Kleines Bomben-ABC

Im ganzen NATO-Reich wird die Sprache in Dienst gestellt, damit wir den Krieg wieder zu ehren und zu lieben lernen.

Werner René Schwab Kleines Bomben-ABC

Allein in Deutschland halten laut einer Forsa-Meinungsumfrage noch (oder schon?) 34 Prozent der Bevölkerung die "Militärschläge" gegen Afghanistan für nicht gerechtfertigt. Deshalb wird hier wie im ganzen NATO-Reich die Sprache in Dienst gestellt, damit wir den Krieg wieder zu ehren und zu lieben lernen.
Angemessene Gewalt ist für den US-Senat der Krieg gegen die Taliban. Denn man muß, wie FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle sagt, allüberall die terroristischen Nester ausräuchern, und zwar jetzt.

Besonnen verhalten habe sich bisher US-Präsident George Bush, rühmte am 9. Oktober in der Leipziger Nikolaikirche Bundespräsident Johannes Rau.

Clean up (Säuberungsaktion) nennen US-amerikanische Zeitungen den Einsatz von Sonderkommandos in Afghanistan.
Der Krieg der Guten gegen die Bösen muß gewonnen werden. So Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger, US-Sicherheitsbeauftrager und Außenminister während der Vietnam-Aggression.

Enduring freedom (dauernde Freiheit) - Tarnname für die Bomben- und Raketenangriffe.

Friedliches Volk lobt Großbritanniens Premierminister Tony Blair seine Landsleute, denn sie seien um des Friedens willen stets zum Kampf bereit.

Gott ist nicht neutral, weiß US-Präsident George Bush spätestens seit September, und er weiß auch, auf wessen Seite Gott steht. Er teilte dies dem US-Senat mit, als er die Bestrafung der Taliban ankündigte. Auf den Koppelschlössern der Hitler-Wehrmacht stand übrigens: Gott mit uns.

Humanitäre Komponente nennt Bush den die Bomben begleitenden Abwurf von Lebensmittelpaketen über Afghanistan. Auf denen steht Geschenk des amerikanischen Volkes. Und eine humanitäre Koalition bilden nach eigener Darstellung Großbritannien und die USA, weil sie außer Bomben eben jene Lebensmittelpakete abwerfen.

Islamische Extremisten sind für den Terror und die kriegerischen Ereignisse in Afghanistan verantwortlich. Von ihnen gibt es nach einer Zählung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) 36 000 allein in der Bundesrepublik. Die seien umgehend auszuweisen, bevor sie Straftaten begehen.

Kampf für die Zivilisation nennt Bush den neuen Krieg.
Legitim sei das Vorgehen zu Lande und in der Luft in Afghanistan, beruhigt am 19. Oktober am Rande der EU-Gipfelkonferenz der grüne Bundesaußenminister Joseph Fischer etwaige Zweifler und Skeptiker.

Militärisches muß enttabuisiert werden, fordert Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), damit wir überall in der Welt bei der Beseitigung von Ordnungsmängeln mitmachen können.

Nachbehandlung ist für US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld der wiederholte Angriff auf das gleiche Ziel.
Ordnungsmängel darf unsere Wertegemeinschaft künftig auch in anderen Teilen der Welt nicht mehr zulassen, verlangt Joseph Fischer.

Polizeiaktion mit militärischen Mitteln - Versuch unseres Bundesverteidigungsministers Rudolf Scharping, uns ein X für ein U vorzumachen.

Regierungsparteien und Oppositionsparteien gibt es in dieser Situation nicht - es gibt nur deutsche Verantwortung - Versuch des FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle, Kaiser Wilhelm II. ("Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche") zu imitieren.

Selbstverteidigung der USA heißt es in einem Brief an den Weltsicherheitsrat. Mit dieser Formulierung bereitet der US-amerikanische Botschafter bei den UN, John Negroponte, die Welt darauf vor, daß man in Washington auch Angriffe auf andere Staaten erwägt. Ende Oktober präzisiert Rumsfelds Berater Richard Perle, wenn anschließend nicht auch noch Saddam Hussein (Irak) besiegt werde, wäre der Kampf gegen den internationalen Terrorismus ein Fehlschlag.

Terrorregime ist die Herrschaft der Taliban seit Mitte September unter anderem für George Bush, Gerhard Schröder und viele andere deutsche Politiker. Zuvor reichten die jahrelangen Unterdrückungs- und Terrormaßnahmen der einstigen US-Ziehkinder gegen die eigene Bevölkerung den deutschen Bundes- und Landesbehörden nicht aus, Opfern Asyl zu gewähren.

Uneingeschränkte Solidarität sichert Gerhard Schröder den USA zu, und kaum hat er den Satz erstmals ausgesprochen und noch nicht wieder Atem geholt, da plappert ihn CDU-Vorsitzende Angela Merkel lauthals nach, gefolgt von Joseph Fischer, FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhard und vielen anderen, die uns so in die Pflicht nehmen wollen: Deshalb hören wir die beiden Worte nun jeden Tag.

Vertrauensunwürdig ist laut SPD-Generalsekretär Müntefering eine Partei wie zum Beispiel die PDS, die nicht uneingeschränkt die amerikanischen Angriffe und die Haltung der Bundesregierung billigt. Das soll wohl auch für kritische Bürger gelten.

Weltkampf zwischen Gut und Böse qualifiziert George Bush den momentanen Krieg der Wertegemeinschaft.

Zusammenhalten muß die internationale Anti-Terror-Koalition, darauf besteht unser Bundeskanzler auch nach den sich häufenden Berichten über zahlreiche zivile Bomben- und Raketenopfer.