GloFish und UmweltSchwein

Gentechnisch veränderte Tiere mit dem gewissen Etwas

Immer wieder geistern sie durch die Medien: Die gentechnisch veränderten (gv) Tiere mit dem gewissen Etwas. Der eine Wissenschaftler preist ein besonders umweltfreundliches Schwein an, der nächste will mit seinen gv-Fischen die Welt ernähren. Die eine Forscherin kann mit ihrer Kuh Milch herstellen, in der ein Spinnengewebe schwimmt.

Mit dem Gruseln, das vielen dieser Tiere bis heute anhängen dürfte, als emotionales Hintergrundrauschen reibt sich der Mann von der Straße über die Fertigkeiten der Wissenschaft verwundert die Augen. Doch weit gefehlt, in der Regel hat man Jahre später nichts mehr von den neuen Tieren gehört. Im Folgenden eine Übersicht ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Gv-Kühe produzieren menschliche Muttermilch

Die Nachricht lautete wie folgt: „Wissenschaftler aus Argentinien haben eine Kuh hergestellt, die menschliche Muttermilch produziert.“ Ein argentinisches Team hatte im letzten Jahr ebendies vermeldet und in dem Zusammenhang betont, „die Kuh Rosita ISA ist das erste Rind, das auf der Welt geboren wurde, in das zwei menschliche Gene eingebaut wurden“.  Auf Bildern zu sehen: ein Kalb mit einer Schleife, eingerahmt von zwei Männern in weißen Kitteln. Rosita, so heißt es, gibt Milch, in der menschliches Lactoferrin produziert wird, ein Enzym des Eisen-Stoffwechsels. Außerdem soll die Kuh auch Lysozym, eine Art Antibiotikum, in seiner menschlichen Variante herstellen können. Eine Publikation in einem Fachmagazin gibt es bisher nicht.

Auch WissenschaftlerInnen in China arbeiten an einem Projekt zu vermenschlichter Milch von Kühen, die Gruppe scheint sich aber mit einem übertragenen Gen zufrieden zu geben. Die ForscherInnen um Ning Li von der Chinesischen Landwirtschaftsuniversität in Beijing publizierten im vergangenen Jahr eine Arbeit über die erfolgreiche Integration von menschlichen Lysozym-Genen in 17 Milchkühe. Die Milch soll zur Herstellung von Babynahrung genutzt werden.

Eine andere Variante der Veränderung von Milch betrifft die erhöhte Produktion von so genannten Omega-3-Fettsäuren. Diese gelten als gesundheitlich vorteilhaft für die menschliche Ernährung.

 

UmweltSchwein

Das EnviroPig von WissenschaftlerInnen der Universität in Guelph sollte die Verunreinigung der Umwelt mit Phosphor reduzieren. Das Schwein wurde mit gentechnischen Methoden in die Lage versetzt, das Enzym Phytase zu produzieren. Dieses Enzym sorgt für eine vollständigere Verdauung des mit der Nahrung aufgenommenen Phosphors, der entsprechend nicht mehr ausgeschieden wird.

Im Frühjahr dieses Jahres wurden die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten gestoppt, nachdem sich der Schweinemast-Verband Ontario Pork aus der Finanzierung zurückgezogen hatte. Die verbliebenen 16 Tiere wurden getötet.

 

Seiden-Bio-Stahl aus gv-Ziegen

Die kanadische Firma Nexia Biotechnologies verkündete im Januar 2000 die Geburt zweier „BioSteel-Ziegen“. Ihnen seien Gene einer Spinnenart zur Produktion von Faserproteinen in ihrer Milch übertragen worden. Nachdem diese Nachricht in den Folgejahren in der einen oder anderen Form durch die Medien geisterte, ist es um die Bio-Stahl-Ziegen mittlerweile still geworden. Die Internetseite des Unternehmens ist abgeschaltet. Nichtsdestotrotz wird das Konzept der Seide, die in größerem Stil mit anderen Organismen hergestellt wird, weiterverfolgt. Zuletzt von US-WissenschaftlerInnen, die 2009 ein Laborprotokoll veröffentlichten, mit dem es leicht möglich sein soll, die Seiden-Gene in Bakterien zu übertragen.

 

GloFish

Die gentechnische Veränderung lässt den GloFish floureszieren - mittlerweile in verschiedenen Farben: rot, grün, orange, blau und purpur. Wenn auch keine Zahlen existieren, so ist der GloFish vermutlich das einzige gentechnisch veränderte Tier, das einen breiteren Markt gefunden hat. Glaubt man den Darstellungen im Internet, dann ist er bei Aquarianern und Aquarianerinnen in den USA beliebt. Außerhalb der USA ist der Handel nicht erlaubt.

