Der Frankfurter Auschwitzprozess – ein Rückblick

Aufzeichnung einer öffentlichen Veranstaltung mit Gerhard Wiese, ehemaliger Oberstaatsanwalt, Vertreter der Anklage im Auschwitzprozess, am 18. Oktober in Frankfurt am Main

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Moderatorin Ulrike Holler mit Staatsanwalt a.D. Gerhard Wiese
Foto: Martin Betzwieser, (c) die Veranstalter

Vor genau 50 Jahren wurden im ersten Frankfurter Auschwitzprozess 17 Angeklagte verurteilt. Weil die Beweise nicht ausreichten, kam es zu zwei Freisprüchen.
Gerhard Wiese hatte zusammen mit den Staatsanwälten Kügler und Vogel die Anklageschrift verfasst. Er war mit 34 Jahren der jüngste unter den Juristen und ist heute einer von zwei noch lebenden Zeitzeugen. Bereitwillig erinnert er sich an diesen wichtigsten Prozess in seinem Leben, der nicht nur ihn, sondern auch die Gesellschaft verändert hat.
In dem über 3 Jahre dauernden Verfahren wurde deutlich, zu welchen unfassbaren Verbrechen an Menschen es in Auschwitz gekommen war. Das Schweigen, Wegschauen und Entschulden der Nachkriegszeit war damit durchbrochen. „Aber“, so Wiese, „mit den Mitteln der Strafjustiz konnten wir dennoch keine Gerechtigkeit herstellen.“ In München wurden John Demjanuk und in Lüneburg Oskar Gröning verurteilt, nicht weil sie mordeten, sondern weil sie Teil des NS-Systems waren. „Diese Rechtsauffassung gab es vor 50 Jahren noch nicht, es musste die individuelle Schuld festgestellt werden.“

Staatsanwalt Gerhard Wiese, ca. 1965
Bildquelle: Auschwitz-Prozess Frankfurt

Gerhard Wiese erinnert sich auch daran, wie schwierig es im Vergleich zu heute war, Schriftsätze herzustellen (es gab keinen Computer oder Kopierer), wie die traumatisierten Zeugen betreut wurden, wie kompliziert es damals war, einen Ortstermin in Auschwitz zu organisieren und wie die Täter alle Schuld von sich wiesen.

Es moderiert Ulrike Holler.

Die Veranstaltung wurde mit einer Tonaufzeichnung dokumentiert, die wir zum Herunterladen und Nachhören zur Verfügung stellen (mp3-Format, ca. 1 Stunde / 50 Minuten, ca. 38,5 MB). Klicken Sie bitte hier.

Die Frankfurter Matinee ist eine Veranstaltungsreihe von Business Crime Control e.V. und der KunstGesellschaft e.V. in Zusammenarbeit mit dem Club Voltaire.

Weitere Informationen:


 

Bisherige Aufzeichnungen aus der Reihe "Frankfurter Matinee" in Zusammenarbeit mit der KunstGesellschaft e.V.:

  1. “Datenschutz – den gläsernen Menschen verhindern” mit Prof. Spiros Simitis: Teil 1 – Das Interview (ca. 1 Stunde, 14 Minuten) [ mp3 – 102 MB], Teil 2 – Die Publikumsdiskussion (ca. 41 Minuten) [mp3 – 58 MB]
  2. Ausgekocht – hinter den Kulissen hessischer Machtpolitik mit Pitt von Bebenburg
  3. Ein Steuerfahnder packt aus mit den hessischen Steuerfahndern a.D. Frank Wehrheim und Rudolf Schmenger
  4. Wie käuflich ist die Republik – Regeln für den Lobbyismus mit Herbert Hönigsberger
  5. Ein Imperium macht Politik! Wie sich BILD als Volksstimme inszeniert mit Dr. Wolfgang Storz
  6. Mein Freund Maschmeyer – eine außergewöhnliche Belastung mit Hans Scharpf
  7. Menschenrechte im Spannungsfeld wirtschaftlicher und nationaler Interessen mit Annette Groth
  8. Mutter Blamage: Warum schadet Angela Merkel Deutschland? mit Stephan Hebel
  9. Hauptstadt Karlsruhe? mit Prof. Dr. Erhard Denninger
  10. Freiwillig zu Diensten? Über die Ausbeutung von Ehrenamt und Gratisarbeit mit Claudia Pinl
  11. Ausgeliefert – Leiharbeit bei Amazon mit dem Fernsehjournalisten Peter Onneken
  12. TTIP: Freihandel oder Diktatur des Kapitals? mit Dr. Beate Scheidt, wirtschaftspolitischer Referentin der IG Metall
  13. Gegen den Machtmissbrauch der Banken! Was tun? mit Christoph Rinneberg, Aktivist bei der Initiative Ordensleute für den Frieden
  14. Schrott im Körper – Patienten als Versuchskaninchen mit dem Fernsehjournalisten Herbert Stelz
  15. Kriegerische Konflikte auf Dauer? Die Situation im mittleren Osten und politische Handlungsmöglichkeiten mit Katja Maurer (Medico International)
  16. Strom mit Gewalt: Ist Fracking in Deutschland sinnvoll? mit Andy Gheorghiu, Umweltschutzaktivist
  17. Datenklau – wir hilflos sind wir im Netz? mit den Fernsehjournalisten Diana Löbl und Peter Onneken
  18. Pegida & Co.: Was sucht die Neue Rechte auf der Straße? mit Michael Weiss, Agentur für soziale Perspektiven, Berlin
  19. Bürger helfen Flüchtlingen mit Barbara Tambour und Regina Müller vom Arbeitskreis Flüchtlingshilfe in Kriftel
  20. Arm im reichen Land: Wie Hartz und Co. die arbeitenden Menschen entwerten mit Wilfried Kurtzke, Memorandum-Gruppe
  21. Deutschland im Tiefschlaf – wie wir unsere Zukunft verspielen mit dem Autor Stephan Hebel

Aufzeichnungen von Tagungen von Business Crime Control e.V.:

  1. Jürgen Roth: Die Rolle der Staatsanwaltschaften im Kampf gegen Steuer- und Wirtschaftskriminalität
  2. Rudolf Schmenger: Wirtschaftsmacht und Steuerkriminalität, anschließend Diskussion
  3. Musterland Bayern – Modell für Deutschland? Ein Vortrag von Dr. Wilhelm Schlötterer
  4. Gekaufte Spiele – Gewinner und Verlierer stehen schon fest
  5. Wer NSA sagt, muss auch BND sagen

Business Crime Control e.V. zu Gast bei Freunden:

  1. Elektronische Gesundheitskarte und E-Health-Gesetz: Ist die Angst berechtigt, dass Gesundheitsdaten missbraucht werden können?
    eine Veranstaltung von dieDatenschützer Rhein-Main

  2. NSA, IT-Sicherheit und die Folgen : Mitten im Cyberwar – was sind unsere Optionen?
    eine Veranstaltung von des Bündnisses “Demokratie statt Überwachung” und IANUS

  3. VorratsDatenSpeicherung – Sicherheitsmassnahme oder Gefährdung der Grundrechte?
    eine Veranstaltung des Bündnisses „Demokratie statt Überwachung“ und der SPD Südhessen

  4. Gegenbuchmesse: Aufzeichnung einer Veranstaltung mit Hermann Ploppa
    eine Veranstaltung von Club Voltaire und Business Crime Control e.V.