prager frühling

Die Generalline

I. Was soll prager frühling sein?

prager frühling ist eine linke Dritteljahreszeitschrift im Magazinstil. Sie ordnet sich der politischen Linken und parteipolitisch dem Umfeld der LINKEN zu. prager frühling möchte linke politische Themen, Diskussionen und Trends intellektuell und kulturell ansprechend, unter Verzicht auf das übliche „parteichinesisch“, der Form nach witzig-spritzig sowie argumentativ dezidiert antiborniert veröffentlichen. Alltagskulturelle Phänomene sind daher ebenso Thema des Magazins wie hochpolitische Themen der linken Debatte. Das Magazin bildet insofern eine Schnittstelle von linker Debatte zu Alltagsverstand und Alltagskultur der LeserInnen.

II. Der politische Standort: „Die Generallinie“.

Es ist unseriös, politische Zeitschriften unter Verzicht auf eine politische Standortbestimmung konzipieren zu wollen. Das schließt Pluralität nicht aus. Ein stimmiges Konzept muss jedoch eine Ein- und Ausgrenzung der politischen Richtung vornehmen, welche „die Linie“ des Blattes kennzeichnen soll. Der Standort von prager frühling wird hier wie folgt beschrieben: prager frühling steht für eine Politik sozialistischer Gesellschaftstransformation als Prozess radikaler Demokratisierung und individueller Emanzipation. prager frühling bezieht sich daher auf soziale Bewegungen und politische Strömungen, die diesen Prozess befördern wollen. Insbesondere gilt unsere Sympathie den historischen Bestrebungen eines reformierten Sozialismus mit menschlichem Antlitz („Prager Frühling“), eurokommunistischen Ideen, den Vorstellungen linker sozialdemokratischer Strömungen in der Arbeiterbewegung sowie den radikaldemokratischen und anti-autoritären Ideen der neuen sozialen Bewegungen in Westeuropa. prager frühling bezieht sich zudem positiv auf linke kritische Theorien, ohne diese zu fetischisieren, sondern mit dem Ziel, Widersprüche aufzunehmen und – wo möglich – zu synthetisieren. Jede Wahrheit ist gezwungen, den radikalen Widerspruch aktiv auszuhalten, und jede Selbstverständlichkeit die radikale Kritik: Deshalb ist mit diesem Magazin Stalinismus, bornierter Avantgardismus und Strickjäckchenspießertum nicht zu machen. prager frühling steht mithin im Zentrum linker Nabelschau, radikal zwischen Reform und Revolution, zwischen linker Anpassung und linkem Fundamentalismus, zwischen Arbeiterkult und Postmoderne, zwischen Mann und Frau, zwischen Slime und Zwölftonmusik.

III. Refound: Die Linke neuBEgründen!

Das Magazin prager frühling verortet sich politisch in der Mitte der Partei und ist dem Ziel einer neuen Linken verpflichtet. Bisher ist die neue Linke ein vor allem organisationspolitisch bestimmtes Projekt. Was jetzt ansteht ist eine inhaltliche NeuBEgründung linker Politik. Wir wollen die Diskussion darüber eröffnen, wie linke Politik im 21. Jahrhundert aussehen kann und soll. Wir sind entschieden darin, dass es kein Zurück geben darf: Der real existierenden Sozialismus ist ökonomisch und demokratiepolitisch zu Recht gescheitert. Der dritte Weg der Sozialdemokratie der 90er Jahre hat die sozialdemokratischen Parteien zu Anhängseln neoliberaler Wettbewerbspolitik gemacht. Das rot-grüne Reformangebot des 20. Jahrhunderts, in das viele große Hoffnungen setzten, hat keine linken Antworten mehr parat. Doch auch innerhalb der LINKEN herrscht eine gewissen Ratlosigkeit: Mit Sorge beobachten wir innerhalb der LINKEN eine Tendenz zum Weiter so wie in der PDS bzw. wie in der früheren SPD oder in der organisierten Linken des 20. Jahrhunderts.

Bruch nach vorne!

Wir sind der Auffassung, dass wir mehr brauchen als eine organisatorische Zusammenführung und rechnerische Mehrheiten in Parlamenten. Wir brauchen ein gemeinsames Projekt der gesellschaftlichen Linken, um tatsächlich auf die Hegemonieverhältnisse Einfluss zu nehmen. Wir haben keinen Generalplan zur NeuBEgründung linker Politik, wir wollen aber darüber diskutieren, wie ein „Bruch nach vorne“ mit dem Neoliberalismus aussehen könnte – ein Bruch, der einen anderen gesellschaftlichen Entwicklungsweg propagiert, der auf der Höhe der Zeit ist.

Uns eint, dass wir in diesen Prozess folgende Eckpunkte einbringen wollen:

  • Grund- und Freiheitsrechte sind für uns konstitutiver Bestandteil linker Politik. Dazu gehört für uns auch eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und mit der Skepsis gegenüber Freiheit und Demokratie in Teilen der sozialistischen Arbeiterbewegung. Eine Einschränkung von Demokratie und Freiheit im Namen des Sozialismus darf es nie wieder geben. Deswegen sagen wir: Freiheit und Sozialismus.
  • Wir kämpfen gegen Privatisierungen öffentlicher Güter. Dabei geht es um mehr als um die Abwehr von drohenden Privatisierungen. Es geht uns ebenso um den Ausbau und die Demokratisierung sowie um die Stärkung des öffentlichen Sektors durch Vergesellschaftung.
  • Für einen neuen Feminismus! Die Linke ist für die konsequente Gleichstellung von Männern und Frauen in Theorie und Praxis oder sie ist nicht links. Geschlecht ist für uns dabei eine ebenso zentrale Analyse- und Handlungskategorie wie "Klasse".
  • Für eine europäische Linke! Für eine demokratische und soziale EU! Ein demokratieorientierter, sozialökologischer Politikwechsel ist auf veränderte Kräfteverhältnisse in der EU angewiesen. Die Linke begreift Europa als nicht hintergehbaren Handlungsrahmen, als zentrales Terrain um die Bedingungen der Möglichkeit einer anderen Politik auszuloten. Ein Rückfall in nationalstaatlichen Souveränismus und nationalistische Borniertheit ist keine angemessene Antwort auf die gegenwärtig neoliberale Politik der EU. Schon Marx und Engels wussten: Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Staaten, sondern zwischen Klassen.
  • Für eine konsequente Friedenspolitik, die die UN, das internationale Recht und den Multilateralismus stärkt. Wir fühlen uns der Tradition des Antimilitarismus verpflichtet. Militärische Logik und Emanzipation schließen sich gegenseitig strukturell aus.
  • Für einen grundlegenden ökologischen Umbau. Angesichts fortschreitenden Klimaschocks sind die soziale Frage und globale Gerechtigkeit nicht mehr losgelöst von der ökologischen Frage zu diskutieren.

Die neue Partei ist mehr als ein Schrebergarten- bzw. als ein Wahlverein. Der Erfolg von Parteien bemisst sich nicht nur an der Frage von Mitgliederzahlen und Wahlergebnissen, sondern auch in einer Parteiarbeit, die Mitglieder und Funktionsträger ausreichend qualifiziert und für die gesellschaftspolitische Auseinandersetzung wappnet. Insofern streiten wir für eine LINKE, die als Bildungs- und Qualifizierungszusammenhang wirkt. Das Magazin prager frühling soll dazu beitragen.