Kritische Pädagogik und der Rückzug der Linken

Gegenwärtige Herausforderungen für eine revolutionäre Pädagogik

Heutzutage in den USA ein radikaler Pädagoge zu sein, gilt als ausgesprochen unmodern. Seine Politik gar als marxistisch zu definieren, heißt Hohn und Spott auf sich zu ziehen von vielen Seiten, ...

... einschließlich großer Teile der Linken. Viele Kritiken entsprechen nur dem energischen Bestreben, grundlegende Einwände gegen den Kapitalismus aufzugeben und Arbeit zu verdrängen, die den Versuch unternimmt, die Aura der Unvermeidlichkeit in Frage zu stellen, die den globalen Kapitalismus umgibt.

Die pädagogische Linke ist heute ohne eine revolutionäre Programmatik. Sie ist nicht in der Lage, sich den Konsequenzen entgegenzustellen, die der neue Kapitalismus in unseren Klassenräumen befördert. Folglich beobachten wir eine fortschreitende und ungehinderte Einverleibung der Pädagogik in den kapitalistischen Produktionsprozess. Kapitalismus ist als alltägliche Realität naturalisiert worden. Nach Scott Davies und Neil Guppy (1997) besteht eine der zentralen Vorgaben der neoliberalen Neuordnung darin, dass Schulen ihre Politik und Praxis an der herausragenden Bedeutung von Wissen als Produktionsform ausrichten müssen. Für die neoliberalen Bildungstheoretiker tragen Schulen daher weitgehende Verantwortung für die ökonomische Entwicklung; entsprechend muss ein reformiertes Bildungswesen dem postindustriellen Arbeitsmarkt und der sich neu formierenden globalen Ökonomie entgegenkommen. Die Betriebswirtschaft hat grünes Licht erhalten für die Restrukturierung des Bildungssystems. Das Leitbild des homo economicus bestimmt die gegenwärtige Bildungspolitik -- transnationale Geschäftskonglomerate und ihre politischen Zubringer treiben die Reform voran. Zudem nötigt die Globalisierung die Schule, mit größerem Nachdruck die Korrespondenz von Schule und Arbeitsplatz herzustellen, mit der Vorgabe, das ‘flexible und lebenslange LernenÂ’ zu befördern. In einer wissensintensiven Ökonomie können Schulen nicht länger die Fähigkeiten und Kompetenzen für eine lebenslange Berufslaufbahn vermitteln. ‘Bildung ist zu wichtig geworden, um sie nur den Lehrern zu überlassenÂ’ -- heißt es einstimmig. Regierungen greifen regulierend ein, damit Schulen bei der Zurückdrängung ökonomischer Stagnation und der Sicherstellung globaler Wettbewerbsfähigkeit ihre Aufgabe erfüllen.

Heute ist das Kapital in einer dominanten Stellung wie nie zuvor; neue Warenkreisläufe, Absatzmärkte und die zunehmende Geschwindigkeit des kapitalistischen Warenhandels befördern seine globale und terroristische Vorherrschaft. Das Eindringen der Kohärenz und Logik des Kapitals in das Alltagsleben, die Erhebung des Marktes zu einem sakralen Wesen, als Vorbild für soziale Beziehungen, all das ist erfolgreich eingetreten. Doch der ökonomische Umbau, den wir gegenwärtig beobachten, beinhaltet beides, neue Gefahren in Bezug auf die ‘kapitalistische UnvermeidlichkeitÂ’, aber auch neue Möglichkeiten der Organisierung gegen diese Vorherrschaft. Eine brennende Frage gewinnt damit in den Debatten über schulische Vergesellschaftung und die neue kapitalistische Ordnung an Aktualität: Kann eine erneuerte und wiederbelebte Kritische Pädagogik, gründend auf einem historisch-materialistischen Ansatz, einer progressiven Bildungsbewegung, für eine Politik des Widerstandes und des gegenhegemonialen Kampfes im beginnenden 21. Jahrhundert als Ausgangspunkt dienen? An der Oberfläche gibt es Anlass zu Optimismus: Der Ansatz der Kritischen Pädagogik ist in all den Jahren Teil anti-rassistischer und feministischer Kämpfe geworden, mit dem Ziel, eine demokratische und soziale Gesellschaft aufzubauen, die auf den Werten der Toleranz, der Anerkennung von Differenz und der Forderung von gleichem Zugang zu materiellen Ressourcen für Alle basiert. Aber zweifellos hat eine solche Rolle -- so verdienstvoll sie bis heute auch sein mag -- unterschiedliche Kompromisse und Zurückweisungen zur Folge gehabt, gegenüber früheren, mehr radikalen Zugängen, etwa anti-imperialistischen Kämpfen, die häufig in Verbindung standen mit der Anti-Kriegs-Bewegung der sechziger Jahre, oder die sich mit den revolutionären Bewegungen Lateinamerikas identifizierten.

