So entsteht Verbindlichkeit

Gabi Ohler über den LINKEN Bundesfrauenrat, Basisdemokratie und Chefsessel

Auf der Suche nach einem zeitgemässen Feminismus hat prager frühling verschiedenen Frauen die Organisationsfrage gestellt. Gabi Ohler, Katja Kipping und Steffi Lohaus vom Missy Magazine haben geantwortet.




prager frühling: Du setzt dich für ein verbindliches Frauen-Gremium bei der LINKEN ein. Warum?

Gabi Ohler: Wir brauchen ein Gremium zur Vernetzung der verschiedenen Frauen-Strukturen. Dabei streben wir bewusst das Delegationsprinzip an, damit die mitwirkenden Frauen demokratisch legitimiert sind. So entsteht Verbindlichkeit. Mit einer verbindlichen Struktur bekäme DIE LINKE auch eine Ansprechpartnerin für feministische Politik. Es gibt ja zur Zeit unterschiedliche Frauenstrukturen, nicht nur LISA, sondern auch das Linke Frauennetzwerk in Thüringen und die LAG Forsch in MeckPom.

pf: In den Debatten um ein solches Gremium spiegeln sich die Positionen zur Organisierung von Frauen wieder. Wie lauten die Einwände?

Ohler: Die Gegenargumente beziehen sich auf Struktur und Verbindlichkeit. Es sei ein Funktionärinnen-Gremium. Kritisiert wird das Delegationsprinzip, weil es dem Prinzip der Basisdemokratie entgegenstehe. Außerdem wird befürchtet, dass ein satzungsmäßig verankertes Gremium Strukturen wie LISA behindern könne.

pf: Was hältst du entgegen?

Ohler: Alle existierenden Strukturen können so weiterarbeiten, wie sie das entscheiden. Angedacht ist ein Vernetzungsgremium auf Bundesebene. Wir wollen beides: Verbindlichkeit und Autonomie, aber eben auf unterschiedlichen Ebenen. Bisher z.B. ist nicht geklärt, wer über das Programm der Frauenkonferenz entscheidet, da es kein verbindliches Gremium gibt. So entscheidet im Zweifelsfall der Vorstand, der zur Hälfte von Männer besetzt ist.

pf: Was erwiderst du auf den Einwand, das Wahlprinzip sei nicht basisdemokratisch?

Ohler: Die Basis kann ja entscheiden, wen sie wählen möchte. Das erscheint mir demokratischer, als wenn jede für sich selbst entscheidet, ob sie mal kommt oder nicht, ob sie die anderen Frauen informiert oder auch nicht.

pf: Auf dem Parteitag verfehlte ein entsprechender Antrag die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Ist das Anliegen gescheitert?

Ohler: Nein. Wir sollten einen neuen Anlauf nehmen. Wichtig ist die Kritikerinnen zu überzeugen, dass ein solches Gremium keine Gefahr, sondern ein Zugewinn ist. Wichtig ist aber auch, die Männer davon zu überzeugen, sich nicht wegzuducken. Es ist ein alter Reflex, zu behaupten, sie müssten sich nicht einmischen, wenn sich nicht mal die Frauen untereinander einig wären. Als seien sich DIE Männer immer einig!

pf: Nachdem der Satzungsantrag keine Zweidrittelmehrheit erhielt, kam es zur Ausrufung eines Bundesfrauenrates. Was hat es mit dieser Initiative auf sich?

Ohler: Viele Frauen waren sich einig: Gut dann gründen wir einen Bundesfrauenrat erst mal ohne Wahlen und arbeiten weiter auf verbindliche Strukturen hin. Wir wollen, dass DIE LINKE attraktiver für Frauen wird. DIE LINKE hat gute inhaltliche Positionen, die aber oft nicht in die breite Öffentlichkeit dringen, weil sie eine andere Ausstrahlung hat.

pf: Was sind die nächsten Vorhaben?

Ohler: Bislang haben sich über 200 interessierte Frauen gemeldet. Beim Gründungstreffen wurde eine Umfrage auf den Weg gebracht. Weibliche Mitglieder werden befragt, welche Politik sie sich in der LINKEN wünschen.

pf: Wie hältst du es mit Chefsesseln, abschaffen oder besetzen?

Ohler: Eine Gesellschaft ohne Chef-Sessel ist anstrebenswert. Allerdings sehe ich derzeit nicht, wie wir zu Lebzeiten dorthin gelangen sollten. Insofern sollten wir unser Recht einfordern, Chefinnen-Sessel zu besetzen und uns nicht von Männerseilschaften den Zugang verwehren lassen.