Stagnation bei der Brandenburger NPD
Im Februar 2011 kurDer Chef des NPD Kreisvebandes Rathenow Benjamin Kuhirt.sierte
ein Datensatz mit 60.000 E-Mails aus dem Innenleben der Bundes-NPD.
Auch über den Brandenburger Landesverband war aus dem Material, das von
der Jahresmitte 2010 bis in den Januar diesen Jahres reicht, eine Menge
zu erfahren.
In der
Gesamtschau ergibt sich das Bild eines kleinen, durchaus
funktionstüchtigen Landesverbandes, von dem aber keine großen Sprünge zu
erwarten sind. Ständiger Personalmangel und gegenseitige Missgunst
bestimmen die Parteiarbeit in Brandenburg. Nur ein sehr kleiner, dafür
stabiler Kern von Aktiven hält den Verband immerhin auf niedrigem Niveau
arbeitsfähig.
Landesweit 300 Mitglieder
Einer
internen Finanzübersicht aus dem E-Mail-Satz zufolge hatte der
Landesverband Brandenburg im Juli 2010 264 Mitglieder, aufgeteilt auf
sieben Kreisverbände. Nur 100 der 264 Mitglieder zahlten den vollen
Beitrag, der Rest führte ermäßigte Beiträge ab. Nach den Abgaben an
Landes- und Bundes-NPD bleiben für die Kreisverbände nur zwischen 50 und
150 Euro über. Es gibt nicht einmal flächendeckende Strukturen der NPD
im Land. In den internen Papieren ist der Kreisverband Prignitz-Ruppin
schlichtweg inexistent, während er auf der Homepage der Partei weiterhin
aufgeführt wird.
Übertritte
von der zusammenbrechenden DVU zur NPD hat es nur in verhältnismäßig
schmalem Umfang gegeben. Gerade mal rund 40 Übertritte dürften es sein,
von denen die Mehrzahl kaum für aktive Parteiarbeit zu mobilisieren sein
wird. Nur vier DVU-MandatsträgerInnen haben nach der Fusion das
Parteibuch im Sinne der NPD gewechselt.
Vorstand und PBenjamin Kuhirt (rechts) im Jahr 2002 als er noch nicht NPD Funktionsträger war.arteisoldaten
Aus
den E-Mails geht hervor, dass die NPD Brandenburg für
Landesvorstandsitzungen die Berliner Bundesparteizentrale nutzt. Dort
arbeitet Landeschef Klaus Beier und auch andere aus Brandenburg
stammende Parteiaktive sind dort tätig – etwa Florian Stein und Jörg
Hähnel. Seit 2004 ist Klaus Beier Landeschef der Brandenburger NPD und
gehört als Pressesprecher der NPD zum Führungskreis der Bundespartei.
Neben Beier hält vor allem der Vize-Vorsitzende Ronny Zasowk in
Brandenburg die Fäden zusammen. Der Cottbusser Stadtverordnete ist
besonders fleißig in die alltägliche Parteiarbeit involviert, wie das
immense Volumen seines E-Mail-Verkehrs belegt. Zasowk arbeitet
mittlerweile auch als persönlicher Mitarbeiter des NPD-Abgeordneten
Andreas Storr im Sächsischen Landtag. Schlechte Laune machte ihm ein
Vorfall im Juli 2010, über den er sich bei Klaus Beier beklagte: »Die
Antifa war bei mir in Cottbus zu Hause und hat die Hauswand
vollgesprüht. Toll, nicht? Mein Vater ist begeistert.«
Das
Landesvorstandsmitglied Ingo Pannier hingegen hat seine
Parteiaktivitäten inzwischen etwas reduziert. Der Versicherungsmakler
betreibt mit seiner Lebensgefährtin Jana Michaelis einen Reiterhof in
Blumberg (Barnim), auf dem 2010 ein Treffen der neonazistischen
»Gemeinschaft Deutscher Frauen« stattfand. Zusammen mit der Bernauer
NPD-Aktivistin Aileen Götze und Mike Sandow, ex-NPD-Kreischef, versucht
er außerdem ein »Märkisches Familien- und Hilfswerk« aufzubauen.
