Luxemburg in Russland

Warum es Globalisierungskritik in der Ex-Sowjetrepublik so schwer hat

Die Eingliederung der Zweiten Welt in den globalen Kapitalismus gilt als einer der Hauptaspekte von neoliberaler Globalisierung. ...

... Doch ausgerechnet in Russland, wo die "Transformation" heftige soziale Verwerfungen erzeugt, findet die Globalisierungskritik kaum Widerhall. Nur langsam bildet sich eine Landschaft globalisierungskritischer Gruppen. Warum bleiben sie so schwach und warum fallen ihr Brückenschläge gen Westen so schwer? Die Eingliederung der realsozialistischen Länder in den Weltmarkt war von Beginn an Bestandteil der Transitions-Ideologie, der Lehre vom schnellen Übergang zum Kapitalismus, der sich an globalen Wettbewerbsverhältnissen orientieren müsse. Die "Öffnung für die Marktwirtschaft" bedeutete somit die Liberalisierung der Märkte für Waren und Kapital sowie die Weltmarktorientierung der Produktion. Die Rede vom Sachzwang Globalisierung sollte jene Argumente verstärken, die die "Reformen" als unausweichlichen Prozess der Normalisierung nach einem jahrzehntelangen Abweichen von "natürlicher" Entwicklung darstellten. Dieser nach Lesart russischer Reformer "normale Kapitalismus" sieht dem Idealbild radikaler Marktideologen im Westen verdächtig ähnlich.

Postindustriell ...

Zwar scheitert die Umsetzung solcher Vorstellungen sowohl an ihrem eigenen Utopismus - keine Gesellschaft kann nur auf dem Markt gegründet sein - wie auch an den konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen. Denn überkommene sowjetische formale und informelle Praktiken wie der Tauschhandel oder staatliche Unterstützung für eigentlich bankrotte Firmen bestehen im heutigen Russland fort, um den sozialen Zusammenbruch aufzufangen. Darüber hinaus sind die Interessen der russischen Eliten an der Verfügungsmacht über die profitablen Teile der russischen Ökonomie nur partiell mit der konsequenten Umsetzung marktradikaler Reformen vereinbar. Denn bei direkter Konkurrenz mit kapitalstarken westlichen Konzernen würden auch die großen russischen Unternehmen schnell zusammenbrechen. Insofern stehen die Reformen häufig nur auf dem Papier. Im öffentlichen Diskurs ist die Notwendigkeit von "Reformen" und die Anpassung an den Weltmarkt jedoch weiterhin dominant. Die in Russland parallel zum Marktradikalismus entstehende Globalisierungsdebatte ist anfangs eher akademisch und von dem Versuch geprägt, passendere Entwicklungsstrategien für das Land im Globalisierungszeitalter zu entwerfen. Sie ist insofern nicht globalisierungskritisch; sie konstatiert vielmehr eine "Unausweichlichlichkeit", der es sich anzupassen gelte. Immerhin führt diese Debatte zum Versuch, die marktradikale Ideologie von der unsichtbaren Hand des Marktes in Frage zu stellen. Statt ihr wird eine aktive staatliche Entwicklungspolitik im Sinne der Herstellung von Wettbewerbsfähigkeit eingefordert. Die Debatten ranken sich dabei vor allem um die Frage, wie im Zeitalter der "postindustriellen Entwicklung" eine erfolgreiche kapitalismusbasierte Entwicklungsstrategie aussieht: Ob postindustrielle Hochtechnologien zu entwickeln seien, oder ob auf dem sowjetischen industriellen Erbe aufzubauen sei und Russland zunächst ein Industriestaat in zweiter Reihe werden soll, bevor daran gedacht werden könne, postindustriell zu werden. Während in diesem etatistischen Debattenstrang die Globalisierung als unausweichlicher Prozess dargestellt wird, dem der Staat zum Wohle der Nation begegnen muss, interpretiert die Hauptströmung der russischen Globalisierungskritik sie vor allem als westlichen Imperialismus unter Führung der USA zum Schaden Russlands und seines Großmachtstatus. In extremen Fällen wird die Globalisierung mit dann meist antisemitischen Untertönen als Verschwörung dargestellt. Hier gehen russischer Chauvinismus, Nationalismus und Eurasismus1 eine krude und gleichzeitig gefährliche Allianz mit einem platten Marxismus-Leninismus ein. Dieser zeichnet sich durch die Verteidigung des "russischen nationalen Interesses", Antiamerikanismus, Kritik an kultureller "Verwestlichung" und westlicher ökonomischer Dominanz sowie durch extremen Autoritarismus und Staatsgläubigkeit aus.

