Globalisierung, Steuervermeidung und internationaler Steuerwettbewerb

Probleme und Möglichkeiten nationaler Kapitalbesteuerung

in (10.12.1998)

Ein Kernelement der Steuerreformpläne der neuen rot-grünen Bundesregierung ist die Beseitigung einiger der wichtigsten Steuerschlupflöcher...

1. Steuerwettbewerb und die Erosion der Steuerbasis

Ein Kernelement der Steuerreformpläne der neuen rot-grünen Bundesregierung ist die Beseitigung einiger der wichtigsten Steuerschlupflöcher, die es bislang erlauben, daß vor allem Großunternehmen, aber auch Privatpersonen mit hohem Einkommen ihre durchschnittliche Besteuerung auf Niveaus senken können, die weit unterhalb der geltenden Grenzsteuersätze liegen, deren Höhe seit vielen Jahren Gegenstand heftiger Kritik im Rahmen der Debatte um die Qualität des Standorts Deutschland ist. Angesichts leerer Kassen verweist die neue Regierung zurecht darauf, daß eine deutliche Senkung der Grenzsteuersätze nur bei gleichzeitigem Abbau zahlreicher Steuervergünstigungen möglich sein kann. Neben den internen Steuerschlupflöchern, die im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion stehen, müssen aber auch diejenigen geschlossen werden, die sich im Zuge der außenwirtschaftlichen Verflechtung der bundesdeutschen Wirtschaft ergeben haben und die nicht weniger intensiv genutzt werden. Nachdem bereits das konservativ-liberal regierte Baden-Württemberg in der abgelaufenen Legislaturperiode eine entsprechende Initiative vorgeschlagen hatte, ist es nun Aufgabe der neuen Bundesregierung, konsequente Schritte zur Vermeidung der international bedingten Erosion der Steuerbasis einzuleiten.

In vielen Fällen ist dazu auch die Unterstützung und Absicherung auf europäischer Ebene erforderlich - das veränderte wirtschaftspolitische Klima, das durch die Regierungswechsel in Großbritannien, Frankreich und Deutschland entstanden ist, läßt auf einen Kurswechsel im Steuerbereich zumindest hoffen.

Die These, wonach die zunehmende Globalisierung der Unternehmensaktivitäten zum Ende der Wohlfahrtsstaaten kontinentaleuropäischen Typs führen muß, stützt sich in starkem Maße auf die Behauptung, daß die wachsende Mobilität des Kapitals dazu führe, daß dieser Produktionsfaktor kaum oder gar nicht mehr zur Besteuerung herangezogen werden kann. Die Diskussion um die ,,Erosion der Steuerbasis" bezieht sich also weniger auf ein irreversibles Sinken der Steuereinnahmen insgesamt, sondern vielmehr darauf, daß vor allem Bezieher von Einkünften aus Unternehmertätigkeit und Vermögen die zunehmende Globalisierung der Wirtschaftsaktivitäten und Kapitalverflechtungen dazu nutzen können, sich der Besteuerung zu entziehen, und die daraus resultierenden Lücken durch die Besteuerung von relativ immobilen Quellen, wie zum Beispiel des Faktors Arbeit oder des Konsums, geschlossen werden müssen. Für die Wirtschafts- und Sozialpolitik würde dies bedeuten, daß die Verfolgung des Ziels der Solidarität durch eine stärkere Belastung der einkommensstärkeren Bevölkerungsgruppen in Zukunft nicht mehr möglich sein wird. Die Finanzierung der Transfers an sozial Schwächere würde dann voll zu Lasten der Einkommen der Arbeitnehmer bzw. zu Lasten des gewerblichen Mittelstands, der nicht dieselben Steuervermeidungsmöglichkeiten hat wie die Großunternehmen, erfolgen. Wobei angemerkt werden muß, daß neoliberale Ökonomen die These von der Erosion der Steuerbasis auch dazu instrumentalisieren, eine deutliche Zurückführung der Staatsausgaben vor allem im sozialen Bereich zu fordern. Anstatt den internationalen Steuerwettbewerb zu bekämpfen, sollte man doch besser, so der Tenor, die Steuersätze für Unternehmen senken und die Sozialausgaben kürzen. Der internationale ,,Wettbewerb der Systeme" wird in dieser Perspektive zum ,,Geschenk des Himmels", da er als ,,Entmachtungsinstrument den ökonomischen Gesetzmäßigkeiten zum Durchbruch verhilft" (Berthold 1997, S. 73). Zu Ende gedacht und in politische Handlungsempfehlungen transformiert bedeutet dies das Ende der sozialen Marktwirtschaft und den weltweiten Übergang zu marktliberalen Wirtschaftssystemen US-amerikanischer Prägung.

In diesem Beitrag wird eine grundlegend andere Position vertreten:

_ Internationaler Steuerwettbewerb muß beschränkt werden, da er die Fundamente der sozialen Marktwirtschaft untergräbt.

_ Ein Übergang zu einem System des ,,Kapitalismus pur" sollte sich aufgrund der sozialen Kosten eines solchen Systems für Deutschland erübrigen.

_ Internationaler Steuerwettbewerb kann beschränkt werden, obwohl die zunehmende weltweite Wirtschaftsverflechtung die Schwierigkeiten für die nationalen Gesetzgeber und Steuerbehörden immer größer werden läßt.

Es darf nicht darum gehen, den Steuerwettbewerb völlig zu unterbinden: Länder und Regionen mit besonderen wirtschaftsstrukturellen Nachteilen müssen die Möglichkeit behalten, durch günstigere Besteuerung Investitionen anzuziehen. Allerdings gibt es Länder, die mit Hilfe einer aggressiven Steuerpolitik versuchen, gezielt die Steuerbasis anderer Länder abzuschöpfen. Solche ,,unfairen" Praktiken, die sich vor allem auf den Bereich des Finanzkapitals beziehen, müssen der Hauptansatzpunkt nationaler und internationaler Gegenmaßnahmen sein.

Die OECD hat in ihrer Studie ,,Harmful Tax Competition" (OECD 1998) Kriterien herausgearbeitet, anhand derer Steueroasen und schädliche Steuerpräferenzen identifiziert werden können.

Für Steueroasen sind dies vor allem die folgenden Punkte:

_ Keine oder nur minimale Besteuerung der Einkünfte.

_ Kein effektiver Informationsaustausch mit den Steuerbehörden anderer Länder.

_ Mangel an Transparenz in Bezug auf die jeweiligen Steuervorschriften.

_ Verzicht auf eine Aktivitätsklausel für die begünstigten Unternehmen.

_ Gezielte Propagierung der hohen Steuervorteile bei Anlagen durch ausländische Wirtschaftssubjekte.

Etwas schwieriger ist die Identifikation schädlicher Steuerpräferenzen, da sie von Ländern gewährt werden, die eine Unternehmens- bzw. Kapitalbesteuerung aufweisen, die nicht als sehr niedrig bezeichnet werden kann, aber gezielt sehr niedrige Sätze anbieten für bestimmte ausländische Wirtschaftssubjekte, die sich in dem Land niederlassen bzw. dort investieren. Folgende Hauptkriterien werden genannt:

_ Keine oder sehr niedrige Besteuerung der begünstigten Aktivitäten bzw. Einkünfte.

_ Begrenzung der Regelung zum Schutz der eigenen Steuerbasis, z.B. durch die Beschränkung der Niedrigbesteuerung auf ausländische Einkünfte.

_ Mangel an Transparenz, z.B. durch im voraus aushandelbare Steuerregelungen.

_ Kein effektiver Informationsaustausch mit Steuerbehörden anderer Länder.

In diese Kategorie der schädlichen Steuerpräferenzen würden auch zahlreiche Praktiken von EU-Staaten fallen, wobei vor allem Irland zu zweifelhaftem Ruhm gelangt ist. Eine solche Abgrenzung akzeptabler bzw. schädlicher Steuervergünstigungen ist im Grundsatz höchst umstritten und im Einzelfall sehr problematisch, kann aber trotz solcher Vorbehalte als Anhaltspunkt für Gegenmaßnahmen dienen.

Bevor zur Beschreibung einiger dieser internationalen Steuervermeidungsstrategien übergegangen werden soll, muß deren Bedeutung für die Erosion der nationalen Steuerbasen allerdings etwas relativiert werden. Neben den hier behandelten externen Ursachen gibt es zahlreiche interne Ursachen, die einzig und allein auf nationale Steuerregelungen zurückzuführen sind. In einer vielbeachteten Studie untersuchte der Rechnungshof Baden-Württemberg 890 Fälle von Steuerzahlern, die neben positiven Einkünften von mindestens 250.000 DM auch negative Einkünfte von mindestens 100.000 DM aufwiesen (in mindestens einem der Jahre 1990-1994). Dabei dominierten eindeutig die Verluste ,,steuertechnischer Art" gegenüber den Verlusten aus gewöhnlicher aktiver Tätigkeit. Hauptarten dieser Verluste steuertechnischer Art waren dabei die Verluste aus Vermietung und Verpachtung, begünstigt auch durch die großzügigen Abschreibungsregelungen für Immobilieninvestitionen in Ostdeutschland, daneben auch die Verluste aus Schiffahrtsbeteiligungen und Beteiligungen an sonstigen Verlustzuweisungsgesellschaften sowie die Beteiligungen an Immobilienfonds.

