Konfliktivität und Territorium: Reflexionen über Bergbaukonflikte in Argentinien

Große Bergbauprojekte haben in den letzten Jahren an verschiedenen Orten Argentiniens bedeutende Konflikte und Widerstände ausgelöst. Gemeinden und Städte, die innerhalb des riesigen argentinischen Territoriums bisher kaum wahrgenommen wurden, etwa Esquel, Famatina, Chilecito, Andalgalá, Tinogasta, Belén; Jachal, Valle de Uco, Gan Gan, Ingeniero Jacobacci oder Loncopue zogen plötzlich verstärkte Aufmerksamkeit auf sich. Nach Informationen des Observatorio de Conflictos Mineros en América Latina (OCMAL 2012) haben so in Argentinien in den letzten zehn Jahren mindestens 25 Konflikte im Bergbau stattgefunden. Diese Dynamik trug zu einer Ausdehnung der Konfliktlandschaft bei und lenkte das Interesse auf jene Teile des Territoriums, die bis dahin lediglich als geographische Referenzpunkte zu existieren schienen.

Keywords: Argentina, conflict, territory, state, mining

Schlüsselwörter: Argentinien, Konflikt, Territorium, Staat, Bergbau

Große Bergbauprojekte haben in den letzten Jahren an verschiedenen Orten Argentiniens bedeutende Konflikte und Widerstände ausgelöst. Gemeinden und Städte, die innerhalb des riesigen argentinischen Territoriums bisher kaum wahrgenommen wurden, etwa Esquel, Famatina, Chilecito, Andalgalá, Tinogasta, Belén; Jachal, Valle de Uco, Gan Gan, Ingeniero Jacobacci oder Loncopue zogen plötzlich verstärkte Aufmerksamkeit auf sich. Nach Informationen des Observatorio de Conflictos Mineros en América Latina (OCMAL 2012) haben so in Argentinien in den letzten zehn Jahren mindestens 25 Konflikte im Bergbau stattgefunden. Diese Dynamik trug zu einer Ausdehnung der Konfliktlandschaft bei und lenkte das Interesse auf jene Teile des Territoriums, die bis dahin lediglich als geographische Referenzpunkte zu existieren schienen.

Das Kerncharakteristikum dieser jüngsten Konflikte besteht darin, dass sie sich rasch auch auf die Städte ausbreiteten und diese so zu bedeutenden Resonanzkörpern machten. Straßen und Plätze wurden zu wichtigen Plattformen für die Verbreitung von ex-zentrischen Forderungen und Kritiken, sowohl was die Orte wie auch die Inhalte anbelangt. Die Stadt verwandelte sich in den vorrangigen Raum der Konsolidierung von Netzwerken, Kontakten, Allianzen und der öffentlichen Anerkennung von Problemen über ihre Grenzen hinaus. Ferner intensivierten sich auch die Ströme des Austauschs zwischen den Territorien, die im Zentrum des Interesses der Bergbauunternehmungen stehen, und den urbanen Zentren.

Hierdurch veränderte sich auch die Erfahrung von Raum. Das argentinische Territorium lässt sich nicht mehr ohne diese neuen Knotenpunkte denken, die viel mehr darstellen als eine bloße Kombination von geographischen Koordinaten. So wie Territorien Schauplätze von Konflikten wurden, nahmen letztere umgekehrt wichtige territoriale Dimensionen an. Dies führt zur Frage, wieso bestimmte Formen von sozialen Konflikten, Kämpfen, Bewegungen und Organisationen in spezifischen Kontexten entstehen.

Nach einer kurzen Darstellung der zentralen Charakteristika von Bergbauaktivitäten in Lateinamerika im Allgemeinen und Argentinien im Besonderen im ersten Abschnitt des Artikels, konzentrieren sich die Ausführungen auf zwei Punkte, die in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen: Auf der einen Seite geht es um die spezifische – keineswegs widerspruchsfreie – Verknüpfung von Territorium, Kapital und Staat, die sich auf eine bestimmte ideologische und symbolische Definition des Raums stützt. Hiermit zusammenhängende Fragen werden im zweiten Abschnitt behandelt. Auf der anderen Seite geht es um die sozialen Kämpfe als Instanzen der Auseinandersetzung mit den lokalen politischen Mächten. Diese Kämpfe sind in die Widersprüche zwischen Territorium, Kapital und Staat eingeschrieben. Deshalb stellen sie symbolische Raumkonstruktionen im klaren Antagonismus zu den dominanten Diskursen dar. Diese Dimension wird im dritten Abschnitt thematisiert. Der vierte Abschnitt enthält einige abschließende Reflexionen. Unsere Ausführungen basieren auf unserer umfangreichen empirischen Forschungsarbeit zum Zusammenhang zwischen Territorium und natürlichen Ressourcen der letzten vier Jahre.[1]

