Umverteilung von unten nach oben

Steuerpolitik

in (13.04.2006)

Nach dem Regierungswechsel von Rot-Grün hin zur Großen Koalition durfte man gespannt erwarten, wie sich die Politik der Umverteilung von unten nach oben im Bereich der Steuern fortsetzt.

Der grundsätzliche Kurs wird beibehalten, an einigen Stellen sind drastische Verschärfungen geplant. Denunzierte die SPD im Wahlkampf die von den Konservativen geplante Erhöhung der Mehrwerststeuer noch als "Merkelsteuer", war schnell nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der Widerstand verflogen. Ab 2007 soll nun die Mehrwertsteuer auf 19 Prozent angehoben werden. Zwar gesteht der Finanzminister ein, dass dies nicht gerade förderlich sei für die Binnennachfrage, aber anders sei die notwendige Haushaltskonsolidierung nicht zu bewältigen. Klar ist, dass hiervon vor allem Menschen mit geringerem Einkommen stärker belastet werden: Wer über ein Nettoeinkommen von 800 Euro verfügt, hat im Schnitt eine Einbuße von 1,3 Prozent hinzunehmen, bei 7.000 EUR hingegen beträgt der relative Verlust gerade mal 0,6 Prozent.

Auf der anderen Seite werden den Aktiengesellschaften und GmbHs weiterhin riesige Steuergeschenke gemacht. Allein 2005 kassierten die Unternehmen rund 180 Millionen EUR an Rückerstattungen für "zuviel" gezahlte Körperschaftssteuern ein. Im langfristigen Durchschnitt ist die Steuerquote in Deutschland von 23 auf unter 20 Prozent gefallen. Damit hat die Bundesrepublik neben der Slowakei die niedrigste Steuerquote in der EU überhaupt. Anders ausgedrückt hieße das: Wenn wir noch die Steuersätze und damit das Steueraufkommen aus der Zeit vor Rot-Grün hätten, verfügte der Staat über 60 Milliarden Euro mehr! Durch die Absenkung des Spitzensteuersatzes für hohe Einkommen von 53 auf 42 Prozent verschenkt der Staat jährlich weitere 12 Milliarden. Ein Einkommensmillionär zahlt demnach gegenüber 1998 etwa 100.000 EUR weniger pro Jahr an den Fiskus.
Ebenso wie die Vorgängerregierung belastet Schwarz-Rot kleine Einkommen durch die Erhöhung indirekter Steuern und entlastet sowohl hohe Einkommen wie Unternehmen. Die ganze Richtung stimmt nicht, denn hierin liegt nicht nur eine schreiende Ungerechtigkeit, sondern auch eine drastische ökonomische Fehlentwicklung. Statt einer Konjunkturbeförderung wird dadurch die Binnennachfrage noch stärker erlahmen, positive Impulse auf dem Arbeitsmarkt sind nicht zu erwarten. Auch hierin besteht ein weiteres steuerliches Problem, bilden doch Mehrwertsteuer und Lohnsteuer nach wie vor den bei weitem größten Anteil des staatlichen Steueraufkommens insgesamt.
Notwendig wäre eine Trendumkehr der Steuerpolitik der Regierung, sowohl bei der Einkommens- wie bei der Unternehmensbesteuerung.

Würde der Spitzensteuersatz bei den Einkommen beispielsweise auf 47 Prozent angehoben, wie es ver.di fordert, würden dadurch Einkommen über 90.000 EUR stärker belastet und der Staat hätte rund 7 Milliarden Euro Mehreinnahmen zu verzeichnen. Gleichzeitig müsste sowohl eine Vermögenssteuer eingeführt und die Erbschaftssteuer reformiert werden. Aber auch die Besteuerung der Kapitalgesellschaften, die derzeit bei 25 Prozent liegt, müsste deutlich angehoben werden. Mit diesen Mehreinnahmen könnte der Staat ein Investitionsprogramm auflegen, was nicht nur konjunkturförderlich wäre, sondern vernünftige, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schaffen könnte. Der andauernde Trend der Umverteilung von unten nach oben muss nicht nur ein Riegel vorgeschoben werden, für eine sinnvolle und gerechte wirtschaftliche Entwicklung muss er umgedreht werden.