Familienduell

Von der politischen Regulierung und den Kämpfen um Familie

in (05.01.2014)

 

1. Familie als analytisches Konzept – auf der Suche nach dem ‚Da, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen sollen’

 

In den letzten Jahren und Jahrzehnten konnte nicht nur eine Vervielfältigung gelebter Formen ‚familiären’ Zusammenlebens abseits der heterosexuellen Kleinfamilie beobachtet werden (Stichwort Patchwork-Familien, Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Partner_innenschaften etc.). Auch in der politischen Regulierung von Familie in Deutschland fanden und finden tiefgreifende Veränderungen statt. Damit ist auf unterschiedlichste Reformen und Maßnahmen verwiesen. Das 2001 eingeführte Lebenspartnerschaftsgesetz etwa stellt eine massive Ausweitung von Rechten, zu denen vormals ausschließlich Ehepaare Zugang hatten, auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften dar. Diese materielle und symbolische Anerkennung geht dann jedoch wieder doch nicht so weit, Verpartnerten auch das Recht auf Familie zuzuerkennen: der Zugang zu (Fremdkind-)Adoption und reproduktiven Technologien bleibt heterosexuellen Partner_innenschaften und Ehen vorbehalten. Einen weiteren Punkt stellt der Ausbau öffentlicher Kinderbetreuungsplätze dar. Entgegen der vielzitierten Rede vom Abbau des Sozialstaates wurden hierfür 2005 nicht zuletzt mehrere Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Dieselbe Stoßrichtung verfolgt die heiß diskutierte Einführung des Elterngeldes 2007, die vor allem mit dem Namen von der Leyen verbunden ist. Kürzere Bezugsdauer und höhere Beträge sollen insbesondere gut verdienenden Frauen die Entscheidung zum Kind erleichtern – diese jedoch auch wieder früher ins Erwerbsleben zurückbringen. Der traditionellen Hausfrauenehe wurde seitens der großen Koalition auch mit den sogenannten „Vätermonaten“ der Kampf angesagt, bei denen sich die Bezugsdauer des Elterngeldes bei Inanspruchnahme der Karenz des zweiten Elternteils – zumeist der Vater – verlängert. Enthalten diese Maßnahmen auf den ersten Blick durchaus auch progressive Forderungen, so wurde demgegenüber bei der deutschen Krisen- und Konjunkturpolitik ein „geschlechterpolitischer Konservativismus“ (Scheele 2011) diagnostiziert und darauf verwiesen, dass mit der konjunkturpolitischen Stützung vor allem von ‚Männerarbeitsplätzen’ in der Exportbranche auf dem längst überwunden geglaubten Modell des „männlichen Familienernährers“ aufgesetzt wird. Einmalzahlungen an Eltern und höhere Steuerfreibeträge pro Kind sollten zudem den ‚Konjunkturmotor Familie’ anwerfen. Die Sparpakete brachten jedoch weitere Einbußen insbesondere für Eltern, die ALG II beziehen. Jüngst löste schließlich die auch innerhalb der CDU/CSU umstrittene Verabschiedung des Betreuungsgeldes für Erziehungsberechtigte, die ihr Kind in den ersten drei Jahren nicht in einer öffentlichen Einrichtung betreuen lassen, erneut eine heftige Debatte über Kindeswohl, Wahlfreiheit und Rollenbilder aus und stellte sich als Blaupause für die oben angedeutete familienpolitische Neuausrichtung heraus.

Die politische Regulierung von Familie ist somit nicht auf das Feld der Familienpolitik im engeren Sinne beschränkt, sondern umfasst ein breites Feld an Regelungen vom Eherecht über steuer- bis hin zu fiskal- und budgetpolitischen Bereichen. Auch die Mittel und Instrumente sind vielfältig und reichen von gesetzlichen Regelungen über Transfer- und Sachleistungen bis hin zu Formen symbolischer Anerkennung. Zudem dürfen und können diese Entwicklungen nicht einfach als Ausdruck einer ‚längst überfälligen Modernisierung’ aufgefasst werden, sondern als umkämpft und Ausdruck unterschiedlichster gesellschaftlicher Interessen und Interessenskonstellationen. Begriffe wie Herdprämie, Gebärmaschinen, staatliche Bevormundung und Wickelvolontariat zeugen dabei vom kontroversen Charakter und der Emotionalität der Diskussionen, die diese Neuregelungen begleiteten. Dies weist darauf hin, dass es hierbei immer auch um die grundlegende Organisation gesellschaftlichen Gemeinwesens geht – um Formen der Arbeitsteilung, geschlechtliche Rollenbilder, gesellschaftliche Reproduktion, alltägliche Formen des Zusammenlebens und nicht zuletzt um die Frage, wie und in welchen Bereichen ‚der Staat’ hier intervenieren soll.

Die oben aufgezählten Entwicklungen können also als umkämpfe Neuregulierung zwischen verschiedenen sozialen Kräften und Interessen entlang der folgenden Fragen begriffen werden: Welche Form soll eine Familie haben? Wer, bzw. welche vergeschlechtlichten Subjektivitäten sind Teil einer Familie – und welche nicht? Welche gesellschaftlichen Aufgaben und Verantwortungsbereiche soll Familie übernehmen? ‚Familie’ ist damit nicht als ‚vor-sozial’ und natürlicher ‚Ort’ des Privaten zu fassen, sondern politisch hergestellt und reguliert und als Instanz staatlicher Regulierung, welche eine zentrale Rolle im Regieren gesellschaftlicher Reproduktion und privatisierter Reproduktionsarbeit einnimmt.

Hier geht es mir explizit nicht darum, ‚Familien’ als real gelebte Formen des Zusammenlebens in ihrer Vielfalt und Dynamik zu fassen. Dieser Artikel möchte vielmehr ‚Familie’ als Konzept diskutieren, das es erlaubt, die oben genannten familienpolitischen Entwicklungen in diesem Sinne analytisch zu fassen. Hierbei wird auf vier Debatten Bezug genommen, denen in kritischer Tradition gemeinsam ist, den Konstruktionscharakter von Familie hervorzuheben, die damit inhärent verbundene Trennung zwischen öffentlich und privat (und damit zwischen politisch und unpolitisch) in Frage zu stellen und schließlich Familie als Gegenstand und Ausdruck verschiedenster Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu analysieren. Damit setzen sich diese Ansätze sowohl vom konservativ-bürgerlichem Diktum von der Familie als „Keimzelle des Staates“ wie auch von dessen neoliberaler Aktualisierung von der Familie als „der grundlegenden Einheit der Zivilgesellschaft“ (Giddens 1999) ab, die Familie als ahistorische Konstante voraussetzen und die damit verbundenen Interessen und Exklusionen unbenannt lassen.