Bergbauaktivitäten in Lateinamerika und Argentinien: die Ursprünge des Konfliktes

An der Schwelle zum 21. Jahrhundert hat Argentinien wie auch andere Länder Lateinamerikas einen Prozess der Hinwendung zu einem neuen Akkumulationsmodell und neuen Formen der Vermarktung, Aneignung und kapitalistischen Kontrolle von Naturressourcen sowie deren Konsolidierung durchlaufen. In der Literatur werden dafür Begriffe wie „extraktivistische Offensive“ (Seoane u.a. 2011), „neodesarrollismo“ (Katz 2010; vgl. auch Ebenau u.a. 2013), „Neoextraktivismus“ (Gudynas 2009; vgl. auch Dietz 2013) oder sogar „Neokolonialismus“ (Coronil 2002) verwendet. Mit einigen Abstufungen weisen diese Begriffe auf eine Reihe von ökonomischen Programmen und Maßnahmen hin, die spezifisch für den Kapitalismus in unserer Region seit der Jahrhundertwende sind und die sich nach dem Ende des neoliberalen Hegemoniezyklus der vorherigen Jahrzehnte herausbildeten.

Gemeinsam ist all diesen Definitionen, dass sie die Ausbeutung von Naturressourcen als hauptsächliches Akkumulationsinteresse des Kapitals in Lateinamerika identifizieren. Nach Daten der CEPAL (zit. in Giarraca 2012) hat sich der Anteil von Primärgüterexporten an den Gesamtexporten in Lateinamerika zwischen 2001 und 2009 von 41,1 % auf 52,9 % erhöht. Im Falle Argentiniens vollzog sich nur ein geringer Anstieg, aber auf hohem Niveau, von 67,4 % auf 68 %. Die Daten zu Bergbauaktivitäten[2], dem monokulturellen Anbau von Soja[3], zur Ausbeutung von Öl und Gas[4], oder zum Ankauf und Verkauf von Land[5] zeichnen ein deutliches Bild des Ausmaßes dieser extraktiven und exportorientierten Aktivitäten und tragen auch zur Erklärung des in seiner Dauer als „außergewöhnlich“ erachteten ökonomischen Wachstumszyklus bei.[6]

In der Mehrzahl der Fälle vollziehen ausländische Kapitalakteure diese (Re‑)Spezialisierung auf die Ausbeutung von Naturressourcen. Die rasche Erholung der Zuflüsse von ausländischem Investitionskapital nach der Krise geht zu einem erheblichen Teil auf die erhöhte Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen, Öl und Gas sowie Lebensmitteln zurück. Im Jahr 2010 gingen 43 % aller ausländischen Direktinvestitionen in Südamerika in den Bereich der Ressourcenausbeutung, der damit den wichtigsten einzelnen Posten repräsentierte (CEPAL 2011). In Bezug auf den Bergbausektor bildet Lateinamerika der Sociedad Interamericana de Minería zufolge derzeit die wichtigste Investitionsregion weltweit und könnte bis zum Jahr 2020 Investitionen in Höhe von bis zu 300 Mrd. US$ anziehen.[7]

In diesem Kontext hat sich die Region zu einem bevorzugten Ziel der großen transnationalen Bergbauunternehmen entwickelt. Zugleich durchliefen deren Unternehmensstrategien eine bedeutsame Revision: extraktive Aktivitäten wurden in Territorien verlagert, in denen geringe Lasten durch Steuern und Umweltschutz anfallen; gleichzeitig fand eine erneute Konzentration und vertikale Integration großer Unternehmen und ihrer technologischen Strategien statt (Machado Aráoz 2009). Der so entstehende Typus von Bergbau, der als megaminería bezeichnet wird, unterscheidet sich vom alten Untertage‑ oder Stollenbergbau dadurch, dass die Minerale durch Sprengungen großer Mengen Gesteins oder durch Techniken gewonnen werden, in denen Gestein mittels chemischer Substanzen (Zyanid, Schwefel, Quecksilber, etc.) aufgelöst wird. Diese Art von extraktiver Technologie bedeutet, dass eine einzige Unternehmung bis zu 1000 Hektar alleine für den Bereich des Bergwerks umfassen kann – eine Fläche, die in der Folge vollständig zerstört wird. Dabei werden täglich unter Verwendung von bis zu zehn Tonnen Sprengstoff, mehr als 100.000 Liter an Brennstoffen und Dutzender Tonnen von hoch giftigen chemischen Substanzen sowie einem extrem hohen Verbrauch von Wasser und Energie bis zu 300.000 Tonnen Gestein entfernt (Colectivo Voces de Alerta 2011).