... national befreit ...

In dem - in sich wiederum stark gespaltenen - ML-Spektrum tummeln sich sowohl radikale Splittergruppen wie die Stalinisten von Viktor Anpilov (Trudovaja Rossija), die National-Bolschewistische Partei (NBP), aber auch die nach wie vor größte Oppositionspartei KPRF (Kommunistische Partei der Russischen Föderation) mit ihrem Vorsitzenden Zyuganov. Deren Ideologie lässt sich inzwischen in weiten Teilen eher als kulturalistisch-nationalistisch denn als kommunistisch beschreiben. So ließ die KPRF-Führung beispielsweise wissen, unter den Bedingungen von Globalisierung sei "die Hauptsache nicht der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit", sondern "der weiter gefasste Widerspruch zwischen den Kräften von Kosmopolitismus und Patriotismus". Obwohl die Verlautbarungen dieser Strömungen oftmals in einer verstaubten, dafür um so pathetischeren Sprache daherkommen, spiegeln sie doch die heutigen Interessenlagen verschiedener russischer Gesellschaftsschichten wieder. Etwa die der "Globalisierungsverlierer", die durch die nackte Gewalt der Kapitalverhältnisse noch stärkerem Druck ausgesetzt sind als durch sowjetische, immerhin noch paternalistisch abgefederte Ausbeutungsverhältnisse. Kapitalistische Globalisierung heißt für viele Menschen in den russischen Provinzen Marginalisierung, den Ausschluss aus den Prozessen der transnationalen Produktion und des Güteraustauschs bis hin zum Rückzug in informelle Netzwerke und teilweise Subsistenzwirtschaft. Die Entstehung eines "russischen Luxemburgs" - wie der russische Linke Boris Kagarlitsky jenes Gesellschaftssegment aus Mittelständlern nennt, die in und über die Vernetzung mit transnationalen Produktionsstrukturen einen annähernd westlichen Lebensstandard erreichen - beeinflusst die Realität dieser marginalisierten Gruppen nur am Rande. Auf der anderen Seite entspricht die national-chauvinistische Rhetorik aber auch den Interessen russischer Kapitalgruppen, die Russland nicht in Bausch und Bogen an transnationales Kapital übergeben wollen. Die Rufe nach dem starken, protektionistischen Staat, die von bestimmten Unternehmensgruppen geäußert werden, haben damit eine klare soziale Grundlage. Im Interesse des Widerstandes gegen den westlichen Imperialismus stellen sich AntiimperialistInnen wie Anton Baumgarten, Redakteur des Internet-Magazins www.left.ru (eine der bekanntesten sich als "links" definierenden Web-Sites), auf die Seite dieses russischen Kapitals und fordern eine protektionistische Politik zum Schutz gegen die Überausbeutung durch das westliche Kapital. Die Politik Putins wird von ihnen aufgrund seines Schmusekurses mit den USA heftig kritisiert - die autoritäre Innenpolitik des Präsidenten scheint weniger zu stören.

... oder internationalistisch?

