Gerechtigkeitsprobleme der Marktsozialdemokratie.

Zur Debatte um ein neues Grundsatzprogramm der SPD

„Die Begriffe … sind die Griffe, mit denen man die Dinge bewegen kann“, sagt Ziffel zu Kalle in den Flüchtlingsgesprächen. (B. Brecht, GW 14, S. 1461)

Im Herbst 2007 will die SPD in Hamburg ein neues Grundsatzprogramm verabschieden. Acht Jahre, in denen es politisch, programmatisch und nicht zuletzt personell hoch herging, hat die Partei für dessen Erarbeitung gebraucht. Ist die SPD auf dem Weg zu einem neuen Bad Godesberg? Das Godesberger Programm steht für die erfolgreiche Erneuerung der SPD, weil es den Kurs der SPD bis in die 1970er Jahre eindrucksvoll und kohärent formuliert hatte. Das 1959 verabschiedete Programm war das Ergebnis der Sattelzeit der Nachkriegs-SPD, in der sich sozialdemokratische Tradition und Vergangenheit in Zukunft auflösten. Es begründete die moderne Sozialdemokratie, verband den Wandel von der Massenpartei auf Klassenbasis zur reformorientierten Volkspartei. Man nahm Abschied vom Marxismus, arrangierte sich mit dem Markt und wollte fortan den Wohlfahrtsstaat ausbauen. In Godesberg wurde programmatisch nachvollzogen, was in Kommunen und Ländern längst praktiziert wurde, und gleichzeitig ein Anspruch der Partei formuliert, der erst zehn Jahre später, während der ersten Großen Koalition und der darauf folgenden sozialliberalen Regierung, zur Entfaltung kommen sollte.
Die Latte für das neue Programm liegt hoch. Will man sie nicht reißen, muß das neue Programm die Agenda 2010 im nachhinein stimmig begründen und gleichzeitig formulieren, nach welchen Prinzipien die SPD in der Zukunft die Gesellschaft gestalten möchte. Zugleich wird es – im Gegensatz zu allen bisherigen Programmprozessen – in der Regierungsverantwortung geschrieben und soll die Trendwende des Niedergangs der Parteiorganisation einleiten, der seit einigen Jahren ihre Kräfte aufzehrt. Zwar haben Grundsatzprogramme nur geringe Relevanz für die Regierungspolitik, aber sie geben der Partei ein Deutungsmuster, verzeichnen Haltelinien, formulieren kollektive Wertideen und liefern einen integrierten politischen Forderungskatalog. Grundsatzprogramme sind immer etwas poetischer, vereinender, weltanschaulicher und weniger gouvernemental.1 Es muß die Partei an der Basis befrieden und ihr Sinn und Argumente für die Mühen der Ebenen vermitteln, darf aber gleichzeitig keine Hürde für die Partei in der Regierung sein. Die hohe Kunst der Programmerstellung ist die ausbalancierte Formulierung grundsätzlicher Wertideen, so daß Regierungshandeln wertrational angeleitet wird, ohne die Regierenden in ein unflexibles Korsett einzupassen.
Die Programmerstellung ist mit einer erneuten Sattelzeit für die SPD verbunden: der Transformation ihres überlieferten Politikmodells und seiner normativen Grundlagen. Seit dem Rücktritt Oskar Lafontaines und der Veröffentlichung des „Schröder-Blair-Papiers“ im Jahr 1999 befindet sich die Partei in einer neuen Revisionismusdebatte, die der klassischen Auseinandersetzung zwischen Eduard Bernstein, Karl Kautsky und Rosa Luxemburg in ihrer Bedeutung für die SPD in fast nichts nachsteht (Merkel 2000). Die Transformation der SPD läßt sich, so die These in diesem Text, am besten durch den Begriff Marktsozialdemokratie erfassen. Im folgenden wird herausgearbeitet, was die Transformation zur Marktsozialdemokratie – der Politik der Vergrößerung des Schattens des Marktes und der Zurichtung des Sozialen auf den Markt – ausmacht und welche programmatischen Veränderungen sie nach sich zieht. Durch die Transformation ist die SPD in Legitimationsprobleme geraten, die sie durch eine veränderte Konzeption sozialer Gerechtigkeit sowie durch die enge Kopplung der Leitbilder des vorsorgenden Sozialstaats und der sozialen Marktwirtschaft beheben will.