Zunächst (Abschnitt 2) wird hierzu auf feministische Ansätze eingegangen, die Familie vor dem Hintergrund der Entstehung moderner Staatlichkeit wie auch der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise analysieren und dabei vor allem auf geschlechtsspezifische Arbeitsteilungen und der „Entpolitisierung“ des Privaten fokussieren. Danach (Abschnitt 3) werden queer-feministische Analysen vorgestellt, die demgegenüber Familie als heteronormative Institution hervorstreichen, welche trotz aller Veränderungen noch immer auf Zweigeschlechtlichkeit und biologistischen Verwandtschaftsprinzipien aufbaut. Mit Foucault kann Familie als biopolitisches Konstrukt gefasst werden, dass seit dem Aufkommen moderner Staaten eine zentrale Rolle in der Regulierung der Bevölkerung eingenommen hat (Abschnitt 4). Schließlich kann Familie mit Rekurs auf Hegemonietheorien als Terrain und Effekt unterschiedlicher gesellschaftlicher Interessen gefasst werden (Abschnitt 5). In Abschnitt 6 sollen dann kurz die Implikationen der vorgestellten Debatten für die Analyse skizziert, aber auch progressive Einsatzpunkte aufgezeigt werden.


2. ‚Das bisschen Haushalt’: Familie in der feministischen Kritik

Familie ist im Anschluss an die feministische Reflexion nichts Natürliches oder Ahistorisches, sondern in ihrer heute geläufigen Form als privatisierte und intimisierte Kleinfamilie erst im 18. Jahrhundert entstanden. Damit sind zwei Aspekte angesprochen: Familie ist als Effekt des „liberalen Trennungsdispositives“ (Sauer 2001: 184) einerseits, sowie der Trennung von Produktion und Reproduktion im Zuge der Durchsetzung kapitalistischer Produktionsverhältnisse andererseits zu fassen.

Der Begriff des liberalen Trennungsdispositives verweist auf die konstitutive und folgenreiche Neuordnung und Entgegensetzung von ‚Öffentlichkeit’ und ‚Privatheit’ mit der Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft (ebd.: 187f). Obwohl historisch variabel und niemals umfassend (Hausen 1992: 282) waren diese Sphären von Beginn an vergeschlechtlicht und in ein geschlechterhierarchisches Verhältnis zueinander gesetzt. Als Sphäre der Vernunft und Rationalität war es exklusiv Männern vorbehalten, sich in den „immer weiter ausdifferenzierten Vereinen, Verbänden und Parteien als den Agenturen der bürgerlichen Gesellschaft“ (Hausen 1990: 270f) politisch zu engagieren. Damit korrespondierte die Herausbildung der bürgerlichen Kleinfamilie als dem zentralen Ort bürgerlicher Privatheit wie auch Voraussetzung für die männlich kodierte Öffentlichkeit: Denn es waren ausschließlich Privatmänner die die nötigen Voraussetzungen für die Teilnahme an der bürgerlichen Öffentlichkeit aufbrachten. „Da es Privatleute sind, die in der bürgerlichen Öffentlichkeit miteinander verkehren, ist es unerlässlich, auch einen Blick auf die Privatsphäre zu werfen. […] Die Männer des bürgerlichen Publikums […] hatten ihre nun öffentlich zur Geltung gebrachte Privatautonomie in beiden Bereichen der Privatsphäre gewonnen: als selbstständige Warenbesitzer waren sie Eigentümer von Gütern, als selbstständige Hausväter waren sie Eigentümer von Frau und Kindern.“ (ebd.: 274f, vgl. auch Lang 2004). Erst die Freiheit von den Erfordernissen der Reproduktion ermöglichte es, am öffentlichen Meinungsaustausch und der Formulierung von Interessen unter Freien und Gleichen teilzunehmen. Nicht zufällig sicherte das zeitgleich in den europäischen Nationalstaaten eingeführte Privatrecht (1) nicht nur bürgerliche Eigentumsverhältnisse, sondern hob auch die bürgerliche Ehe in einen rechtlichen Status und institutionalisierte so die rechtliche Schlechterstellung von Frauen (vgl. Appelt 1997: 123).

Die bürgerliche Familie als Ort von Intimität, Zuneigung und Liebe wurde so zum zentralen Leitbild bürgerlichen Selbstverständnisses und hatte zunächst auch die Funktion, sich gegenüber dem Familienleben am fürstlichen Hof abzugrenzen, welchem gerade ein Mangel an Intimität zwischen Kindern und Eltern bzw. zwischen den Eheleuten vorgeworfen wurde (vgl. Hausen 1990: 176f). Durch diese Neuformierung setzte ein paradoxer Prozess der gleichzeitigen moralischen Aufwertung wie politischen Abwertung von Familie ein. Als Gegenentwurf zum politischen Geschehen wurde Familie zum ‚Ort’ all dessen, was in der bürgerlichen Öffentlichkeit von Markt und Politik (vermeintlich) keinen Platz hatte: Intimität, Emotionalität und gegenseitige Zuneigung im Häuslichen sollten der Erholung des Mannes und der Erziehung des Nachwuchses dienen. Der damit verbundene Entwurf von Familie als Schutzraum gegenüber staatlichen Eingriffen und als natürlicher Ausdruck der Geschlechterverhältnisse hatte jedoch auch deren Entpolitisierung zur Folge. In diesen Kontext spricht Mechthild Rumpf auch vom „Mythos des staatlichen Gewaltmonopols“ (Rumpf 1995: 235). Da Familie als private, ‚staatsfreie’ Zone gilt, wurde familiäre Gewalt, Vergewaltigung in der Ehe etc. lange Zeit staatlich toleriert und nicht als Gewalt sanktioniert. Feministische Gewaltdefinitionen beziehen sich daher auf einen „weiten Gewaltbegriff“ (Dackweiler/Schäfer 2002), der nicht nur direkte physische oder psychische Gewalt, sondern auch die strukturelle Gewalt fasst, der diese „Verletzungsoffenheit“ von Frauen erst produziert. Hierzu gehören auch eherechtliche Bestimmungen oder familiäre Abhängigkeitsverhältnisse, die es Frauen erschweren, gewalttätige familiäre Beziehungen zu verlassen (vgl. Sauer 2003).

Dieser Prozess der ‚Privatisierung von Familie’ war eng verbunden mit einer bürgerlichen Neudefinition von Weiblichkeit. Familie wurde geradezu zur „Seinsweise von Frauen“ (Hausen 1990) wobei auf den neuen ‚weiblichen Kardinaltugenden’ von Ordnung, Sauberkeit, Sparsamkeit und Geduld abgestellt wurde, die diese für die umsichtige Erziehung der Kinder wie für das Führen des Haushaltes prädestinierten. Mit dieser moralischen Stilisierung korrespondierte jedoch auch hier eine Entpolitisierung weiblicher Identitäten, Lebensrealitäten und damit verbundenen Interessen. Obwohl eine der wichtigsten Voraussetzungen bürgerlicher Öffentlichkeit und Staatlichkeit, wurde Familie damit naturalisiert und die politische Relevanz entzogen.