Die durchschnittliche Steuerersparnis pro Steuerpflichtigem erhöhte sich von ca. 30.000 DM im Jahr 1990 auf 90.000 DM im Jahr 1993. Bei einer Hochrechnung dieser Zahlen ergaben sich für Baden-Württemberg Steuerverluste von 2,45 Mrd. DM allein für das Jahr 1993. Für die untersuchten Steuerzahler sind diese Steuersparmodelle äußert lukrativ: Die Steuerbelastung der Einkommensmillionäre - bezogen auf die Summe der positiven Einkünfte - betrug nach der Studie für 1993 nur ca. 30 %.

,,Damit wird die in der öffentlichen Diskussion geäußerte Vermutung bestätigt, daß die formalen Steuersätze nicht in dem erwünschten Maß zu einer an die Leistungsfähigkeit gebundenen Lastenverteilung führen" (Rechnungshof Baden-Württemberg 1997, S. 37).

Diese Effekte beruhen weitestgehend auf der Nutzung von nationalen Steuervergünstigungen, die geändert werden können und vielfach geändert werden müssen, da einerseits eine unerwünschte Abschwächung der Progression entsteht und andererseits z.B. die Förderung von Schiffen, die im Ausland gebaut und betrieben werden, oder die Förderung des Aufbaus von Überkapazitäten im Bereich der Gewerbeimmobilien in Ostdeutschland als volkswirtschaftlich unsinnig bezeichnet werden müssen.

Diese notwendige Relativierung der Bedeutung internationaler Steuervermeidung darf aber nicht dazu verleiten, diese als unbedeutend abzutun:

_ Die intensive Nutzung von steuersparenden Investitions- bzw. Anlagemöglichkeiten im Ausland durch Unternehmen und Privatanleger ist selbst schon ein Indiz für die Attraktivität und somit auch die steuerbezogene Relevanz dieser Möglichkeiten.

_ Von heute auf die Zukunft zu interpolieren ist auf diesem Gebiet sehr problematisch. Die Globalisierung der Unternehmensaktivitäten steht erst am Anfang ihrer Entwicklung: Die Probleme der internationalen Steuervermeidung können daher nur zunehmen.

2. Internationale Steuervermeidungsstrategien: Ein Überblick

a) Die Problematik konzerninterner Verrechnungspreise

Im Rahmen der Festlegung von Verrechnungspreisen zwischen verbundenen Unternehmen ist es möglich, Gewinne aus hoch besteuernden in gering besteuernde Länder zu verlagern. Ist z.B. die Körperschaftsteuer in Deutschland höher als in Großbritannien, so ist es für einen internationalen Konzern finanziell attraktiv, für Lieferungen eines deutschen Tochterunternehmens an ein britisches Tochterunternehmen zu niedrige und für Lieferungen in umgekehrter Richtung zu hohe Preise zu verrechnen. Der Gewinn in Deutschland wird als Folge niedriger, der in Großbritannien höher ausgewiesen. Noch interessanter ist der Umweg über eine Steueroase: Laufen die Lieferungen über eine Tochtergesellschaft in Liechtenstein, entsteht dort ein Gewinn, der nur minimal mit Steuern belastet wird. Natürlich versuchen die nationalen Steuerbehörden, diese Praktiken zu überwachen und gegebenenfalls zu korrigieren, doch treten dabei bereits bei materiellen Gütern große Schwierigkeiten auf, wenn es für sie keinen Marktpreis gibt, weil es sich z.B. um konzernspezifische Zwischengüter handelt oder der Konzern das Monopol für ein Gut besitzt. Noch schwieriger wird die Kontrolle, wenn es sich um Dienstleistungen oder immaterielle Güter handelt: Was ist der angemessene Verrechnungspreis für Managementdienstleistungen, für Finanzdienstleistungen oder für die Nutzung von Patenten, die auf Tochtergesellschaften im Ausland übertragen worden sind?

Anhand eines Beispiels kann die Wirkungsweise der Gewinnverlagerungen aufgezeigt werden:

Zahlreiche Großunternehmen versichern spezifische Risiken bei konzerneigenen Versicherungsgesellschaften (sog. Captives) im Ausland. Das ist deshalb lohnend, weil die Prämien in der Regel höher sein werden als die bei der ausländischen Tochtergesellschaft anfallenden Kosten. Im Inland mindern die Prämienzahlungen den zu versteuernden Gewinn. Da man für die Zwecke der Ansiedlung ein Land auswählen wird, das die entstehenden Gewinne sehr niedrig besteuert, wird die Gesamtsteuerbelastung im Konzern sinken. So bietet z.B. Irland im International Financial Services Centre in Dublin für derartige internationale Unternehmen interessante Steuerpräferenzen, die entstehenden Gewinne werden lediglich mit 10 % Körperschaftsteuer belastet. Im Jahr 1995 fanden sich unter den Mietern des IFSC 160 solcher Captives (Doggart 1997, S. 118). Auch zahlreiche Steueroasen haben diesen Markt erschlossen. So hat sich z.B. die Isle of Man zu einem der führenden Captive-Zentren entwickelt.

Eine weitere Möglichkeit bietet in diesem Zusammenhang die Verteilung von Kosten, die für den Gesamtkonzern entstehen, auf die einzelnen Konzernunternehmen. Dies betrifft z.B. Aufwendungen für die zentrale Verwaltung oder für Forschung und Entwicklung (Tanzi 1997, S. 8). Auch dabei wird man bestrebt sein, den Tochterunternehmen in hoch besteuernden Staaten einen überproportional großen, denen in niedrig besteuernden Staaten einen möglichst kleinen Anteil dieser Kosten zuzuschreiben. Folge ist wiederum eine Minderung der Steuerbelastung im Konzern.

Natürlich ist das Problem der Verrechnungspreise nicht neu. Bereits in den 70er Jahren mühten sich die multinationalen Unternehmen, die Gewinne dort entstehen zu lassen, wo die Steuern am niedrigsten waren. Allerdings gewinnt es durch die zunehmende Globalisierung der Unternehmensaktivitäten stark an Bedeutung. Die internationalen Steuerberatungsgesellschaften stellen international besetzte Expertengruppen zusammen, um den Unternehmen eine optimale Ausnutzung der Möglichkeiten in diesem Bereich zu empfehlen. Für Grigat (1997, S. 408) ist der Verrechnungspreisbereich heute die ,,Hauptspielwiese der internationalen Gewinnverlagerung".

b) Holding- und Finanzierungsgesellschaften

Bei der Errichtung einer Holding-Konstruktion werden Anteile an Tochterunternehmen des Konzerns (oder auch Lizenz- bzw. Patentrechte oder Finanzanlagen) in einer Holdinggesellschaft plaziert. Als Sitz wählt man ein Land, das entweder sehr niedrige Steuern erhebt (Steueroase) oder spezielle Steuerpräferenzen für Holdinggesellschaften internationaler Konzerne bietet. Überweist dann z.B. eine deutsche Tochtergesellschaft Dividende an die Konzernholding im Ausland, so ergeben sich steuerlich folgende Ergebnisse: Die Dividende ist belastet mit 30 % Körperschaftsteuer, die in Deutschland für ausgeschüttete Gewinne erhoben wird. Für die deutsche Quellensteuer auf Dividenden gilt, daß sie nach dem Musterabkommen der OECD auf 15 % reduziert werden soll (normaler Satz: 25%) gegenüber Staaten, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht (OECD 1992). Für Dividenden von Tochtergesellschaften wird in den Abkommen oft sogar der noch niedrigere Satz von 5 % vereinbart. In der EU wurde in der Mutter-Tochter-Richtlinie von 1990 sogar festgelegt, daß bei einer Beteiligung von mindestens 25 % gar keine Quellensteuer erhoben werden darf. Auf diese Art kann in der Holding steuergünstig Eigenkapital gebildet werden, sie dient als ,,Money-Box". Begünstigt wird dies durch das deutsche System des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes, das auch für Ausschüttungen ins Ausland den niedrigeren Satz von 30 % (gegenüber 45 % für einbehaltene Gewinne) vorsieht. Der Versuch Deutschlands, diesen Effekt durch die Vereinbarung einer einseitig höheren deutschen Quellensteuer in den Doppelbesteuerungsabkommen zu kompensieren, war nicht erfolgreich.

Wie kann nun dieses Eigenkapital in Deutschland erneut genutzt werden? Die Mutter-Tochter-Richtlinie der EU sieht vor, daß die Mitgliedstaaten eine Doppelbesteuerung vermeiden, indem sie die Dividenden ausländischer Tochtergesellschaften entweder von der inländischen Besteuerung freistellen oder die ausländische Steuer bei der inländischen Besteuerung anrechnen. Deutschland verwendet traditionell das Freistellungsverfahren (im Gegensatz z.B. zu Großbritannien): Durch die Anwendung des ,,internationalen Schachtelprivilegs" werden die Dividenden von ausländischen Tochtergesellschaften von der deutschen Steuer freigestellt bei einer Beteiligung von mindestens 10 % (ein im internationalen Vergleich sehr niedriger Wert). Diese Regelung findet sich in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen, jedoch häufig verbunden mit einer Aktivitätsklausel, welche aber in der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht vorgesehen ist.