Auch von gewerkschaftlicher, linkssozialistischer und trotzkistischer Seite werden Rufe nach dem Schutz der einheimischen Industrie und der dortigen Arbeitsplätze laut. Dies manifestiert sich in letzter Zeit vor allem in der Debatte um den geplanten WTO-Beitritt Russlands. In diesem Spektrum lässt sich auch die russische Attac-Sektion "Mir - ne towar" (Die Welt ist keine Ware), bisher ein relativ kleines Grüppchen, verorten. Allerdings betonen ihre VertreterInnen einen klaren politischen Internationalismus, insbesondere in Abgrenzung zu den linksnationalen AutorInnen von left.ru, die auf dem Kampf für nationale Befreiung in peripheren Ländern wie Russland bestehen. Exemplarisch für die Unterschiedlichkeit der Positionen ist die Debatte vom Sommer 2002. Left.ru-Autor Baumgarten verteidigte in seiner Polemik gegen AktivistInnen von Attac und der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft SKT den Begriff des Antiimperialismus gegenüber dem des Antiglobalismus. Die Vertreter eines von der Macht der westlichen Staaten und insbesondere der USA abstrahierenden Verständnisses von globalem Kapitalismus würden sich objektiv der KomplizInnenschaft mit dem westlichen Imperialismus schuldig machen und "Sozialimperialismus" betreiben. Die Attac-VertreterInnen Carine Clement und Oleg Shein (ein trotzkistischer Duma-Abgeordneter) weisen dagegen auf die strukturellen Veränderungen durch die Transnationalisierung von Produktions- und Herrschaftsverhältnissen hin und sehen die Macht von Nationalstaaten erodieren. Nicht einzelne imperialistische Nationalstaaten seien das Problem, denn als Akteure der Globalisierung träten internationale Organisationen wie WTO und IWF sowie vor allem transnationale Unternehmen auf, gegen die ebenso transnationale solidarische Bündnisse von unten gestellt werden müssen. Die AntiimperialistInnen werfen der Attac-Position wiederum vor, den Anteil nationalstaatlicher Machtausübung, insbesondere militärischer Gewalt, durch die NATO und die westliche "Staatengemeinschaft" im allgemeinen zu verschleiern. Der Weg der russischen Bewegung müsse dagegen der Kampf um die Aneignung der Staatsmacht in Russland und die Verteidigung gegen die imperialistische Ausbeutung sein. Eine Interessenübereinstimmung der ArbeiterInnen in unterdrückten Ländern mit denen in den imperialistischen Zentren gibt es für Baumgarten nicht, weil diese vom Kapital ihrer jeweiligen Länder wirksam korrumpiert würden. Und gerade da, wo sie wie z.B. die französischen Arbeiter besonders wirksam ihre Interessen schützen würden, führe das nur zu verstärkter Ausbeutung in den peripheren Ländern, um dem Kapital den Freiraum zur Befriedung der eigenen nationalen Arbeiterklasse zu lassen. Die Widersprüche der globalisierungskritischen Bewegung im Westen werden damit ziemlich klar benannt. Allerdings bleibt Baumgarten seinerseits beim pathetischen Streben nach der Erneuerung der Sowjetmacht stehen - Widersprüche innerhalb der russischen "ArbeiterInnenschaft" scheint es für ihn nicht zu geben. Aber auch die Gegenposition der Attac-AnhängerInnen lässt die grundlegende Frage offen, wie mit den realen Interessengegensätzen in Ost und West umgegangen werden kann. Sie versteckt sich hinter einer modernisierten Version von "Arbeiter aller Länder, vereinigt Euch". Gesellschaftsanalysen jenseits der traditionellen Kapital-Arbeit-Dichotomie bleiben so außen vor. Darin treffen sich die beiden Strömungen allerdings.