Die Transformation zur Marktsozialdemokratie

Die SPD hat bereits in den 1990er Jahren Elemente des wirtschaftsliberalen Paradigmas in ihre politische Denkweise integriert, auf der anderen Seite ihre Vorstellungen vom Sozialstaat und sozialer Gerechtigkeit kaum verändert. Die kumulative Durchdringung der SPD mit wirtschaftsliberalen Elementen schlug allerdings zur Mitte der 1. Legislaturperiode der rot-grünen Koalition in eine neue Qualität um. Hans Eichel, der Nachfolger Lafontaines als Bundesfinanzminister, war praktisch das genaue Gegenteil seines Vorgängers. Statt auf expansive Haushaltspolitik und vorsichtige Umverteilung setzte er auf Haushaltskonsolidierung und die steuerliche Entlastung hoher Einkommen. Es ging nicht länger um den klassischen Ansatz der Sozialdemokratie, Steuerpolitik zur Umverteilung zu nutzen, sondern letztlich um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft (Zohlnhöfer 2003). Die SPD liberalisierte die Finanzmärkte und bereitete den Hedgefonds den Weg. Sie, und nicht die CDU, stellte nach 1999 die „Partei der Märkte“ dar (Höppner 2004: 197). Die „Riester-Rente“, die Absenkung des staatlichen Rentenniveaus bei gleichzeitiger Förderung privater Vorsorge, war ein wichtiger Schritt in die Vermarktlichung von Sozialpolitik (Nullmeier 2003).
Die Wasserscheide für das politische Paradigma der SPD markierte jedoch die Agenda 2010, die „größte Kürzung von Sozialleistungen seit 1949“ (Soldt 2004: 3). Die Logik der Reformen zielte auf den „tendenziellen Übergang von der öffentlichen zur privaten Sicherheit, vom gesellschaftlichen zum individuellen Risikomanagement, von der Sozialversicherung zur Eigenverantwortung, von der Staatsversorgung zur Selbstsorge“ (Lessenich 2003a: 86). Der Fluchtpunkt des Sozialstaates ist nicht länger die Sicherung des Lebensstandards, sondern die Gewährleistung einer Grundsicherung. Der Markt wird sozial gesockelt, aber die darüber hinausgehende Sicherheit privatisiert.
Mit der Agenda 2010 vollzog sich ein „für die Geschichte der Sozialdemokratie beispielloser Paradigmenwechsel“ (Meyer 2004: 7). Das neue Paradigma trägt viele Züge eines sozialen Liberalismus und wird hier als Marktsozialdemokratie bezeichnet. Die SPD nach Godesberg hatte den Markt als notwendige und sogar sinnvolle Institution der Wohlstandsproduktion anerkannt. Gleichzeitig blieb sie skeptisch gegenüber den Fähigkeiten des Marktes, Wohlstand langfristig zu sichern und vernünftig zu verteilen. Der Arbeitslose oder sozial Bedürftige wurde als Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse (d.h. des Marktes) betrachtet, der ein soziales Recht auf gesellschaftliche Solidarität habe. Deshalb wollte man die Macht des Marktes begrenzen, seine Auswirkungen korrigieren und steuern sowie das Individuum vor dem Schatten des Marktes schützen – u.a. über keynesianische Wirtschaftspolitik, Kündigungsschutz, Mitbestimmung, Umverteilung und Sozialpolitik. Das politische Paradigma der neuen Marktsozialdemokratie verkehrt diese Beziehungen in ihr Gegenteil. Der Markt soll seiner Dämpfer, Bremsen und Filter (teilweise) entkleidet und mit den Mitteln des Sozialen gefördert, der Wohlfahrtsstaat gleichsam nach den Prinzipien des Marktes gesteuert werden. Die Marksozialdemokratie will sich des Sozialen nicht entledigen (im Unterschied zu neoliberalen Strömungen), aber seine Begründung hat sich verschoben – zur Nützlichkeit für den Wettbewerb.
Die Transformation zur Marktsozialdemokratie ist mit dem Begriff „neoliberal“ auch nur unzureichend, ja sogar falsch erfaßt. Zwar hat sich insgesamt das Verhältnis von Staat und Markt, die soziale und politische Ökonomie, in Richtung wirtschaftsliberaler Positionen verschoben, wie sie von den neoklassischen und monetaristischen Wirtschaftstheorien vertreten werden. Aber die Regierungsweise der Marktsozialdemokratie unterscheidet sich deutlich vom anti-etatistischen Neoliberalismus à la Thatcher, da sie den Sozialstaat nicht radikal reduzieren, sondern im Dienste des Marktes erhalten will.

Legitimationsprobleme der Marktsozialdemokratie

Die soziale Frage schiebt sich wieder in den Vordergrund. Die Debatten um Unterschicht und Prekarität verdeutlichen dies. Lange wurde „unter Intellektuellen über die ‚Legitimitätskrise des Spätkapitalismus‘ heiß diskutiert, ohne daß sie eingetreten wäre. Jetzt sind die Krisenzeichen des Kapitalismus unübersehbar“, diagnostizierte vor wenigen Jahren Peter Lösche in einem Aufsatz zur Krise der europäischen Sozialdemokratie (Lösche 2003: 215). Selbst wenn es der SPD noch gelingen sollte, mit dem neuen Grundsatzprogramm einen großen Wurf zu landen, wird gerade ihre eigene Transformation möglicherweise der Stachel einer neuen sozialen Frage sein, die man eigentlich als gelöst betrachtet hatte; denn die Klassenstruktur ist „in letzter Instanz Ursache des Legitimationsdefizits“ (Habermas 1973: 103).
