Die Würde des Menschen ist antastbar:

Abgeschobene Familie lebt in Sri Lanka unter fürchterlichen Bedingungen

Büren, Warendorf, Sri Lanka.

Die Ausländerbehörde in Warendorf hat am 25.10.2006 das Ehepaar Thadchanamoorthy, das vorab in Abschiebehaft gewesen ist und dem der Kontakt zu seinen Kleinkindern während der Haft untersagt wurde, und die Kinder abgeschoben, ohne ihnen lebensnotwendige Papiere und Medikamente mitzugeben. Die Familie lebt seitdem in Sri Lanka unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Herr Kiddinan Thadchanamoorthy kam 1994, Frau Menaka Thadchanamoorthy 1999 nach Deutschland; sie versuchten über Asylanträge, ein Bleiberecht zu bekommen. Auch für die gemeinsamen, in Deutschland geborenen Kinder Apsian (2000), Apirami (2003) und Apinaeja (2005) wurden Asylverfahren beantragt. Alle Anträge wurden abgelehnt.
Während ihres Aufenthalts hier hat der Vater versucht, durch Arbeit seine Familie zu ernähren, was ihm auch über weite Strecken gelungen ist. Sowohl in das Kindergarten-, als auch das Schul- und das Gemeindeleben der Baptistischen Gemeinde Warendorf war die Familie eingebunden. Sie hat damit die immer wieder geforderte Integration in besonderer Weise gelebt.
Dies war nicht immer einfach, weil Frau Thadchanamoorthy unter erheblichen psychischen Problemen leidet. Mit Schreiben vom 21.7.2006 empfiehlt die Uni-Klinik Münster dringend eine ambulante Psychotherapie, u.a. wegen posttraumatischer Belastungsstörungen. Die Familie Thadchanamoorthy hätte, folgt man den Ausführungen der Innenministerkonferenz, sehr gute Chancen gehabt, im Rahmen einer Altfallregelung ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland zu bekommen.
Es ist zu vermuten, dass das Ausländeramt des Kreises Warendorf genau dies aber verhindern wollte. Sie haben zunehmend Druck auf die Familie ausgeübt, mit dem Ziel, sie zu einer Ausreise nach Sri Lanka zu drängen, ungeachtet der Tatsache, dass aktuell in Sri Lanka schwere Unruhen zwischen dem Militär und der tamilischen Rebellenorganisation LTTE herrschen, lebensbedrohlich insbesondere für eine Familie mit kranker Mutter und drei kleinen Kindern.
Um das Abschiebeziel zu erreichen, nahm das Ausländeramt am 17.10.2006 Herrn Thadchanamorrthy in Abschiebehaft in der JVA Büren, Frau Thadchanamoorthy wurde, weil sie krank war, ins Gefängniskrankenhaus der JVA Fröndenberg gebracht. Die drei kleinen Kinder wurden der Obhut des Kreisjugendamtes Warendorf übergeben. Dabei störte es niemanden, dass die kleine Apinaeja von ihrer Mutter noch gestillt wurde.
Die Behörden hatten keine Skrupel, die Familie auseinander zu reißen. Die Kinder konnten während der Haftzeit ihre Eltern nicht sehen, der Ehemann seine Frau nicht besuchen. Die Behörden zeigten sich von vielfältigen Beschwerden, auch von Unterstützergruppen in Warendorf, unbeeindruckt. Sigrid Beer vom Petitionsausschuss des Landes NRW intervenierte in Warendorf, aber auch sie konnte nichts mehr ausrichten.
Die Familie wurde am 25.10.2006 von Frankfurt nach Colombo abgeschoben. Dem Vernehmen nach wurde ein Arzt/eine Ärztin zur Begleitung von Frau Thadchanamoorthy mitgeschickt.
Wie der Verein Hilfe für Menschen über eine zufällig vor Ort anwesende Studentin aus Deutschland jetzt erfahren hat, geht es der Familie sehr schlecht. Ihr wurden bei der Abschiebung 100 Euro in die Hand gedrückt. Ihre persönliche Habe und die notwendigen Medikamente wurden nicht mitgegeben. Das alles wird noch übertroffen durch die Tatsache, dass ihr weder ihre Personalpapiere noch ihre Geburtsurkunden von den deutschen Behörden ausgehändigt wurden. Sich ohne Ausweispapiere in Colombo aufzuhalten ist, so die Beobachterin vor Ort, lebensbedrohlich für die Familie, weil sie sich nicht gegen den Verdacht des Militärs erwehren kann, Mitglied oder Sympathisant der tamilischen Rebellen zu sein.
Angesichts des Leids der Familie Thadchanamoorthy muss die Frage gestellt werden: Wer handelt hier in wessen Interesse?
Das Verhalten der Ausländerbehörden ist unverhältnismäßig, aber es erstaunt nicht mehr. Schlimm ist, dass bei solchen Abschiebeverfahren auch Jugendämter mitmischen, die eigentlich ausschließlich dem Wohle der ihnen anvertrauten Kinder verpflichtet sind. Der Verein "Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V." lässt zurzeit rechtliche Schritte gegen das Jugendamt des Kreises Warendorf prüfen, weil er der Meinung ist, dass das Wohl der Kinder Thadchanamoorthy in eklatanter Weise verletzt wurde.
Der Verein ist empört über die unmenschliche Abschiebepolitik des Ausländeramtes des Kreises Warendorf. Nicht minder schockiert ist der Vorsitzende des Vereins, Frank Gockel, über das Kreisjugendamt Warendorf: "Es ist erschreckend, dass das Jugendamt im willfährigen Gehorsam - unter Missachtung der Bedürfnisse der Kinder - der Ausländerbehörde zugearbeitet und damit eine reibungslose Abschiebung der gesamten Familie ermöglicht hat."

Weitere Informationen und Fotos unter: http://www.abgeschoben-waf.de/

Frank Gockel, Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V., Pöppinghauser Str. 20, 32756 Detmold. Tel.: 0700 - 22997711. Fax: 05231 - 601085. E-Mail: Gockel@gegenAbschiebehaft.de
Internet: www.gegenAbschiebehaft.de

Artikel aus Graswurzelrevolution Nr. 314, 35. Jahrgang, Dezember 2006, www.graswurzel.net