8.Mai in Berlin

Nazi-Aufmarsch erfolgreich verhindert.

Bisweilen macht auch der/die kampferfahrene Berliner Antifaschist/in neue Erfahrungen. So etwa, wenn, wie es sich am 8.Mai bei den Mobilisierungen gegen den NPD-Aufmarsch in Berlin ereignete, nach dreimaliger Aufforderung an die antifaschistischen Demonstranten, die Straße "Unter den Linden" zu räumen und somit den Weg für die geplante NPD-Demo freizugeben, erst einmal überhaupt nichts geschieht und Polizisten und Grenzschützer sodann demonstrativ die Helme absetzen. Und so konnte in den folgenden Stunden unter den Menschen, die gekommen waren, um sich den Nazis in den Weg zu stellen, trotz zum Teil eisiger Temperaturen und Hagelschauern tatsächlich so etwas wie Partystimmung entstehen, bis dann am frühen Abend endlich mitgeteilt wurde, dass die braunen Kameraden sich wieder auf dem Heimweg befänden.
Am Tag darauf waren der Berliner Senat und die Parteien des Abgeordnetenhauses dann auch sehr mit sich zufrieden. Als "polizeiliches Meisterstück" bezeichnete der CDU-Mann Frank Henkel die Isolierung der Nazis auf dem Alexanderplatz, und von Seiten der PDS hieß es: "Das könnte eine vertrauensbildende Maßnahme gewesen sein." Mag diese idyllische Weltsicht bei der kleineren Berliner Regierungspartei auch verständlich sein, so entbehrt sie doch der politischen Grundlage. Innensenator Körting (SPD) ließ da keinen Zweifel, es sei eben eine "besondere Situation" gewesen, erklärte er.
Schließlich war auch bereits im Vorfeld klargeworden, dass der Senat keinerlei Interesse an Bildern von Nazihorden hatte, die am 60.Jahrestag des Endes der Nazidiktatur durch Berlins Mitte ziehen. Aus diesem Grund hatte man ein Straßenfest unter dem Titel "Tag für die Demokratie" am Brandenburger Tor organisiert, und deswegen war man auch bereit, Aktionen der Antifa stillschweigend in die eigene Taktik zu integrieren. Dass hiermit auch das Bild eines durch die Geschichte geläuterten Deutschland, das bereit ist, "internationale Verantwortung" zu übernehmen, transportiert werden sollte, wurde auf der linken "Spasibo"-Demo (einer von fünf Anti-Nazi-Demonstrationen an diesem Tag) immer wieder betont.
Dennoch war der 8.Mai auch für die Linke ein Erfolg. Abgesehen davon, dass es gelungen ist, den Aufmarsch der Nazis zu verhindern, sind es zwei andere Entwicklungen, die hoffnungsvoll stimmen können. Zum einen, dass im Bündnis der "Spasibo"-Demo zeitweilig auch Kräfte der gemäßigt "antideutschen" Antifa wie etwa die Gruppe "Kritik und Praxis" mitarbeiteten. Zwar kam es schließlich dennoch erneut zu einem Zerwürfnis, doch ist immerhin nicht ganz auszuschließen, dass hier ein Anfang für eine neue Kooperation verschiedener Antifa-Fraktionen gemacht wurde. Zum anderen zeigte sich, dass die Beteiligung an der Mobilisierung gegen die NPD weit über das Spektrum der Antifa- "Szene" hinaus ging. Der Erfolg künftiger antifaschistischer Aktionen wird wesentlich davon abhängen, ob es gelingt, dann auch ohne Regierungsunterstützung eine ähnliche Breite der Mobilisierung herzustellen.