Derzeit manifestieren sich die Legitimationsprobleme jedoch an der Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Die Transformation zur Marktsozialdemokratie hat bislang hauptsächlich auf der Ebene der dominanten Zirkel in Regierung und Partei stattgefunden. Große Teile der Parteilinken (von denen allerdings auch einige in der Parteiführung mitwirken) und der Wählerschaft sind den klassischen sozialdemokratischen Vorstellungen sozialer Gerechtigkeit verhaftet geblieben. Die Folge sind schwerwiegende Legitimationsprobleme, die sich nach innen und außen manifestieren: im innerparteilichen Konflikt zwischen der marktsozialdemokratischen Parteielite2 und den Parteilinken, in einer Loyalitätserosion der der Mitgliedschaft und in der zunehmenden Distanz der Bevölkerung zur gesamten SPD.
Die Agenda 2010 wurde zwar mit großen Mehrheiten angenommen, aber dies war nur die „Fassade von Geschlossenheit“ (Raschke 2004: 24). Die Agenda 2010 produzierte nicht nur Widerspruch, sondern auch Abwanderung. Zwischen 2003 und 2004 verließen mehr als 85.000 Mitglieder die Partei. Nach einer internen Studie gelten in der SPD nur noch 34 Ortsvereine als vital; von den derzeit noch 9.300 Ortsvereinen haben 1.600 seit mehr als fünf Jahren kein einziges Neumitglied aufgenommen. Und unter den neu aufgenommen Mitgliedern ist die ehemalige Hauptklientel der SPD, die Arbeiterschaft, nur noch unterdurchschnittlich im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung vertreten.3
Die Krise der Partei bildet aber nur die interne Komponente der Legitimitätsprobleme der SPD. Auch in der Bevölkerung und unter ihren ehemaligen Stammwählern findet sie immer weniger Akzeptanz für ihre Politik. Die Reformen der rot-grünen Regierung wurden nicht als eine Politik für mehr soziale Gerechtigkeit wahrgenommen. Im Gegenteil: Die Agenda 2010 wurde von Teilen der Bevölkerung als direkte Bedrohung ihrer sozialen Sicherheit gesehen. Entgegen der Rhetorik zahlreicher Politiker zeigen empirische Untersuchungen zudem, daß Leistungsdenken und Eigenverantwortung vor allem in der arbeitnehmerischen (wie auch in der bürgerlichen) Mitte große Zustimmung genießen und weit verbreitet sind; gerade diese Milieus sehen den Kern des deutschen Sozialmodells – Leistung gegen Teilhabe – für sich nicht mehr erfüllt. Zu Einschnitten sind sie durchaus bereit, wenn sie das Gefühl haben, daß es bei diesen gerecht zugeht. Durch die Agenda 2010 fühlen sie sich jedoch um ihre erbrachten Leistungen geprellt (Vester 2006). Die Entfremdung wird durch den Diskurs der Eigenverantwortung noch gesteigert, da er diesen Milieus, in denen Eigenverantwortung eine zentrale Stütze des Selbstwertes ist, ihr eigenes berufliches und lebensweltliches Ethos in Abrede stellt (Vester et al. 2001: 96ff.).
Insgesamt ist das Mißverhältnis zwischen der Politik sowie Gerechtigkeits-Rhetorik der Parteiführung und den Einstellungen der Bevölkerung immens. Die SPD-Elite hat sich von den überlieferten Institutionen des Wohlfahrtsstaates und herkömmlichen Vorstellungen von  sozialer Gerechtigkeit wiederholt öffentlich distanziert. In der Bevölkerung trifft der Wohlfahrtsstaat jedoch nach wie vor auf großen Zuspruch, wohlüberlegte sozialpolitische Interventionen für mehr soziale Gerechtigkeit werden von der Mehrheit der deutschen Bürger und vor allem von den Anhängern der SPD positiv bewertet (vgl. Neugebauer 2007; Nachtwey/Spier 2007). Die Distanz zwischen den Eliten, vor allem den Politikern aus dem Bundestag, und den Bürgern ist jüngst wieder deutlich geworden: Während die Hälfte der sozialdemokratischen Mandatsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse als gerecht beurteilt, teilen nur 28% der Bevölkerung diesen Standpunkt (vgl. Vehrkamp/Kleinsteuber 2006).
Das Mißverhältnis von sozialdemokratischer Gerechtigkeitspolitik und den Einstellungen der Bevölkerung ist für die SPD die Schlüsselfrage der kommenden Jahre. Nur wenn sie ihr politisches Angebot wieder mit der Nachfrage nach Gerechtigkeit in Einklang bringt und die kognitive Dissonanz zwischen Politik und klassischer sozialdemokratischer Programmatik aufhebt, kann sie langfristig ihre Legitimitätsprobleme überwinden.

