... und zum Dritten!

"Ab dem Dritten wird es einfacher": Kinder kriegen. Ein Kommentar.

Unlängst kam es zu folgendem Dialog: Frau A: "Wie viele Kinder haben Sie denn?" Frau B: "Zwei." Frau A: "Ganz schön stressig, nicht wahr? Als ich mein zweites bekam, empfand ich das auch als sehr stressig. Mit dem dritten wurde es dann viel einfacher." Frau B: "Einfacher? Wieso?" Frau A: "Mit zwei Kindern war ich immer noch hin und her gerissen zwischen meinem Beruf und den Kindern, mit drei hat sich die Sache dann erledigt. Da war ganz klar, dass ich mich nur noch um Haushalt und Kinder kümmere."
Ich fühle mich verstanden, möchte am liebsten gleich noch ein drittes Kind, damit ich endlich zufriedener werde; denn Kinder - seien es dann auch drei - und Haushalt allein, das wird sich doch hoffentlich packen lassen. Meinen beruflichen Ehrgeiz kann ich ja für ein paar Jahre hintanstellen. Dann brauche ich nicht mehr auf den Mittagsschlaf meiner Jüngsten zu warten (wenn er denn dann kommt), um endlich mal zügig meiner bezahlten Arbeit nachzugehen oder um was anderes zu lesen als das Titelblatt der Tageszeitung. Es plagt mich kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich am Abend meinen intellektuellen Horizont bei der Millionenshow erweitere, anstatt mich meinem Studium zu widmen, weil ich nach einem Kindertag am Abend zu keiner größeren geistigen Tätigkeit mehr fähig bin. Aber ich habe ja nun die wichtige Aufgabe, mich um drei Kinder zu kümmern. Und überhaupt soll das Image der "nur" Hausfrau in der Öffentlichkeit wieder aufgewertet werden. Als Familienmanagerin werde ich nun den Besen schwingen, die Windeln wechseln, anziehen, baden, Spielsachen und sonstigen Dreck wegräumen, Einkaufen gehen, Essen zubereiten, ein Freizeitprogramm erarbeiten, mir die Endlosgeschichten meiner Tochter anhören, zehnmal am Tag Mutter-Vater-Kind spielen (bin ich nicht eh schon die Mutter?) oder Geschichten von Cinderella und Arielle vorlesen, die einfach gähnend langweilig sind.
Nicht zu vergessen, dass meine wertvolle Arbeit mit den Kleinsten auch noch bezahlt wird. 14,53 Euro Kinderbetreuungsgeld am Tag die ersten zweieinhalb Jahre. Das sind bei diesem zwölf Stunden Job (unter der Voraussetzung, dass die Kinder die restlichen zwölf Stunden schlafen) ein Stundenlohn von 1,21 Euro. Doch ich leiste eine für die Gesellschaft wichtige Arbeit, da soll es mir auf einen Euro mehr oder weniger nicht ankommen. Meine Kinder werden mir meine Aufopferung hoffentlich eines Tages danken.
Doch leider muss ich feststellen, dass mich nur Haushalt und Kinderversorgen nerven, mich zeitweise (zum Glück) eher aggressiv als depressiv machen und ungeheuer an meinem Selbstwertgefühl nagen. Ich will mehr und vor allem will ich finanzielle Unabhängigkeit durch einen gut bezahlten Job und das mit Kindern. Und ich will, dass dies in unserer Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit ist und nicht mehr in Frage gestellt wird.
Noch ist es nicht soweit. Allerdings wird die Ressource "Mutter" von Politik und Wirtschaft wieder mal kräftig umworben. Es geht darum, der Gebärunlust vieler Frauen entgegenzuwirken und die gut ausgebildeten und hochqualifizierten weiblichen Arbeitskräfte der Wirtschaft zu erhalten. Ein Zauberwort hierbei ist die so genannte "Wahlfreiheit". Frauen sollen sich entscheiden können, ob sie ihre Kinder selber zu Hause betreuen und dafür eine Zeit lang aus ihrem Beruf aussteigen oder sie während ihrer Arbeitszeit in eine Fremdbetreuung geben. Die Politik will sich bemühen, hierfür die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Eher beiläufig wird in dieser Diskussion darauf hingewiesen, dass eine zu lange Babypause den beruflichen Wiedereinstieg erschwert und die Frauen mit einigen Nachteilen rechnen müssen. Dass diese Nachteile oftmals aus schlechter Bezahlung und einer nicht ihrer Ausbildung entsprechenden Tätigkeit bestehen, wenn sie denn einen Job finden, kommt dabei kaum rüber. Nicht zu vergessen, dass die Frauen in finanzielle Abhängigkeit vom Partner kommen, die der Forderung nach Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern nun völlig entgegenläuft.
Also kein drittes Kind? Oder doch? Es gibt Momente, wie heute, wenn draußen die Sonne scheint, ich in Ruhe am Computer sitze und schreibe, die Kleine neben mir Selbstgespräche führt, meine Große im Vorbeigehen meint: "Mama, ich lieb dich!" und mein Freund die Kinderwäsche aussortiert, wo mir die ganze Diskussion um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie am Arsch vorbeigeht und ich denke: Ein Drittes packen wir auch noch.

Dieser Artikel erschien in: an.schläge, das feministische Magazin,
www.anschlaege.at