Schlag gegen die Pressefreiheit

Durchsuchung bei Labournet.de.

Am frühen Morgen des 5.Juli 2005 wurden in Bochum die Wohnungen von einer Mitarbeiterin und zwei Mitarbeitern des Onlinedienstes Labournet von der Polizei durchsucht. Als Begründung wurde der Verdacht auf Urkundenfälschung angegeben. Alle Computer, Datenträger und ein Teil des Schriftverkehrs wurden beschlagnahmt.
Der Hintergrund ist ein Flugblatt, das im Dezember 2004 in Köln, Hagen und Bochum verteilt wurde. Darin wurde behauptet, dass ab sofort auch private Haushalte 1-Euro-Jobber einstellen können und sich bei der zuständigen Arbeitsagentur melden sollen. Diese anscheinend satirisch gemeinten Flugblätter waren mit dem Briefkopf der Arbeitsagentur versehen. Zu dieser Aktion bekannte sich ein "Kommando Paul Lafargue". In dem Bekennerschreiben wurde zur weiteren Information auf Labournet und auf die Kampagne Agenturschluss verwiesen. Das ist die Grundlage für die Hausdurchsuchungen.
Mittlerweile wurden die beschlagnahmten Rechner von der Polizei wieder herausgegeben, die Unterlagen aber weiterhin einbehalten. Eine Vernehmung eines Mitarbeiters von Labournet brachte die Bestätigung, dass tatsächlich jenes Flugblatt die Grundlage für die Durchsuchung war.
Über die wahren Gründe kann nur spekuliert werden. Übereifer des zuständigen Staatsanwalts ist eine Möglichkeit. Andererseits kann es sich aber auch um eine präventive Maßnahme der Staatsmacht handeln, um Menschen, die sich gegen Sozialabbau engagieren, einzuschüchtern.
Die Aktion ist auf jeden Fall so krass unverhältnismäßig, dass von einer Einschränkung der Pressefreiheit, die auch für Onlinemagazine gilt, gesprochen werden muss. In einer Erklärung von Labournet heißt es: "Wir halten die ganze Aktion, ihre Begründung und Durchführung für fadenscheinig. Die weitere Beschlagnahme und vermutliche Auswertung unserer Unterlagen ist ein schwerwiegender Eingriff in die Pressefreiheit und ein Verstoß gegen die paar Rechte, die uns das Grundgesetz noch lässt."
Labournet.de ruft dazu auf, Protestfaxe und -mails an das zuständige Amtsgericht und die zuständige Staatsanwaltschaft in Bochum zu schreiben. Das wurde auch schon eifrig gemacht und zeigt Wirkung. Deswegen bitten die Betroffenen bei Labournet um Fortsetzung. Außerdem wird wegen der hohen Kosten zu Spenden aufgerufen. Bei Labournet gingen zahlreiche Solidaritätsbekundungen ein.

Andreas Bodden

Protestfaxe und -mails an: Staatsanwaltschaft Bochum, Westring 8, 44782 Bochum. Fax (0234) 967-2587, E-Mail poststelle@sta-bochum.nrw. de; Amtsgericht Bochum, Viktoriastr.14, 44787 Bochum, Fax (0234) 967-2424, E-Mail poststelle @ag-bochum.nrw.de.

Spenden an: Labournet.de e.V., Postbank Dortmund (BLZ 44010046) 263526467.

Infos:
http://www.labournet.de/ueberuns/beschlagnahme/index.html