Ihre zeitgenössische Legitimation fanden diese neuen geschlechterhierarchischen Familienmodelle nicht zuletzt in den Vertragstheorien (vgl. Pateman 1989). So argumentiert Carole Pateman, dass dem Gesellschaftsvertrag – als der wichtigsten Legitimationsfigur moderner Staatlichkeit – ein impliziter Geschlechtervertrag als Unterwerfungsvertrag zugrunde liegt. Alle Vertragstheoretiker (bis auf Hobbes) sprachen Frauen aufgrund ihrer geschlechtlichen Differenz jene Fähigkeiten und Eigenschaften ab, die notwendig waren, um den Gesellschaftsvertrag eingehen zu können (wie z.B. Besitz an der eigenen Person). Der Gesellschaftsvertrag – als unter Männern geschlossener – konstituiert neben der Sphäre der bürgerlichen Gesellschaft, in der sich Männer als freie und gleiche begegnen, auch den davon abgegrenzten Bereich des Privaten und der Familie, in den Frauen über den geschlechtlichen Unterwerfungsvertrag verwiesen werden. Waren Frauen somit zwar nicht Partei des Vertrags, so wurden sie auch nicht im Naturzustand zurückgelassen, sondern in der ‚natürlichen’ Sphäre des Privaten ‚unter Quarantäne’ gestellt. Über eben dieses Manöver (wie auch über dessen Aktualisierung im Ehevertrag) wurde demnach auch das moderne Patriarchat legitimiert, das die natürliche Herrschaft von Männern über Frauen in politische Herrschaft gerinnen lässt und somit auch den männlichen Zugriff auf das weibliche Arbeitsvermögen und Körper im Rahmen der Familie sicherstellt.

Auch Rousseau bezieht sich explizit auf die Geschlechterdifferenz – und damit im Kontext der aufkommenden Humanwissenschaften auf ein explizit modernes Geschlechterwissen –, um im Kontext prinzipiell universalistischer bürgerlicher Gleichheit die vergeschlechtlicht-hierarchische Segregation zwischen Familie/Privatheit und Staat/Öffentlichkeit zu legitimieren. Über das Konzept der „republikanischen Mutterschaft“ und der Vorstellung, „dass öffentliche männliche Tugenden nur auf dem Hintergrund privater weiblicher Tugenden entstehen und aufrechterhalten werden könnten“ (Appelt 1997: 123) begründete er die Unterordnung und Entrechtung von Frauen in der Familie mit deren ‚natürlicher’ Begabung für die Erziehung von Kindern zu Staatsbürgern. Erna Appelt bezeichnet moderne Vertragstheorien daran anknüpfend als ‚familialistisch’ (ebd.), da diese zum Teil bis heute als Grundlagen moderner Verfassungen Frauen viele staatsbürgerliche Rechte nur vermittelt über ihre Rolle als Ehefrau oder Mutter zukommen lassen. Die ideologische Charakterisierung von Familie als ‚natürlicher’ Ort von Fürsorge und Pflege schlägt sich auch in vielen wohlfahrtsstaatlichen Regimen nieder, in denen die Familie gegenüber dem Staat oder dem Markt noch immer als größte Erbringerin von reproduktionsbezogenen Dienstleistungen auftritt (vgl. etwa Ostner 1995, Lewis 1992).

Ein zweiter großer Strang feministischer Reflexion beleuchtet die Herausbildung der modernen Kleinfamilie im Kontext der Durchsetzung kapitalistischer Produktionsverhältnisse und der – räumlichen wie technischen – Trennung von Produktion und Reproduktion. Die Produktionsweise feudaler Gesellschaften beruhte dabei noch primär auf der „Familienwirtschaft“, d.h. „auf der Gesamtarbeit von Mann, Frau und Kindern, von Alten und Jungen, von Blutsverwandten und Nicht-Blutsverwandten im gemeinsamen Haushalt“ (Bock/Duden 1977: 125). Der Kreis der ‚Familienmitglieder’ ging über die unmittelbar Verwandten weit hinaus und umfasste somit auch Knechte und Mägde, Dienstboten, Lehrlinge u.s.w. Familie war damit im weit größeren Ausmaß als heute eine wirtschaftliche Einheit, die primär der Gebrauchswertproduktion diente – ob für den eigenen Konsum, den Grundherren oder den Markt. Die Nicht-Trennung von Erwerbsarbeit und Hausarbeit verhinderte geschlechtsspezifische Arbeitsteilungen im heutigen Sinne, wie auch reproduktive Tätigkeiten keine ‚privaten’, intimen Dienste waren, sondern etwa im Fall des Kochens die durchaus sichtbare Verpflegung von Arbeitskräften darstellte. Jedoch auch im technischen Sinne war Hausarbeit weit weniger zeit- und energieintensiv: Das Kochen beschränkte sich oftmals auf das Anrühren kalter Breie, und laxere Reinlichkeitsvorstellungen wie auch das Zusammenfallen der beengten Wohn- und Arbeitsräume machten ‚Saubermachen’ im heutigen Sinne undenkbar. „Was sie [die Frauen, K.H.] zu tun hatten, war allenfalls das Vieh aus den bewohnten Räumen zu halten, die Hunde und Katzen von den Töpfen zu scheuchen, den Boden von ärgstem Schmutz frei zu halten.“ (ebd.: 132).

Dies änderte sich im 18. Jahrhundert mit der sich allmählich durchsetzenden Industrialisierung, der Entstehung von Erwerbsarbeit außerhalb des Hauses und schließlich mit der Trennung von Arbeitsplatz und Wohnbereich (vgl. Beer 1990: 149ff). Begleitet war dieser Prozess – wie bereits oben beschrieben – von der Propagierung neuer Familien- und Frauenbilder. Übernahmen Frauen in feudalen Gesellschaften noch eine Vielzahl an Tätigkeiten, sollte ihr Wirken nun auf Fürsorge, Umsicht und Tugendhaftigkeit, auf Heim und Herd reduziert werden. In den gleichen Zeitraum fällt auch die ‚Entdeckung’ von Kindheit und Mutterrolle (vgl. Kreisky/Löffler 2003: 379f). Wurden bis in das 19. Jahrhundert Säuglinge „gewickelt“ (verschnürt) zur Arbeit mitgenommen und Kinder früh in den Produktions- und Erwerbsprozess integriert, so entwickelte sich die Kindheit als Produkt bürgerlicher Aufklärung zur eigenen Lebensphase, wobei der Mutter die affektiven und pädagogischen Fähigkeiten zur Erziehung zugesprochen wurde und die Kleinfamilie als bevorzugter ‚Ort’ dieser neuen Zuständigkeit auserkoren wurde. Von der zentralen Form des Wirtschaftens erlebte Familie mit der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise somit eine „Emotionalisierung und Intimisierung“ (Kreisky/Löffler 2003: 380). Die Umdeutung zur Sphäre, die vordringlich der psychischen und physischen Reproduktion bzw. der Konsumption dient, hatte auch eine Schrumpfung auf die ‚Kernfamilie“ der Eheleute und ihrer leiblichen Kinder zur Folge.