Diese rechtliche Ausgestaltung eröffnet deutschen Unternehmen gute Möglichkeiten zur Steuervermeidung, z.B. durch das sog. ,,Holland-Routing": Eine deutsche Tochtergesellschaft überweist Dividende an eine Holding in Holland, die als Zwischengesellschaft fungiert. Die Dividende ist mit 30 % deutscher Körperschaftsteuer belastet, Quellensteuer wird nicht erhoben. In Holland, das ebenfalls das Freistellungsverfahren anwendet, wird keine Steuer auf die Dividendeneinnahme erhoben, bei der Rücküberweisung an die deutsche Konzern-Muttergesellschaft entsteht auch keine holländische Quellensteuer. Die Einnahme der deutschen Muttergesellschaft wird durch die Anwendung des Freistellungsverfahrens nicht steuerlich belastet. Somit wird der Gewinn lediglich mit 30 % belastet; hätte die deutsche Tochtergesellschaft die Dividende direkt an die deutsche Muttergesellschaft überwiesen, hätte sich im Fall der Thesaurierung eine Steuerbelastung von 45 % ergeben (Saß 1997, S. 102). Dieses Modell ist sehr einfach und durchschaubar, was Gegenmaßnahmen der Steuerbehörden erleichtert. Deshalb zusätzlich ein Beispiel aus der realen Welt der Steuervermeidung, an dem auch deutlich wird, wie a) die Verlagerung von Lizenzrechten und b) die Einbeziehung von Steueroasen zur Steuersenkung beitragen: das ,,unmögliche" Karibik-Modell der Firma IKEA (Steuer 1998).

Alle IKEA-Möbelhäuser sowie der IKEA-Konzern in Dänemark führen 3 % ihrer Umsätze als Lizenzgebühren an die Inter Ikea Systems BV in Holland ab, die die Rechte am Namen und am Konzept besitzt. Die Lizenzgebühren mindern als Betriebsausgaben den zu versteuernden Gewinn. In Holland gelten weitreichende Steuerpräferenzen für Holding- und Finanzierungsgesellschaften internationaler Konzerne. So können z.B. Risikorücklagen von bis zu 80 % der Einkünfte aus Konzernaktivitäten gebildet werden mit der Folge, daß die holländische Körperschaftsteuer von 35 % nur auf 20 % des entstehenden Gewinns erhoben wird.

Bei Auflösung dieser Rücklagen wird ein Steuersatz von nur 10 % berechnet. Ferner können sich die Konzerne im voraus die Steuerbelastung beim Betrieb einer solchen Gesellschaft in Holland ausrechnen lassen (sog. Ruling - Praxis; Otremba 1997, S. 262). Die Gesellschaft in Holland führt dann ihren Gewinn ab an die Inter Ikea Holding N.V. in Curaçao, Niederländische Antillen. Dieses Steuerparadies hat den enormen Vorteil, über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Industrieland, eben Holland, zu verfügen. Nach diesem Abkommen werden Dividenden von holländischen Unternehmen an eine Dachgesellschaft auf den Niederländischen Antillen mit einer Quellensteuer von nur 7,5 % oder 5 % belastet, abhängig von der Besteuerung in der Oase, die für internationale Investment-, Holding- oder Patentholdinggesellschaften 3% oder 5,5% beträgt (Doggart 1997, S. 300). Auf diese Art und Weise wurde in der karibischen Steueroase bislang steuerbegünstigt ein Eigenkapitalstock von 10 Milliarden Schwedischen Kronen (SKR) gebildet.

Nach Angaben von IKEA konnte insgesamt durch ein kompliziertes Geflecht von Holdings und Stiftungen die Steuerbelastung im Gesamtkonzern im Jahr 1997 auf 23,5% gedrückt werden, in Schweden hätte sie 28% betragen (Steuer 1998). Bei einem Vorsteuergewinn von 7,3 Mrd. SKR errechnet sich daraus die beachtliche Steuerersparnis von 328,5 Mio. SKR. Die Verfügbarkeit solcher präzisen Angaben zu den Auswirkungen internationaler Steuersparmodelle ist allerdings ausgesprochen selten.

Der Steuervermeidung dient auch die Errichtung von ausländischen Finanzierungsgesellschaften.

Zum einen kann eine Auslandsholding die steuergünstig thesaurierten Kapitalien wieder in Form von Krediten an die Tochterunternehmen des Konzerns vergeben, die Money-Box wird dadurch zur Kapitaldrehscheibe. Der Steuerspareffekt ergibt sich dadurch, daß die Tochtergesellschaften z.B. in Deutschland die Zinsen für diese Kredite vom zu versteuernden Einkommen abziehen können, während bei der Finanzierungsgesellschaft in einer Steueroase oder in einem Land, das spezielle Steuerpräferenzen für solche Unternehmen bietet, kaum zusätzliche Steuern anfallen.

Die Finanzierungsgesellschaft kann auch dazu benutzt werden, Kapitalien an den internationalen Finanzmärkten aufzunehmen und an die Tochtergesellschaften in Form von Fremdkapital weiterzuleiten. Die in der Finanzierungsgesellschaft entstehenden Gewinne werden wiederum nur sehr niedrig besteuert. Die Höhe des Gewinns hängt dabei auch davon ab, zu welchen Konditionen die Kredite von der Finanzierungsgesellschaft bereitgestellt werden, so daß auch der Problembereich der Verrechnungspreise betroffen ist.

Weitergehende Möglichkeiten ergeben sich, wenn es steuerlich zulässig ist, daß die Muttergesellschaft Kredite aufnimmt und der ausländischen Tochtergesellschaft in Form von Eigenkapital überläßt. So kann zum Beispiel eine deutsche Muttergesellschaft die dadurch entstehenden Zinszahlungen steuermindernd geltend machen, die in Zukunft anfallenden Dividenden aus den Gewinnen der Tochtergesellschaft bleiben auf Grund des internationalen Schachtelprivilegs aber steuerfrei. Nach Grigat (1997, S. 410) führt allein diese Regelung des deutschen Steuerrechts zu Steuermindereinnahmen von jährlich 1 Mrd. DM.

Somit läßt sich folgendes Modell konstruieren: Die Muttergesellschaft nimmt Kredite auf und versorgt die Finanzierungsgesellschaft im Niedrigsteuerland mit Eigenkapital. Die Finanzierungsgesellschaft überläßt die Mittel den Tochtergesellschaften durch Darlehensvergabe. Die Muttergesellschaft kann die Zinsen für den Kredit geltend machen, ebenso die Tochtergesellschaften für ihre Zinszahlungen an die Finanzierungsgesellschaft. Die Finanzierungsgesellschaft unterliegt nur einer geringen Besteuerung für die erwirtschafteten Gewinne. Die Überweisung der Dividende an die Muttergesellschaft bleibt steuerfrei (Schreiber 1998, S. 46; Grigat 1997, S. 411). Auf solche Finanzierungsgesellschaften können ferner die Finanzanlagen eines Konzerns übertragen werden, so daß die dafür anfallenden Zinseinnahmen ebenfalls der niedrigeren Besteuerung unterliegen.

Zahlreiche Länder, Steueroasen wie Liechtenstein, aber auch einige EU-Staaten versuchen, ausländische Finanzinvestitionen anzulocken, indem sie für Holding- und Finanzierungsgesellschaften Steuervorteile bieten:

_ In Liechtenstein zahlen Holdinggesellschaften und Domizilgesellschaften (die nur ihren Sitz im Land haben, dort aber nicht geschäftlich tätig sind) keine Gewinnsteuern, sondern nur eine Vermögenssteuer von 0,1 % auf das eingesetzte Eigenkapital.

_ In belgischen Koordinationszentren können Internationale Konzerne ihre Finanzaktivitäten konzentrieren. Der Gewinn solcher Gesellschaften wird in Abhängigkeit von den Kosten ermittelt: Er beträgt 8 % der Sachkosten (ohne Personal- und Finanzierungskosten). Interessant ist hier also nicht der Steuersatz von 39 %, sondern die extrem günstige Regelung für die Ermittlung des zu versteuernden Gewinns. Zahlreiche deutsche Großunternehmen sind mit Finanzierungsgesellschaften in Belgien vertreten, darunter VW, BMW und BASF (Rügemer 1998, S. 578)

_ Irland bietet in seinem International Finance and Services Centre in Dublin Steuervorteile für ausländische Unternehmen, die von dort aus Finanzgeschäfte betreiben. Seit 1989 beträgt die Körperschaftsteuer für die Gewinne aus solchen Investitionen nur 10 % gegenüber einem normalen Satz von zur Zeit 32 %. Seither haben deutsche Unternehmen rund 10 Mrd. DM in solche Beteiligungen investiert (Beise 1998).

Diese Steuerpräferenzen zielen eindeutig darauf ab, ausländische Unternehmen anzulocken, die ausschließlich an Steuerersparnis interessiert sind, die Steuerbasis andrer Partnerstaaten wird gezielt abgeschöpft. Steueroasen wie Liechtenstein haben allerdings einen wichtigen Nachteil: Sie verfügen kaum über Doppelbesteuerungsabkommen. Aufgrund des Fehlens solcher Abkommen werden Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren, die an Unternehmen in Steueroasen fließen, mit der vollen deutschen Quellensteuer (von i.d.R. 25%) belastet; die Transaktion wird dadurch meist unattraktiv. Man könnte dann versuchen, die Einkünfte über eine Durchlaufgesellschaft (Conduit Company) in einem normal besteuernden Staat zu leiten, der mit dem Quellenstaat der Einkünfte ein Doppelbesteuerungsabkommen hat und der die durchgeleiteten Zahlungen an das Unternehmen in der Steueroase mit keiner oder nur einer geringen Quellensteuer belastet. Solche Möglichkeiten des ,,Treaty Shopping" eröffnen sich oft in Bezug auf Steueroasen, die Teil normal besteuernder Länder sind, z.B. die Niederländischen Antillen.