Die Grundlagen für dieses exportorientierte Bergbaumodell in Argentinien wurden bereits in den vorhergehenden Jahrzehnten gelegt. Mitte der 1990er Jahre wurde der rechtliche Rahmen, der die Bergbauaktivitäten reguliert, grundlegend reformiert, um dem transnationalen Kapital optimale Bedingungen für die Ressourcenausbeutung zu garantieren. Dies hatte zur Folge, dass sich das traditionelle Profil des Bergbausektors in Argentinien – geprägt durch eine Konzentration auf den Abbau von Gestein für die nationale Industrie und den Bausektor und durch den Staat als wichtigstem Akteur im Bereich großer Unternehmungen, ergänzt durch kleine und mittlere Privatunternehmen – grundlegend änderte. Das Land durchlief einen Bergbauboom bisher nicht bekannten Ausmaßes.

Die ansässigen transnationalen Unternehmen des Industrie‑, Erdöl‑ und Bergbausektors waren diejenigen, die ihren Anteil an den gesamten Umsätzen am stärksten ausbauten und sich somit auf Kosten nationaler Firmen zur wichtigsten Kapitalfraktion im Bereich der Großunternehmen entwickelten (Azpiazu & Basualdo 2009). Die Zahl der im Land tätigen ausländischen Bergbauunternehmen stieg von lediglich vier im Jahr 1992 bis 1999 auf über 80. Darunter befanden sich einige der Branchenriesen wie Barrick oder Río Tinto, ebenso wie andere von kleinerer oder mittlerer Größe – die sogenannten juniors – hauptsächlich kanadischen Ursprungs, wie etwa Meridian Gold (Antonelli 2009). Die Investitionen in den Bergbausektor stiegen exponentiell von 60 Mio. US$ im Jahr 1993 auf fast 1,1 Mrd. nur fünf Jahre später (Christel 2012). Die von Konzessionen für die Erkundung durch Bergbauunternehmen erfasste Fläche betrug gegen Ende der 1990er Jahre mehr als 187.500 km², knapp 7 % der gesamten Fläche des Landes (Machado Aráoz 2010).

Im Kontext der weltweit stark steigenden Preise für Metalle und der daraus folgenden außerordentlich hohen Unternehmensgewinne änderte sich im folgenden Jahrzehnt an der grundsätzlichen Ausrichtung der auf den Bergbausektor zielenden Gesetzgebung und politischen Maßnahmen nur wenig – trotz einiger mehr oder weniger einschränkenden Vorstöße. Dies spiegelt sich in der Entwicklung des Sektors wider. So erreichten die Investitionen im Jahr 2011 eine Rekordhöhe von knapp 11,1 Mrd. US$, was einem kumulierten Wachstum von 1.948 % seit 2002 entspricht. Im gleichen Zeitraum wuchs die Anzahl von Bergbauprojekten von 18 auf 614 an; die Anzahl der zur Erkundung perforierten Meter überstieg die Million; und der Wert der Bergbauexporte stieg um 434 % auf 16,3 Mrd. US$, wobei die zuvor marginalen Metalle Kupfer, Silber und Gold große Teile des Wachstums ausmachten (Secretaría de Minería de la Nación 2011).

Allerdings ist der Bergbausektor trotz seines fantastischen Wachstums in Relation zu den anderen großen produktiven Sektoren des Landes nach wie vor von geringer Bedeutung. In den ersten zehn Jahren nach 2000 schwankte sein Anteil am BIP zwischen lediglich 1 und 2 %, an allen Exporten zwischen 5 und 7 %. Nichtsdestoweniger zeigt die regionale Desaggregation dieser Daten, dass der Bergbau für einige Provinzen eine weitaus höhere Bedeutung hat. So zeichnet etwa Kupfer für 87 % und Gold für 9 % aller aus Catamarca stammenden Exporte verantwortlich; Gold repräsentiert auch 75 % aller Exporte aus San Juan, und 23 % aus Santa Cruz.