Kritische Pädagogik und der Rückzug der Linken

Tatsächlich erfüllt die Kritische Pädagogik heute nicht mehr ihren damaligen Status, sie hat vielmehr ihre Sprache der Kritik und Utopie verloren, die -- wie noch in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren -- auf eine radikale Demokratisierung zielte. Wurden zu den Anfängen der Kritischen Pädagogik deren Vertreter häufig noch ihrer radikalen politischen Ausrichtung wegen angefeindet, ist heute eine neue Generation herangewachsen, die einen weitgehend pluralistischen Ansatz in der Deutung sozialer Antagonismen vertritt. Ihre Arbeit zelebriert das ‘Ende der GeschichteÂ’ und selten -- wenn überhaupt -- wird die Kritik des globalen Kapitalismus in die Debatte eingebracht. Diese Pädagogen sehen den Kapitalismus mal als bösartig an, mal als nützlich und mal als etwas, das, wie ein wildes Pferd, eventuell gezähmt werden kann, um der Menschheit zu dienen. Von den Anhängern und Verfechtern des ‘amerikanischen TraumsÂ’ einst angesehen als Angriff und Beleidigung, ist die Kritische Pädagogik heute so sehr psychologisiert, so liberal humanisiert, so technokratisch und konzeptionell so postmodern, dass ihre Verbindung zu sozialen Befreiungskämpfen ausgesprochen gering, wenn nicht gänzlich aufgehoben ist. Die Kritische Pädagogik ist kollabiert -- in ethische Beliebigkeit und selbstzufriedenen Relativismus. Ihr konzeptionelles Netz ist zu weit und zu lässig ausgeworfen worden, so dass mittlerweile alles, was aus dem trüben Wasser der pädagogischen Praxen gefischt wird, mit diesem Ansatz assoziiert werden kann, von ‘seid freundlich zueinanderÂ’-Zirkeln im Klassenraum, bis hin zum ‘fühl dich gutÂ’-Curriculum, entworfen um das Selbstbild der Schüler aufzubauen.

Kritische Pädagogik: Gegenwärtige Herausforderungen

In den letzten 25 Jahre stand die Kritische Pädagogik in einer turbulenten Beziehung zur dominanten erziehungswissenschaftlichen Gemeinschaft, sowohl in Nordamerika (McLaren, 1997) als auch in Großbritannien (Allman, 1999, 2001). Ich möchte diese gründlich aufgezeichnete Geschichte hier nicht in jedem Detail erneut verhandeln. An dieser Stelle ist es ausreichend, zu betonen, dass es sich im Kern um einen Ansatz handelt, der den politischen Charakter pädagogischer Praxen betont, die, eingebunden in die kapitalistische Gesamtheit, auf dem widersprüchlichen Terrain konfliktorischer und wettstreitender Diskurse, oppositioneller und hegemonialer kultureller Formationen, ausgetragen werden. Kritische Pädagogik hat immer ein untergründiges Verhältnis (‘underground rapportÂ’) mit der Arbeiterklasse gehabt, ein Verhältnis, das jedoch faktisch verlorengegangen ist mit der Entwicklung nach 1989. In den frühen Achtzigern wurde sie durch die marxistisch inspirierten Arbeiten der Birmingham School of Contemporary Cultural Studies belebt, ebenso wie durch die Neubeschäftigung mit den Arbeiten von John Dewey, Paulo Freire und der Frankfurter Schule. Während dieser Zeit zielte die Kritik nicht nur auf isolierte Herrschaftsbeziehungen, sondern richtete sich auf die Gesamtheit gesellschaftlicher Verhältnisse. Mein zentraler Punkt hier ist, dass die heutigen Debatten über Bildungsreformen sehr viel reicher sein könnten, würden sie von dem Blickwinkel der marxistischen Kritik aus analysieren. Nicht, dass die hitzigen Dekonstruktivisten aus den post-modernen Salons nicht auch einige wichtige Beiträge zu einer ‘fin-de-siecleÂ’ Politik geleistet hätten, oder dass sie nicht einigen Einfluss ausüben (wenn auch rhetorisch) in der Arena radikaler Politik, doch im Wesentlichen haben ihre Bemühungen dazu beigetragen, die akademische Hegemonie der herrschenden Klasse zu verfestigen.