Die Bekämpfung solcher Praktiken in den genannten EU-Staaten ist deutlich schwieriger, weil sie von der EU-Kommission genehmigt worden sind und Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland bestehen. Die Bedeutung der Inanspruchnahme solcher ,,Sonderangebote" zeigt sich anfallsweise auch darin, daß kleine EU-Staaten wie Belgien, Irland oder auch Luxemburg einen überraschend hohen Anteil bei den Direktinvestitions-Nettoabflüssen aus Deutschland ausmachen (Schreiber 1998, S. 32). Viele dieser Direktinvestitionen dürften in die Errichtung von Steuersparmodellen geflossen sein.

c) Kapitalanlagen privater Wirtschaftssubjekte

Grundsätzlich liegt das Besteuerungsrecht bei grenzüberschreitenden Zinseinkünften beim Wohnsitzstaat, der Quellenstaat hat lediglich Anspruch auf eine Quellensteuer, auf die allerdings gerade von Staaten oft verzichtet wird, die ein großes Interesse an ausländischen Einlagen haben. Der Heimatstaat der Wirtschaftssubjekte hat also das Recht zur Besteuerung, kann aber dieses Recht zumeist nicht ausüben, da der Großteil der von (nicht buchführungspflichtigen) Privatpersonen erzielten Zinseinkünfte nicht deklariert wird. Die Verlagerung von Anlagekapital aus Deutschland hinaus im Gefolge der Einführung der Zinsabschlagsteuer wird auf 300 bis 500 Mrd. DM geschätzt. Dabei waren vor allem Länder interessant, die selbst keine Quellensteuer auf Zinszahlungen erheben und in denen strenge Geheimhaltungsvorschriften vor Nachforschungen der nationalen Steuerbehörden schützen. Vor allem Steueroasen erfüllen diese Bedingungen, aber auch der EU-Staat Luxemburg. Allerdings hat Luxemburg nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, daß Deutschland auch das Steuerparadies für Luxemburger sei - die deutsche Zinsabschlagsteuer gilt nicht für Einlagen von Ausländern.

Luxemburg hat sich auch (wie viele Steueroasen) zu einem der Zentren für die Ansiedlung von Investmentfonds entwickelt, was auf steuerliche Vorteile für diese Unternehmen sowie wiederum auf das strenge Bankgeheimnis zurückzuführen sein dürfte. Ob die Privatanleger, die an diesen Fonds beteiligt sind, die Erträge aus der Einlage in ihren Heimatländern versteuern, ist erneut höchst fraglich.

Etwas überraschender ist der Zufluß von Privatanlagen in die Schweiz, der nach Schätzungen gegenwärtig um 20 % jährlich wächst, denn die Schweiz besitzt zwar ein sehr strenges Bankgeheimnis, erhebt aber auch eine Quellensteuer von 35 % auf die Erträge von zinstragenden Einlagen in der Schweiz. Allerdings gibt es Schlupflöcher: So gilt die Steuer z.B. nicht für Zinsen auf Anleihen, die von ausländischen Institutionen in der Schweiz ausgegeben wurden.

Auch kapitalnachfragende Unternehmen bevorzugen Kapitalmärkte, wo sich Anleihen emittieren lassen, ohne daß eine Quellensteuer auf die Zinsen anfällt. Deutsche Anleger können dann solche Anteile an diesen ausländischen Märkten erwerben und damit die deutsche Zinsabschlagsteuer umgehen (Schreiber 1998, S. 56). Ein Hinweis auf das Ausmaß dieses Effekts ergibt sich aus der Entwicklung des Anteils der auf Offshore-Finanzplätzen emittierten internationalen Schuldtitelemissionen am gesamten weltweiten Nettoabsatz solcher Papiere. Dieser betrug im Jahr 1992 noch 0, im Jahr 1993 nur 2,75 %, im Jahr 1997 aber schon 15,37 % (BIZ 1998, S. 167).

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß nicht nur Unternehmen mobiler geworden sind, sondern auch Privatanleger, nicht zuletzt gefördert durch den weltweiten Abbau von Kapitalverkehrsbeschränkungen und die Deregulierung der Finanzmärkte. Die Besteuerung dieser Einkünfte zur Sicherung des Prinzips der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit ist für die nationalen Steuerbehörden zu einer Herkulesaufgabe geworden.

d) Sachinvestitionen im Ausland

Deutsche Unternehmen gehen zunehmend dazu über, ihre Produktion international aufzuspalten. Dazu zwei Beispiele: Bei Mannesmann betrug der inländische Anteil an der Wertschöpfung vor wenigen Jahren 72 %, der ausländische 28 %; heute ist das Verhältnis umgekehrt. Bei Stihl betrug der Anteil ausländischer Vorprodukte vor wenigen Jahren unter 10 %, heute liegt er bei 40 % (Kühn 1997, S. 267).

Anspruchsvolle, qualifikations- und kapitalintensive Prozesse bleiben in der Regel im Inland, arbeitsintensive werden ins arbeitskostengünstigere Ausland verlagert. Auch steuerliche Gesichtspunkte spielen dabei eine Rolle. Viele Staaten/Regionen versuchen, durch Steuervergünstigungen ausländisches Sachkapital anzulocken, wobei die positiven Wirkungen auf Wachstum und Beschäftigung als wichtiger angesehen werden als die zunächst einmal sich ergebenden Steuerverluste. Für Investoren sind solche Standorte besonders interessant, von denen aus die Absatzmärkte ohne größere Kosten beliefert werden können. Vor allem für die EU gilt deshalb, daß die Vollendung des Binnenmarkts tendenziell dazu führt, daß die Besteuerung der Unternehmensgewinne sinkt bzw. die Vergünstigungen/Subventionen steigen, da die sinkenden Transaktionskosten die Unternehmen in ihrer Standortwahl freier werden lassen (Haufler und Wooton 1997, S. 19). Besonders Irland lockt auch hier mit Steuerangeboten: Der ermäßigte Körperschaftsteuersatz von 10 % gilt auch für bestimmte Branchen des verarbeitenden Gewerbes, die als für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes wichtig angesehen werden. Vor allem innerhalb von Zollunionen und Freihandelszonen erfordern solche Steuervergünstigungen - wie alle anderen Arten von Subventionen - eine strenge Kontrolle, die die Balance herstellen muß zwischen vertretbaren Bemühungen, rückständige Staaten/Regionen zu entwickeln, und den berechtigten Forderungen anderer Staaten nach Schutz ihrer Steuerbasis.

Dennoch muß ein fundamentaler Unterschied betont werden: Bei Sachinvestitionen spielt zwangsläufig die gesamte Palette von Standortvorteilen und -nachteilen eine Rolle, z.B. die Qualifikation der Arbeitnehmer, Infrastrukturausstattung, Arbeitsbeziehungen etc. Diese Investitionen sind also weniger steuersensibel als Finanzkapital, zumal sie weniger leicht (d. h. nur mit höheren Kosten) abgewickelt und woanders neu errichtet werden können. Bei Finanzinvestitionen der oben beschriebenen Art ist dagegen keine größere Bewegung von Sachkapital erforderlich, auch werden nur wenige Arbeitsplätze neu geschaffen. Das Brüsseler Koordinationszentrum von VW hat z.B. nur 50 Beschäftigte (Rügemer 1998, S. 579). Daher eignen sich auch Entwicklungsländer im Pazifik oder in der Karibik zur Ansiedlung von Finanzierungs- und Holdinggesellschaften. Was wirklich verschoben wird, ist nicht Sachkapital, sondern sind die zu versteuernden Gewinne (Tanzi 1996, S. 18).

Obwohl also auch die steuerliche Subventionierung von Sachinvestitionen für die Entwicklung der nationalen Steuerbasen sehr relevant ist und besonders in der EU der Kontrolle bedarf, sind die Steuerpräferenzen in Bezug auf passive Finanzinvestitionen die schädlichere Variante des internationalen Steuerwettbewerbs.

Auf eine Eigenart des deutschen Einkommensteuerrechts soll ergänzend hingewiesen werden, da sie die Errichtung ausländischer Betriebsstätten durch deutsche Unternehmen begünstigt. Grundsätzlich werden ausländische Betriebsstättengewinne inländischer Unternehmen in Deutschland freigestellt, das Besteuerungsrecht liegt beim Staat, in dem die Betriebsstätte ansässig ist. Verluste ausländischer aktiver Betriebsstätten werden aber auf Antrag vom inländischen Gewinn abgezogen (Saß 1997, S. 84). Treten dann aber später positive Einkünfte der ausländischen Betriebsstätte auf, wird die durch den vorherigen Verlust ausgefallene Besteuerung nachgeholt, im Ergebnis ergibt sich eine Steuerstundung. Betriebsstättenverlagerungen ins Ausland werden durch diese Vorschrift, die es in vielen anderen Ländern (z.B. Frankreich) nicht gibt, künstlich gefördert, was unter Standortgesichtspunkten sehr fragwürdig sein dürfte.

