Linke Leute

Brüchige Allianzen

LSBTIQ-Aktivismen im Kontext der intersektionalen und dekolonialen Praxis der südafrikanischen Studierendenbewegung
in (06.11.2020)
Am 9.3.2015 bewarf Chumani Maxwele die Statue von Cecil Rhodes am Universitätsgelände der University of Cape Town mit Fäkalien. Aus dem Unmut gegen die Präsenz des Kolonialisten Rhodes an der Universität und damit aus der Kritik an dieser diskriminierenden Erinnerungskultur entwickelte sich eine der größten sozialen Bewegungen Südafrikas seit der Überwindung der Apartheid. Die Studierenden forderten mit dem Rhodes Must Fall und später mit Fees Must Fall den freien Zugang zur tertiären Bildung und einen universitären Raum jenseits von Diskriminierung und Rassismus. Dekolonisierung und Intersektionalität waren dabei zwei zentrale Schlagworte für das Verständnis der Unrechtserfahrungen der Studierenden und zugleich fassten sie die multiplen Forderungen der Studierenden zusammen. Die vielfache Zuschreibung dessen was Dekolonisierung und Intersektionalität bedeuten, ermöglichte es, Allianzen zwischen unterschiedlichsten Studierenden zu bilden und auch jene Studierenden, wie die LSBTIQs zu integrieren, welche aufgrund ihrer mehrfachen Diskriminierung häufig ausgeschlossen bleiben. Im Protestverlauf erlebten jedoch LSBTIQs Studierende vermehrt Diskriminierung und Ausschluss. Geschlechterpositionen wurden zum Streitpunkt und stellten die Allianzen infrage. Was mit einer geteilten Forderung von Dekolonisierung und Intersektionalität begann und damit mit dem Streben nach einem herrschaftsfreien Raum, der Diskriminierung und Rassismus überwindet, endete in der Reproduktion von Ungleichheit und der Herausbildung von Machtpositionen. Allianzen brachen auf, trugen zur Zersplitterung der Studierendenbewegung bei und ließen Gegenproteste entstehen, welche die herrschaftskritischen Proteste in ihrer Reproduktion von Ungleichheit hinterfragten. Vor dem Hintergrund der Studierendenbewegung wird die Brüchigkeit von Allianzen deutlich ebenso wie Notwendigkeit, analytisch den Protestverlauf zu analysieren, denn erst dieser zeigt das Entstehen von Allianzen einerseits sowie von Macht- und Exklusionsdynamiken andererseits.
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Leipzig Island

Eine Spurensuche

"Leipzig raus aus Sachsen" plakatierte DIE PARTEI in den lokalen Wahlkämpfen des Jahres 2019. Und auch in Kreisen der Linkspartei wurde ernsthaft darüber diskutiert, Leipzig aus Sachsen herauszulösen und zu einem Stadtstaat zu machen. Woher kommen diese Bestrebungen? Leipzig gilt als Sonderfall in Sachsen und darüber hinaus. Lebendige und vielfältige kulturelle und politische Szenen entfalten bundesweite Anziehungskraft, während "der Osten" sonst eher als No-Go-Area gilt. Was macht also Leipzigs besonderes Klima aus?

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Zwieschlächtig

Wissenschaftsglaube, grüner Liberalismus und Mitmachdemokratie bei Fridays for Future

Die schwedische Schülerin Greta Thunberg setzte mit ihrem "Schulstreik fürs Klima" im Jahr 2018 eine weltweite Protestbewegung in Gang, an der sich mittlerweile Millionen junger Menschen unter dem Label Fridays for Future (FFF) beteiligen. Sie hat ein breites soziales Bewusstsein über die Dramatik der Klimakrise geschaffen. Jenseits der Kritik an der aktuellen Klimapolitik ist FFF inhaltlich zahm und bewegungspolitisch brav. Bürgerliche Wissenschaft, realexistierende Marktwirtschaft und Demokratie hinterfragen die tragenden Akteure nicht.

