Kunst im Kapitalozän
Intervenieren statt Repräsentieren: Über die Rolle der extraktivistischen Kunst inmitten der Klimakatastrophe und über die Fragwürdigkeit, mit ihr weiterzumachen wie bisher.
Intervenieren statt Repräsentieren: Über die Rolle der extraktivistischen Kunst inmitten der Klimakatastrophe und über die Fragwürdigkeit, mit ihr weiterzumachen wie bisher.
Was deutsche Medien an Nachrichten zum Ukraine-Krieg abliefern, in Sonderheit an Kommentierungen zu den Konsequenzen, die daraus für das Verhältnis zwischen dem Westen und Russland zu ziehen sind, erinnert im Duktus zu nicht geringen Teilen bereits seit längerem an Kriegsberichterstattung unseligen Angedenkens. Als ob etliche Verfasser beim Schreiben bereits wieder „Les Préludes“ im Ohr und den Endsieg im Visier hätten.
Der Ukraine-Krieg wird – wie bereits früher, im Blättchen 8/2023, zu konstatieren war – auf drei Ebenen geführt: als Schießkrieg im Feld, als Wirtschaftskrieg zwischen dem „kollektiven Westen“ und Russland und als Propagandakrieg. Dabei korreliert die zunehmende Lautstärke des letzteren aus Kiew mit den Schwierigkeiten an den Fronten. Das hat sich in den vergangenen Monaten nochmals verstärkt.
„Oh, wie schnell vergeht der Ruhm der Welt.“
Thomas von Kempen, Augustiner Chorherr (um 1380 – 1471)
Eigentlich stammt die Information schon von Juni; doch sie wurde Opfer der aufregenden Zeiten. Dazu kommt die allgemeine Verunsicherung in der „Zeitenwende“: Darf man, soll man die Schwierigkeiten mit dem neuen Geschichtsbild, das in der Aufdeckung grundsätzlicher Irrtümer jüngster deutscher Geschichte zu bestehen scheint, zusätzlich befeuern? Also Unterlassung aus staatskonformen Motiven?
Es ist gewiss keine Übertreibung, den industriegemachten Klimawandel und seine Folgen als größte globale Herausforderung der Gegenwart zu bezeichnen – und dies gilt insbesondere für die damit verbundenen Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der demokratischen Kultur. Radikal rechte Parteien und Bewegungen wie die AfD profitieren von multiplen Krisendynamiken und haben die Klima- und Energiepolitik als ein weiteres Aktionsfeld ihres Kulturkampfes erschlossen.
Die amtierende deutsche Regierung trägt die »wertegeleitete Außenpolitik« vor sich her wie eine Monstranz. Insbesondere der grüne Part der sogenannten Ampelkoalition betreibt eine Moralisierung von Politik, die nur Gut oder Böse kennt. Derzeit wird das Böse von Russlands Präsidenten Wladimir Putin verkörpert, der für den völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine vor ein internationales Gericht gestellt werden soll. Auch für die Demokratie gehe vom autoritär verfassten Russland eine besondere Gefahr aus, so das vorherrschende Narrativ.
Spätestens seit dem Aufkeimen der Klimaproteste und der von vielen als Radikalisierung der Klimabewegung beschriebenen Entwicklung der letzten Jahre ist klar geworden, dass Klimakonflikte nicht nur im Globalen Süden sondern auch in Deutschland an Relevanz gewinnen. Im Fokus steht hierzulande vor allem der politische Umgang mit Klimaschutzmaßnahmen bzw. deren Unzulänglichkeit.
Editorial Graswurzelrevolution Nr. 481, September 2023
Liebe Leser:innen,