Im Jahr 2010 waren laut Javier Rodríguez Pardo 74 große Bergbauunternehmen – die Mehrheit kanadischen oder britischen Ursprungs – in Argentinien aktiv. Im selben Jahr wurden 165 Projekte in unterschiedlichen Phasen von Erkundung, Rentabilitätsprüfung, Aufbau und Ausbeutung vorangetrieben. Von diesen Projekten befanden sich 66 in den Provinzen des argentinischen Nordostens (Jujuy, Catamarca und La Rioja), 43 in der Zone des Cuyo (San Juan, San Luis, Mendoza und Neuquén) und 56 in Patagonien (Santa Cruz, Chubut und Río Negro).[8] Der Autor fügt an, dass

„[z]u dieser Anzahl Tausende von Stollen hinzukommen, die weitgehend ungehindert und bei einer kaum vorstellbaren rechtlichen Laxheit die Erkundung großer Gebiete, die Erfassung von Lagerstätten und der Möglichkeiten ihrer Ausbeutung vorantreiben. Ihre Anzahl ruft Frösteln hervor, da sie auf den Beginn einer Verwüstung hindeutet. Treffen die Vorhersagen über die zu erwartenden Umweltschäden ein, werden wir bald Mondlandschaften bewohnen, gewaltige Territorien mit Hunderten von Kratern von vier Kilometern Durchmesser und mehr als 700 Metern Tiefe, die im Bergbaujargon als ‘open pit’ bekannt sind.“[9]

Diese Akkumulationslogik, die auf der intensiven Ausbeutung von Metallen in großem Maßstab basiert, hat tiefgreifende territoriale Effekte, indem sie die Grundstruktur des Territoriums und die Akteure, die dieses gestalten, sowie die Formen ihrer Beziehungen verändert. So weist zum Beispiel Eduardo Gudynas (2009) darauf hin, dass die durch dieses Modell implizierte Schaffung produktiver Enklaven in vielen Fällen die Ankunft von Gruppen von Personen (Arbeiter, Techniker und ihre Teams) mit sich bringt, die existierende Grenzen und ihre räumliche Bedeutung, wie sie von der indigenen Bevölkerung und von den bäuerlichen Dorfgemeinschaften anerkannt sind, ignorieren. In anderen Fällen bedeutet die Schaffung dieser Enklaven die Öffnung von entlegenen Regionen, die eine Konditionierung und Mediatisierung von Raumordnungsplanungen, Zuweisung von Schutz‑ oder Wohngebieten und selbst Versprechen auf Landreform und ‑verteilung zur Folge hat. Dies beinhaltet die Vertiefung einer Dynamik von Enteignung und Landraub und tritt damit in Konflikt zu einer Vielzahl von bestehenden Aktivitäten in den verschiedenen Regionen (etwa Tourismus, Landwirtschaft, Viehzucht).

Zugleich benötigen die extraktiven Enklaven ein Netz von Verbindungswegen für die Anlieferung der Betriebsmittel und Ausrüstungsgüter sowie für den Abtransport der Exportprodukte, wodurch ein bestimmter Typ von Beziehungen zwischen den lokalen, den nationalen und den internationalen Räumen entsteht. Dafür sind bedeutende Arbeiten zur infrastrukturellen und energetischen Unterstützung (etwa hydroelektrische Staudämme, Gasversorgung) notwendig, die weitere territoriale Folgen nach sich ziehen. Diese Entwicklungen sind dokumentiert in der im Jahr 2000 aufgelegten Iniciativa para la Integración de la Infraestructura Regional Sudamericana (IIRSA) und dem aus dem gleichen Jahr stammende Plan Puebla Panamá (PPP) für den mesoamerikanischen Raum. Beide zielen auf die Erleichterung der extraktiven Unternehmungen und des Transports der gewonnenen Produkte zu den jeweiligen Bestimmungshäfen (Ceceña u.a. 2007).

Das Vordringen des Megabergbaus – vor allem entlang der Andenkette, des Vorgebirges und ihrer Ausläufer – war begleitet von intensiven sozialen Konflikten an den Orten der geplanten oder bereits bestehenden Ausbeutung. So entstanden in mindestens 15 der 23 argentinischen Provinzen Nachbarschaftsinitiativen, Organisationen oder Interessengruppen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, welche die Verteidigung des Landes zusammenführen, das sie bewohnen und das sie durch den Großbergbau bedroht, wenn nicht bereits direkt geschädigt sehen. Sie kritisieren die Umweltverschmutzung, die Zerstörung der Landschaft und ihre Ausplünderung. Dabei ist hervorzuheben, dass bei diesen Konflikten die Kritik hauptsächlich auf die megaminería abzielt und nicht auf andere, nicht-erzabbauende Bergbauaktivitäten, selbst wenn sicherlich auch letztere – wie alle wirtschaftlichen Aktivitäten – soziale und ökologische Konsequenzen mit sich bringen. Eine der meistbeachteten Fälle im Land war jener der Bürgerversammlung von Esquel (Provinz Chubut), die 2003 die Verabschiedung eines Provinzgesetzes zum Verbot dieser Form der Ausbeutung von Mineralien erreichte. In der Folge wurden in sechs weiteren Provinzen ähnliche Gesetze verabschiedet, auch wenn deren Anwendung sich weiterhin dem Druck aus der politisch-unternehmerischen Lobby ausgesetzt sieht.