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Wider die Apokalyptik

„Das Alte und Morsche zerfällt vor unseren Augen“ – diesen Satz rief der Thüringer AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke im Landtagswahlkampf und diesen Satz wiederholte er am Wahlabend im Oktober 2019, als er mit seiner AfD in Thüringen mit 23,4 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft wurde. Er sieht sich als Opfer von „Mobbing“ und „Hetze“ durch die Medien, zugleich kann er gerichtlich bestätigt als „Faschist“ bezeichnet werden. Was bedeutet nun all das analytisch für Politik, die über notwendigen Antifaschismus hinausgeht?

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»Es geht nicht um Tüchtigkeit, sondern auch um Gelegenheit«

Redaktionsgespräch über Ordnungskämpfe & die Konjunktur des neuen zivilen Ungehorsams

Im Redaktionsgespräch haben wir mit Aktivist*innen von Campact, Deutsche Wohnen & Co enteignen, Students for Future und Welcome United über strategische Herausforderungen, Ordnungskämpfe und die Rolle neuer sozialer Bewegungen diskutiert und gestritten. Eine Langfassung des Gesprächs gibt es auch als Podcast.

pf: Hallo zusammen, stellt Euch doch bitte erstmal kurz vor.

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„Das anarchistische Motiv im Herzen“

Nachruf auf Wolf-Dieter Narr (geboren am 13. März 1937 in Schwenningen; gestorben am 12. Oktober 2019 in Berlin)

Wenn ich sterbe, dann musst Du in der Graswurzelrevolution den Nachruf auf mich schreiben. AAAABER: Du solltest auch darauf hinweisen, dass ich derjenige war, der die längste Rezension in der Geschichte der Graswurzelrevolution geschrieben hat!“

 

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Plurales Geld

Geld ist ein modernes, internationales Kommunikationsmittel. Die traditionelle Geldtheorie hängt den Alltagserfahrungen der Menschen hinterher. Ihr Erklärungsgehalt wird täglich geringer. Diese krasse Leerstelle könnte durch moderne, internationale Theorien gefüllt werden. Neue Erklärungsansätze haben eine einmalige Chance zum "mainstream" zu werden. Doch die Community gibt sich zerstritten. Einer der wichtigsten Akteure scheint derzeit - kaum zu glauben - der Internationale Währungsfonds (IMF) zu sein, wie Mechthild Schrooten in Ihrem Beitrag argumentiert.

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"Der nötige Druck auf Marokko fehlt"

Interview mit Jatri Adouh
in (21.07.2019)
Am 22. Mai 2019 erklärte Altbundespräsident Horst Köhler nach zwei Jahren seinen Rücktritt als Persönlicher Gesandter des UN-Generalsekretärs für die Westsahara – aus gesundheitlichen Gründen, wie es offiziell hieß. Das ist ein Rückschlag für die Verhandlungen zwischen Marokko und der Frente Polisario in Genf, die auf Köhlers Initiative Ende 2018 nach sechs Jahren Unterbrechung wiederaufgenommen worden waren. Verhandlungsleiter der Befreiungsfront ist Jatri Adouh, der Parlamentspräsident der Demokratischen Arabischen Republik Sahara. Das folgende Gespräch mit ihm fand Mitte Mai in Berlin statt, kurz vor dem ursprünglich geplanten dritten Treffen nach dem Auftakt im Dezember und einer zweiten Zusammenkunft im März. Wie es nun weitergeht, ist ungewiss. Fest steht aber: Solange Länder wie Frankreich, die USA oder auch Deutschland entgegen internationalem Recht die marokkanische Besatzung mehr oder weniger offen unterstützen, dürfte eine Lösung in dem Konflikt kaum zu finden sein.
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Gastronomie des Widerstands

Wie migrantische Esskulturen die BRD durcheinander brachten

Dass die Einwanderung von mehreren Millionen sogenannter Gastarbeiter*innen dieses Land seit den 1950er Jahren in einem demokratisierenden Sinne grundlegend und nachhaltig verändert hat, wurde hinlänglich beschrieben. Die Fantasie der jungen BRD von einer Fortsetzung der Fremdarbeit unter den selben Bedingungen, wie sie in den Jahren des Nationalsozialismus stattfand, d.h. isoliert untergebracht und sozialstaatlich und bürgerrechtlich entrechtet, zerplatzte schnell.

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