Neu-Grundierung der Grundwerte

Im Rahmen der Programmdebatte fand eine umfassende Inspektion und teilweise Revision sozialdemokratischer Grundbegriffe und ihrer Semantik statt. In politischen Begriffen sind Erfahrungen, historischer Kontext und sozialphilosophische Wertideen gespeichert, sie reichen desgleichen auch in die Zukunft hinein, indem sie Handlungsalternativen formulieren, sprachlich einkleiden und begründen (Koselleck 2006). Die Debatte um die Grundwerte der SPD fand zunächst innerhalb der Eliten statt, aber kaum zwischen den Eliten und der Parteibasis. Auch wenn die unterschiedlichen Flügel zu Wort kamen, diente das hauptsächlich zur Findung eines neuen Konsenses, eines „Rasters der Selbstinterpretation“ (Rulff 2004: 60), welches das künftige Handeln einbetten sollte.
Es gab zwei Phasen in der Programmdebatte. Die erste dauerte vom Beschluß des Parteipräsidiums 1999, ein neues Programm zu erstellen, bis zum Ende der Amtsperiode von Olaf Scholz als Generalsekretär im Jahre 2004.4 Die zweite Phase begann mit der Amtszeit Franz Münteferings als Parteivorsitzender. Die erste Periode war die Zeit der Neufassung der Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.5 Im Zentrum dieses Prozesses stand „soziale Gerechtigkeit“. Inmitten der Transformation zur Marktsozialdemokratie wurde deutlich, daß die Politik der SPD mit der traditionellen Semantik sozialer Gerechtigkeit nicht mehr stimmig korrespondierte (Meyer 2004). Folglich waren die Hammerschläge auf die klassischen Begriffe der politischen Sprache der Sozialdemokratie – Gleichheit und Gerechtigkeit – am lautesten und intensivsten. Der Begriff „soziale Gerechtigkeit“ ist ein Container-Begriff, der verschiedene Gerechtigkeitsprinzipien transportiert. In der Nachkriegs-SPD war es eine Symbiose aus egalitären, bedarfsbezogenen und leistungsorientierten Gerechtigkeitsnormen sowie dem Primat der Politik bzw. des Staates vor dem Markt. Schon zu dieser Zeit war die SPD von einem Dualismus getragen: Zum einen war sie eine Bewegung für soziale Gleichheit, zum anderen trat sie für individuellen Aufstieg auf der Basis von Leistung ein – statt Standes-, Schicht- oder Klassenprivilegien. Hier hatte sich ein klassisches Motiv der Arbeiterbewegung fortgesetzt, der Leistungsgedanke war individuell und gesellschaftlich gedacht. Man ging davon aus, daß die Erbringer der Arbeitskraft nicht den Anteil am gesellschaftlichen Wohlstand bekamen, der ihnen, ihrer Leistung entsprechend, gerechterweise zustand. Zudem stellte Umverteilung für mehr Gleichheit durch das keynesianische Wirtschaftsparadigma einen produktiven Wachstumsbeitrag dar, da sie die effektive Nachfrage verstärkte (Rogers/Streeck 1994).
In der ersten Periode der Programmdebatte wurde der Begriff „soziale Gerechtigkeit“ einer grundsätzlichen Neuinterpretation unterzogen. Diese ging einher mit einer kombinierten Dekonstruktion, für die aus der Retrospektive drei Methoden auszumachen sind: Verengung, negative Attribution und Einführung semantischer Innovationen.6 Vor allem letztere markierte schließlich den Weg zur semantischen Umprogrammierung. Zunächst wurde „soziale Gerechtigkeit“ diskursiv auf Gleichheit und Verteilungsgerechtigkeit verengt. Anschließend wurde der starke und positive Bezug auf Gleichheit und Verteilungsgerechtigkeit diskreditiert – schließlich wollte man doch „mehr Ungleichheit wagen“ (vgl. Egle/Henkes 2003). Im „Schröder-Blair-Papier“ hieß es, daß die Sozialdemokratie Gerechtigkeit fälschlicherweise mit „Gleichheit im Ergebnis verwechselt hätte“.7 Die negative Attribution lautete, daß Gleichheit und Verteilungsgerechtigkeit (ebenso wie kompensatorische Sozialpolitik) gesellschaftliche Dynamik bremse und die Bürger zur Trägheit anreize. Man hatte die traditionelle Verknüpfungskette verkehrt: Forderte die ursprüngliche Sozialdemokratie Gerechtigkeit auf der Basis von erbrachter Leistung zum Wohlstand, wurde Gleichheit jetzt als individuell und gesamtgesellschaftlich leistungshemmend dargestellt (vgl. Mahnkopf 2000). Konsequenterweise versuchten die Modernisierer dem Begriff Ungleichheit eine neue, positive Bedeutung zu gegeben: von gerechtfertigten „begrenzten Ungleichheiten“ (Wolfgang Clement) war die Rede, weil sie gesellschaftlich produktiv seien.
Des weiteren wurde dem Konzept der Verteilungsgerechtigkeit vorgehalten, nicht die wirklichen gesellschaftlichen Probleme zu bekämpfen. Gerechte Politik müsse die Exklusion, den Ausschluß von gesellschaftlicher Teilhabe an Arbeit und Bildung bekämpfen (Merkel 2003). Diese unter den Begriffen Teilhabegerechtigkeit und Chancengerechtigkeit zusammengefaßte Problemlage ist nur eine von neu in der Debatte plazierten Spiegelstrichgerechtigkeiten, wie etwa Generationen- oder Geschlechtergerechtigkeit, die in einem (vermeintlichen) Gegensatz zur Verteilungsgerechtigkeit stehen.8 Teilhabe- und Chancengerechtigkeit (statt Chancengleichheit) kennzeichnen jedoch nicht nur semantische Innovationen, die dritte Methode innerhalb des sozialdemokratischen Gerechtigkeitsdiskurses, sondern markieren in toto eine andere Bedeutung des Begriffs „soziale Gerechtigkeit“: Schon der Begriff „Chancengerechtigkeit“ verschiebt den semantischen Gehalt der beiden Stammbegriffe „Chancengleichheit“ und „Gerechtigkeit“. Es geht nicht länger um das soziale Recht auf gleiche Chancen, sondern jeder bekommt die Chance, die er individuell – durch Leistung oder naturgegebene unterschiedliche Fähigkeiten – verdient (Draheim/Reitz 2004). Dieser scheinbar kleine Unterschied transportiert eine sozialphilosophisch andere, nämlich liberale Begründung und verändert das politische Handlungsfeld: Ziel ist nicht mehr die Herstellung von Gleichheit (der Chancen), sondern zum anerkannten Ausgangspunkt wird die (natürliche) Ungleichheit der Individuen. Auch die Teilhabegerechtigkeit reduziert die Bedeutung der Verteilungsgerechtigkeit, weil es ihre gradualistische Logik des Mehr oder Weniger aufhebt: Nicht mehr Einkommen und soziale Lagen sollen angeglichen, sondern die Teilhabe, die Inklusion ermöglicht werden. Dies entspricht einer binären Logik von drinnen und draußen (Nullmeier 2006).9 Vielleicht am wichtigsten: die Rede von der „Teilhabegerechtigkeit“ blendet die Beschaffenheit der Teilhabe gern aus, etwa die Frage, ob es sich dabei um würdevolle oder unwürdige Arbeit handelt. Olaf Scholz hat dies deutlich artikuliert: „Unter dem Gesichtspunkt der Teilhabe und der Chancen ist selbst schlechtbezahlte und unbequeme Erwerbsarbeit besser als transfergestützte Nichtarbeit“ (Scholz 2003: 17). Teilhabegerechtigkeit läuft auf die arbeitsgesellschaftliche Erfüllung von Grundbedürfnissen hinaus, es „tritt das Ziel der basalen sozialen Inklusion an die Stelle einer umfassenderen Gerechtigkeit“ (Forst 2005: 30; H.d.V.).