Ich formuliere damit die Frage nach den Angeboten eines historisch-materialistischen Ansatzes an die Kritische Pädagogik zu einer Zeit, in der es leider offensichtlich ist, dass die gegenwärtige Kritische Pädagogik nicht länger als Plattform dient, von welcher aus eine grundlegende Kritik des Umbruchs herrschaftlicher Arbeitsteilung und ihrer Auswirkungen auf die sozial reproduktive Funktion von Schule in der spät-kapitalistischen Gesellschaft zu leisten ist. Dennoch denke ich, dass, ungeachtet der zahlreichen Probleme denen die progressive Tradition kritischer Bildungstheorie gegenüber steht, die Frage, ob die Kritische Pädagogik wiederbelebt werden kann, zögernd positiv zu beantworten ist. Das Fortschreiten gegenwärtiger marxistischer Arbeiten auf dem Feld der Bildungstheorie und der materialistischen kritischen Paedagogik (Rikowski 2001a, 2001b; Hill 2001; Hill & Cole 2001; Cole et. al. 2001; McLaren & Farahmandpur 2000; McLaren 2000; Allman 2001) ist nach meiner Ansicht ausreichend, um eine Herausforderung darzustellen -- nicht nur gegenüber der neoliberalen Marktideologie, sondern ebenso gegenüber post-marxistischen Ansätzen und sozialer Bewegungen mit Identitätspolitik.

Mein Anliegen während der letzten fünf Jahre war, die Kritische Pädagogik in das Feld der marxistischen Forschung einzuführen. In Zusammenarbeit mit Paula Allman (2001), die den Begriff der ‘revolutionären-kritischen PädagogikÂ’ geprägt hat, ginge es uns darum, Kritische Pädagogik um die Arbeiten von Paulo Freire, Antonio Gramsci und Karl Marx zu gruppieren um damit dringend benötigte theoretische Grundlagen beizusteuern. Unseres Erachtens stellt der historische Materialismus der Kritischen Pädagogik eine unverzichtbare Theorie der materiellen und historischen Grundlegung sozialen Lebens zur Verfügung, die der Aufdeckung der Struktur des Klassenkonfliktes, ebenso wie dem Verständnis der durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung hervorgerufenen Herrschaftseffekte, eine zentrale Stellung beimisst. Eine solche theoretische Infrastruktur ist unserer Ansicht nach notwendig für den Aufbau konkreter pädagogischer Räume -- in Schulen, Universitätseminaren, Kulturzentren, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen etc. -- die der Gestaltung und dem Ausbau einer revolutionären Praxis dienen.

Mein Verständnis der Beziehung von kapitalistischer Vergesellschaftung und institutioneller Bildung gründet in der marxschen Arbeitswerttheorie, wie sie insbesondere von dem britischen Bildungstheoretiker Glenn Rikowski entwickelt wurde (Cole et al 2001). Bildung und Berufsausbildung formen und entwickeln Arbeitskraft und sind damit entscheidende Stützen und Entwickler des Klassenverhältnisses, des repressiven Verhältnisses von Kapital und Arbeit, das im Zentrum der kapitalistischen Gesellschaft und ihrer Entwicklung steht. In so weit, als die schulische Bildung darauf basiert, dass lebendige Arbeitskraft Ware wird, von welcher der Kapitalismus in seiner Gesamtheit abhängig ist, kann diese aber auch zur Grundlage sozialen Widerstandes werden. Da in Bildungsprozessen soziale Arbeitskraft hergestellt wird und diesem Prozess reale Grenzen eingeschrieben sind, finden wir auch in Bildung sowohl die Stärke, aber auch die Tragik angelegt, die der Arbeitskraft an sich im Kapitalismus eigen ist. Letzteres, die Tragik, resultiert aus der Tatsache, dass Arbeit sein herrschaftliches Gegenüber herausbildet -- das Kapital (Postone, 1996). In der Tat schafft Bildung in der Form von Humankapital etwas, das seine eigene Seele durchdringt. Auf der anderen Seite sind Lehrer und Ausbilder eingebunden in die soziale Produktion einer einzigartigen Ware -- der Arbeitskraft -- auf welcher das gesamte kapitalistische System basiert. Das verleiht ihnen in besonderer Weise soziale Macht. Sie arbeiten am Einfallstor einer für den Kapitalismus verwundbarsten Stellen, sie haben die Fähigkeit, im Klassenraum Visionen von Alternativen zum Kapitalismus aufzuzeigen oder zumindest grundlegende Kritik an herrschaftlichen Klassenverhältnissen und Marktungerechtigkeit zu befördern. Lehrer sind in einer exklusiven Stellung, bezüglich ihrer Fähigkeit den Kapitalismus zu sabotieren und in Frage zu stellen. Rikowski betont, dass während Lehrer hilfreich sind, bei der ideologischen Reproduktion des Kapitalismus, sie zugleich ‘eine Gefahr darstellen, für das Kapital und seine soziale VorherrschaftÂ’. Pädagogen sind die
Bewacher der Entwicklung einer Ware [Arbeitskraft], die den Kapitalismus am Leben erhält, während sie zugleich in einer strukturellen Stellung sind, die es ihnen erlaubt, den störungsfreien Fluss der Herstellung von Arbeitskraft zu unterlaufen, indem sie zur Kapitalherrschaft antagonistische Prinzipien einführen. Solche Prinzipien sind soziale Gerechtigkeit, Gleichheit und Solidarität (Rikowski 2001a, 38).
Auf diesem Weg kann Bildung die Grundlagen für eine Politik des sozialen Widerstandes gegen die Kapitalisierung von Humanität sein, und zu einer der Kräfte werden, die eine Schlüsselrolle spielen in der Entwicklung von Arbeitsformen die nicht an die Wertform gebunden sind.

