmung über den Generalsekretär ist faktisch auch eine Entscheidung über die Strategie der sozialistischen Partei.

 

Hoffnung auf eine geeinte PSOE

»Was der Ministerpräsident dieses Landes fürchtet, ist eine geeinte PSOE und das ist, was wir ab morgen haben werden«, sagte Sánchez. Dies ist eine optimistische Perspektive, denn die PSOE muss erst zu ihrer Einheit zurück finden. »Wir werden dieses Mandat zu den Wahlkabinen tragen und eine PSOE bauen, die aus Mitgliedern und Wählern besteht. Es wird eine PSOE der Linken sein.«

Die Regierung Rajoy verweist stolz auf die ökonomischen Zuwachsraten und die Verminderung der Arbeitslosigkeit. In Spanien nahm das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2017 um 0,8% zu. Dieses Jahr wird Spanien erstmals wieder ein Produktionsniveau wie vor der Finanzkrise erreichen. Spanien war mit Griechenland und Irland jenes Land, das von der Finanz- und der Eurokrise besonders hart getroffen wurde. Mit der Finanzkrise ab 2008 und erst recht mit der Eurokrise ab 2010 kam dann der große Schock: Die Kapitalzufuhr versiegte, das Zinsniveau stieg drastisch an und das Wachstum brach ein. Die Banken strauchelten und waren bald akut vom Zusammenbruch gefährdet. Die Arbeitslosigkeit schnellte von 8,2% im Jahr 2007 auf fast 25% im Jahr 2014 hoch.

Der Auslöser für die anhaltende Krisenkonstellation Spaniens war die Krise von 2008. Damals sank die Wirtschaftsleistung binnen Jahresfrist um 4%, die Arbeitslosigkeit betrug in den vergangenen Jahren 25% und die Schulden liegen bei 100% der Wirtschaftsleistung. Die desolate Situation Spaniens ist durch die neoliberalen Spar-Rezepte der konservativen Regierung – verschärft durch die Troika – verschlimmert worden. Es ist von einem Land mit mäßiger sozialer Ungleichheit zu dem Land der Euro-Zone mit den höchsten Einkommensdifferenzen geworden.

Das hat auch eine Legitimationskrise des politischen Systems ausgelöst. Sozialisten und konservative Volkspartei (PP) hatten in ihren jeweiligen Regierungszeiten Strukturveränderungen durchgeführt, die auf eine Stärkung des Tourismus und des Immobilienmarktes zielte. Die dramatische Krise mündet dann in den Massenprotesten mit dem Slogan: »Ihr repräsentiert uns nicht!«

 

Anhaltende Korruption in Spanien

Ein grundlegender Politikwechsel kam wegen der Zersplitterung der Opposition gegen die konservativen Eliten nicht zustande. Seit Monaten ist erneut das Hauptthema aller Nachrichtensendungen in Spanien die weit verbreitete Korruption, die die konservative Regierung in immer größere Bedrängnis bringt. Jüngstes Kapitel ist ein Skandal um Justizminister Rafael Catalá, der versucht haben soll, die Aufklärung der Bestechungsfälle zu behindern und zu hintertreiben. Die große Mehrheit des nationalen Parlaments in Madrid entzog Catalá nun das Vertrauen und forderte seinen sofortigen Rücktritt – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Landes.

Spaniens Sozialisten, die den Missbilligungsantrag ins Parlament brachten, erklärten, der Minister habe sein Vertrauen verspielt und sei seines Amtes nicht würdig. Er habe sich in ein »Risiko für den Rechtsstaat« verwandelt. Der Antrag wurde mit 207 gegen 134 Stimmen verabschiedet. Die gesamte Opposition aus Sozialisten, der Protestbewegung Podemos, der bürgerlichen Partei Ciudadanos und den Regionalparteien stellte sich gegen den Minister.

Der weitere Kurs in der Legitimationskrise der spanischen Demokratie nach der Entscheidung der sozialistischen Parteibasis: Die Partei muss entgegen der Position des rechten Parteiflügels weiter nach links rücken, wenn sie nicht weiter an Bedeutung verlieren will. Sanchez wird sich um einen Ausbau der Kooperation mit Podemos bemühen, um die Minderheitsregierung von Mariano Rajoy ablösen zu können. Podemos hat vor der Urabstimmung bei den Sozialisten einen Antrag für ein Misstrauensvotum gegen Rajoy wegen der vielen Korruptionsfälle eingereicht.