Friedenstaube, am Baum hängend

in (01.02.2002)

Eine Reportage aus dem Inneren des Weißen Hauses hinterließ Ende letzten Jahres einen der stärksten weihnachtlichen Eindrücke auf mich. Es war nicht der riesige, viel zu große und kitschig ...

... überschmückte Weihnachtsbaum im Wohnzimmer des Präsidenten Bush, es waren auch nicht die silbernen Cowboystiefel, die am Baum hingen, sondern die "goldenen Friedenstaube zur Erinnerung an die amerikanischen Soldaten in Afghanistan", wie die ZDF-Kommentatorin anmerkte, ohne daß ihr das Wort im Halse stecken blieb. Die Kommentatorin wäre der Wahrheit näher gekommen, wenn sie von den amerikanischen Kriegsverbrechern in Afghanistan gesprochen hätte. Aber leider haben sich auch die öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland nur allzu leicht auf die Sprache der neuen Weltordnung eingelassen, in der Krieg zu "Frieden" und Frieden zu "Krieg" wird.
Aber irgendwie ist das auch folgerichtig, denn wie Parteien zu Kriegsparteien werden, so werden Medien zu Kriegsmedien, und deshalb durfte das Publikum in einer langen Reportage des ZDF in den Abendnachrichten auch von der Friedentaube für die US-Soldaten in Afghanistan am Weihnachtsbaum im Weißen Haus erfahren, während eine zur gleichen Zeit fertiggestellte detaillierte Untersuchung des Professors für Wirtschaft und internationale Beziehungen an der Universität von New Hampshire (USA), Marc W. Herold, über die mittlerweile mehr als 4000 zivilen Opfer des US-Bombenkriegs in Afghanistan bisher mit keinem einzigen Wort in unseren Nachrichtensendungen Erwähnung fand.
Inzwischen hat US-Präsident Bush in seiner Rede zur Lage der Nation unter dem jubelnden Beifall beider Häuser des Kongresses erneut seine Absicht bekräftigt, noch für viele Jahre die Welt mit seinem sogenannten "Krieg gegen den Terrorismus" zu überziehen. Statt Protest erntete der höchste amerikanische Kriegstreiber für seine Ankündigung in den europäischen Hauptstädten Lob und Anerkennung - in Deutschland besonders auch von der schillernden Gefolgschaft des olivgrünen Tarnkappenbombers Joschka Fischer. Den Krieg in Afghanistan würdigt die ehemalige "Friedenspartei" als ein Beispiel für aktive Friedenspolitik. Wenn man den Frieden will, so heißt es ganz auf Linie der alten Offiziersschulen, dann muß man zum Krieg bereit sein!
Zur theoretischen Untermauerung dieser neuen grünen Friedenspolitik hat der friedenspolitische Vordenker der Partei, der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, in der Frankfurter Rundschau den Begriff des "politischen Pazifismus" geprägt. Es komme nicht darauf an, ob man im konkreten Fall für oder gegen einen Krieg sei, sondern darauf, daß man politisch den Frieden will.
Ein Persilschein als Friedensengel für alle Bomben werfenden NATO-Freunde des Herrn Staatsministers Volmer.