Die Tatsache, dass der GloFish nicht als Lebensmittel gehandelt wird, hat ihm eine aufwendige Zulassung erspart.

 

Gv-Lachse in den USA

Gentechnische Veränderungen werden an verschiedens­ten Fischen vorgenommen. Das prominenteste Beispiel sind jedoch die gentechnisch veränderten Lachse der kanadischen Firma AquaBounty. Sie wachsen schneller als ihre nicht gentechnisch veränderten Artgenossen und erreichen am Ende ein höheres Endgewicht. Mit ihrer Produktion wird die Hoffnung verbunden, die Überfischung der Weltmeere zu reduzieren. Seit mehr als zehn Jahren stehen die gentechnisch veränderten Lachse der Firma AquaBounty „kurz vor der Zulassung“ als Lebensmittel in den USA.

Auf der Liste der manipulierten Fische stehen zum Beispiel auch Afrikanische Buntbarsche, die auch als Tilapien bekannt sind. 2003 wurde berichtet, dass ihre Kommerzialisierung in Kuba beantragt worden sei. Bisher ist jedoch nicht bekannt geworden, dass es dort tatsächlich eine kommerzielle Nutzung dieser Fische gibt.

 

Gentechnisch veränderte Knockout-Tiere

Auch wenn so genannte Knockout-Mäuse mit Abstand den größten Anteil haben, soll an dieser Stelle eher ein Blick auf die Knockout-Technologie geworfen werden. Zusammengefasst werden die Tiere gentechnisch so verändert, dass eines oder mehrere Genprodukte (Proteine) nicht mehr hergestellt werden. Dieses Ausschalten von Genen kann permanent wirksam sein oder von den ForscherInnen aktiviert werden, zum Beispiel indem ein molekularer Schalter durch einen Futterzusatz aktiviert wird. Die mechanische Sprache ist durchaus typisch. Wie bereits im vergangenen Jahr von unserem Kollegen Uwe Wendling detailliert beschrieben, erfreuen sich Knockout-Tiere gerade bei den Forschenden der Genetik wachsender Beliebtheit. Die Europäische Union und die US-amerikanischen National Institutes of Health fördern gemeinsam das „International Knockout Mouse Consortium“. Im Namen des Fortschritts sollen für jedes einzelne der etwa 20.000 Mausgene Knockout-Mausstämme hergestellt und gezüchtet werden. Es ist absehbar, dass dafür hunderttausende von Versuchstieren benötigt werden.

 

Medikamente aus gentechnisch veränderten Tieren

In der Europäischen Union sind derzeit zwei Medikamente zugelassen, die mit gentechnisch veränderten Tieren hergestellt werden: Ruconest und ATryn.

Ruconest wird bei erwachsenen PatientInnen eingesetzt, die unter dem so genannten Hereditären Anioödem leiden, einer - eventuell nur teilweisen - Erbkrankheit, bei der es an verschiedensten Stellen des Körpers zu Schwellungen kommt. Die behandelten PatientInnen können das Enzym „C1 Esterase Inhibitor“ nicht, oder nicht in der erfolderlichen Dosis produzieren. Der Wirkstoff des Medikaments ist „Conesta alpha“ und wird aus transgenen Kaninchen gewonnen, die den Wirkstoff in ihrer Milch bilden. Hieraus muss er extrahiert werden.

ATryn ist ein Medikament, das eingesetzt wird, um bei bestimmten PatientInnen das Verklumpen von Blut zu verhindern. Die PatientInnen können das Protein Antithrombin selbst nicht, oder in nicht ausreichendem Maße produzieren. Der Wirkstoff wird aus gentechnisch veränderten Ziegen gewonnen, denen das Gen für dieses menschliche Protein eingesetzt woden ist. Die gv-Ziegen produzieren das Protein in ihrer Milch, aus der es extrahiert wird.

 

Gv-Tiere zur Xenotransplantation

Last but not least wird hier ein Bereich der Forschung mit gentechnisch veränderten Tieren mit Ignoranz gestraft, der seit Jahren den Eindruck erweckt, als sei es eher das Spielzimmer von einer Handvoll Spezialisten: Bei der Xenotransplantation sollen gentechnisch veränderte Tiere (unter anderem Schweine und Affen) zur Herstellung von „menschlichen“ Organen genutzt werden. Kein weiteres Wort darüber. Die Ignoranz gilt nicht dem Leid der Tiere.

 

 

(Christof Potthof)

 

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