Der THTR ist in Südafrika gescheitert

Der Bau eines südafrikanischen Thorium Hochtemperatur-Reaktor konnte verhindert werden

Mit diesem Erfolg haben die Bürgerinitiativen in Südafrika und der BRD nicht so schnell gerechnet.

Der Thorium Hochtemperatur-Reaktor (THTR), in Südafrika auch Pebble Bed Modular Re­actor(PBMR) genannt, wird nicht in Koeberg bei Kapstadt gebaut werden, obwohl die für den THTR-Betrieb notwendige und mit deutscher Hilfe errichtete Kugelbrennelementefabrik in Pelindaba den nuklearen Brennstoff schon längst produziert hat.

 

Was ist passiert?

In dem von Armut, Aids und Kriminalität arg gebeutelten Land ist in den vergangenen Jahren die Stromversorgung so oft zusammengebrochen, dass riesige Verluste in der Volkswirtschaft entstanden sind und die Atomkraft zum Hoffnungsträger avancieren konnte. Ins­gesamt sind dort etwa 1.000 Menschen mit der THTR-Forschung und -Entwicklung beschäftigt. Durch etwa zehnjäh­rige Verzögerungen und technische Probleme liefen Kosten in Höhe von etwa einer Milliarde US-Dollar auf, die der südafrikanische Staat zu tragen hatte und die für andere dringende Aufgaben verloren gingen. Da der THTR selbst nach sehr optimistischen Schätzungen erst 2014 hätte Strom liefern können, wären weitere Milliarden-Zuschüsse und Verzögerungen vorprogrammiert. Die notorisch klamme Regierung drehte den Geldhahn zu. Die Atomindustrie versucht diese Blamage zu kaschieren, indem sie jetzt eine Umorien­tierung der THTR-Entwicklungsarbeit hin zu einer Koppelung mit Prozesswärme propagiert. Da Südafrika auch auf­grund der Finanzkrise finanziell ausgeblutet ist, soll dies al­lerdings in den USA verwirklicht werden. Die in Südafrika produzierten Kugelbrennele­mente wurden bereits am 5. Januar 2009 verschifft, damit in den US-amerikanischen For­schungszentren Idaho und Oak Ridge Versuchsserien gestartet werden können. In Südafrika selbst sind etliche Fertigungsaufträge für den THTR auf Eis gelegt worden, einige Entwic­klungsarbeiten laufen aber weiter. Der international agierende Energiekonzern Westinghouse, der bisher maßgeblich involviert war, will die PBMR-Gesellschaft und das staatliche Ener­gieversorgungsunternehmen Eskom möglicherweise nicht ganz fallen lassen, um in einigen Jahren mit diesen Geschäftspartnern seine eigenen neuen, großen Leichtwasserreaktoren in Südafrika bauen zu können. Um weiter im Geschäft zu bleiben, verkündete am 11.2. 2009 die ANC-Regierung für die nächsten drei Jahre doch noch jeweils 90 Millionen Euro für die PBMR-Entwicklung auszugeben. Die Umweltbewe­gung muss also in jeder Hinsicht wachsam und am Ball bleiben! Die Kritik an der Renaissance der THTR-Linie und den Generation IV-Reaktoren hatte sich in den letzten zwei Jahren deutlich wahrnehmbar verstärkt. Im November 2007 kritisierte eine vom österreichischen Lebensministerium (!) in Auftrag gegebene Untersuchung die geplanten neuen Reaktoren in Grund und Boden. Anfang 2008 sorgten Krebsfälle in der Umgebung des THTR in Hamm in über 150 Tageszeitungsberich­ten für Schlagzeilen. Im Juni 2008 erfolgte mit der englisch­sprachigen Moormann-Studie aus Jülich, wo der THTR vor 40 Jahren entwickelt wurde, der Durchbruch in der in­ternatio­nalen Diskussion. Bei dem Rückbau des Mini-THTRs in Jülich wurde offenbar, dass sich der radioaktive Kugelbruch an Stellen befand, wo man es nie für möglich hielt. Der selbstkritische Wissenschaftler deckte ausgehend von diesen Kontaminationen zahllose konstruktive Mängel der gesamten Re­aktorgeneration auf, die die bisherige Propaganda von der „inhärenten Sicherheit" in das Reich der Märchen verwies. KritikerInnen der Atomenergie in Südafrika erhielten Auftrieb und Besuch von bundesdeutschen Fernsehteams und dann war der große finanzielle Zusammenbruch schon da. Beim THTR in Hamm wurde in­zwischen bekannt, dass seine Stilllegung,  sein „sicherer" Einschluss und Rückbau nach optimistischen Einschätzungen fast eine Milliarde Euro kosten. Zusammen mit den Bau- und Entwicklungskosten von 4,4 Milliarden Euro machten das 12,5 Millionen Euro Kosten für einen einzigen Tag Strom aus dem THTR. Diese Geschichte zeigt, wenn kritische Wissen­schaftlerInnen, hohe Kosten, technische Probleme und aktive Bürgerinitiativen zusammenkommen, dann können Atomkraftwerke auch stillgelegt oder verhindert werden.

 

Horst Blume

 

Weitere Infos: www.reaktorpleite.de Artikel aus: Graswurzelrevolution Nr. 337, Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft, 38. Jahrgang, März 2009, www.graswurzel.net