Handlung, Subjektivität und Widerstand

Revolutionäre kritische Pädagogik basiert auf einem Verständnis von Handlung, das Subjektivität nicht als gänzlich durch das Kapital bestimmt ansieht. Mehr noch, die Widersprüche innerhalb der gesellschaftlichen Kräfte, die Subjektivität konstituieren, erweitern Risse im Panzer des Kapitalismus, sie schaffen Öffnungen, durch die Bestrebungen und Gelegenheiten dem Kapitalismus entgegenzutreten sich verdichten und konstituieren können (so lange kritisches Bewusstsein ausreichend präsent ist). Unser menschliches Vermögen, was Marx unsere ‘LebensgeisterÂ’ nannte, und die gesellschaftlichen Formen innerhalb derer sie produziert werden, stehen für die Herausbildung von menschlichen Handlungsformen, die Ausdruck der Widersprüche in kapitalistischen Lebensverhältnissen sind. Noch befördern diese Widersprüche zugleich auch die Offenheit des gesellschaftlichen Seins. Sie zeigen die Möglichkeiten des kollektiven Aufhebens von Widersprüchen im Lebensalltag , durch revolutionäre und eingreifende Praxis (Allman, 1999). Kritische Subjektivität wirkt aus der praktischen und sinnlichen Einbindung in soziale Strukturen, die menschliche Fähigkeiten ermächtigen statt sie zu erzwingen. Kritische Pädagogik befördert daher die Vielfältigkeit und die Kreativität, die dem menschlichen Handeln an sich eigen ist: das Ausmachen geteilter Erfahrungen und gemeinsamer Interessen; das Entwirren der Verbindungen, die soziale Prozesse mit individuellen Erfahrungen verknüpfen; die Vermittlung der verborgenen Offensichtlichkeiten im Alltag.