Gerechtigkeit wird nun im wesentlichen produktivistisch verstanden: Die klassische Sozialdemokratie zielte auf die sekundäre Umverteilung des auf dem Markt erzielten, primären Wohlstands. Die Marktsozialdemokratie zielt auf die dynamische, künftige Erhöhung des Gesamtwohlstands bzw. Verteilungsvolumens. Insgesamt verschiebt man im Konflikt zwischen Arbeit und Kapital das Kräftegleichgewicht in Richtung Kapital und verbreitert gleichzeitig die Grundlage der Teilhabe an diesem Konflikt. Dazu wurden die gleichheits- und bedarfsorientierten Bestandteile innerhalb des Begriffs der sozialen Gerechtigkeit zurückgedrängt, während der Leistungsgedanke radikalisiert wurde. Es geht nicht länger um die Korrektur des Marktes, sondern um die Gewährleistung des gleichen Zugangs. Diese Verschiebung vollzieht sich letztendlich in einer „Kontinuitätssemantik“ (Leisering 2004: 50), als neuer Wein im alten Schläuchen. Der Begriff der sozialen Gerechtigkeit wurde erhalten, und unter seinem Schutz wurde ihm nach der Dekonstruktion seiner ursprünglichen eine neue Bedeutung eingeschrieben.
Aber nicht nur die soziale Gerechtigkeit hat im Wertekanon der SPD einen schweren Stand. Die gesamte Trias sozialdemokratischer Grundwerte – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität –  erhielt eine neue Grundierung, auf die aus Platzgründen hier nur sehr kurz eingegangen werden kann. Der Begriff der Freiheit hat in der SPD natürlich eine historische Bedeutung. Zunächst ging es, nach der Unterdrückung durch die Sozialistengesetze und im Dritten Reich, um die politische Freiheit. „Freiheit“ hatte aber auch immer die soziale Bedeutung der gleichen Freiheit von wirtschaftlicher Not sowie die, selbstverantwortlich zu handeln. Mit anderen Worten: Freiheit war nicht nur negative, sondern immer auch positive Freiheit. Das Godesberger Programm ist da eindeutig: „Sozialpolitik hat wesentliche Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sich der einzelne in der Gesellschaft frei entfalten und sein Leben in eigener Verantwortung gestalten kann“. Diese geschichtliche Verkopplung von Freiheit und Eigenverantwortung, setzt sich auch heute fort – nur wieder in einer auf den Kopf gestellten Verknüpfung. „Freiheit“ ist jetzt zum einen wirtschaftsliberaler grundiert: als Freiheit vor staatlicher Einmischung. Zum anderen ist der Freiheitsbegriff – es scheint nur auf den ersten Blick paradox – autoritärer geworden. Freiheit bedeutet heute „bedingte, gebundene, verpflichtende Freiheit“, denn man ist gehalten, sich eigenverantwortlich zu verhalten (Lessenich 2003b: 1054). Mit der Marktsozialdemokratie hat sich die Semantik von Freiheit und Eigenverantwortung weiter in den Bereich des Individuums verlagert – als Handlungsimperativ. Das gesamte Leitbild aktivierender, vorsorgender bzw. präventiver und investiver Sozialpolitik vollzieht eine Verantwortungsumkehr im Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, es verlagert die Verantwortung und das Wohlergehen des Sozialstaats in die Handlungen des Einzelnen (vgl. Vobruba 1983). Nicht mehr „das System“ ist verantwortlich für das Wohlergehen und die soziale Sicherheit seiner Bürger, sondern das Individuum muß Sorge um seine eigene Beschäftigung(sfähigkeit) und soziale Absicherung tragen.
„Eigenverantwortung“ ist nicht mehr Forderung nach der gesellschaftlichen Gewährleistung eines selbstverantworteten Lebens, sondern vornehmlich eine Vokabel der sozialen Disziplinierung, nicht nur Tugend, sondern eine Pflicht, ein Dienst am Allgemeinwohl.10 Nur wer eigenverantwortlich handelt, vorsorgt und seine Beschäftigungsfähigkeit pflegt, fällt dem Gemeinwesen nicht mit Ansprüchen zur Last, ist kein Trittbrettfahrer des Gemeinwesens. Eigenverantwortung bedeutet die Nichtinanspruchnahme des Sozialstaats, ja den freiwilligen Verzicht auf soziale Staatsbürgerrechte. Das Individuum, frei nach Kennedy, soll sich nicht länger fragen, was der Staat für es tun kann, sondern was es für den Staat tun kann.11
Auch der Grundwert der Solidarität erfuhr eine Neubestimmung. Der Solidaritätsbegriff bezeichnete ursprünglich eine wechselseitige Unterstützungsbeziehung unter Gleichen, im Falle des Wohlfahrtsstaats die Vorstellung der gemeinsamen Betroffenheit von Arbeits- und Lebensrisiken. Doch eben diese Solidarität wurde in Frage gestellt. Gerhard Schröder gebrauchte den Begriff entweder als leeren Terminus technicus für Sozialpolitik oder asymmetrisch als die Solidarität der Starken, der Leistungserbringer mit den Schwachen (Reisz 2004). Solidarität wird konditionalisiert. Man vermutet nicht mehr, daß die „Solidaritätsempfänger“ unverschuldet auf Hilfe angewiesen sind, sondern es wird unterstellt, daß Bedürftige ihren Teil zu ihrer Not beigetragen haben. Und wenn man gesellschaftliche Hilfe in Anspruch nimmt, dann darf man nicht nur nehmen, dann muß man auch geben, bzw. den Park fegen.
In dieser Zusammenschau der Grundwerte-Debatte der ersten Phase der Programmdiskussion ist das Ausmaß der Dekonstruktion und Umwertung der überlieferten Semantik der sozialdemokratischen Grundbegriffe deutlich geworden. Als halboffene Semantiken, die einesteils eine eigensinnige Bedeutung in sich tragen, andernteils Produkte gesellschaftlicher Deutungsprozesse sind, wurden die Grundbegriffe weder vollständig entleert noch radikal umgedeutet, sondern ihre inneren Verknüpfungen verändert, einige Bestandteile zurückgefahren, andere dafür radikalisiert. Trotz aller Unterschiede haben die neuen Semantiken zwei sich ergänzende Fluchtpunkte: Alle Begriffe werden relativ entkollektiviert und auf individuelle Verantwortlichkeiten/Chancen/Leistungen übertragen, des weiteren wurden sie produktivistisch durchsetzt. Das soziale wie auch das individuelle Verhalten dienen dem Zweck der Wohlstandsmehrung. Dieser Prozeß der Re-Education verlief entlang der überlieferten Begriffe, stellte aber zahlreiche Traditionen und Wertideen in Abrede oder verkehrte sie nahezu in ihr Gegenteil.

