Schutz für Zwangsprostituierte

Zur Kampagne des Deutschen Frauenrats gegen Zwangsprostitution

in (06.05.2006)

"40000 Zwangs-prostituierte zur WM?" titelte die Zeitschrift Emma im Januar dieses Jahres unter Berufung auf eine aus der Luft gegriffene Schätzung des deutschen Städtetags..

.. Daneben ein Foto mit grölenden und biertrinkenden Fußballfans. Der Aufhänger des Artikels ist eine Kampagne des deutschen Frauenrats, die Öffentlichkeit und Fans für das Problem erzwungener sexueller Dienstleistungen sensibilisieren will. Sie richtet sich jedoch explizit nicht insgesamt gegen Prostitution, sondern will die Rechte von Prostituierten gestärkt wissen. Die Forderungen des Frauenrats lesen sich zu großen Teilen auch recht gut. Er will zum Schutz der Opfer von Menschenhandel verbesserte Zeuginnenschutzprogramme, großzügige psychosoziale Hilfen, die finanzielle Absicherung entsprechender Beratungsstellen sowie die Gewährung von Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten.

Ein Problem und eine Gefahr verbinden sich jedoch mit der Kampagne: Problematisch ist angesichts des Rufs nach Bestrafung der Menschenhändler doch die Frage: Was passiert mit den Frauen ohne legalen Aufenthaltstitel nach Ablauf der Zeuginnenschutzprogramme?. Der Frauenrat fand am 6.11.05, dass "ein sicheres Bleiberecht auch über die für eine Prozessführung notwendige Anwesenheit hinaus" nur zu gewähren ist, "falls den Betroffenen in ihren Herkunftsländern kein sicherer Aufenthalt garantiert ist." Da die Chancen der meisten Zwangsprostituierten schlecht stehen, einen asylrelevanten Fluchtgrund zu präsentieren, steht für die Frauen am Ende der Kampagne immer noch die Ausweisung. Um Zwangslagen von migrantischen Sexarbeiterinnen zu verhindern, müsste in erster Linie ein fester Aufenthaltsstatus gewährt werden. Ansonsten werden sich die meisten wohl kaum gegenüber Freiern oder der Polizei "outen". Das Wegsperren einzelner "Menschenhändler" wird zudem gewiss nicht das Geschäft mit der Illegalität in Form von nicht allzu verwerflicher Fluchthilfe und dabei auftretenden einzelnen Fällen von Zwang gegenüber Migrantinnen stoppen. Die meisten Zwangslagen von Sexarbeiterinnen würden aber mit einem sicheren Aufenthaltsstatus schlicht entfallen.

Gefährlich an der Kampagne ist, dass über eine Bestrafung der Freier von Zwangsprostitution einem generellen Prostitutionsverbot das Wort geredet wird. Der Frauenrat grenzt sich zwar deutlich von Forderungen nach einer generellen Freierkriminalisierung ab. Diese hätte zur Folge, dass Prostitution erneut in nicht kontrollierbare Räume verlagert und die betroffenen Frauen nicht nur kriminalisiert würden, sondern überdies relativ schutzlos sowohl Freiern als auch Zuhältern ausgesetzt wären. Jedoch steht der Frauenrat einer Kriminalisierung von Freiern, die wissentlich Dienste von Zwangsprostituierten annehmen, offen gegenüber - was eine schöne politische Vorlage für die CDU ist, die dies erst 2005 in einem Gesetzesentwurf forderte.

Von dort ist es nur noch ein kurzer Schritt zur generellen Freierkriminalisierung. Denn einerseits ist für Prostitutionsgegnerinnen wie die christliche Organisation Solwodi oder die Zeitschrift Emma jede Form der Prostitution ein Zwang gegenüber Frauen. Dabei wird nicht nur die Entscheidung der Prostituierten ausgeblendet, die sich unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen oftmals bewusst für das Gewerbe entscheiden. Klar ist zudem, dass ein Prostitutionsverbot die Lage der Frauen (und Männern) im Sexgewerbe lediglich verschlechtert.