Keine Opposition von der Opposition – Russlands Kommunisten bleiben Zuhaus

Freudig schritten Russlands Kommunisten heuer in den März: „Für uns sind unsere Frauen der Inbegriff von Schönheit, ein Beispiel für unermüdliche Arbeit und liebevolle Herzen. Wir erinnern uns immer an ihre besondere Aufgabe auf Erden – Leben zu schenken, häuslichen Komfort zu schaffen, Kinder zu erziehen, zu schaffen und zu verzaubern.“ So gab zum Internationalen Frauentag Gennadi Sjuganow, 78 Jahre alt und Vorsitzender der KPRF seit 30 Jahren, den Ton an. Der geriet allzu altväterlich.

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Die Aktualität der Frontier als Analysekonzept

Eine Einordnung der aktuellen Landkonflikte in Amazonien
Nach dem beeindruckenden Rückgang der Abholzung in der brasilianischen Amazonasregion zwischen 2004 und 2014 um 82 %, nimmt sie seit 2016 wieder kontinuierlich zu. Insbesondere die Regierung des rechtsradikalen Präsidenten Jair M. Bolsonaro ab dem Jahr 2018 hat diese zerstörerischen sozial-ökologischen Dynamiken beschleunigt (Canuto u.a. 2020: 102). Bereits im Wahlkampf hatte Bolsonaro angekündigt, die Amazonasregion ökonomisch über die Agrarindustrie und den Bergbau zu erschließen. Zudem versprach er, dass während seiner Amtszeit kein Indigenes Land mehr demarkiert werden würde (vgl. Gortázar 2021); ein Wahlversprechen, das er bis Oktober 2022 gehalten hat. Knapp 500 Jahre nach der Kolonisierung Amazoniens durch Portugal und 50 Jahre nach dem Versuch der Militärs Amazonien über großformatige Entwicklungs- und Infrastrukturprojekte ökonomisch und politisch einzuverleiben, stellt sich die Frage, wie diese Entwicklungen einzuordnen sind: Wie können diese Dynamiken erklärt werden? Was ist neu an den aktuellen Zerstörungsdynamiken und inwiefern zeigen sich historische Kontinuitäten? Welche Ansatzpunkte der Veränderung gibt es – v.a. vor dem Hintergrund des knappen Wahlsieges von Luiz Inácio „Lula“ da Silva im Oktober 2022?
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Einschüch­terungs­versuch gegen Freies Radio im Breisgau

Hefteditorial iz3w 395 (März/April 2023)

Am Morgen des 17. Januars staunten wir nicht schlecht, als bei unseren Freiburger Kolleg*innen von Radio Dreyeckland (RDL) plötzlich die Polizei vor der Tür stand. Durchsucht wurden die Privatwohnungen von zwei Redakteuren und die Redaktionsräume des Senders selbst. Noch mehr staunten wir, als klar wurde, weshalb durchsucht wurde: Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, also deren Staatsschutzabteilung, wirft RDL vor, Werbung für eine verbotene Vereinigung gemacht zu haben.

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Gräueltaten in der Ukraine

Ist es Völkermord?

Viele Politiker*innen, zivilgesellschaftliche Organisationen und Wissenschaftler*innen beschuldigen Russland, in der Ukraine einen Völkermord zu begehen. Der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin bestätigte auch, dass er ein Verfahren gegen Russland wegen Völkermordes vorbereitet. Dies ist jedoch eine umstrittene Behauptung – und viele Genozidforscher*innen (den Autor eingeschlossen) und spezialisierte NGOs, die sich mit Völkermord befassen, haben sich mit dieser Formulierung zurückgehalten. Was spricht für welche Sichtweise? Ein Debattenbeitrag.

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Konkurrierende Bedrohungsdebatten in Krisenzeiten

Eine sozialpsychologische Perspektive

Hinter uns liegt ein Jahr, in dem der Krisenmodus zum Dauerzustand erklärt wurde. Krieg in der Ukraine, Energieknappheit, Digitalisierung, Pandemiefolgen und nicht zuletzt der galoppierende Klimawandel. Krisen und Transformationsprozesse gehen mit mehr oder weniger konkreten Bedrohungslagen einher. Diese werden in Nachrichtensendungen, Talkshows und sozialen Medien debattiert – singulär, wechselseitig überlagernd und vergleichend. Aber was genau macht das mit uns als Gesellschaft, wenn multiple Bedrohungen und deren Bedeutung dauerhaft zum Gegenstand öffentlicher Debatten werden?