3. Gesamtwirtschaftliche Folgen

Eine genaue Bezifferung des Umfangs und der ökonomischen Wirkungen von extern verursachter Erosion der Steuerbasis ist kaum möglich; die Art der Wandlung, die sich vollzieht, sowie deren Folgen lassen sich aber zumindest beschreiben:

Es ist offensichtlich, daß die Nutzung von Steueroasen und Steuerpräferenzen weltweit zunimmt. Die Direktinvestitionen der G7-Staaten in einer Reihe von Steueroasen im Südpazifik und in der Karibik haben sich z.B. von 1975 bis 1994 um mehr als das fünffache erhöht (OECD 1998, S. 17). Den Unternehmen gelingt es dadurch, die Höhe der sie treffenden Besteuerung zu senken. Deutsche Unternehmen können so erreichen, ,,daß die effektive Steuerbelastung auf ein international vergleichbares, niedrigeres Niveau zurückgeführt wird" (Schreiber 1998, S. 52). Einige Zahlen belegen diesen Effekt:

_ Die durchschnittliche Belastung der Gewinne westdeutscher Kapitalgesellschaften durch alle direkten Steuern einschließlich Vermögensteuer ist von fast 34 % im Jahr 1980 auf gut 18 % im Jahr 1993 gesunken (Schäfer 1998, S. 30 ).

_ Die Belastung aller Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen durch direkte Steuern ist von rd. 21 % (1980, Westdeutschland) auf unter 9 % (1996, Gesamtdeutschland) gesunken (Schäfer 1998, S. 29).

_ Der Anteil der Körperschaftsteuer am gesamten Steueraufkommen ist von 5,8 % (1980) auf 3,7 % (1996) zurückgegangen (Grigat 1997, S. 405).

_ Die Unternehmen tragen 1997 insgesamt nur noch einen Anteil von 17,1 % des gesamten Steueraufkommens (Schäfer 1998, S. 27).

Einigen Beobachtern ist dieser Effekt hochwillkommen, da er die von ihnen sowieso geforderte Umverteilung zugunsten des Faktors Kapital und die Zurückdrängung des staatlichen Einflusses auf die Wirtschaft erleichtert: ,,Wenn der Steuerwettbewerb die Steuern auf Kapital und das Steueraufkommen reduziert, muß dies aus polit-ökonomischer Sicht keineswegs negativ sein. Denn damit werden zugleich die Ausgabenspielräume eigennütziger und verschwenderischer Regierungen eingeschränkt" (Huber 1997, S. 251).

Eine solche Position übersieht die negativen Aspekte einer solchen Entwicklung, die bei einer sorgfältigen Abwägung eindeutig dominieren:

Die geringere Belastung des Faktors Kapital geht einher mit einer stärkeren Belastung anderer Faktoren, die weniger mobil sind, vor allem des Konsums und des Faktors Arbeit; die Steuerstruktur verschiebt sich. Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Mineralölsteuer erbrachten 1970 nur ca. 48 % des gesamten Steueraufkommens, 1996 waren es bereits ca. 73 %. Bereits heute sind Arbeitnehmerhaushalte bei gleichem Einkommen stärker steuerlich belastet als Selbständigenhaushalte (Schäfer 1998, S. 2).

Berechnet man die impliziten Steuersätze als Verhältnis von gezahlter Steuer (unter Einbeziehung der Sozialversicherungsbeiträge) und der entsprechenden Steuerbasis, so wird die Verschiebung noch klarer:

Diese Entwicklung ist aus folgenden Gründen als höchst problematisch anzusehen:

_ Sie führt vor allem bezogen auf die steigenden Sozialversicherungsbeiträge zu einer Verteuerung der Arbeitskosten, fördert damit Arbeitslosigkeit.

Tabelle: Implizite Steuersätze in Deutschland

1980

1990

1995

Konsum

13,3

13,5

14,0

abhängige Arbeit

36,4

38,5

44,1

andere Faktoren incl. Kapital

53,4

38,3

36,4

Quelle: Eurostat (1997), S. 33

_ Sie führt zu sinkender Binnennachfrage, da Arbeitnehmerhaushalte einen relativ großen Teil ihres Einkommens für Konsum verwenden.

_ Sie führt zum Abbau der Progression, die Besteuerung orientiert sich nicht mehr in ausreichendem Maße an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Ein weiterer Grund für die negative Gesamtbeurteilung sind die wohlfahrtsschädlichen Verzerrungen, die diese Entwicklung hervorruft:

Da im wesentlichen nur Großunternehmen diese Möglichkeiten der internationalen Gewinnverlagerung nutzen können, verbessert sich ihre Wettbewerbsposition am heimischen Markt gegenüber Klein- und Mittelbetrieben bzw. Handwerksbetrieben. In den Jahren 1994 und 1995 lagen die Steuerquoten des gewerblichen Mittelstands um 5 % bzw. 6 % höher als die der Großunternehmen (Kühn 1997, S. 269). Der Behauptung des deutschen Industrie- und Handelstages (im August 1998), wonach planmäßige Gewinnverlagerungen ins steuergünstige Ausland angeblich nicht stattfänden, wurde vom Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft klar widersprochen.

Es kommt zu Verzerrungen der Investitionsströme: Standorte für passive Investitionen werden ausschließlich aufgrund steuerlicher Motive gewählt, die Finanzierung über ausländische Kapitalmärkte wird aus steuerlichen Gründen der Finanzierung auf dem heimischen Kapitalmarkt vorgezogen.

Für die Regierungen ergibt sich ein klassisches Gefangenendilemma: Jede einzelne ist mit dem Druck der Industrieverbände nach Steuersenkungen und Subventionen konfrontiert, den diese aufgrund einer glaubwürdigen Exit-Drohung erzeugen können. Die Senkung der Unternehmensbesteuerung erscheint aus der Perspektive der einzelnen Regierung daher als gebotene Maßnahme. Aufgrund der dadurch entstehenden Verschärfung des Steuerwettbewerbs wird das Endergebnis aber sein, daß die Besteuerung des Faktors Kapital in allen Ländern sinkt (Spill-Over-Effekt), ohne daß sich daraus spezifische Wettbewerbsvorteile für ein Land ergeben. Sinnvoller wäre es gewesen, auf die internationale Kooperation von Regierungen und Steuerbehörden zu setzen, um den Steuerwettbewerb zu beschränken. Gerade aber die Schwierigkeiten und Unsicherheiten dieser Kooperation bereiten den Boden für ein Gefangenendilemma.

,,In these cases, governments may find themselves in a prisoner´s dilemma where they collectively would be better off by not offering incentives but each feels compelled to offer the incentive to maintain a competitive business environment" (OECD 1998, S. 34).

Ökonomisch bedenklich ist auch, daß vor allem passive Finanzinvestitionen ein Free-Rider-Verhalten ermöglichen; die Unternehmen, die Steueroasen und Steuerpräferenzen im Ausland nutzen, um ihre Steuerlast im Inland zu senken, können nach wie vor von den inländischen Staatsausgaben, z.B. für Infrastruktur oder Bildung, profitieren, beteiligen sich aber immer weniger an deren Finanzierung (OECD 1998, S. 14). Kommt es als Folge davon zu staatlichen Ausgabenkürzungen, kann dies zu erheblichen Mängeln in der Infrastruktur (,,Konsolidierungsschäden") und - bei weiteren Kürzungen der Sozialausgaben - zu einer Gefährdung des sozialen Friedens in der Bundesrepublik, insgesamt also zu einer Schwächung des Standorts führen.

Weitere Probleme entstehen dadurch, daß bei Arbeitnehmern und Mittelständlern der Unmut darüber wächst, daß Großunternehmen Rekordgewinne verzeichnen können, deren Steuerbelastung aber ständig sinkt. Die Folge könnte sein, daß das Vertrauen auf die Fairneß des Steuersystems zurückgeht und man sich ebenfalls verstärkt bemüht, Steuern zu umgehen. Diese wachsenden Steuerwiderstände führen zu großen Problemen und hohen Kosten bei den Steuerbehörden und bringen wahrscheinlich weitere Einbußen bei den Steuereinnahmen mit sich.

Die Nachteile, die ein intensiver internationaler Steuerwettbewerb mit sich bringt, haben sogar die OECD, Hort der Verfechter einer orthodox-neoliberalen Wirtschaftspolitik, dazu veranlaßt, eine Reihe von Empfehlungen gegen schädlichen Steuerwettbewerb auszuarbeiten, die vom Rat der OECD am 9.4.1998 angenommen wurden.

Auch die europäische Union bemüht sich seit vielen Jahren um Fortschritte bei der Harmonisierung im Bereich der Unternehmensbesteuerung - bislang allerdings ohne die erhofften Erfolge.

Im nächsten Abschnitt soll darauf eingegangen werden, welche Möglichkeiten bislang geschaffen wurden, um den internationalen Steuerwettbewerb zu begrenzen und Steuerflucht zu vermeiden.