Revolutionäre Pädagogik zu praktizieren, ist etwas anderes als diese zu propagieren. Revolutionäre Kritische Pädagogik ist eher eine vor-revolutionäre Praxis, die Schüler und Studenten ermächtigen will, über ein Leben außerhalb der sozialen Allmacht des Kapitals nachzudenken -- um ‘eine Ahnung zu bekommen von den Möglichkeiten einer Zukunft die über den Horizont des Kapitalismus hinausreichtÂ’ (Allman, 2001,219). Wie könnte eine solche Welt aussehen? Was für eine Art des Arbeitens könnte und sollte in dieser Welt ausgeübt werden? Eine revolutionäre Kritische Pädagogik ist gebunden an einen Zukunftsentwurf, der die Aufhebung der Lohnarbeit und der Klassengesellschaft an sich anstrebt. Aber eine solche Pädagogik wird nicht in unserer Vorstellung entstehen können, solange wir sie nicht aus einer eigenen Praxis heraus begründen. Sie ist daher entscheidend mehr praxisorientiert, als theoretisch vorbestimmbar. Die Grundsätze, die einer solchen Praxis eigen sind, die helfen die Entwicklung unserer ‘LebensgeisterÂ’ im Ringen um soziale Gerechtigkeit zu gestalten und anzuleiten, sind von Pauls Allman ausführlich diskutiert worden (2001, 177-86). Diese beinhalten: Prinzipien des gegenseitigen Respekts, der Offenheit, des Vertrauens und der Kooperation, die Welt kritisch -- gegen den Strich -- zu lesen, die Bereitschaft aufzubringen soziale Veränderungen in Bewegung zu setzen, sich als leitendes Prinzip eine ‘Ethik der AuthentizitätÂ’ anzueignen, soziale Gerechtigkeit als Leidenschaft zu leben, ein kritisches, kreatives und hoffnungsvolles Denken zu entwickeln, Selbstveränderung durch die Veränderung der gesellschaftlichen Beziehung von Lehren und Lernen, Demokratie als fundamentale Lebensweise zu etablieren, kritische Neugierde zu entwickeln; Solidarität, Verantwortlichkeit und die Veränderung seiner selbst und der Gesellschaft in dem Projekt der Humanisierung zu gründen. Hierfür gilt es eine Kritische Pädagogik zu entwickeln, die in der Lage ist, durch die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise in ihrer Gesamtheit, Schülern und Studenten zu helfen, die objektiven Zusammenhänge des Klassenkampfes zu rekonstruieren. Wir müssen mehr tun als mit dem Kapital zu brechen oder versuchen ihm zu entkommen; klar ist, dass wir sein Wertgesetz herausfordern müssen. Der Schlüssel zum Widerstand ist eine revolutionäre Kritische Pädagogik zu entwickeln, die die Arbeiterklasse ermächtigt aufzudecken, wie der Gerbrauchswert ihrer Arbeitskraft durch das Kapital ausgebeutet wird, aber auch wie eigene Aktionen und eigene Macht in der Lage sind, dieser Form der Herrschaft entgegenzutreten und damit einen Zusammenhalt von Klassenbeziehungen zu schaffen, der aus der direkten Konfrontation des Kapitals -- in seinen vielfältigen sozialen Dimensionen -- erwächst. Kritische Pädagogik benötigt daher nicht nur ein Verständnis der Bewegungsdialektik von Kapital und Arbeit, darüber hinaus gilt es die Struktur des Klassenkampfes in einer Weise zu rekonstruieren, mit der uns die Einbeziehung von Bildungsprozessen möglich wird. Hier eröffnet sich schließlich die entscheidende Frage, die sich radikalen Pädagogen stellt: Helfen wir durch unsere Praxis dem Kapital aus der Krise oder helfen wir den Studierenden ihren Weg aus dem Kapital zu finden?

Aus dem Amerikanischen von Andreas Merkens

Literatur

Allman, Paula, 1999: Revolutionary Social Transformation: Democratic Hopes, Political Possibilities and Critical Education, Westport, Connecticut

dies., 2001: Critical Education Against Global Capitalism: Karl Marx and Revolutionary Critical Education, Westport, Connecticut

Cole, M., Hill, D., McLaren, P., Rikowski, G., 2001: Red Chalk: On Schooling, Capitalism and Politics, Brighton

dies. (Hg.), 2002: Marxism Against Postmodernism in Educational Theory,Lanham, ML

Davies, Scott, und Guppy, Neil, 1997:Â’ Globalization and Educational Reforms in Anglo-American Democracies,Â’, in: Comparative Education Review, vol.41, no.4, November: 435-59

Hill, D., 2001: ‘State theory and the neo-liberal reconstruction of schooling and teacher education: A structuralist neo-Marxist critique of postmodernist, quasi-postmodernist, and culturalist neo-Marxist theory’, in: British Journal of Sociology of Education, vol. 22, no 1, March 2001

Hill, D., und M. Cole, 2001: Social class. In: dies. (Hg.), Schooling and Equality: Fact, Concept and Policy, London

McLaren, Peter, 1997: Revolutionary multiculturalism: Pedagogies of dissent for the new millennium, Boulder, Colorado

ders., 2000: Che Guevara, Paulo Freire, and the Pedagogy of Revolution, Lanham

ders. und R. Farahmandpur, 2000: ‘Reconsidering Marx in post-Marxist times: A requiem for postmodernism?’, in: Educational Researcher, 29(3), 25-33

Postone, Moishe, 1996: Time, Labour, and Social Domination: A reinterpretation of MarxÂ’s critical theory, Cambridge

Rikowski, Glenn, 2000: Messing with the Explosive Commodity: School improvement, educational research and labour-power in the era of global capitalism. Manuskript für: "If We ArenÂ’t Pursuing Improvement, What Are We Doing?" British Educational Research Association Conference 2000, Cardiff University, Wales, 7th September.

ders., 2001a: The Importance of Being a Radical Educator in Capitalism Today, Gastvortrag am Fachbereich Soziologie, University of Warwick, Coventry, 24th May

ders., 2001b: The Battle in Seattle: Its significance for education, London

erschienen in DAS ARGUMENT 246