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Wie wollen wir wohnen?

Themeneditorial iz3w 395 (März/April 2023) zu "Wohnen weltweit"
Weltweit führen Menschen Kämpfe um das Menschenrecht auf Wohnen. Im Themenschwerpunkt gehen wir Fragen nach, die sich dabei stellen: In welche ‚Eigentumsform‘ kann Wohnraum transformiert werden? Welche Architektur prägt und ermöglicht welches soziale Miteinander? Wie lassen sich Aspekte der Care-Arbeit, etwa die Realität von Müttern und Sorgenden, mitdenken? Wie ist das Wohnen der Zukunft vereinbar mit Klimawandel, Naturkatastrophen, Sturm, Überschwemmung oder Hitze? Wie geht man damit in den existentiell betroffenen Ländern vor allem des Globalen Südens um?
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Im Osten nichts Neues?

Editorial: Graswurzelrevolution Nr. 477, März 2023

Liebe Leser*innen,

vor über einem Jahr begann das russische Militär auf Befehl von Putin einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Seitdem sind nach seriösen Schätzungen bereits mehr als 250.000 Menschen getötet worden (1). Ein Ende des Massenmordes ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, ein jahrelanger Stellungskrieg wird immer wahrscheinlicher, mit unzähligen Opfern auf beiden Seiten. Die Gefahr, dass es in einem der zum Teil jetzt schon durch die Kämpfe beschädigten Atomkraftwerke in der Ukraine zu einem Super-GAU kommt, wächst mit jedem Kriegstag.

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Gefährlicher Überbietungswettbewerb

Die neue Dimension der Waffenlieferungen an die Ukraine

Der seit einem Jahr tobende imperialistische Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat nach Angaben von US-General Mark Milley bereits Anfang November 2022 etwa 40.000 ukrainischen Zivilist*innen, 100.000 russischen und ebenso vielen ukrainischen Soldat*innen das Leben gekostet. (1) Ein jahrelanger Stellungskrieg mit unzähligen Opfern, wie während des Ersten Weltkriegs, ist wahrscheinlich. Auch die Gefahr eines Super-GAUs in ukrainischen AKWs infolge der Kriegshandlungen ist nicht gebannt.

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Das Polikliniksyndikat

Linke Gesundheitsprojekte statt Gewinnorientierung

Das Polikliniksyndikat ist ein Zusammenschluss verschiedener Gesundheitskollektive in Deutschland, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben linke Gesundheitspolitik nicht nur zu denken, sondern die entwickelten Ideen direkt praktisch umzusetzen. Das wirft Fragen auf: Wie kann diese andere Art der Gesundheitsversorgung in der Realität aussehen? Wie können emanzipatorische Gesundheitsgruppen organisiert sein? Und warum ist eine neue Form der Gesundheitsversorgung überhaupt notwendig?

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Rekorde: Reallohnverluste und Gewinnzuwächse

Die Wirtschaft ist schockiert“ titelt aktuell meine Regionalzeitung. Natürlich sind mit „Wirtschaft“ nicht die Arbeiter und Angestellten gemeint, sondern das Unternehmerlager. In den aktuellen Tarifverhandlungen fordert Verdi 10,5 Prozent, für die Angestellten der Deutschen Post angesichts der Erhöhung des Gewinns je Aktie von 15,9 Prozent sogar 15 Prozent mehr Lohn. Die IG Metall will sich mit 8 Prozent begnügen. Das kann vielen Unternehmern schon die Schweißperlen auf die Stirn und manchem anderen die Zornesröte ins Gesicht treiben.

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(Vor-)Kriegspropaganda

In deutschen Medien wird mit Vorliebe und voller Eifer auf lautstarke Propagandabekundungen im russischen Fernsehen verwiesen. Der gemeine Leser oder Hörer kann das ohnehin nicht nachprüfen, weil er weder russisch versteht noch russisches Fernsehen empfangen kann. Max Klein hat in seinem klug argumentierenden Text unter der Überschrift „Beendet diesen Krieg“ (Blättchen, 3/2023) auf den Zusammenhang von realem Krieg vor Ort und der Propagandaschlacht um den Krieg verwiesen.

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