Klein, aber fein

Demgegenüber haben kleine Gruppen, die versuchen, weder verschwörungstheoretische noch staatsfixierte Globalisierungskritik zu formulieren und stattdessen auch andere Widersprüche als das Kapitalverhältnis in den Blick nehmen, einen schweren Stand. Nicht nur, dass sie zahlenmäßig und von ihren materiellen Mitteln her weit unterlegen sind. Es fehlt auch an der Einbindung in internationale Diskussionszusammenhänge sowohl des Westens als auch des Südens sowie an theoretischen Hintergründen, die eine fundierte Globalisierungskritik von links ermöglichen. Ansätze dafür gibt es in kleinen, meist themengebundenen Gruppen wie ökologischen Initiativen oder in anarchistischen Kreisen. Mehr noch als die nationalistischen und linkssozialistischen Gruppen bleiben diese aber bisher gesellschaftlich marginalisiert. Sie werden zudem mit staatlicher Repression bedroht, sobald das Entstehen einer Bewegung befürchtet wird. Die Vernetzung der russischen Gruppen mit der internationalen globalisierungskritischen Bewegung hat sich bisher als schwierig erwiesen und beschränkt sich oft auf einzelne Kontakte zwischen Individuen. Die Gründe dafür liegen zunächst in den ungünstigen Bedingungen: Aufgrund der Blockkonfrontation existiert kein historisch gewachsener solidarischer Bezug aufeinander; Geldmangel, Sprachhindernisse, die teilweise schwierigen Kommunikationsstrukturen und die immer restriktiveren Einreisebestimmungen seitens der westlichen Länder, aber auch der russischen Regierung erschweren direkte Kontakte. Doch mit solchen Schwierigkeiten haben auch andere Bewegungen zu kämpfen. Dmitri Glinski, linksliberaler Professor in Moskau und scharfer Kritiker der bisherigen russischen "Reformen", weist daher auf ein anderes Hauptproblem hin: Westliche und östliche Bewegungen wissen oft nicht genau, was sie miteinander anfangen sollen oder worin der gegenseitige Nutzen liegt. Strategien der im Westen verbreiteten Bewegungen lassen sich nicht einfach auf Russland übertragen. Russische Bewegungen wiederum eignen sich nicht als Projektionsfläche für westliche Befreiungsträume. Als Ausweg aus diesem Dilemma bietet sich an, verstärkte Ost-Süd-Kooperationen zu initiieren, da die Bedingungen in verschiedenen peripheren Ländern, auch wenn sie eine unterschiedliche Geschichte haben, wohl ähnlicher sind als die zwischen Ost und West. Die Rolle "nordwestlicher" InternationalistInnen dabei könnte - falls gewünscht - in Kontaktvermittlung und materieller Unterstützung bestehen. Die Ausweitung internationaler Vernetzungsprojekte auf Russland ist dort sinnvoll, wo sie nicht eine schlichte Übertragung von Konzepten aus einem völlig anderen Kontext beinhaltet, sondern mehr Kommunikation ermöglicht. So gibt es mit dem russischsprachigen www.indymedia.ru den Versuch, ein weltweites Internet-basiertes Kommunikationskonzept für die ehemalige Sowjetunion nutzbar zu machen. Vor allem aber geht es darum, Anknüpfungspunkte zu finden, in denen die konkreten Auswirkungen der Globalisierungsprozesse aufscheinen. Beispiele aus der Ökobewegung sind die Entsorgung russischer Waffen durch Lockheed Martin mittels umweltschädlicher Techniken, die im Westen längst verboten sind, oder die atomindustriellen Geschäfte vom Uranerzexport bis zur geplanten Einfuhr von Atommüll nach Russland. Der geplante WTO-Beitritt und dessen Folgen für Russland, aber auch für die etablierten WTO-Länder, sowie die Politik des IWF sind weitere Beispiele. Auch die Kritik am Migrationsregime der EU wäre ein Anknüpfungspunkt - im no-border-Netzwerk und der anlaufenden Kampagne zur IOM (International Organisation for Migration) gibt es bereits erste Kooperationen mit russischen Gruppen. So lassen sich trotz aller Unterschiede doch gemeinsame Interessen entdecken. Anmerkungen: 1 Eurasimus ist die Betonung russischer Spezifik aufgrund einer Verwurzelung in europäischen und asiatischen Traditionen, aber auch die Betonung der Unterschiedlichkeit "eurasischer" Traditionen im Gegensatz zum pazifischen "Amerikanismus". Gisela Neunhöffer ist Mitglied der Osteuropa-AG Berlin und arbeitet im BUKO-Arbeitsschwerpunkt Weltwirtschaft. Sie promoviert an der HU Berlin zu Arbeitsverhältnissen in Russland.