Dabei ist zu betonen, dass es sich bei diesem neuen Familienmodell zunächst um ein bürgerliches Ideal handelte. Zum einen war das Eingehen einer Ehe als Voraussetzung für eine Familiengründung lange Zeit an materielle Voraussetzungen geknüpft – für den sogenannten Vierten Stand bestand überhaupt ein Eheverbot (vgl. Raab 2011: 191ff). Zum anderen war und ist es für die Mehrheit der Arbeiterfamilien materiell nicht möglich, das bürgerliche Familienideal der Hausfrauenehe zu leben, da Frauen immer auch erwerbstätig sein mussten und Nachbarschaftsnetzwerke eine viel größere Rolle spielten. Erst mit dem 20. Jahrhundert setzte hier eine Privatisierung und relative Homogenisierung der gelebten Familienformen entlang bürgerlicher Ideale ein (Bock/Duden 1977: 160f).

Genau diese Ausweitung bürgerlicher Familienmodelle über breitere Gesellschaftsschichten stellt auch den Zeitpunkt dar, an dem Hausarbeit zum funktionalen Element kapitalistischer Produktionsweise wird: Die Tatsache, dass Hausarbeit vorwiegend im Rahmen der Kleinfamilie und damit privatisiert von Frauen ausgeübt wird, ermöglicht es, diese unbezahlt verrichten zu lassen. „War sie technisch und organisatorisch zwar wenig effizient, so war sie doch wertmäßig effizienter, d.h. billiger und damit rentabler als ihre industrialisierte Form, für die man hätte Löhne zahlen müssen – und seien es auch nur diejenigen von Putzfrauen gewesen“ (ebd.: 181).(2) Die moderne Familie wurde zu der Organisationsform der unbezahlten weiblichen Hausarbeit.

Feministische Positionen fokussieren daher auf die diskursive und soziale Konstruktion und Regulation von Familie in der bürgerlichen Gesellschaft und im Kontext kapitalistischer Produktionsweisen. Familie ist somit inhärent verbunden mit der gesellschaftlichen Organisation von Reproduktionsarbeit und mit der Regulation hierarchischer Geschlechterverhältnisse, da darüber stets auch eine Zuteilung von Identitäten, Verantwortlichkeiten, Bedürfnissen und Rechten von statten geht.


3. ‚Kinder von schlechten Eltern?’ – Queer-feministische Kritik der Familie

Unter Rückgriff auf queer-feministische Diskussionen ist Familie als heteronormative Institution zu fassen. Der Begriff Heteronormativität (vgl. Warner 1991) fasst Heterosexualität nicht als eine individuelle Praxis, sondern als sexuelle Norm und Logik, die tief in sozialen Institutionen wie dem Staat, Wirtschaft, Konsum, Nationalität, Gewalt, Intimität, Öffentlichkeit u.s.w. eingelassen und institutionalisiert ist (vgl. auch Berlant/Warner 2005: 87). Heteronormativität stellt damit ein „zentrales Machtverhältnis [dar], das alle wesentlichen gesellschaftlichen und kulturellen Bereiche, ja die Subjekte selbst durchzieht“ (Hartmann/Klesse 2007: 9). Die Annahme der Natürlichkeit von Zweigeschlechtlichkeit und Heterosexualität ermöglicht dabei erst die Vorstellung eindeutiger Geschlechtsidentitäten wie auch die vergeschlechtlichte Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit.

Familie scheint dabei als die heteronormative Institution. Insbesondere die enge Verknüpfung mit der Ehe als legaler Absicherung definierte Familie als heterosexuelle Zweierbeziehung zwischen Mann und Frau mit dem primären Zweck, Nachwuchs zu zeugen. Damit wurde diese auf biologistische Verwandtschaftskonzepte reduziert und zu einer „Sache des Blutes“ (Phelan 2001). Seinen deutlichsten Ausdruck findet dies in Gesetzen, die das volle Recht, Kinder zu bekommen und groß zu ziehen, ausschließlich Ehepaaren zukommen lassen.(3) Jedoch auch im hegemonialen Sprechen wird Familie stets in Relation zu Privatheit, Natürlichkeit und Nachwuchs – und damit in einem heteronormativen Rahmen – verhandelt, wie etwa Nico Beger (2009) mit Bezug auf Debatten im Europäischen Parlament um die Einführung der Verpartnerung aufgezeigt hat. Die ‚notwendige’ Monopolisierung von Elternschaft bei den ‚leiblichen’, heterosexuellen Eltern wird dabei auf die Rolle der Familie in der Erziehung von Kindern zu zukünftigen Staatsbürgern zurückgeführt, welche in der bürgerlichen Gesellschaft grundsätzlich als zweigeschlechtlich und heterosexuell gedacht sind. Bei homosexuellen Eltern wäre ebendies nicht garantiert. Heteronormative Familienformen werden somit zu vor-politischen Voraussetzung für das Politische (vgl. Beger 2009: 196, ähnlich Butler 2009).

In der Analyse darf Heteronormativität dabei jedoch nicht einfach als transhistorisch und universell vorausgesetzt werden, sondern ist stets in ihrer Artikulation mit anderen Herrschaftsverhältnissen zu fassen. (vgl. Mesquita 2011: 36ff). Es ist somit immer eine spezifische, weiße, bürgerliche Heteronormativität, die gesellschaftlich wirksam ist. So plädiert Cathy Cohen dafür, dass die queer theory auch „Heterosexuals outside of Heteronormativity“ (Cohen 2001: 214) in den Blick nehme, denn nicht alle heterosexuell Lebenden profitieren auch wirklich von heteronormativen Normen und Herrschaftsverhältnissen, wie sie am Beispiel von alleinerziehenden Sozialhilfeempfängerinnen in den USA aufzeigt. Darüber hinaus stellt Heteronormativität ein dynamisches Machtverhältnis dar und ist nicht auf Mechanismen der In- und Exklusion entlang der Achse homo-/heterosexuell zu reduzieren. Mit Blick auf die Dynamiken und Veränderungen der letzten Jahre zeigen sich demgegenüber auch Prozesse der selektiven Integration und Anerkennung nicht-heterosexueller Lebensweisen.

