Ist die Theokratie im Iran am Ende? Jedenfalls waren die letzten Wahlen die Zündschnur am Pulverfass: Zwar wenig organisiert, jedoch mit Kreativität und erstaunlichem Durchhaltevermögen entlud sich die angestaute Unzufriedenheit der vornehmlich jungen Leute. Zunächst gelingt es dem Regime, mit Härte gegen die oppositionellen Kräfte vorzugehen. Jedoch brodelt es im Iran bedrohlich. Im Thema dieses Heftes werden die Hintergründe der Entwicklungen im Iran beleuchtet und Ausblicke gewagt. Ergänzt wird das Thema durch unsere Glosse Blattgold.
Afghanistan ad infinitum. Nun gibt es erste politische Opfer in Deutschland. Das Nachbeben vom Rücktritt des einstigen Verteidigungsministers ist noch spürbar, da drohen schon die Vorbeben der „neuen Strategie“ Obamas und verstärkter Druck auf Berlin. Afghanistan bleibt auf der Agenda – auch in unserem Forum.
Der WeltBlick macht seinem Namen wieder alle Ehre: Es geht darin um die Gefahren von EU-Referenden, die Beziehungen zwischen NATO und Russland und über Mubaraks Präsidentschaft in Ägypten.
Der Zwischenruf beschäftigt sich mit dem neuen Außenminister und der Kommentar mit Erika Steinbachs Kandidatur um einen Sitz im Stiftungsrat des „Zentrums gegen Vertreibung“. Abgerundet wird das Heft durch Buchbesprechungen – unter anderem zur Bankenkrise – und Konferenzberichte.
Thema: Brodelnder Iran
Unter dem Deckel autoritärer Herrschaft brodeln im Iran seit Langem gewaltige Konflikte. Vor allem die Jugendlichen, die den Großteil der Bevölkerung ausmachen, haben ihre eigenen Vorstellungen von politischer Partizipation. Und auch die Spannungen innerhalb der machthabenden Elite sind offensichtlich. Ist dies das Ende der Theokratie? Kommt es gar zu einer neuen Militärdiktatur? Im Thema werden die wichtigsten Konfliktlinien aufgezeigt und mögliche Zukunftsszenarien entwickelt. Im Fokus stehen dabei vor allem die Ereignisse des Sommers 2009.
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr erlebte die Islamische Republik ihren größten Legitimationsverlust. Ahmadinedschads Wahlsieg löste eine Welle der Empörung aus, die zwar den amtierenden Präsidenten nicht von einer zweiten Amtszeit abhalten konnte, aber ihre Spuren hinterließ. Azadeh Zamirirad (Potsdam) betrachtete die zehnte Präsidentschaftswahl in ihrem Heimatland Iran, während sich Mohssen Massarrat (Osnabrück) mit deren Folgen für die Theokratie auseinander setzt. Seiner Meinung nach könne diese sich nur noch durch einen ölgeförderten Klientelismus am Leben erhalten, so dass ein friedlicher Machtwechsel herbeigeführt werden müsse, der die Demokratisierung des Landes ermöglicht.
Friedensforscher Werner Ruf (Kassel) beleuchtet die Stellung Irans im System der internationalen Rohstoffkonkurrenz sowie die typischen Merkmale und Probleme einer exportabhängigen Rentenökonomie. Auch Behrooz Abdolvand und Heinrich Schulz (beide Berlin) betrachten die wirtschaftliche Seite des Konflikts, der für sie ein erbitterter Kampf um den Zugang zu den Ressourcen des Landes ist.
Mit der komplexen Militärstruktur des Iran befasst sich Alexander Niedermeier (Durham, USA). Er beleuchtet die Entstehungszusammenhänge und beschreibt die Entwicklung der Streitkräfte seit der Schah-Zeit.
Im Interview befragte WeltTrends Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, zu den umstrittenen Präsidentschaftswahlen und den Kräfteverschiebungen im politischen Gefüge des Iran.
Ergänzt wird das Thema durch eine Zeittafel zu Irans neuerer Geschichte und Blattgold.
WeltBlick
EU-Referenden: Gefahr oder Chance?, NATO – Russland: A New Deal? und Mubaraks Machtpoker am Nil
Irlands Bevölkerung hat zugestimmt: Der Vertrag von Lissabon nimmt im zweiten Anlauf die Hürde des EU-Referendums. Polen und Tschechien ratifizierten ebenfalls. Heinz Kleger (Potsdam) analysiert anlässlich der aktuellen europapolitischen Ereignisse das Mittel des Referendums in demokratietheoretischer Perspektive.
Die NATO ist nach wie vor mit Blick auf Russland gespalten. Finden Obama und Medwedew tatsächlich zu einem Neustart, kann daraus ein kooperativeres Verhältnis zwischen der NATO und Russland entstehen. Dazu müsse, so Markus Kaim (Berlin), die Allianz jedoch auch ihre Russlandpolitik besser koordinieren.
Als Stabilitätsanker im Nahen Osten verkauft sich Ägypten dem Westen unter der Herrschaft des „Pharao Mubarak“, der seit 1981 im Ausnahmezustand regiert. Ob er bis zu seinem Tode an der Macht bleibt oder am Ende seiner fünften Amtszeit seinen Platz räumt, wer in seine Fußstapfen tritt und welche Rolle die Opposition spielt, skizziert Almut Möller (Berlin).
Forum: Afghanistan – Teil 2
In der letzten Ausgabe von WeltTrends zog Sibylle Tönnies (Potsdam) die Parallele zwischen Carl Schmitt und Afghanistan, wobei sie die Meinung vertrat, die weltpolizeilich-moralische Praxis der Westmächte bewege sich unterhalb des humanitären Niveaus des alten Imperialismus. Bezug hierauf nehmen Schmitt-Experte Reinhard Mehring, der Politikwissenschaftler Erhard Crome und der Konfliktforscher Hans J. Gießmann in ihrer vor aktuellem Hintergrund geführten Diskussion.
Vervollständigt wird diese WeltTrends-Ausgabe durch ein Porträt des sozialdemokratischen Diplomaten Otto Landsberg.