4. Verfügbare Gegenmaßnahmen

Man kann unterscheiden zwischen Maßnahmen, die auf nationaler Ebene ergriffen werden, Maßnahmen, die auf der entsprechenden Gestaltung von Doppelbesteuerungsabkommen beruhen, und Maßnahmen, die von der EU oder anderen internationalen Institutionen ausgehen.

a) Nationale Ebene

Der Art. 42 der Abgabenordnung enthält eine grundlegende Antimißbrauchsvorschrift, womit gewissen Unternehmenskonstruktionen steuerlich die Anerkennung verweigert werden kann, wenn auf diese Art und Weise wirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten nur zur Erlangung von Steuervorteilen mißbraucht werden. Diese Vorschrift kann z.B. gegen die steuersparende Einschaltung von Zwischengesellschaften eingesetzt werden. Das Hauptproblem liegt dabei darin, daß der Nachweis, daß einer rechtlichen Gestaltung vernünftige wirtschaftliche Gründe fehlen, stets sehr schwierig zu führen ist (Grigat 1997, S. 412). Daneben gibt es im Einkommensteuergesetz eine spezielle Antimißbrauchsvorschrift gegen die mißbräuchliche Nutzung von Vorteilen aus Doppelbesteuerungsabkommen und aus der Mutter-Tochter-Richtlinie. Demnach können derartige Vergünstigungen für inländische Einkünfte einer ausländischen Gesellschaft nicht beansprucht werden, wenn an dieser Gesellschaft Unternehmen bzw. Personen beteiligt sind, denen bei unmittelbarem Bezug der inländischen Einkünfte eine gleiche Steuervergünstigung nicht zustünde (Saß 1997, S. 124). Die Anwendung dieser Vorschrift hat zur Folge, daß die deutsche Quellensteuer in voller Höhe (25 % für Dividenden) zum Abzug kommt. Das Ziel ist dabei, das sog. ,,Treaty-(oder Richtlinien-)Shopping" zu unterbinden. Die Wirksamkeit dieser Vorschrift hängt von den Möglichkeiten der nationalen Steuerbehörden ab, sich z.B. über ein öffentliches Aktionärsverzeichnis im DBA-Vertragsstaat die notwendigen Informationen zu besorgen.

Mit Hilfe der sog. Unterkapitalisierungsregel (Thin Capitalization Rule) kann verhindert werden, daß internationale Konzerne ihre inländischen Tochtergesellschaften nur mit Fremdkapital ausstatten, was dazu führt, daß durch die Minderung des zu versteuernden Einkommens (aufgrund der Zinszahlungen) Gewinn ins Ausland verlagert wird. In Deutschland ist in der Regel in solchen Fällen das Fremdkapital auf das Dreifache des Eigenkapitals beschränkt.

Die Möglichkeiten der Gewinnverlagerung durch Verrechnungspreisgestaltung wurden durch den mit dem Außensteuergesetz von 1972 eingeführten Fremdvergleichsgrundsatz eingeschränkt (Dealing at Arm´s Length Principle). Demnach können Preise bei Geschäften zwischen ,,nahestehenden Personen" durch die Steuerbehörden für steuerliche Zwecke so angesetzt werden, ,,wie sie unabhängige Dritte unter gleichen und ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten" (§ 1 Abs. 1 AStG). Wie bereits oben erwähnt, können in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bei der Anwendung dieses Grundsatzes entstehen, die Verrechnungspreisfestlegung gilt als eines der schwierigsten Felder der Betriebsprüfung. Es wird häufig in Frage gestellt, ob die Steuerbehörden dieser Aufgabe gewachsen sind:

,,The employees of the tax administrations who may be poorly paid face an army of highly paid, well trained and sophisticated accountants, lawyers and tax experts who argue the interests of the enterprise" ( Tanzi 1996, S.15).

Ein sehr weitreichendes Instrument ist die Hinzurechnungsbesteuerung nach AStG. Danach erfolgt die Hinzurechnung der Einkünfte einer ausländischen Zwischengesellschaft direkt bei den dahinterstehenden inländischen Anteilseignern, auch dann, wenn diese bei der Zwischengesellschaft thesauriert werden. Allerdings nur unter folgenden Voraussetzungen:

1. Inländer sind insgesamt zu mehr als 50 % an der ausländischen Gesellschaft beteiligt.

2. Die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft stammen nicht aus aktiver geschäftlicher Tätigkeit (gemäß der Liste in § 8 AStG).

3. Die Besteuerung der ausländischen Gesellschaft beträgt weniger als 30 %.

Damit soll die Errichtung passiver Zwischengesellschaften in niedrig besteuernden Ländern unattraktiv gemacht werden. Der Nachteil dieser Vorschrift liegt darin, daß sie nur gegenüber Staaten greift, mit denen kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht; bei Vorliegen eines DBA, das die Freistellungsmethode vorsieht, bliebe auch ein fiktives Hinzurechnungseinkommen in Deutschland steuerfrei (§ 10 Abs. 5 AStG). Vor allem in Bezug auf die Steuerpräferenzen in EU-Staaten wie Irland, mit denen selbstverständlich Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, greift diese Vorschrift also nicht. Als Reaktion hat der deutsche Gesetzgeber 1992/93 ergänzt, daß bei Einkünften mit Kapitalanlagecharakter (,,Einkünfte, die aus dem Halten, der Verwaltung, Werterhaltung oder Werterhöhung von Zahlungsmitteln, Wertpapieren, Beteiligungen oder ähnlichen Vermögenswerten stammen") die Freistellungsmethode durch die Anrechnungsmethode ersetzt wird (allerdings gelten einige Einschränkungen bzw. Ausnahmen). In Abweichung von der allgemeinen Regelung genügt es, wenn ein Inländer mit mindestens 10 % beteiligt ist.

Diese Vorschrift war und ist juristisch umstritten, da sie sich über geltende Doppelbesteuerungsabkommen hinwegsetzt (Treaty Overriding). Irland reagierte darauf, indem es deutschen Unternehmen ab 1993 anbot, eine Besteuerung von 30 % zu wählen. Die Anwendungsvoraussetzung für die Hinzurechnungsbesteuerung würde damit überhaupt entfallen. Das bringt zwar eine deutliche Verschlechterung gegenüber der 10 %-Besteuerung, ist aber unter Umständen für passive Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen immer noch interessant. Dies war ein ,,offenkundiges Mitwirken des irischen Steuergesetzgebers an Steuerumgehungen ausländischer Gesellschaften" (Grigat 1997, S. 410).

Die Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung sind ein potentiell sehr starkes Instrument, sind aber auch hochkompliziert und stellen große Anforderungen an die Steuerbehörden und an die Rechtsprechung.

b) DBA-Ebene

Fast alle OECD-Staaten schließen keine Doppelbesteuerungsabkommen mit Steueroasen oder nehmen bestimmte (als Steuersparmodelle bekannte) Unternehmensformen von den DBA-Regelungen aus. Dies hat zur Folge, daß bei Zahlungen von Dividenden oder Zinsen an ein Unternehmen in einer Steueroase die deutsche Quellensteuer nicht ermäßigt wird; umgekehrt erfolgt keine Freistellung von Dividenden oder Zinsen aus einer Steueroase an eine Muttergesellschaft in Deutschland. Die Doppelbesteuerung kann dann nur durch die Anrechnung der tatsächlich gezahlten ausländischen Steuer erfolgen, was den Steuervorteil der Oase aufhebt. Sehr problematisch sind in diesem Zusammenhang DBA mit Staaten, deren Staatsgebiet eine Steueroase angehört, wie z.B. Holland/Niederländische Antillen, Großbritannien/Gibraltar oder Isle of Man. Unternehmen in solchen Steueroasen werden oft von den Vorteilen eines DBA mit dem Mutterland ausgenommen. Notwendig ist auch, die Nutzung der DBA durch Unternehmen in dritten Staaten zu vermeiden. So findet sich im DBA Deutschland-Schweiz die Klausel, daß die Reduktion der deutschen Quellensteuer nur erfolgt, wenn maximal 50 % der in die Schweiz transferierten Einkünfte an Personen in dritten Staaten weitergeleitet werden (Saß 1997, S. 164). Interessant ist an dieser Regelung, daß die Möglichkeit, steuerbegünstigt eine Schweizer Durchlaufgesellschaft einzuschalten, nur etwas eingeschränkt wird. Vor allem unter Beachtung der Antimißbrauchsklausel gegen Treaty-Shopping erscheint diese Regelung als sehr großzügig. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob es mit Hilfe solcher DBA-Klauseln wirklich gelingt, die indirekte steuerbegünstigte Verlagerung von Gewinnen in Steueroasen zumindest zu dämpfen.

Zahlreiche DBA enthalten auch eine Aktivitätsklausel, d. h. die Dividenden passiver ausländischer Tochtergesellschaften würden nicht von der deutschen Steuer freigestellt. Das Problem des deutsch-irischen DBA liegt auch darin, daß eine solche Aktivitätsklausel nicht vorgesehen ist.

Teilweise machen DBA die Freistellung im Inland auch davon abhängig, daß die Einkünfte im anderen Vertragsstaat tatsächlich besteuert werden. Falls dies nicht der Fall ist, erfolgt der Übergang zur Anrechnungsmethode. In neueren DBA findet sich auch häufig eine Switch-Over-Clause: Erfolgt durch eine Rechtsänderung im Ausland nur noch eine geringe oder gar keine Besteuerung mehr, erfolgt automatisch der Übergang zur Anrechnungsmethode (Schreiber 1998, S. 69). Daß eine solche Vorkehrung sinnvoll sein könnte, zeigt sich wieder am Fall Irland, denn die extremen Steuervergünstigungen Irlands sind jüngeren Datums als das deutsch-irische DBA.