Eine der in diesem Zusammenhang meist diskutierten Veränderungen stellt die Einführung der Verpartnerung für gleichgeschlechtliche Paare dar. Obwohl diese nicht nur auf symbolischer Ebene eine Anerkennung nicht-heterosexueller Lebensweisen darstellt, sondern auch eine Ausweitung vieler Rechte auf homosexuelle Partner_innenschaften und eine Inklusion in staatsbürgerliche Rechte bedeutet, war und ist die Lebenspartnerschaft nicht unumstritten. Neben dem Vorwurf einer „Sondergesetzgebung“ und der Kritik an der weiterhin bestehenden Hierarchisierung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft (Ohms 2000, 29f), fokussieren einige Analyse insbesondere darauf, wie sich heteronormative Machtverhältnisse dadurch nicht auflösen, sondern sich vielmehr reartikulieren und neue Exklusionen bewirken. Sushila Mesquita arbeitet solche Dynamiken am Beispiel des Schweizer Partnerschaftsgesetzes heraus. Verpartnerten kommen nun Rechte zu, die bisher nur Ehepartnern zustanden, der Status als Familie bleibt lesbischen und Schwulen Partnerschaften jedoch verwehrt, da diese vom Recht auf Adoption und dem Zugang zu assistierter Fortpflanzung ausgeschlossen bleiben. Interessant ist hierbei die Verschiebung im heteronormativen Normengefüge: Die Begründung der Gesetzgeberin für diesen Ausschluss bezieht sich nicht mehr auf die sexuelle Orientierung. Sondern die Anwesenheit – nicht unbedingt der leiblichen, wohl aber – notwendig verschiedengeschlechtlicher Elternteile wird als neue Voraussetzung für Elternschaft(4) und Familie benannt. Das Partnerschaftsgesetz wirkt zudem normierend, indem wiederum nur spezifische Beziehungsformen abgesichert werden: kinderlose Zweierbeziehungen aufenthaltsberechtigter Partner_innen, die im Idealfall beide voll erwerbstätig sein können und es auch sind (vgl. Mesquita 2011: 76ff).

Dabei kann die Verpartnerung – und damit die Frage, ob gesellschaftliche Reproduktion in der Kleinfamilie oder darüber hinaus organisiert sein soll – nicht abseits sozialer und ökonomischer Entwicklungen analysiert werden.

Unter Rekurs auf Nikolas Rose weist Kathrin Ganz (2007) auf einen Funktionswandel von Familie hin. Neoliberale Politiken stellen nicht nur auf selbstverantwortliche und autonome Individuen ab, sondern fassen diese zugleich immer auch als aktiv in communities, sozialen, Nachbarschafts- oder Verwandtschaftsnetzwerke eingebunden. Diese „Instrumentalisierung persönlicher Loyalitätsbeziehungen“ (Rose 2000: 81) dient dazu, den Abbau sozialstaatlicher Institutionen und Transferleistungen abzufangen: Die Absicherung gegen Alter, Krankheit und sonstigen Risiken wird nicht mehr über wohlfahrtsstaatliche Institutionen zumindest teilweise vergesellschaftet, sondern an die individuelle Fähigkeit geknüpft, sich diese reproduktiven und pflegenden Dienste und Tätigkeiten in ihren communities selbst zu organisieren. Familie – als eine Form von community – wird hier wieder vermehrt als ‚Ort’ angerufen, an dem diese Versorgungsaufgaben übernommen werden sollen. Dabei scheint die heterosexuelle Kleinfamilie insofern an Bedeutung zu verlieren, als dies prinzipiell auch andere Formen des Zusammenlebens leisten können: „Im Zuge des neoliberalen Umbaus der Familie zu einer Absicherungsgemeinschaft, an die sich vormals sozialstaatliche Funktionen delegieren lassen, geraten auch homosexuelle Partnerschaften und alternative Lebensgemeinschaften in die Aufmerksamkeit staatlicher Politik. Die gesellschaftliche Entsolidarisierung ist damit die historische Bedingung für die staatliche Anerkennung einzelner nicht-heterosexueller Lebensweisen“ (Woltersdorff 2004: 146).

Auch die vielfältigen medialen Repräsentationen von Regenbogenfamilien in Serien, Filmen und Werbung lassen darauf schließen, dass nicht-heteronormative Subjektivitäten nicht mehr ausschließlich das ‚gesellschaftliche Außen’ darstellen, sondern im Gegenteil eine Aufwertung erfahren. Antke Engel fasst dies als „projektive Integration“ (Engel 2009), da insbesondere schwule Lebensweisen medial als flexibel, konsumorientiert und kreativ, dabei jedoch stets als Teil fürsorglicher Freundeskreise und Familien dargestellt werden, „die einander umsorgen und nähren, in denen Unterstützung geleistet wird oder Kompetenzen vermittelt werden“ (Engel 2008: 49, vgl. auch 2009: 52). Diese programmatische Verbindung von Unabhängigkeit und Verantwortlichkeit macht schwule und lesbische Lebensweisen und Familien zu „Musterschüler[n] des Neoliberalismus“ (Woltersdorff 2004: 146). Wie bei Ganz haben diese Integrationsprozesse jedoch auch Kehrseiten. Einerseits spielen solche Formen der Anerkennung neoliberalen Privatisierungslogiken in die Hände, andererseits bleiben all jene marginalisiert und exkludiert, die diesen Anforderungen nicht entsprechen (können). Neben der Einführung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft stellen die bereits erwähnten neuen technischen Möglichkeiten, Kinder zu bekommen, tradierte Vorstellungen von Familie und Verwandtschaft unter Legitimationsdruck. Auch hier ist eine Verschiebung heteronormativer Setzungen zu beobachten, wenn der Zugang zu diesen Technologien etwa mit rassistischen und biologistischen Argumenten beschränkt bleibt (vgl. Böcker 2011).

All diese neuen Sichtbarkeiten und Pluralisierungstendenzen dürfen jedoch nicht dazu führen, gegenläufige Entwicklungen aus dem Blick zu verlieren: Prozesse der Retraditionalisierung entlang klassischer heteronormativer Lebensentwürfe. Insbesondere seit dem Ausbruch der Finanzkrise und der erneuten Entsicherung und Prekarisierung sozialer Reproduktion wird auf das verstärkte Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit auch mit einer kulturellen und medialen Reaktivierung traditioneller Kleinfamilienbilder geantwortet. Dies zeigt sich etwa in der Popularität von Eva Herman wie in der Konjunktur von Doku-Soaps, die sich vor allem um das Hausbauen und häusliche Einrichten, das Kochen, Kinderkriegen und -großziehen drehen und damit auf scheinbar überkommene Geschlechterleitbilder, Lebensentwürfe und Arbeitsteilungen setzen (vgl. Hajek/Opratko 2009).

