Die Folgen der Anti-G8-Proteste von 2001
Auch vier Jahre nach den Protesten gegen den G8-Gipfel in Genua sind die gerichtlichen Folgen der Ereignisse noch nicht abgeschlossen. Bereits seit dem 2.März vorigen Jahres stehen 26 Personen vor Gericht, die 2001 an den Demonstrationen teilgenommen haben. In diesem Verfahren müssen noch weit über 100 Zeuginnen und Zeugen gehört werden.
Seit dem 2.Dezember 2004 wird im süditalienischen Cosenza gegen 12 Aktive des Netzwerks "Sud Ribelle" aus Kalabrien verhandelt. Nach einem Gesetz, das auf Mussolinis Innenminister Rocco zurückgeht, sind sie wegen "Bildung einer subversiven Vereinigung" angeklagt. Sie sollen angeblich die Krawalle in Genua mit organisiert haben, was selbst in der bürgerlichen Öffentlichkeit für absurd gehalten wird.
In den nächsten Tagen sollen 20 Bescheide wegen Abschlusses der Ermittlungsverfahren zugestellt werden, das ist der letzte Schritt vor der Klageerhebung vor Gericht. Es könnten weitere Bescheide, auch an Deutsche, folgen, da die Staatsanwaltschaft alle Ermittlungen wegen Genua 2001 vor der Sommerpause abschließen will.
Es gibt aber auch umfangreiche Ermittlungen gegen Polizisten. Seit dem 6.April diesen Jahres stehen 29 Beamte vor Gericht, die an den schweren Übergriffen gegen Demonstrationsteilnehmer beteiligt waren, die in der Diaz-Schule übernachteten. Am 12.Oktober 2005 soll ein Prozess gegen 45 Personen, darunter auch Ärzte und Krankenpfleger, beginnen, die an Misshandlungen von 255 Demonstrierenden in der Carabinieri-Kaserne Bolzaneto beteiligt waren. Dort kam es zu so schweren Übergriffen gegen die Inhaftierten, dass von Folter gesprochen werden muss.
Wenn auch derzeit mehr Staatsbeamte als Demonstrantinnen und Demonstranten angeklagt sind, so fällt doch auf, dass die Anklagepunkte gegen die Beamten meistens weniger schwer sind, obwohl die Vorwürfe konkreter sind. Deswegen ist es wahrscheinlich, dass die Vergehen vor dem letztinstanzlichen Urteil verjähren. Die Anklagen gegen Demonstranten sind hingegen oft so konstruiert, dass die Verjährungsfristen sehr lang sind. Die Staatsanwälte, die gegen Demonstranten ermitteln, sind von allen anderen Aufgaben befreit, was für die Ermittlungen gegen Polizisten nicht gilt.
Das Interesse an den Folgen von Genua ist mittlerweile auch in Italien sehr gering. Anwälte und Rechtshilfeaktivisten fordern deshalb mehr Solidarität von den Aktiven der Antiglobalisierungsbewegung mit den angeklagten Demonstrationsteilnehmern.