Diese und ähnliche Schutzvorschriften können den internationalen Steuerwettbewerb und die Steuerverlagerung etwas bremsen, sind jedoch darauf angewiesen, daß es gelingt, sie auch tatsächlich in das entsprechende DBA aufzunehmen.

c) EU- und internationale Ebene

Die EU besitzt keine unmittelbaren Kompetenzen im Bereich der Unternehmensbesteuerung; entsprechende Fortschritte wären also auf einstimmige Beschlüsse der Mitgliedstaaten angewiesen. Im Jahr 1992 hat der Ruding-Ausschuß (EU-Kommission 1992) weitreichende Harmonisierungsmaßnahmen für den Bereich der Unternehmensbesteuerung vorgeschlagen, die aber nie umgesetzt wurden. Am 1.12.1997 ist es zur Einigung auf einen ,,Verhaltenskodex" gekommen, der verhindern soll, daß sich die EU-Staaten durch unverhältnismäßig hohe Vergünstigungen bei der Unternehmensbesteuerung gegenseitig Konkurrenz machen. Da die Befolgung des Kodex freiwillig ist, steht seine Wirkung doch sehr in Frage. Allerdings hat die EU-Kommission angekündigt, die Genehmigung steuerlicher Beihilfen in Zukunft an dem Kodex zu orientieren. Vielleicht kann das den bedenklichen Zustand beenden, daß einige EU-Mitgliedstaaten mit Genehmigung der Kommission durch unfairen Steuerwettbewerb die Steuerbasen anderer Mitgliedstaaten abschöpfen. Zeitgleich mit dem Kodex hat man sich auch grundsätzlich auf die Einführung einer europaweiten Quellensteuer für Sparzinsen mit der Alternative eines Systems von Kontrollmitteilungen an die Steuerbehörden des Wohnsitzlandes des Geldanlegers geeinigt (,,Koexistenzmodell"). Es bleibt abzuwarten, welche Anlageformen der Steuer unterliegen werden, wie hoch der Steuersatz sein wird und vor allem, wie die Behandlung der Gebiete mit Sonderstatus (Gibraltar, Kanalinseln, Niederländische Antillen etc.) und des EWR-Staates Liechtenstein erfolgen wird. Zweifel an der Wirksamkeit auch dieser Regelung sind jedoch angebracht. Es wird mit großer Sicherheit nicht gelingen, auch alle europäischen Nicht-EU-Mitgliedstaaten und schon gar nicht die außereuropäischen Steueroasen in die Regelung einzubeziehen. Für nicht buchführungspflichtige Personen wird es daher immer Möglichkeiten geben, sich der Besteuerung zu entziehen. Die einzige effektive Gegenmaßnahme wäre die Aufhebung des Bankgeheimnisses, was in vielen Ländern, auch Deutschland, aufgrund der ablehnenden Haltung bei der großen Mehrheit der Bevölkerung nicht als realistische Alternative erscheint.

Auch die OECD widmet sich seit längerer Zeit der Bekämpfung des schädlichen internationalen Steuerwettbewerbs. Im Jahr 1998 hat der Rat der OECD eine Empfehlung zur Bekämpfung schädlichen Steuerwettbewerbs verabschiedet (Recommendation of the Council on Counteracting Harmful Tax Competition), die eine Reihe von Maßnahmen auf nationaler, DBA- und internationaler Ebene vorschlägt. Die Empfehlung der OECD unterscheidet sich vom Kodex der EU dadurch, daß erstere nur Finanzaktivitäten und sonstige Dienstleistungen berücksichtigt, während letztere auch Investitionen in Sachanlagen mit einbezieht. Auch die OECD-Empfehlung ist nicht einmal für die Mitgliedstaaten verbindlich - die Schweiz und Luxemburg haben die Empfehlungen abgelehnt und angekündigt, sich dadurch nicht gebunden zu fühlen (OECD 1998, Annex II).

Ferner hat die OECD ein ,,Forum zu schädlichen Steuerpraktiken" eingerichtet, das den Rahmen bilden soll für die Diskussion über entsprechende Praktiken in den Mitgliedstaaten und das auch eine Liste von Steueroasen erstellen soll.

Festzuhalten bleibt, daß auf internationaler Ebene bislang nur unverbindliche Empfehlungen entstanden sind, deren unmittelbare Wirkung gering sein dürfte, die aber mittelbar Maßnahmen auf nationaler/DBA-Ebene sowie weitergehende internationale Vereinbarungen fördern könnten.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß eine breite Palette von Maßnahmen bereit steht, mit Hilfe derer man internationale Steuervermeidungsstrategien bekämpfen könnte. Die Tatsache, daß es nicht gelungen ist, derartige Praktiken einzudämmen, könnte einerseits auf die inkonsequente Anwendung des Instrumentariums zurückzuführen sein oder auf seine Unzulänglichkeit. Ein weiterer Handlungsbedarf ist auf jeden Fall zu bejahen: ,,Der deutsche Steuergesetzgeber war bisher zu langsam und zu einfallslos, um den Steuertourismus verhindern zu können, der den Billigpreisangeboten des Auslands folgt" (Mundorf 1998). Vor allem das Land Baden-Württemberg treibt diese Diskussion in Deutschland voran; es hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Außensteuergesetzes (AStÄG) erarbeitet und plant, diesen im Bundesrat einzubringen. Zur Zeit laufen diesbezüglich Abstimmungen zwischen Stuttgart und Bonn (Beise 1998). Im nächsten Abschnitt wird zu prüfen sein, welche Instrumente/Maßnahmen zusätzlich eingesetzt werden können und wie ihre Erfolgsaussichten zu beurteilen sind.

Im nächsten Abschnitt wird zu prüfen sein, welche Instrumente/Maßnahmen zusätzlich eingesetzt werden können und wie ihre Erfolgsaussichten zu beurteilen sind.

5. Weitere Gegenmaßnahmen

a) Nationale Ebene

Kern des Gesetzesvorschlags des Landes Baden-Württemberg war der Übergang zur Anrechnungsmethode bei allen passiven, zum Teil aber auch bei aktiven Auslandseinkünften. Für einen Teil dieser passiven Einkünfte ist der Übergang ja schon mit der Reform des Außensteuergesetzes 1992/93 erfolgt (,,Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter"). Eine generelle Regelung erscheint jedoch wünschenswert, wobei auch der Bereich der Konzernfinanzierung und die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter im Bereich von Banken und Versicherungen ausdrücklich den passiven Tätigkeiten zugeordnet werden müssen. Der Bezug auf eine bestimmte Niedrigbesteuerung (zur Zeit 30 %) könnte in diesen Fällen entfallen. Für aktive Auslandsaktivitäten sollte dagegen nur bei sehr niedriger Besteuerung ein Übergang zur Anrechnungsmethode erfolgen, da ein kontrollierter Steuerwettbewerb in diesem Bereich durchaus positive volkswirtschaftliche Ergebnisse erbringen kann und es für die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen schädlich wäre, die Besteuerung aktiver Einkünfte aus dem Ausland in jedem Fall auf das deutsche Niveau anzuheben. Bei einer solchen Reform ergibt sich das Problem, daß das Freistellungsverfahren in vielen deutschen Doppelbesteuerungsabkommen verankert ist, deren Abänderung aber eine sehr langwierige und unsichere Angelegenheit wäre. Baden-Württemberg vertritt die Auffassung, daß es genügen würde, die nationalen Zustimmungsgesetze zu den DBA zu ändern und so die Anrechnungsmethode einzuführen (Beise 1998). Ein solches Vorgehen ist umstritten, da es sich über die Inhalte der DBA hinwegsetzt (Treaty-Overriding), andererseits gibt es in der juristischen Literatur auch die Position, daß ein solches Vorgehen durchaus zulässig sei (vgl. Saß 1997, S. 158 f.). Analog sollte der Katalog von Aktivitäten, die der Hinzurechnungsbesteuerung bei einer Thesaurierung der Einkünfte im Ausland unterliegen, angepaßt werden. Die im Ausland gezahlte Steuer würde wie bisher den Hinzurechnungsbetrag mindern. Die Schwelle der 30 %-Besteuerung sollte, da es bei der Hinzurechnungsbesteuerung nur um passive Einkünfte geht, entfallen.

Ein weiterer Ansatz wäre die Versagung der Geltendmachung von Verlusten aus ausländischen Betriebsstätten. Das Besteuerungsrecht für solche Betriebsstätten liegt beim ausländischen Sitzstaat; es erscheint angemessen, das Unternehmen auf die Verrechnung der Verluste mit zukünftigen Gewinnen bei der Besteuerung im Ausland zu verweisen. Eine solche Praxis ist international durchaus üblich.

Eine weitere Maßnahme wäre die Versagung des Betriebsausgabenabzugs im Inland für Zinsen auf Kapital, das der Errichtung einer ausländischen Tochtergesellschaft dient, deren Gewinne später im Rahmen des internationalen Schachtelprivilegs steuerfrei nach Deutschland fließen können. Eine solche Subventionierung von Auslandsinvestitionen ist überflüssig und volkswirtschaftlich schädlich.

Ein weiterer Ansatz wäre die Verdoppelung der deutschen Quellensteuer auf Zahlungen an Unternehmen und Personen in Staaten, mit denen kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Eventuell bestehende DBA mit aktuellen und zukünftigen Steueroasen müssen gekündigt werden. Bei der Abgrenzung der Steueroasen kann man sich auf die bestehende nationale Liste (Doggart 1997, S. 22 f.) und/oder die Liste, die von der OECD erstellt wird, stützen.

