Über den Tag hinaus

Die SoZ-Konferenz am 26. Februar 2005 in Köln

Die SoZ befindet sich in einer latent widersprüchlichen Lage. Die Anzahl derjenigen, die die SoZ neu abonnieren ist höher als früher, der Zuspruch fast durchweg positiv. Zu einem wirklichen Aufschwung gerade bei der Aboauflage hat dies jedoch nicht geführt, da gleichzeitig viele alte Leserinnen und Leser kündigen, nicht selten mit der Begründung anhaltender Finanzprobleme. Der positive Trend des Jahres 2003 hat sich 2004 wieder deutlich abgeschwächt. Die Druckauflage der SoZ stagniert bei mittlerweile 1300 Stück, die effektive Vertriebsauflage bei knapp 1100 Stück ist zu gering, um die strukturellen Defizite und Probleme der SoZ zu beheben.
Diese Bilanz zog SoZ-Redakteur Christoph Jünke auf der SoZ-Konferenz am 26.Februar in Köln. Die Ursachen dieser Stagnation sah der Rechenschaftsberichterstatter der SoZ vor allem in der inneren Verfasstheit der Redaktion, die auf einem Personal- und Arbeitszeitniveau arbeitet, das jenseits der SoZ-Herstellung kaum noch Zeit für eine entsprechend systematisch betriebene Werbearbeit übrig lasse. Einig war man sich deswegen, dass im nächsten Jahr vor allem durch interne Maßnahmen neue Möglichkeiten eröffnet werden sollen.
Dominiert wurde die Konferenz allerdings von einer anderen Diskussion, die der Gastreferent Arno Klönne initiierte. Er hatte sich vorgenommen, über den Redaktionsalltag hinaus zu denken, und stellte Thesen zur Lage der linken Publizistik zur Diskussion. Eine radikal linke Zeitung, die Analysen und Argumente gegen den neoliberalen Sozialabbau und dessen Hegemonie, gegen die Militarisierung und Entdemokratisierung biete, und gleichzeitig den Brückenschlag versuche zwischen den "alten" Linken und der neuen Generation, den mal mehr, mal weniger diffus oppositionellen Bewegungen und Stimmungen, fehle schmerzhaft in der deutschen Linkspublizistik. Sein Plädoyer, eine solche Zieldebatte unter verschiedenen linken Projekten zu diskutieren, traf in Köln auf eine Mischung aus Skepsis und Wohlwollen.
Die Diskussion über die möglichen Konturen einer solchen konkreten Utopie, die Frage, welche Form von Zeitung eine erneuerte deutsche Linke eigentlich braucht, ist zwar nicht ganz dieselbe wie die Frage, was man als SoZ selber will und wie sich die SoZ stabilisieren kann. Klar schien allen Beteiligten jedoch, dass sich die Hoffnungen, die seit drei Jahren mit der Umstellung der SoZ von einer Zweiwochen- zu einer Monatszeitung erklärtermaßen verbunden waren "nicht nur einen Stopp des langjährigen Niedergangs, sondern eine Wende zum qualitativen Aufschwung hin zu bekommen", nicht erfüllt haben.