Mehmet darf zurück

Im Juli hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) rechtskräftig entschieden, dass der im November 1998 abgeschobene, in Deutschland geborene türkische Jugendliche Mehmet einen Anspruch auf Erteilung

... einer Aufenthaltserlaubnis hat und wieder nach Deutschland einreisen darf.
Mehmet war in die Türkei abgeschoben worden, nachdem er u.a. wegen schweren Raubes zu einem Jahr Jugendstrafe verurteilt worden war.
Das BVerwG stellt klar, dass die damalige Abschiebung rechtswidrig war. Die Ausländerbehörde und auch die Gerichte des vorläufigen Rechtsschutzes hätten den besonderen Schutz von Minderjährigen im Ausländerrecht sowie den Schutz der Familie beachten müssen. Dieser komme in § 48 Abs. 2 S. 1 Ausländergesetz zum Ausdruck, der eine Ausweisung von der rechtskräftigen Verurteilung "wegen serienmäßiger Begehung nicht unerheblicher vorsätzlicher Straftaten, wegen schwerer Straftaten oder einer besonders schweren Straftat" abhängig macht. Die einzige Verurteilung von Mehmet wiege hierfür nicht schwer genug, ebenso wenig genügten die von Mehmet im strafunmündigen Alter begangenen zahlreichen Straftaten diesen Voraussetzungen.
Der Fall Mehmet stand bereits 1998 in der Kritik. Anstatt ihn mit Hilfe von Erziehungs- und Maßnahmen des Jugendstrafrechts von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten und ihm so auch eine Perspektive aufzuzeigen, entledigten sich die deutschen Behörden des hausgemachten Problems durch eine Abschiebung in Mehmets "Herkunftsland", das er nur aus dem Urlaub kannte.
Die jetzige Entscheidung zeigt darüber hinaus noch einmal in aller Deutlichkeit die eklantanten Rechtsschutzlücken im Ausländerrecht auf. Da Rechtsbehelfe gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis und die Ausweisung nicht deren (vorläufigen) Vollzug verhindern, dauert es wie hier vier Jahre, bevor eine Entscheidung der Ausländerbehörde gerichtlich ausreichend überprüft wird. Die Möglichkeit des Eilrechtsschutzes hilft dabei, wie sich auch hier gezeigt hat, nur wenig.
Auf die Folgen für die betroffenen AusländerInnen muss nicht erst hingewiesen werden. Mehmet kommt noch "glimpflich" davon, er hat nur vier Jahre getrennt von seiner Münchener Heimat ohne seine Eltern in der Türkei verbracht und kann jetzt versuchen, sich wieder in Deutschland einzuleben. Bei "vorläufig" abgeschobenen AsylbewerberInnen haben die eklatanten Rechtsschutzlücken meist ganz andere Folgen.

Claudia Perlitius, Berlin

Quellen:
BVerwG vom 16. Juli 2002, 1 C 8.02, www.bundesverwaltungsgericht.de (Pressemitteilungen)
FoR 1998, 140; FoR 1999, 5.