Sollten derartige Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen, wäre auch in Erwägung zu ziehen, die Zuteilung eines Anteils des weltweiten Gewinns eines Konzerns auf das Inland nach bestimmten Formeln durchzuführen (,,Global Formulary Apportionment"). Man könnte sich dabei beziehen auf Umsätze, Beschäftigtenzahlen oder Vermögenswerte. Die USA verwenden diese Vorgehensweise traditionell für die Aufteilung der Gesamtgewinne in den USA auf die einzelnen US-Staaten, in denen das Unternehmen Niederlassungen hat. In einigen US-Staaten wird dieses Vorgehen auch gegenüber internationalen Konzernen praktiziert (Kalifornien, Alaska, Montana, North Dakota), was aber zu erheblichem Widerstand bei anderen Staaten (die dadurch oft höheren Steuerzahlungen in den USA werden in diesen Ländern angerechnet und mindern dadurch die Steuereinnahmen) und bei internationalen Unternehmen (deren Steuerumgehungsmöglichkeiten sinken) geführt hat. Der Vorteil dieses Systems liegt darin, daß Verrechnungspreismanipulationen und Gewinnverlagerung auf ausländische Holdings keine Minderung der Steuerbelastung im Inland mehr herbeiführen. Allerdings ist Voraussetzung, daß die gesamten, für die Darlegung des weltweiten Gewinns erforderlichen Geschäftsunterlagen im Inland offengelegt werden müssen.

b) DBA-Ebene

Die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen der Bundesrepublik müssen konsequent nach Mißbrauchsgefahren überprüft werden. So muß explizit vorgesehen werden, daß die Ermäßigung bzw. der Wegfall deutscher Quellensteuern nur für den Anteil der Einkünfte gilt, der dem Anteil von Eigentümern, die auch tatsächlich im DBA-Staat ansässig sind, entspricht. Um einer solchen Regelung Durchschlagskraft zu verleihen, muß vereinbart werden, daß detaillierte Auskünfte über die Eigentümerstrukturen aller Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, da sie ansonsten durch Zwischenschaltung eines zweiten im DBA-Vertragsstaat ansässigen Unternehmens umgangen werden könnte. Ferner müssen alle Unternehmensformen, die erkennbar nur Steuersparzwecken dienen, sowie Unternehmen in Steueroasen, die Teil normal besteuernder Länder sind, ausdrücklich von den Vorteilen der DBA ausgenommen werden. Dies könnte man z.B. dadurch erreichen, daß man die entsprechenden Unternehmen (oder Personen) in der Definition ,,Ansässiger eines Vertragsstaats" ausschließt (OECD 1998, S. 60 f.).

Ferner sollte in den DBA zukünftig nur noch die Anrechnungsmethode für passive (und sehr niedrig versteuerte aktive) Einkünfte, die nach Deutschland fließen, vorgesehen werden, um die Übereinstimmung mit der entsprechenden nationalen Maßnahme sicherzustellen (vgl. a). Dies wäre auch kein Verstoß gegen die Mutter-Tochter-Richtlinie der EU, die sowohl Freistellung als auch Anrechnung als Methode zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zuläßt. Die Beweislast bezüglich der Art der Tätigkeit der ausländischen Tochtergesellschaft sollte stärker auf die Unternehmen verlagert werden. Durch die Einführung des Anrechnungsverfahrens könnten auch Lücken der Besteuerung geschlossen werden (z.B. bei Beteiligungen Deutscher an holländischen Immobilienfonds: Die entsprechenden Einkünfte sind in Holland steuerfrei und werden in Deutschland entweder gar nicht oder nur gering besteuert; dieser Trick funktioniert auch in umgekehrter Richtung).

Nun sind solche Änderungen abhängig von der Zustimmung des jeweiligen DBA-Partnerstaats, der wenig geneigt sein wird, für ihn günstige Regelungen aufzugeben. Allerdings bestehen erhebliche Druckmittel, um notwendige Änderungen zu erreichen: Einerseits scheint es möglich, DBA durch die Änderung der nationalen Zustimmungsgesetze zu verändern, andererseits sind alle DBA grundsätzlich kündbar. Der Einwand, eine Kündigung hätte für die einheimischen Unternehmen sehr negative Konsequenzen und könne daher nur im äußersten Fall erfolgen (Schreiber 1998, S. 60), übersieht, daß dies genauso für die Unternehmen im ausländischen DBA-Staat gilt und deshalb durch eine Kündigungsdrohung oder Kündigung Konzessionsbereitschaft erzeugt werden kann.

Vieles deutet darauf hin, daß die Vertreter der Bundesrepublik beim Abschluß von Doppelbesteuerungsabkommen häufig zu großzügig waren. Erkennbare Lücken zu Lasten des deutschen Steueraufkommens müssen geschlossen werden.

c) EU- und internationale Ebene

Die bisherigen Schritte auf EU-Ebene sind völlig unzureichend. Eine gewisse Angleichung der Steuersätze für Unternehmen wäre wünschenswert und ist langfristig wohl unumgänglich, dürfte aber zur Zeit nicht durchsetzbar sein. Was jetzt erfolgen kann und muß, ist die Änderung der Genehmigungspraxis der EU-Kommission für Steuerpräferenzsysteme: Steueroasenähnliche Regelungen in Irland, Holland, Belgien usw. müssen verschwinden. Irland hat auf den Druck seiner Partnerstaaten und der EU reagiert mit der geplanten Aufgabe der reduzierten Körperschaftsteuer von 10 % für bestimmte Investoren bis zum Jahr 2003, gleichzeitig aber angekündigt, man wolle den normalen Körperschaftsteuersatz von 32 % auf 12,5 % für alle Unternehmen senken (Economist 1998, S. 17). An dem Problem der Niedrigbesteuerung ändert sich dadurch nichts. Dieses Verhalten zeigt auch, daß der EU-Verhaltenskodex von Dezember 1997 wohl kaum das Verhalten irgend eines Landes beeinflussen wird. Solange ein Mindestsatz für die Körperschaftsteuer in Europa nicht durchsetzbar ist, muß man sich auf nationale und DBA-Maßnahmen konzentrieren, um schädlichen Steuerwettbewerb zu bekämpfen.

Im Bereich der Besteuerung von Zinsen aus privaten Kapitalanlagen wird es eine Harmonisierung geben, wobei sich die meisten Staaten wohl für die Quellensteueralternative entscheiden werden. Damit wird das Problem der Steuerflucht innerhalb der EU zum Teil gelöst (wobei vieles von der endgültigen Fassung der Richtlinie abhängen wird), nicht aber das Problem der Steuerflucht insgesamt. Die Ströme privater Ersparnisse sind nicht an den Grenzen kontrollierbar. Eine Aufhebung des Bankgeheimnisses und eine strenge Kontrolle der Kapitalveränderungen und -bewegungen könnten Abhilfe schaffen, finden aber in der deutschen Bevölkerung keine Unterstützung. Prüfenswert in diesem Zusammenhang ist die Einführung einer Abgeltungs-Quellensteuer in der EU (von ca. 25 - 30 %), d. h. die Steuerschuld ist mit der Besteuerung an der Quelle abgedeckt. Diese Regelung ist unter steuersystematischen und Gerechtigkeitsaspekten problematisch, da Kapitaleinkünfte dann niedriger besteuert werden als die sonstigen Einkünfte, doch sprechen folgende Argumente für sie:

_ Auszugehen ist von der Tatsache, daß zur Zeit ein Großteil der Kapitaleinkünfte gar nicht besteuert wird. So betrug die Differenz zwischen ursprünglich geschätztem und tatsächlichem Aufkommen der Zinsabschlagsteuer mehr als 22 Mrd. DM (Waldenfels 1998).

_ Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zur Zinsbesteuerung von 1991 die Abgeltungssteuer ausdrücklich als Alternative zur Abschlagsteuer genannt.

_ Österreich hat sehr gute Erfahrungen mit der Einführung dieser Steuer gemacht, die Steuererträge stiegen äußerst stark an, und die Akzeptanz bei der Bevölkerung ist hoch (Kühn 1997, S. 271).

Die Initiative der OECD zur Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs wird wohl nicht zu verbindlichen Vereinbarungen zwischen den OECD-Mitgliedstaaten führen, doch bereits die Tatsache, daß diese für die Meinungsbildung einflußreiche Institution das Problem als solches erkannt hat (,,An Emerging Global Issue") ist ein wesentlicher Fortschritt. Ferner liefern sowohl die Empfehlungen für Gegenmaßnahmen auf nationaler, DBA- und internationaler Ebene als auch die Ergebnisse, die aus der Arbeit des Forums hervorgehen werden, eine ganze Palette von Ansätzen, derer sich die nationalen Wirtschaftspolitiker bedienen können. Die Kampagne der OECD gegen schädlichen Steuerwettbewerb sollte auf jeden Fall beibehalten und weiter intensiviert werden.

6. Ausblick

Die intern und extern bedingten Steuerschlupflöcher für deutsche Unternehmen müssen gestopft werden. Vor allem Konstruktionen, deren einziger Zweck die Steuerersparnis ist, gilt es zu bekämpfen. Wenn diese Vorgehensweise von Erfolg gekrönt ist, ergeben sich auch erweiterte finanzpolitische Spielräume für Senkungen der Unternehmenssteuersätze im Inland; die Hoffnung auf die umgekehrte Wirkungsweise - sinkende Steuern im Inland machen internationale Steuervermeidung weniger attraktiv - ist trügerisch. Zu groß ist die Zahl der Steueroasen, und zu verlockend sind ihre Angebote. Ob die hier oder anderswo vorgeschlagenen Gegenmaßnahmen vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung a) politisch durchgesetzt werden können und b) den erhofften Erfolg haben, ist alles andere als gewiß. Den Versuch zu wagen, ist aber allemal besser als sich zu früh in den Fatalismus der Kapitalbesteuerung Null zu ergeben.

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