In dieser medialen Stimmungslage kann auch die Einführung des Betreuungsgeldes kontextualisiert werden. Obwohl selbst innerhalb der CDU/CSU nicht unumstritten, beförderte diese kulturelle Retraditionalisierung ein Klima, in dem sich in den Medien über Monate hinweg Positionen halten konnten, die das Kindeswohl auf die physische Anwesenheit der Mutter in den ersten Lebensjahren reduzieren und mit dem Slogan der „Wahlfreiheit“ gerade das ‚Recht von Frauen’ gefordert wurde, ‚zu Hause zu bleiben zu dürfen’.

Queer-feministische Diskussionen fassen Familie (insbesondere mit Kindern) somit insofern als heteronormative Institution, als diese bis heute wesentlich auf der Vorstellung gegengeschlechtlicher Zweierbeziehungen und biologischer Verwandtschaftskonzepte beruht. Gerade die teilweise staatliche Anerkennung durch die Einführung der Verpartnerung und die Diskussion um reproduktive Technologien – so wird betont – bedeutet jedoch nicht den Abbau von Heteronormativität, sondern eher deren Neuartikulation entlang von rassistischen, vergeschlechtlichten und ökonomischen Herrschaftsverhältnissen.


4. ‚Seid fruchtbar und mehret euch’ – Familie als Aspekt und Instrument von Biopolitik

Mit Foucault ist Familie als Aspekt und „Instrument“ (Foucault 2004a: 158) von Biopolitik zu fassen. Foucault charakterisiert Biopolitik als moderne Form der Macht, die erst mit dem 18. Jahrhundert aufkommt und eng mit der Entstehung moderner Verwaltungsstaaten verknüpft ist. Im Gegensatz zur älteren „Souveränitätsmacht“ oder juridischen Macht richtet sich diese nicht nur an ‚einfache’ Rechtssubjekte als Untertanen, sondern entdeckt lebende Menschen und die Bevölkerung, mit ihren „spezifischen Problemen […] wie Geburtenrate, Sterblichkeit, Lebensdauer, Fruchtbarkeit, Gesundheitszustand, Krankheitshäufigkeit, Ernährungsweise und Wohnverhältnissen“ (Foucault 1983: 31) als Objekt ihrer Politik. Das neue Ziel, das Leben zu verwalten und zu bewirtschaften (vgl. ebd., 132) hängt dabei auch eng an der Entstehung neuer Wissensformen, wie der Statistik und der politischen Ökonomie. Foucault unterscheidet dabei zwei Pole der Biopolitik: die Disziplinen des (individuellen) Körpers, welche eng mit den Institutionen verbunden sind, die deren Optimierung dienen, wie etwa dem Spital oder dem Gefängnis, sowie die Regulierung der Bevölkerung über Kontextsteuerung und (staatliche) Eingriffe in die damit verbundenen und als ‚natürlich’ aufgefassten Phänomene und Prozesse (vgl. 1983: 134f).

Besonders letztere wurde von Foucault im Rahmen seiner Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität (2004a, 2004b) aufgegriffen und weiter entwickelt. Foucault nennt die Familie dabei als zentrales Instrument von Biopolitik, sie ist ein „privilegiertes Segment, weil man, sobald man bei der Bevölkerung hinsichtlich des Sexualverhaltens, hinsichtlich der Demographie, der Kinderzahl, hinsichtlich der Konsumption etwas erreichen will, sich an die Familie wenden muss.“ (2004a: 157). Die Regulation von Familie im Rahmen von Biopolitik zu erfassen, öffnet mehrere analytische Dimensionen (vgl. Rose/Rabinow 2006: 197f, Lemke 2007: 147ff). Erstens setzt die politische Regulation von Familie stets auf einem spezifischen – wissenschaftlichen, ökonomischen, demographischen, emotionalen und vergeschlechtlichten – Wissen auf. Damit verbunden ist auch die Frage danach, welche Problemfelder und welche Lösungen und Ziele mit diesem Wissen identifiziert werden? Wer sind die Subjekte und wer die Objekte dieses Wissens? Welches Wissen wird als relevant angesehen, welche Deutungen können sich durchsetzen, und welches Wissen wird demgegenüber marginalisiert? Daran anknüpfend kann in den Blick genommen werden, dass familienpolitische Maßnahmen in den letzten Jahren einerseits verstärkt mit demographiepolitischen Zielen begründet wurden; andererseits spielt insbesondere im Kontext des Ausbaus der öffentlichen Kinderbetreuung ein – neues – Wissen um frühkindliche Förderung sowie die Entwicklung von Humankapital eine Rolle, mit dem sich Deutschland im internationalen Standortwettbewerb profilieren müsse. Die Dimension des Wissens hängt zweitens mit der Frage nach Machtverhältnissen zusammen, ,wie also „Machtstrategien das Wissen vom Leben mobilisieren (und Machtprozesse Wissensformen hervorbringen und verbreiten)“ (Lemke 2007: 150). Welche Lebensrealitäten sind Gegenstand der öffentlichen Debatte, welche nicht? Aber auch: Wer profitiert von gewissen Regulationsweisen und wer trägt die Kosten dafür? Eine Benennung der Akteur_innen und eine Einbettung in hegemoniale Projekte ist damit nicht zuletzt an hegemonietheoretische Ansätze anschlussfähig (siehe Punkt vier). Drittens können schließlich Subjektivierungsprozesse in den Blick genommen werden und damit die spezifischen Formen, in denen Subjekte angerufen werden, sich gemäß bestimmter Ziele zu verhalten. Zudem kann so aufgezeigt werden, dass es stets bestimmte Subjektivitäten sind, auf die im Rahmen spezifischer Regulationen abgezielt wird. Susanne Schultz (2012) hat etwa darauf hingewiesen, dass es trotz der propagierten Vielfalt und Wahlfreiheit ganz spezifische Subjektivitäten waren, die im Rahmen der familienpolitischen Reformen fokussiert wurden: die ‚kinderlose Akademikerin’ sowie die ‚verwahrlosende Hartz-IV-Mutter’. Insbesondere der ‚Vereinbarkeitsdiskurs’, der an der ersten Figur ansetzt, ermöglicht es so, demographiepolitische Ziele über individuelle Biographien zu artikulieren.

Zusammenfassend zielt eine biopolitische Analyse hier also darauf ab, die Regulation von Familie nicht auf deren funktionales Element zu reduzieren, sondern nach der Rationalität dieser Form zu fragen: nach dem angewandten Wissen, den Interventionsmöglichkeiten, -techniken und -orten sowie den proklamierten Zielen.


5. Familie als Hegemonieapparat – Hegemonietheoretische Zugänge

Staats- und hegemonietheoretische Ansätze ermöglichen eine gesellschaftstheoretische Fundierung, da sie die politische Regulierung von Familie an das Handeln und die Interessen gesellschaftlicher Akteure rückbinden und somit auch eine Kontextualisierung von Familienpolitik in umfassenderen politischen Projekten und Akkumulationsstrategien ermöglichen. Familie erscheint damit zugleich als umkämpftes Terrain und Einsatzpunkt unterschiedlichster Akteure darum, was Familie sein solle, wie auch als Effekt und Ergebnis eben dieser Aushandlungen.