Diese neuen Konflikte machen neue Ausschlussmechanismen deutlich, die durch die megaminería wirken. Diese beinhalten nicht nur die Möglichkeit ernster Eingriffe in die Lebensbedingungen und ‑qualität der Bevölkerung, sondern sie repräsentieren auch die Materialisierung einer Vision von Territorium, seiner Nutzung, Bedeutung, Verteilung und seiner Subjekte, die bestehende oder mögliche Gegenentwürfe ausschließt. Diese Dimensionen der Konflikte werden wir in den folgenden Abschnitten erläutern.

Die Verknüpfung von Territorium, Kapital und Staat

Die gesellschaftlich dominanten ökonomischen Paradigmen und Praktiken finden ihre Entsprechung in der Organisation des Raums. Der Kapitalismus muss „einen Raum schaffen“, der auf instrumentelle Weise die Reproduktion der Produktionsverhältnisse begünstigt. In den Worten von Henri Lefebvre: „Die Produktion des Raums ist nicht irgend eine Produktion, sie fügt ihr etwas Entscheidendes hinzu, weil sie auch die Reproduktion der Produktionsverhältnisse einbezieht“ (Lefebvre 1976: 232).

Von daher ist der Raum nicht bloß ein passiver Ort der wirtschaftlichen Produktion, nicht nur Bühne und physische Grundlage; im Gegenteil, der Raum greift seinerseits in den Produktionsprozess ein und bildet ein zusätzliches Element der – einfachen oder erweiterten – Reproduktion des Kapitals. Anders ausgedrückt: die dem Kapitalismus eigenen sozialen Beziehungen bzw. die Ausbeutungs‑ und Beherrschungsbeziehungen erhalten sich durch und in der Gesamtheit des Raums, indem dieser jenem grundlegend dienlich ist. Deshalb ist der Raum immer ein sozialer Raum. Er ist nicht die Summe historischer Fakten oder materieller Ressourcen, sondern beteiligt sich, artikuliert und schafft Produktions‑ und Reproduktionsbeziehungen in einer bestimmten sozialen und historischen Formation.

So gesehen bilden Raum und Kapital eine Beziehungsmatrix, die sich im Zeitverlauf verändert. Mit jeder nötigen Änderung und Anpassung der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse treten Teile oder Elemente des Territoriums hervor, andere bleiben verdeckt oder zeigen sich in Form von Entfernungen („weiter weg“ oder „näher dran“). Es bilden sich neue städtische Zentren bzw. die alten verändern sich, neue Verkehrswege und Ansiedlungen entstehen und die Grenzen und Begrenzungen des Territoriums werden neu gezogen.

David Harvey erläutert, wie der Akkumulationsimpuls des Kapitals „geholfen hat, so unterschiedliche Städte wie Los Angeles, Edmonton, Atlanta und Boston zu schaffen und alte Städte wie Athen Rom, Paris und London bis zur Unkenntlichkeit (wenn auch auf höchst unterschiedliche Weise) umstrukturiert hat“ (Harvey 2007: 137). Für den Kapitalismus

„ist der Anreiz zur Schaffung eines Weltmarktes, zur Senkung der Schranken zwischen Räumen und zur Vernichtung des Raums durch die Zeit eine allgegenwärtige Bedingung, so wie der Anreiz zur Rationalisierung der räumlichen Organisation in effizienten Produktionsabläufen (arbeitsteilige Serienproduktion, Fabriksystem und Fließband, territoriale Aufteilung der Arbeit, Konzentration in großen Städten), in Verkehrsnetzen (Kommunikations‑ und Transportsysteme) und Konsum (Einrichtung von Haushalten und Wohnungen, Organisation der Gemeinden und Differenzierung der Wohngebiete, kollektiver Konsum in den Städten)“ (Harvey 2008: 257f).

