Zur sozialen Demagogie der Neonazis
Nicht erst seit der aktuellen Finanzkrise versuchen NPD wie „Freie Kameradschaften“, sich als antikapitalistische Kraft darzustellen. Doch was steckt hinter Parolen wie „Kapitalismus- Feind der Völker“? Sind die gegenwärtigen Neonazis tatsächlich antikapitalistisch? Wie sieht der Gegenentwurf von NPD & Co aus? Antworten auf diese Fragen bietet ein aktueller Sammelband aus dem PapyRossa-Verlag, der anschaulich deutlich macht, dass der vermeintliche Antikapitalismus der extremen Rechten im Kern vor allem eines ist: reaktionär. Leicht verständlich wird am Beispiel der NPD, des Globalisierungsdiskurses in der NPD-Zeitung Deutsche Stimme und der „Autonomen Nationalisten“ herausgearbeitet, dass es der extremen Rechten eben nicht um die Frage des Eigentums von Produktionsmitteln oder die Aneignung des Mehrwerts geht, sondern sich ihre Kritik in der Tradition faschistischer Propaganda allein gegen die Zirkulationssphäre des Geldes, auf den Zins und das Spekulationskapital richtet. Zu Recht wird daher von einem völkischen Pseudo-Antikapitalismus gesprochen. Nicht zuletzt verzichtet diese regressive und antimodernistische Abart des Antikapitalismus auf jede Form der Herrschaftskritik und huldigt in NS-Tradition einem spezifischen Arbeitsfetisch.
Es wird jedoch nicht nur der vermeintliche Antikapitalismus der extremen Rechten entzaubert, in dem ihm eine radikale Kritik der kapitalistischen Gesellschaft entgegengestellt wird, sondern die Analyse wird ergänzt um Perspektiven für die politische Auseinandersetzung. Am Beispiel der Debatte über die Finanzkrise und ihrer gewerkschaftlichen Analyse werden etwa auch Fallstricke einer verkürzten Kapitalismuskritik benannt.
Richard Gebhardt / Dominik Clemens (Hg.)
Volksgemeinschaft statt Kapitalismus? Zur sozialen Demagogie der Neonazis
PapyRossa Verlag, Köln 2009
187 Seiten, 12.90 Euro
ISBN 978-3-89438-408-1
Lotta #36 / Herbst 2009