Deutschland, dem das Los beschieden hatte die 4. Runde vor Ländern wie China, Kuba, Russland und Saudi-Arabien zu eröffnen, vertat diese Gelegenheit, mit gutem Beispiel voranzugehen. Der blumige Regierungsbericht stand in teilweise krassem Gegensatz zu den zwei vom UN-Hochkommissariat für Menschenrechte auf der Basis verschiedener Quellen verfassten Dokumente, die zusammen als Diskussionsgrundlage dienten. Wenig selbstkritisch bemühten sich Gernot Erler (SPD) und Peter Altmaier (CDU) als Regierungsvertreter, unter stetem Hinweis auf bisherige Fortschritte und weitere Bemühungen, Fragen und Kritik des Rats auszuräumen. Dass es sehr wohl Anlass für Kritik gab, belegt die erleichterte Bemerkung Erlers nach der Aussprache, man habe sich auf Schlimmeres eingestellt.
Die im Anschluss verabschiedeten 44 Empfehlungen an Deutschland beziehen sich in ihrer Mehrheit auf „internationale" Themen wie Rassismusbekämpfung, die Nöte von Menschen ohne Aufenthaltsrecht und die menschenrechtliche Gestaltung von Migrations- und Integrationsregelungen. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie die deutsche Regierung hierzu im Juni Stellung beziehen wird.
Mit fadenscheiniger Begründung hatten ihre Vertreter schon in der Debatte die Ratifizierung der „UN-Konvention über die Rechte von Wanderarbeitern" abgelehnt und die Armut von Migrantenkindern sowie ihre Benachteiligung im deutschen Bildungssystem verharmlost. Geradezu zynisch ist das Vorschieben der EU-Zuständigkeit für die Flüchtlingspolitik an den EU-Außengrenzen, erinnert man sich an Schäubles Förderung von FRONTEX während des deutschen Ratsvorsitzes 2007. Ermahnungen im Bereich von Polizeigewalt, Datenschutz, innerer Sicherheit, und Gleichstellung spielten daneben eine untergeordnete Rolle. Das betrübt im Hinblick auf Altmeiers verklärte Hymne an das deutsche Gerichtssystem und den umfassenden Rechtsschutz. Der Verweis auf solch nachgelagerte Kontrollmechanismen dürfte nicht nur in den Ohren der Familie von Oury Jalloh, André Holm und misshandelten Demonstranten bitter klingen. Für sie haben Menschenrechte auf Papier und Rechtswirklichkeit nämlich wenig miteinander zu tun.
Lisa Oster, Freiburg