Jeder neuen Strukturierung des Territoriums – Korrelat jeweils einer spezifischen historischen Kombination aus Produktivkräften und sozialen Produktionsbedingungen – entspricht eine spezifische Repräsentation desselben. Diese Repräsentation des Raums (Lefebvre 1976) hat die bedeutsame Funktion, die Akkumulationsbedingungen in einem bestimmten historischen Moment sicherzustellen und auszuweiten; daher handelt es sich nicht nur um Diskurse und Ideologien, sondern um ihre Umsetzung in der gesellschaftlichen Praxis, in den Institutionen, Organisationen und Verhaltensweisen. Als Träger solcher Repräsentationen und Element der Reproduktion der Produktionsververhältnisse ist der Raum gleichermaßen ideologisch und wissensförmig geprägt.

Der Staat, hier verstanden als Resultat einer Gesamtheit von regierungsförmigen und zivilgesellschaftlichen Dispositiven, ist der zentrale Ort der symbolischen Produktion des Territoriums. Die großen Diskurse, die in Argentinien eine Geschichte des Raums – eine „ökologische Geschichte“ (Brailovsky & Foguelman 1991) oder eine „Umweltgeschichte“ (Alimonda 2009) – gewoben haben, sind deshalb mehr als ein Mythos oder eine Rhetorik der kulturellen Intervention. Zuschreibungen wie „Kornkammer der Welt“, „Argentinien als ressourcenreiches Land“, „nationale Industrie und wirtschaftliche Autarkie“, „grüne Revolution und Modernisierung der Landwirtschaft“ oder „globalisiertes Argentinien“ sind mehr als bloße Behauptungen. Vielmehr sind sie symbolische Artefakte, die in spezifischen historischen Momenten bestimmte Formen der Aneignung und Enteignung des Territoriums ermöglichen und legitimieren. Somit prägen sich ihre Spuren in seine Organisationsform, seine Subjekte und seine Verkehrsströme ein.

„Bergbauland Argentinien“ (Argentina minera)

Wie bereits zuvor kritisch erwähnt, konfigurieren sich die herrschenden Diskurse über den Raum gegenwärtig ausgehend von einem neuen Zyklus kapitalistischer Aneignung und Kontrolle, der – zumindest in Argentinien und Lateinamerika – stark auf die Ausbeutung natürlicher Rohstoffe und Primärgüter fokussiert ist.

Auf dieser Basis schreibt sich der herrschende Diskurs über das Territorium in das Paradigma von „Entwicklung und Wirtschaftswachstum“ ein. Dieses verfügt über strategische Sichtweisen, welche die günstige Gelegenheit auf dem Weltmarkt erkennen, um Territorien und deren Ressourcen unmittelbar als „Waren“ zu kodifizieren. In seinem steten Streben nach Gewinn schafft das Kapital so Orte, an denen jegliches Leben unmöglich wird. Karl Marx erklärt es folgendermaßen: die wirtschaftliche Notwendigkeit der Ausbeutung der Naturressourcen übe einen so starken Druck auf die theoretischen wie praktischen Beziehungen der Menschen zu ihrer Umwelt aus, dass es angemessen sei, von einem „Verlust der Natur“ zu sprechen (vgl. Renault 2008: 151). Dieser Verlust der Natur verweist hier ebenso auf die Schädigungen, die das Handeln des Kapitals für die Umwelt bedeutet, wie auch auf die Entfremdung, die es den Subjekten auferlegt. Es handelt sich um einen einzigartigen Prozess, der gleichermaßen die kreativen Begabungen des Menschen wie die schöpferischen Fähigkeiten der Natur zerstört.

Repräsentationen des Raums zeichnen sich, wie oben angesprochen, durch zwei Charakteristika aus: auf der einen Seite sind sie verbunden mit den Institutionen der herrschenden Macht und auf der anderen Seite sind sie angereichert mit technischem und rationalem Wissen. Das alltägliche Leben bleibt durch sie eingeschlossen in einen begrenzten Raum, der auf verschiedenen Ebenen durch die Ökonomisierung und Bürokratisierung des Territoriums eingeschränkt und kolonisiert ist (Oslender 2000). Was das erste Merkmal betrifft, so werden die Vorstellungen des Raums in den herrschenden Institutionen generiert und durchkreuzen sie zugleich. Ihre Spannbreite reicht von den Stellen der öffentlichen Verwaltung im eigentlichen Sinne – verstanden als operative und ausführende Einheit von staatlichen Entscheidungen – über die Legislative und Judikative zu anderen Machtzentren wie etwa Bildungseinrichtungen, Unternehmerorganisationen und großen Kommunikationsmedien und umfasst selbst sogenannte „zivilgesellschaftliche“ Organisationen.