„Neue“ Ordnungsbegriffe

Die SPD war in ihrem Weltbild tief verunsichert, das hatte Franz Müntefering im Jahr 2004 begriffen. Als neuer Parteivorsitzender verantwortete er auch die Programmarbeit, ließ den Versuch der Netzwerker und von Scholz zur programmatischen Erneuerung ins Leere laufen, setzte die Programmkommission nach Parteigliederungen austariert zusammen und begann den Programmprozeß neu zu organisieren. Damit begann die zweite Phase der Programmfindung. Müntefering entwarf einen strikten Zeitplan, holte das Berliner Programm wieder aus der Schublade und argumentierte fortan, man bräuchte kein vollständig neues Programm. Erst Matthias Platzeck, Münteferings Nachfolger als SPD-Vorsitzender, gelang es, einen positiven Begriff für das Herzstück der programmatischen Reformanstrengungen – den vorsorgenden Sozialstaat – vorzulegen (Platzeck 2006). Auch wenn Platzeck nur kurze Zeit als Vorsitzender agierte, leitete er mit diesem Begriff die jüngste Phase der Programmfindung ein, in der die SPD ihre Leitbilder wieder positiv aufstellte. Mit dem Konzept des vorsorgenden Sozialstaates grenzte man sich vom Sozialstaat „alter“ Fassung ab, der von seiner Logik ein „nachsorgendes“ Narkotikum sei, der die Problemlagen lindere, aber ihr Auftreten nicht verhindere. Der Kerngedanke: Durch „Investitionen“ in die Menschen soll gesellschaftliche Teilhabe ausgebaut werden, vor allem durch verstärkte Bildung (diese Chancen müssen die Bürger dann aber auch wahrnehmen). Der vorsorgende Sozialstaat soll Probleme, z.B. durch Prävention in der Gesundheitspolitik, gar nicht erst aufkommen lassen. Im Leitbild des vorsorgenden Sozialstaats fügen sich die Konfliktlinien innerhalb der SPD zu einem einheitlichen Ganzen zusammen: ein positives Bekenntnis zum Wohlfahrtsstaat, das gleichzeitig die Agenda 2010 legitimiert, soziale Gerechtigkeit, Teilhabe am Arbeitsmarkt und Wettbewerbsfähigkeit. Die Bürger sollen stärker aktiviert werden, es sollen die Investitionen in Bildung gesteigert12, faire Arbeitsbedingungen auf globalen Märkten gesichert und ein neuer Vertrag der Generation geschaffen werden.
Platzecks Nachfolger im Amt des Parteivorsitzenden, Kurt Beck, übernahm das Leitbild des vorsorgenden Sozialstaats, setzte jedoch eigene Akzente. Zum einen rehabilitierte er die traditionelle sozialdemokratische Erzählung gesellschaftlicher Spaltungen und Ungleichheit (allerdings nicht im Sinne von sozialen Klassen), die es zu überwinden gelte. Gleichzeitig betonte er, daß der Sozialstaat nicht nur Leistung fordern dürfe, er müsse sie auch fördern: „Leistung muß sich wieder lohnen“ (ursprünglich ein Motto der CDU). Dafür sollen „leistungsblinde“ Finanzmärkte (die ausgerechnet von der SPD partiell dereguliert wurden) reguliert, die Unternehmen an der Finanzierung des Staates stärker beteiligt und mehr Chancengleichheit hergestellt werden (Beck 2006a). Beck korrigierte schon während Platzecks Ägide die im öffentlichen Diskurs oft betonte Unverträglichkeit von Leistung und Gerechtigkeit. Er betrachtet mangelnde Gerechtigkeit als leistungshemmend (Beck 2006b).
Beim Konzept des vorsorgenden Sozialstaats wird prononciert ausgesprochen, was vorher ein (selten thematisierter) Nebeneffekt war – er sei eine „wirtschaftliche Produktivkraft“; dieser Topos findet sich in allen Texten wieder.13 Wieder haben sich Ziele und Mittel in der Verknüpfungskette verschoben. War der Sozialstaat ursprünglich Gegengift zum Markt, soll er jetzt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stützen und dabei das Soziale erhalten. Im Kontext des vorsorgenden Sozialstaates wird auch wieder positiv über die Notwendigkeit von Umverteilung, gar von Verteilungsgerechtigkeit gesprochen, beispielsweise im Impulspapier von Kurt Beck, Franz Müntefering und Peter Struck (2006). Doch gemeint ist nicht die gleichheitsorientierte Umverteilung. In den Sätzen, die auf den Umverteilungsbegriff folgen, wird herausgestellt, daß man – zweifellos ein hehres Ziel – die Armut mittels staatlicher Umverteilung bekämpfen möchte. Nun ist Armut ein relativer Begriff, der sich am gesamten gesellschaftlichen Reichtum bemißt, aber Armutsbekämpfung unterscheidet sich von einem gleichheitsorientierten Begriff der Verteilungsgerechtigkeit, der die gesamte Ungleichheit in der Gesellschaft minimieren möchte. Es geht bei diesem Begriff von Verteilungsgerechtigkeit nicht um die Reduzierung gesamtgesellschaftlicher Ungleichheit, sondern die Ungleichheit soll in den Kellergeschossen der Gesellschaft einen festen Boden bekommen, auf dem jeder stehen können soll.
Insgesamt ist das Konzept hochproblematisch. Erstens: Durch die binäre Konstruktion nachsorgender vs. vorsorgender Sozialstaat werden die Kontinuitäten, z.B. das Sozialversicherungsprinzip, in der Wohlfahrtsstaatsinstitutionalisierung verdeckt und gleichzeitig eine negative Abgrenzung zum „alten“, „nachsorgenden“ Sozialstaat aufgebaut. Dabei war und ist bis heute das Prinzip der Sozialversicherung ein Prinzip der Vorsorge: Man sichert sich gegen künftige Risiken des Lebens ab. Wenn ein Arbeitnehmer am Ende seines Berufslebens seine Rente bezieht, ist dies keine staatlich nachsorgende Alimentierung, sondern Produkt seiner Vorsorge durch Einzahlung in die Rentenversicherung. Zweitens wird durch die sprachliche Konstruktion nicht deutlich, daß weniger „der Sozialstaat“ vorsorgt, sondern daß es die Bürger sind, die individuell und privat vorsorgen müssen. Drittens: Der vorsorgende Sozialstaat funktioniert nach dem Prinzip der neuen Müllermilch. Sie steckt in einer neuen Verpackung, sieht besser aus, kostet dasselbe, aber es ist weniger drin. Denn gerade das von Beck verkündete Motto „Leistung muß sich wieder lohnen“ steht im Gegensatz zur Agenda 2010. Leistung lohnt sich nun weniger und nicht mehr. Im Gesundheitssystem wurde die paritätische Finanzierung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgebrochen, bei den Reformen des Arbeitsmarktes wurden durch die Verkürzung der Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I und die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe Beitragszahlern ihre langjährigen Einzahlungen entzogen – während Unternehmen entlastet wurden. Und wenn man in Betracht zieht, daß in den letzten zehn Jahren die Lohnquote, also der Teil der Arbeitnehmereinkommen am Volkseinkommen, auf den niedrigsten Stand seit mehr vierzig Jahren gefallen ist, kann von gesellschaftlicher Leistungsgerechtigkeit keine Rede sein. Das Leistungsprinzip zur Verteilung von Markterträgen ist im Finanzkapitalismus nachhaltig ausgehöhlt worden (vgl. Neckel/Dröge 2002).
In der Programmdebatte sticht ein weiterer Ordnungsbegriff hervor, der komplementär zum vorsorgenden Sozialstaat steht: die soziale Marktwirtschaft.14 Als Gründungsethos und Erfolgsmythos der Bundesrepublik symbolisiert sie eine positive Konzeption, die aber eher zur politischen Sprache der Christdemokratie gehört.15 Soziale Marktwirtschaft war ein Begriff von Alfred Müller-Armack, einem deutschen Ordoliberalen. Staatliches Handeln, also auch der Sozialstaat,  soll einen funktionierenden Wettbewerb gewährleisten, allerdings nicht direkt in den Wirtschaftsprozeß intervenieren.
Der „vorsorgende Sozialstaat“ und die „soziale Marktwirtschaft“ reflektieren die Transformation der SPD zur Marktsozialdemokratie und markieren einen radikalen Kurswechsel in ihrer programmatischen Grundorientierung. Im Berliner Programm war der demokratische Sozialismus noch das prägende Bild der anzustrebenden guten Gesellschaft, die man der Gesellschaftsordnung des Kapitalismus entgegensetzte. Jetzt hat man sich nur noch auf das Diesseits eingelassen. Der Begriff des demokratischen Sozialismus wurde zwar in den Entwurf für ein neues Parteiprogramm (vgl. den nächsten Abschnitt) hinübergerettet, aber historisiert zu einer Idee, die „die eigene Geschichte geprägt hat“. Er ist jetzt programmatisch nur noch das „Zitat einer historisch spezifischen Epoche der SPD“ (Rulff 2003: 63). Für einen der bekanntesten Programmatiker der SPD, Thomas Meyer, ist der demokratische Sozialismus gar nur ein Relikt, eine Antiquität wie der Marxismus vor dem Godesberger Programm, dessen Gebrauch den Zugang zur Realität verhindere. Das gesellschaftliche Leitbild ist jetzt die soziale Demokratie, die „Chancengesellschaft mit Grundsicherung“ (Meyer 2003).