Gramscis Begriff der Hegemonie bezeichnet einen Modus von Macht, der nicht auf Herrschaft, Gewalt und Zwang aufsetzt, sondern „durch Konsens und Zustimmung und auf der Ebene von Moral, Kultur und Ethik funktioniert“ (Opratko 2012: 37). Diese Ebene der „intellektuelle[n] und moralische[n] Führung“ (Gramsci 1991: 1947) ist bei Gramsci zentrales Moment der Aushandlung und Absicherung von Herrschaft auf politischer, kultureller und ideologischer Ebene. Das primäre Terrain, in dem diese Aushandlungen stattfinden, ist die Zivilgesellschaft, womit die „gemeinhin ‚privat’ genannten Organismen“ (ebd., 1502), wie Schulen, Medien, Vereine etc. gemeint sind. Diese Sphären sowie das Moment kultureller Führung zählt Gramsci ebenfalls zum Bereich des Staatlichen und bringt dies mit der vielzitierten Formel auf den Punkt: „Staat = politische Gesellschaft + Zivilgesellschaft, das heißt Hegemonie, gepanzert mit Zwang“ (ebd.: 783). Wichtig hierbei ist, dass diese Unterscheidung zwischen Zivilgesellschaft und politischer Gesellschaft nicht als topologische missverstanden wird, sondern analytischer Natur ist (vgl. Opratko 2012: 41): politische Gesellschaft/Zwang wie auch Zivilgesellschaft/Hegemonie stellen zwei verschiedene Ebenen und Formen der Machtausübung dar, sind realiter jedoch stets miteinander verwoben. So ist Hegemonie – kulturelle Führung – als wichtiger Aspekt auch in formell staatlichen Bereichen und Prozessen wirksam.

Mit dem Begriff von Hegemonie sind zwei Aspekte hervorzuheben. Erstens muss Hegemonie als umkämpft begriffen werden, womit auch gesellschaftliche Akteure in den Blick kommen. Hegemonie stellt keine abstrakte Norm dar, sondern ein Terrain, in dem eine Vielzahl an Akteur_innen über hegemoniale Bedeutungen, Normen und Weltanschauungen verhandeln. Zweitens stellt Hegemonie stets einen Kompromiss dar. Da Hegemonie auf den Konsens und die Zustimmung der Beherrschten abzielt, hat dies immer auch eine selektive Einbindung anderer, oppositioneller Interessen und Forderungen zur Folge. Hegemonie ist damit nicht die bloße Durchsetzung eines bestimmten Programms, sondern der umkämpfte Kompromiss unterschiedlichster Strategien. Familie kann dabei als zentraler Aspekt von Hegemonie gefasst werden, da darüber immer auch die Organisation des täglichen Lebens, reproduktive Tätigkeiten, Arbeitsteilungen, Geschlechterrollen oder die Verteilung von Ressourcen und Anerkennung – und somit über weite Teile die grundlegende Organisation gesellschaftlichen Gemeinwesens – mitverhandelt wird. Gramsci selbst hat im Rahmen seiner Fordismusanalysen (Gramsci 1991: 2082ff) darauf hingewiesen, dass die Hausfrauenehe ein wichtiges Moment in der Absicherung des tayloristischen Fließbandmodells war, denn erst die Stetigkeit und Monogamie sowie die Hausfrau selbst, die ihrem Mann alle reproduktiven Erfordernisse abnahm, ermöglichte es diesem, die Monotonie am Fließband ein Arbeitsleben lang durchzustehen.

Aus einer hegemonietheoretischen Sichtweise, jedoch mit Blick auf soziale Kräfte, analysiert Jörg Nowak die programmatischen Veränderungen sowie die generelle Aufwertung von Familienpolitik in Deutschland und benennt diese als zentralen Aspekt von Arbeitsmarktpolitiken. Mit dem Elterngeld und dem Ausbau öffentlicher Kinderbetreuungsplätze wurden durchaus liberal-feministische Forderungen übernommen und die Reform patriarchaler Familienmodelle, die Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Müttern sowie der Karenzmonate von Vätern als explizite Ziele genannt (vgl. Nowak 2009: 221). Die soziale Selektivität – vor allem gut verdienende Mütter profitieren von den neuen Regelungen – wie auch die geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegregation, sowie die zunehmende Doppelbelastung von Frauen werden jedoch nicht thematisiert. Nichtsdestotrotz attestiert Nowak dieser Position hegemoniale Qualitäten, da darüber ideologische Angebote auch an Frauen aus anderen Schichten formuliert werden. „Die neue Familienpolitik wird wegen ihrer antipatriarchalen Errungenschaften als erster Schritt begrüßt [und] verbindet neoliberale Elitenförderung mit einer – freilich begrenzten – Aufweichung und Flexibilisierung der Geschlechterhierarchien. Da die rückwärtsgewandte Position der konservativen RomantikerInnen für viele Frauen kein akzeptables Angebot darstellt, erhält der liberale Feminismus auch starke Unterstützung von Frauen aus den unteren Klassen und von politisch progressiv eingestellten Teilen der Bevölkerung. Er ist auf dem ‚linken’ Spektrum der Familienpolitik (also links von der rechten Fraktion der CDU/CSU) quasi alternativlos und begründet darin seine Hegemonie.“ (Nowak 2010: 141f). Dabei gliedert sich die neue Familienpolitik über die Förderung der Frauenerwerbstätigkeit nicht nur funktional in workfare-Politiken sowie der Etablierung eines Niedriglohnarbeitsmarktes ein (vgl. Nowak: 194ff). Durch eben die integrativ-hegemoniale Funktion der ‚progressiven’ Leitbilder dieser Familienpolitik stellte diese nicht zuletzt auch ein Vehikel dar, um möglichst breite gesellschaftliche Zustimmung für das neue Akkumulationsregime zu schaffen. Heike Raab schreibt diese hegemoniale Funktion auch der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu (vgl. 2005 und 2011). So scheinen neoliberale Politiken für spezifische Identitätspolitiken (wie der Forderung nach gleichgeschlechtlicher Ehe durch Teile der Lesben- und Schwulenorganisationen) insofern durchlässiger, als diese auch die Akzeptanz für Privatisierungspolitiken und Kürzungen im Sozialbereich erhöhen. „Demnach wäre der gegenwärtige Erfolg sexualpolitischer Gleichstellungs- Antidiskriminierungs- und Minderheitenpolitiken nicht allein der Durchschlagkraft sexueller Identitätsbewegungen zu verdanken, sondern auch im Kontext neuer staatlich-ökonomischer Normalisierungs- und Regulierungsstrategien von Heteronormativität zu diskutieren.“ (Raab 2005: 63).