Neben
Beier, Zasowk und Pannier gehören auch Thomas Salomon, Manuela Kokott,
Michel Müller, Sven Haverlandt und Stefan Rietz zum Landesvorstand der
Partei.
Spagat zwischen Militanz un

Die Neonazipartei NPD kommt auch in Brandenburg nicht aus ihrer Haut heraus. Ihre aktive Mitgliedschaft rekrutiert sich aus Neonazis, die sich schwer damit tun, ihre Überzeugungen zu verbergen. Ihre Herkunft aus den nazistischen Subkulturen und die verbreitete Nähe zu den »Kameradschaften« tun ihr Übriges.
Neben Zasowk fällt auch Michel Müller (Chef des Kreisverbands Havel-Nuthe) durch das große Volumen seiner Parteiaktivitäten auf. An seiner Person veranschaulicht sich, dass die Brandenburger NPD als Teil der militanten Neonaziszene gelten muss. Müller war in früheren Jahren aktiv bei der 2005 verbotenen Neonazi-Kameradschaft »Hauptvolk« aus Rathenow und saß wegen Beihilfe zu versuchtem Mord im Gefängnis.
Stefan Rietz, heute im Landesvorstand, war aktiv im 2000 verbotenen rassistischen »Blood & Honour« Netzwerk. Unter den NPD-Militanten findet sich außerdem der Stellvertretende Kreisvorsitzende in der Lausitz, Alexander Bode, Haupttäter der tödlichen rassistischen Hetzjagd von Guben 1999.
Durch die enge Anbindung an die Bundeszentrale ist abgesichert, dass der Brandenburger Landesverband sich eng am Kurs der Bundespartei orientiert. Im Außenbild soll eine »seriöse Radikalität« inszeniert werden. Gemeint sind damit vor allem populistische Phrasen gegen »Globalismus« und »Überfremdung« bei möglichst konsequenter Vermeidung von offensichtlichem Neonazismus. Träumereien vom »Deutschen Reich« sollen nicht publik werden, um eine breitere Wählbarkeit zu erreichen. In der landesweiten Agitationszeitung »Wahrheit für Brandenburg«, von der immerhin zwei Ausgaben erschienen sind, ist diese Strategie deutlich erkennbar. Als vorbildlich für die Parteiarbeit wurde über Monate die »bürgernahe« Kampagne »Schule statt Rathaus« in Schöneiche benannt. Und doch endete sie mit einer Peinlichkeit: 1147 Unterschriften für ein entsprechendes Bürgerbegehren wollten die NPD-Kader Antje Kottusch und Andreas Kavalir in der Kleinstadt nahe Berlin gesammelt haben. Dann kam aber heraus: Gleich ein Drittel der Einträge waren fehlerhaft, sogar eine erhebliche Anzahl von Mehrfachunterschriften wollte die NPD untermogeln. Damit war die Mindestzahl von Unterschriften für ein gültiges Bürgerbegehen verfehlt – aus der Vorbildkampagne war ein Flop geworden.
Im Mai 2011 wurde in Spremberg eine NPD-Demonstration durchgeführt, die eine »Anti-Abwanderungskampagne« einläuten sollte. Motto und Aufruftext entsprachen ganz der »seriös radikalen« Parteilinie: Durch die EU-Politik würden die neuen Bundesländer Schaden nehmen und nur die NPD könne das Problem durch Renationalisierung lösen. Die Demo selbst machte dann jedoch ein anderes Bild: Die TeilnehmerInnen brüllten vor allem eine Parole: »Wer hat uns verraten? Die Demokraten! Wer macht damit Schluss? Nationaler Sozialismus!« Obendrein drängelten sich vor das frischgedruckte NPD-Fronttransparent Kameradschaftsmitglieder mit einem eigenen, themenfremden Transparent: »Natur und Heimat schützen«. Unter den »Kameradschaftern«, die da die Spitze des Parteiaufzugs geentert hatten, befand sich Markus Noack, NPD-Kreisverordneter aus der Region.