Der Bremer Entwurf

Seit Januar 2007 gibt es den „Bremer Entwurf“, den im bisherigen Programmprozeß ambitioniertesten Vorschlag für das neue Grundsatzprogramm. Die Urheberschaft für die erste Vorlage wird einem kleinen Kreis um Generalsekretär Hubertus Heil zugeschrieben, zu dem der Chefredakteur der Zeitschrift „Berliner Republik“, Tobias Dürr, sowie der Dortmunder Politikwissenschaftler Thomas Meyer gehören.16 Diese Vorlage wurde im November 2006 veröffentlicht und der Programmkommission vorgelegt. Während der Autorenkreis des ersten Entwurfs eher zu den Netzwerkern und Modernisierern gehört, ist die Programmkommission ausgewogen besetzt. Parteilinke, Vertreter der Gliederungen sowie der Landesverbände finden sich in ihr wieder. Diese hatten bis zur Verabschiedung des Bremer Entwurfs noch einige Änderungen durchgesetzt. Durch die Kollektivierung der Programmerstellung sind noch andere Interessen und Wertvorstellungen in den Entwurf eingeflossen.
Der Bremer Entwurf verzichtet wohltuend auf die gegenaufklärerische Rhetorik der Sachzwänge, die in den letzten Jahren die politische Sprache der SPD bestimmt hat. Im Entwurf finden sich die Sachzwangargumente nur vereinzelt, man spricht in der Regel von „Herausforderungen“, die man „gestalten“ möchte.17 Wenn man nun den Befund der tendenziell unterschiedlichen Einstellungen zwischen Teilen der Parteibasis, dem Flügel der „Traditionalisten“ und der Parteilinken gegenüber der Parteielite wieder aufnimmt, wie hat man dieses Problem im Bremer Entwurf gelöst? Es war wohl die Kollektivierung der Programmerstellung, die das Grundsatzprogramm zwischen produktivistischer Konsequenz und sedativer Rhetorik schwanken läßt. Insgesamt zeigen alle programmatischen Vektoren in die gleiche Richtung, begründet der Entwurf fast alle sozialen und gesellschaftlichen Reformen mit ihrer Relevanz für den wirtschaftlichen Wohlstand. Man bekennt sich deutlich zu Wachstum und globalem Standortwettbewerb, und während man im Berliner Programm eine expansive Exportorientierung ausdrücklich ablehnte, will man diese jetzt mit Qualität und fairen Löhnen intensivieren. Durch die produktivistische Orientierung, die Zurichtung des Sozialen auf das Ökonomische, wird der Eigensinn klassischer sozialdemokratischer Reformziele untergraben.18
Jenseits dieser produktivistischen Ausrichtung sucht man im Bremer Entwurf jedoch vergeblich nach Konsequenz und Kohärenz. Das vielleicht auffälligste Beispiel ist das Wort „Eigenverantwortung“. Es taucht im Programm schlicht nicht auf. Genauso kommt das Programm ohne die Begrifflichkeiten der Disziplinierung aus, die Pflichten, die zu den Rechten gehören, werden auch unterschlagen. Hier hat sich die Parteielite augenscheinlich gescheut, ihre eigenen Schlüsselbegriffe – auch gegen den Widerstand der Partei – programmatisch umzusetzen. Oder, aber das ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht deutlich, hinter der rhetorischen Re-Traditionalisierung steckt nicht nur opportunistisches Kalkül, sondern der Beginn einer Rückorientierung auf die klassischen Prinzipien der SPD.
Daß politische Programme auch immer geronnene Machtverhältnisse sind, zeigt der Begriff der sozialen Gerechtigkeit. Im Bremer Entwurf dominiert zwar die produktivistische Gerechtigkeit, dessen ungeachtet reüssiert jedoch auch die klassische Verteilungsgerechtigkeit zusammen mit der Teilhabegerechtigkeit: „Entweder wir lassen es zu, daß die Kluft zwischen Reich und Arm, zwischen Privilegierten und Benachteiligten immer größer wird – oder wir betreiben eine Politik, die soziale Gegensätze verringert und die allen Menschen die Chance auf eine selbst bestimmte Lebensgestaltung eröffnet“. Hatte man so lange die „Verteilungsgerechtigkeit“ dekonstruiert, nur um sie im Programm an prominenter Stelle wieder einzubauen? Sind das jetzt nur leere Gesten, weil die Parteielite ihre eigenen Vorstellungen nicht durchsetzen konnte? Ein Teil der Antwort liegt im Vergleich der o.g.  Vorlage mit dem später verabschiedeten Bremer Entwurf. In diesem ist der Abschnitt zu sozialer Gerechtigkeit fast doppelt so lang wie in der Vorlage, in der „Verteilungsgerechtigkeit“ fast nicht, dafür aber umso mehr „Chancen-, Teilhabe und Leistungsgerechtigkeit“ enthalten war. Die jetzt gültige Version enthält wieder eine starke Version von Verteilungsgerechtigkeit, die teilweise wortwörtlich aus dem Berliner Programm übernommen wurde. Bei der sozialen Gerechtigkeit waren es die multiplen Interessen und Strömungen, die die Kohärenz der produktivistischen Orientierung durch die Wiedereinführung der Verteilungsgerechtigkeit gebrochen haben. Hier ist es tatsächlich ein Ausdruck für die Kräfteverhältnisse in der SPD. Die Parteilinke hat immer noch ein Eigengewicht und teilweise innerparteiliches Terrain zurückgewonnen.