Eine hegemonietheoretische Herangehensweise an den Komplex der Regulation von Familie ermöglicht somit eine gesellschaftstheoretische Fundierung über die Rückbindung spezifischer Politiken an unterschiedliche gesellschaftliche Akteure und Interessen sowie deren breitere Kontextualisierung. ‚Familie’ bzw. die Regulation von Familie erscheint damit als umkämpftes Einsatzfeld unterschiedlichster Kräfte um Fragen der grundsätzlichen Organisation von gesellschaftlicher Reproduktion und Produktion.


6. Wie leben? Was tun?

Die unterschiedlichen Debatten und Theorietraditionen, deren Gegenstand Familie, bzw. herrschende Konzeptionen von Familie ist, zeigen sowohl die Komplexität wie auch die Reichweite des Themas auf. Ich schlage daher eine analytische Konzeptualisierung von Familie vor, welche die aufgeworfenen Dimensionen aufnimmt, ohne dabei überkomplex zu werden. Familie kann in diesem Sinne als biopolitisches Konstrukt – und damit als Instanz in der Regulierung der Bevölkerung – gefasst werden, das wesentlich über Wissenspraktiken und Subjektivierungsweisen arbeitet. Die Trennung von öffentlich und privat sowie heteronormative und biologistische Verwandtschaftskonzeptionen müssen dabei als zentrale Modi von Herrschaft benannt und kritisiert werden, entlang derer nicht zuletzt auch vergeschlechtlichte Identitäten und Zuständigkeiten verteilt werden. Familie ist zudem als inhärent verbunden mit anderen Politiken sowie als umkämpft zu analysieren.

Die letzte Dimension zeigt, dass Familie damit nicht nur etwas ist, was ‚von oben’ diktiert wird, sondern prinzipiell offen für alternative Modelle ist und damit für Lebensformen, die weniger patriarchal und normativ sind bzw. sich nicht derart für ökonomische, demographische etc. Ziele instrumentalisieren lassen. Ein wichtiger wie banaler Punkt ist – wie eingangs auch schon angedeutet – dass Familie (als real gelebte Form intimens und solidarischen Zusammenlebens) immer auch schon anders und vielfältiger gelebt wurde und sich somit stets bis zu einem gewissen Grad der politisch-herrschaftlichen Regulierung entzieht. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie eine genuin progressive Familienpolitik aussehen könnte. Hier tun sich mehrere Spannungsfelder auf, die kurz angerissen werden sollen: Linke Politiken stehen vor dem strategischen ‚Problem’, gerade kein Leitbild forcieren zu wollen – im Gegensatz etwa zur konservativen Propagierung der heterosexuellen Kernfamilie (vgl. Nowak 2010: 146). Vielmehr muss es einer progressiven Politik um Familie darum gehen, möglichst selbstbestimmte und vielfältige Formen des intimen Zusammenlebens zu ermöglichen. Dies kann jedoch – insbesondere aus einer feministischen Perspektive – auch nicht bedeuten, dass Familie vollends zur ‚Privatangelegenheit’ wird – die große bürgerlich-patriarchale Erzählung somit quasi auch de facto Realität wird. Dies würde wiederum nur jenen Interessen in die Hände spielen, die reproduktive Arbeiten unbezahlt und gesellschaftlich negiert als weibliche (und in Deutschland auch zunehmend migrantische) Zuständigkeit benannt und entpolitisiert wissen wollen. Ein neues mögliches Projekt der Vergesellschaftung von Reproduktionsarbeiten wird demgegenüber gegenwärtig unter dem label der Commons diskutiert. Ein weiteres Spannungsfeld ist mit der Frage angedeutet, welches Verhältnis zu familienpolitischen Rechten eingenommen werden soll (vgl. Mesquita 2011: 237ff). Die Abschaffung der rechtlichen Bevorzugung spezifischer Lebensformen vor anderen wie auch die Notwendigkeit der ‚Entfamiliarisierung’ spezifischer Rechte, d.h. der Entkoppelung spezifischer Rechte von der Ehe, wie etwa Adoption, erscheint dabei unter progressiven Positionen unumstritten. Dennoch bleibt die Frage, ob spezifischen ‚familiären’ Beziehungen, wie etwa Pflegeverhältnissen, nicht doch ein besonderer Schutz und eine besondere Anerkennung – auch materieller Natur – zukommen sollte. Schließlich ist zu diskutieren, ob ‚Familie’ als Begriff aufgrund seiner patriarchalen und herrschaftsförmigen Geschichte überhaupt für progressive Politiken zu gebrauchen ist und es nicht vielmehr auch um die ‚Bezeichnung’ neuer Lebensformen geht. Oder ob ‚Familie’ gerade wegen seiner Zentralität und Alltäglichkeit von progressiven Politiken neu besetzt werden sollte. Dies wären ein paar wichtige Eckpunkte, der Rest muss Gegenstand der kollektiven und demokratischen Aushandlung sein.


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Fußnoten:
1) Vgl. die Einführung des Allgemeinen Preußischen Landrechts 1794, des Code Civil in Frankreich 1804 und des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches 1810 in Österreich;
2) Damit intervenierten Bock und Duden auch in die sog. Hausarbeitsdebatte der 1970er, welche nach dem Verhältnis zwischen Kapitalismus und Frauenunterdrückung fragte (für einen guten Überblick siehe Asenbaum/Kinzel 2010). Die Positionen bewegten sich einerseits zwischen Ansätzen, die Hausarbeit über ihrer Funktion der Produktion der Ware Arbeitskraft in der kapitalistischen Produktionsweise verorteten (vgl. Dalla Costa/James 1978). Andere Ansätze betonten wiederum, dass es sich bei der Hausarbeit um eine eigene, nicht-kapitalistische Produktionsweise handelte, und somit der patriarchale Charakter hervorzuheben sei (vgl. etwa Delphy/Leonard 1984). Beide Ansätze gingen jedoch weitestgehend vom Kleinfamilienmodell aus und machten dieses nicht weiter zum Gegenstand der Analyse – was nicht zuletzt auch auf die ideologische und politische Hochkonjunktur des heterosexuellen Kleinfamilienmodells in den 1970er Jahren zurückzuführen ist.
3) So ist die Stiefkindadoption und der volle Zugang zu reproduktiven Technologien (wie der In-Vitro-Fertilisation) in Deutschland bis heute nur verheirateten Paaren gewährt.
4) Dies ist umso widersprüchlicher, als es Einzelpersonen in der Schweiz sehr wohl erlaubt ist, Kinder zu adoptieren.

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Dieser Beitrag erschien zuerst in PROKLA Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 173, 43. Jg., 2013, Nr. 4