Russland: Globalisierung als Schocktherapie

Die Integration Russlands in den globalen Kapitalismus seit Anfang der 1990er Jahre knüpft zum Teil an alte Strukturen an. Schon die Sowjetunion war insbesondere durch Erdöl- und Erdgasexporte sowie Konsumgüterimporte mit dem Weltmarkt verflochten. Doch während damals ein relativ abgeriegeltes Land nur in einzelnen Wirtschaftssektoren in einen vom Staat kontrollierten Austausch trat, ist die heutige Integration unter dem Vorzeichen neoliberaler Schocktherapie ein zumindest formal von Staatsseite wenig gesteuerter Prozess. Vorangetrieben wurde sie durch die Liberalisierung von Kapitalbewegungen und Handel. Am schnellsten verlief die Integration Russlands in internationale Kapitalmärkte, die jedoch nur in Ausnahmefällen zur erhofften Modernisierung der Wirtschaft führte. Die demgegenüber dominierenden spekulativen Investitionen in kurzfristige Staatsanleihen waren Mitauslöser für die schwere Finanzkrise 1998, in deren Folge der Zufluss auswärtigen Kapitals stark zurückging. Die anhaltende Kapitalflucht durch russische Unternehmen und Privatpersonen beträgt nach Schätzungen bis zu 300 Mrd. US-Dollar in den letzten zwölf Jahren. Die Verlagerung von Kapital zu Offshore-Finanzzentren und auf Schweizer Konten trägt damit zur Investitionsschwäche erheblich bei. Eine weitere Globalisierungsfolge ist die Verschuldung, die einen beträchtlichen Teil des Staatsbudgets frisst. Die Zinszahlungen und Tilgungen übersteigen den Zufluss westlicher "Hilfen" in Form von rückzahlbaren Krediten beträchtlich. Die russische Regierung muss derzeit 27,3% ihrer Einnahmen für den Schuldendienst aufwenden. Insgesamt beträgt die Verschuldung 40% des BIP. Die direkte Konfrontation mit dem Wettbewerb auf dem Weltmarkt hat die Wirtschaftskrise vertieft und zum Zusammenbruch vieler Bereiche der russischen Wirtschaft geführt, die mit fortgeschrittenen westlichen Technologien und billigen Konsumgütern aus den Weltmarktfabriken des Südens nicht Schritt halten konnten. Wettbewerbsfähig waren in erster Linie rohstofffördernde und -vorverarbeitende Branchen, insbesondere Metallurgie und Energierohstoffe. Der russische Export verlagert sich damit weiter auf Rohstoffe, was eine exportorientierte Entwicklung auf Basis der bisherigen Industrialisierung abschneidet. Russland wird dadurch im Unterschied zu China noch nicht einmal als Billiglohnland in die internationale Arbeitsteilung integriert - und schon gar nicht als semi-entwickelte Peripherie wie die EU-Kandidaten Mittel- und Osteuropas. Die Folgen dieser negativen Integration in die Weltwirtschaft sind fatal: In den Rohstoffsektoren gibt es bei weitem nicht genug Arbeitsplätze, um die Bevölkerung mit Lohnarbeit zu versorgen, während gleichzeitig die Produktion für den Binnenmarkt unter der Wirtschaftskrise und der Importkonkurrenz leidet. Große Teile der Bevölkerung werden deshalb aus der formalen Wirtschaft ausgegrenzt und marginalisiert. Die vereinzelten Inseln global integrierter (oder zumindest wettbewerbsfähiger) Produktionsnetzwerke stehen so der Überlebensökonomie des informalisierten, prekarisierten Sektors gegenüber. Die neoliberalen Konzepte russischer "Reformer", internationaler Institutionen und diverser Berater haben im Verbund mit der "offenen" Weltmarktintegration zur strukturellen Peripherisierung Russlands geführt. gn Literatur: - IWF (2002): Russian Federation. Country Report No. 02/74,www.imf.org - Neunhöffer, Gisela und Anne Schüttpelz: "Offene" und "geschlossene" Transformation: Von peripheren und noch periphereren Kapitalismen in Osteuropa, in PROKLA. Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 128, 32. Jg., 2002, Nr. 3.