Fazit

Mit dieser rhetorischen Re-Traditionalisierung hat sich der Charakter des Programmentwurfs verschoben. In der Programmdebatte bestand die Möglichkeit für ein neues Godesberg der Marktsozialdemokratie – die Formulierung einer einigermaßen stimmigen Programmatik für eine gewandelte Sozialdemokratie. Mit einem neuen Godesberg hätte man nicht die ehemaligen Mitglieder oder zahlreiche Wähler zurückgewinnen können. Aber man hätte für die verbliebenen Mitglieder und die immer noch treuen Anhänger sowie die potentiellen Sympathisanten eine programmatische Ansprache schaffen können, die die Regierungspolitik wieder mit den programmatischen Grundsätzen in Einklang bringt. Das Godesberger Programm sollte die SPD aus dem 30 Prozent-Turm herausführen. Heute geht es für die SPD darum, die 30 Prozent-Marke zu halten – dann bleibt sie die Partei mit den größten Regierungsaussichten für die nächsten Jahre (vgl. Walter 2006a; 2006b). Der Bremer Entwurf hätte in Zeiten nachlassender Wählerbindungen einen Beitrag dazu leisten können, die SPD relativ stabil in der Mitte des Parteiensystems zu verorten. Der Bremer Entwurf integriert und streichelt die verletzte Parteiseele, aber er bietet keine klare Richtschnur für künftige Politik. Er funktioniert nach dem Prinzip der Bibel: In einem Meer von Aussagen, mittlerweile 65 Seiten, findet ein jeder einen Tropfen, in dem er sich wiederfinden kann. Die Regierung kann so weitermachen wie bisher, die Parteigliederungen können es auch. Keinem wird wehgetan, aber die Transformation der SPD wird nur so unzureichend reflektiert, daß künftige Konflikte, ja harte Auseinandersetzungen buchstäblich vorprogrammiert sind. So begibt man sich in ein neues Dilemma. Beck will mit der Betonung von Leistung die Milieus der leistungsorientierten, aber solidarischen Mitte aus Arbeitnehmern und Bürgertum an die SPD binden. Doch für die Anhänger der realen Politik der Marksozialdemokratie ist der Bremer Entwurf nicht kohärent genug, nicht der Politik entsprechend. Anders verhält es sich für die Anhänger klassischer sozialdemokratischer Programmatik, wie sie teilweise im Programm zu finden ist. Für sie bleibt die Politik der Partei nicht akzeptabel. Am Ende wird es also kein neues Godesberg, sondern ein erneutes Programm des Übergangs, das man – genau wie das noch gültige Berliner Programm – schon nach wenigen Jahren wieder revidieren möchte.

Anmerkungen

1     Obwohl gerade die Tatsache, daß dieses Programm in der Regierungsverantwortung geschrieben wird, dazu geführt hat, daß es streckenweise zu tagespolitisch, zu konkret ist und damit der Gefahr der schnellen Überalterung unterliegt.
2     Ich zähle hierzu im wesentlichen die führenden SPD-Politiker in der Regierung sowie die einflußreichen innerparteilichen Gruppierungen der Netzwerker und des Seeheimer Kreises. Zudem gibt es eine Gruppe von „Modernisierern“, die zwar formal keine innerparteiliche Strömung sind, aber eine dezidiert pro-marktwirtwirtschaftliche Haltung an den Tag legen. Die innerparteilichen Kritiker sind vor allem beim Forum demokratische Linke 21 und in der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) zu finden.
3     Vgl. „Die SPD blutet aus“, SPIEGEL-ONLINE, www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,445272,00.html (Zugriff 01.12.2006). Insgesamt ist der Niedergang der SPD-Parteiorganisation natürlich einer Vielzahl von Faktoren geschuldet. Die Agenda 2010 hat ihn allerdings nochmals beschleunigt.
4     In dieser Zeit saß Rudolf Scharping der Programmkommission vor; später hat allerdings Olaf Scholz informell die Programmarbeit gesteuert.
5     Beispielsweise gab es zu jedem einzelnen Grundwert im Jahr 2000 ein Grundwerteforum. Die Dokumentation dieser Foren ist unter www.programmdebatte.spd.de abzurufen.
6     Obgleich man sich diesen Prozeß nicht als strategisch geplant vorstellen muß, sondern eher als überzufälligen Diskurs, der die Veränderungen des politischen Paradigmas der SPD reflektiert.
7     Historisch ging es bei der SPD nicht um Gleichheit „im Ergebnis“, sondern um gleiche Lebenschancen und bedingungen.
8     Forst (2005) argumentiert, daß, wenn man den Begriff Teilhabe- und Chancengerechtigkeit ernst nimmt, eine umfassende Neu- und Umverteilung gesellschaftlicher Ressourcen die Folge sein müßte.
9     Nullmeier verweist auch darauf, daß der Begriff für die, die „drin“ sind, keinen Wert habe.
10     Allerdings verbergen sich gerade hinter der Rede vom Allgemeinwohl bestimmte Interessen, die sich selbst moralische Legitimität verschaffen und erzieherisch wirken wollen (vgl. Offe 2002).
11     Zu den Paradoxien des Eigenverantwortungsdiskurses vgl. Nullmeier (2006).
12     Oft geschieht dies in Zusammenhang mit einem anderen Begriff aus dem ökonomischen Feld: der „Humankapitalbildung“.
13     Beispielsweise in den Beiträgen von Beck in der Zeitung „Die Welt“ (Beck 2006b; 2006a), dem Impulspapier von Beck, Müntefering und Struck (2006) sowie in denen von Platzeck (2006) und Heil (2006).
14     Er tauchte allerdings schon im Wahlprogramm von 1994 sowie auch 1998 auf.
15     Auch der Slogan „Leistung muß sich wieder lohnen“  ebenso wie der teilweise aufgeführte Subsidaritätsgedanke stammen aus diesem Lager.
16     Es ist nicht genau  bekannt, wer genau den Entwurf geschrieben hat. Sogar der altgediente Parteiprogrammatiker Erhard Eppler kennt die Autoren nicht; vgl. sein SPIEGEL-Interview vom 19. Januar 2007.
17     Allerdings fällt man gerade in bezug auf die Globalisierung noch in die Falle der Hypostasierung („Die Globalisierung schafft Wachstum“), während man an anderen Stellen die Globalisierung als menschengemacht darstellt.
18     Das Ziel der Wirtschaftsdemokratie, im Berliner Programm noch eine zentrale Säule, kommt im Bremer Entwurf nicht mehr vor; übrig bleibt nur die Mitbestimmung. Diese ist indessen nicht länger ein erkämpftes und legitimes Recht der Arbeitnehmer, die diesseitige Keimform des demokratischen Sozialismus, sondern vordringlich „Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg.“

Literatur

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Dipl.-Volkswirt Oliver Nachtwey, Graduiertenkolleg „Die Zukunft des europäischen Sozialmodells“, Göttingen

aus: Berliner Debatte INITIAL 18 (2007) 3, S. 95-106