Die zweite Charakteristik der dominanten Repräsentationen des Raumes bezieht sich auf die Tatsache, dass diese institutionellen Zentren die privilegierten Orte der Schaffung und Verbreitung eines technisch-rationalen, einheitlichen Regeln und Verfahren folgenden Wissenstyps sind. Diese untermauern den Status des spezialisierten Wissens, der wissenschaftlichen Bestätigung und der Wissenschaft als solcher als einzigem Referenzpunkt, der die „Wahrheit“ über das Territorium bestimmt. So bedeutet der konstante Verweis auf die Notwendigkeit „wissenschaftlicher Beweise“ für die Auswirkungen des Bergbaus auf die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung eine erkenntnistheoretische Verstärkung dieser Art von Wissen. Argumente bezüglich der „Rationalität“ im Verbrauch von Ressourcen, technische Normierungsanforderungen nach internationalen wissenschaftlichen Standards (z.B. ISO-9001, ISO-14001), die Rechtfertigung des Gebrauchs schädlicher Materialien gemäß neuesten, durch wissenschaftlich-technische Gemeinschaften abgesegneten Standards und nationalen oder internationalen politischen Abkommen sowie der zunehmende Einsatz geographischer Informationssysteme wirken alle in die gleiche Richtung.

Im Ergebnis werden im Rahmen dieser herrschenden Diskurse bestimmte Eigenschaften des Territoriums – zum Beispiel die geringe Bevölkerungsdichte oder seine geophysikalische Beschaffenheit – hervorgehoben, wobei Repräsentationen des Raums konstruiert werden, die Bilder wie das einer „Steinwüste“ beinhalten. Diese Konstruktionen bilden dann das Fundament für die Entwicklung eines Machbarkeitsszenarios: das „Bergbauschicksal“ des Territoriums, in anderen Worten: „Bergbauland Argentinien“.[10]

So werden in den Machtzentren Repräsentationen des Raums hergestellt, die sich auf eine von Fachkenntnissen, Spezialisierung, Professionalisierung und wissenschaftliche Disziplinierung geprägte Wissensform stützten. Das Endergebnis ist eine Vereinfachung des Territoriums, das als durchsichtige, verdinglichte, träge und abstrakte Fläche erscheint; damit handelt es sich um eine instrumentelle Desensibilisierung des Raums.

Staatliche Strategien im Umfeld des „Bergbaulands“

Der Staat – verstanden im engen Sinn von Verwaltungsapparat und Regierung – entfaltet ein heterogenes Bündel von Aktionen, Entscheidungen und Unterlassungen, in denen der Modus seines Verhältnisses zum Territorium, hier also die Repräsentation des „Bergbaulandes Argentinien“ Gestalt annimmt. Wir schlagen vor, diese Strategien als „Verankerung“ (anclaje) und „Loslösung“ (desanclaje) der geographischen und lokalisierbaren Aspekte des Staates begrifflich zu erfassen, um so analytisch ihren multiplen und sogar widersprüchlichen Charakter in Bezug auf die Konfiguration der Beziehung zwischen Staat und Territorien hervorzuheben.[11]

Loslösung verweist hier auf eine Serie von Strategien der Entkopplung des Staates vom Territorium. Das bedeutet, dass der Staat, und mit ihm der gesamte juridisch-institutionelle Komplex, handelt, indem er tatenlos bleibt. Die Beispiele für dieses Bündel von Strategien sind vielfältig; die folgende, keinesfalls vollständige Auflistung, kann dabei zur Orientierung dienen. Sie umfasst:

  • Das Gesetzespaket zu Bergbauaktivitäten aus den 1990er Jahren, das den Beginn „einer dauerhaften institutionellen Regelung in unseren Ländern zur Übergabe des Territoriums und der öffentlichen Einrichtungen an transnationale Bergbauunternehmen und ihrer Kontrolle durch dieselben“ und somit „[eines] Szenarios der Auslieferung des Untergrundes“ repräsentiert (Sánchez Albavera & Lardé, zit. in Antonelli 2009: 52).
  • Die Delegation von Entscheidungs‑ und Kontrollkompetenzen an supra‑ oder subnationale Instanzen. Ein Beispiel hierfür sind Fälle der Abwesenheit von internationalen Grenzkontrollen in Zonen bergbaulicher Ausbeutung. Ein Schlüsselbeispiel in diesem Sinne ist das binationale Projekt Pascua Lama, bei dem die beteiligten Länder Argentinien und Chile per Vertrag eine eigenständige territoriale und administrative Einheit mit eigenen Steuernormen und Sicherheitskräften, ähnlich einem „dritten Land“, geschaffen haben (vgl. Colectivo Voces de Alerta 2011: 59).
  • Die Privatisierung von Bergbauunternehmen bzw. der Eintritt von privatem Kapital in gemischte öffentlich-private Unternehmen.
  • Die fast völlige „Abwesenheit“ des Staates in einigen Fällen, in denen er keine Infrastruktur von Gesundheit, Bildung und Justiz mehr zur Verfügung stellen oder gesetzlich vorgeschriebene Verfahrensweisen und Schutzrechte durchsetzen kann. Damit eröffnen sich Räume, in denen Unternehmen – im Rahmen der sogenannten „unternehmerischen Verantwortlichkeit“ – als die einzigen Akteure erscheinen, die in größerem Umfang soziale, schulische oder gesundheitliche Dienste für die betroffenen Gemeinden bereitstellen können.

Auf der anderen Seite. und im Gegensatz zu den erwähnten Vorgängen, beinhaltet die „Verankerung“ ein Bündel von Beziehungen und Interventionen, welche eine stärkere staatliche Präsenz und direkte Durchdringung des Territoriums zur Folge haben. Diese zeigen den Willen zur Intervention des Staates, zur Verwaltung des Territoriums und dessen, was in ihm vor sich geht. Die folgende Liste enthält – erneut ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einige der diesbezüglichen Maßnahmen:

  • Die physische Veränderung des Territoriums durch direktes Handeln. Beispiele hierfür sind Infrastruktur‑ und Energieversorgungsprojekte und die Verabschiedung von Gesetzen oder Politiken zur Raum‑ und Bodenordnung. Konkrete Fälle sind etwa die bereits erwähnte IIRSA, die Política y Estrategia Nacional de Desarrollo y Ordenamiento Territorial[12], oder die in den nationalen Umweltschutzverordnungen und den ergänzenden provinzialen und lokalen Vorschriften getroffenen Festlegungen zu den verschiedenen Nutzungsformen des Landes.
  • Der direkte Eintritt des Staates in den extraktiven Sektor als ökonomischer Akteur, in Form der Reaktivierung oder Gründung von staatlichen Unternehmen. Das Panorama kann hier mit einigen wenigen Beispielen umrissen werden und umfasst etwa die über die letzten Jahre erfolgte Konsolidierung der brasilianischen Petrobras zum größten Erdölkonzern in Lateinamerika, mit Operationen in anderen Ländern der Region, einschließlich Argentiniens (vgl. Barrera & Inchauspe 2012); oder, im argentinischen Fall selbst, die Gründung von Energia Argentina S.A. (ENARSA) und die staatliche Enteignung der spanischen Inhaber der Anteilsmehrheit bei YPF-Repsol. Im Bergbaubereich wurde beispielsweise im Jahr 2008 in der Provinz La Rioja das Unternehmen Energía, Minerales Sociedad del Estado (E.M.S.E.) gegründet, durch das der Staat sich zum Ziel setzt, im Verbund mit Privatunternehmen, die vorhandenen mineralischen und fossilen Ressourcen auszubeuten und zu verarbeiten.[13]
  • Repressionsstrategien und der Einsatz von Sicherheitskräften bilden schließlich die Form, in der sich die Präsenz des Staates im Territorium traditionell und am dauerhaftesten ausgedrückt hat.[14] So zeigt die Anklage von Repression oder Polizeigewalt in Konfliktfällen nichts anderes als die Gegenwart des Staates. Die Repression setzt dabei auf Praktiken, welche die Subjekte des Konfliktes als Straftäter behandeln und dabei über den gesamten Strafapparat verfügen. Um das den Konflikten inhärente Bedrohungspotenzial zu vermindern bedarf es von Seiten des Staates einer komplexen Operation der Normalisierung, die darauf abzielt, ihn, den Staat, durch disziplinierende Praktiken einem homogenen Sozialkörper einzuschreiben.

In Abgrenzung von diesen Konstruktionen des Territoriums und den verschiedenen Arten, in denen der Staat sie operationalisiert und umsetzt, entstehen aber auch alternative Konstruktionen, welche ausgehend von lokalen Repräsentationen und Vorstellungen die symbolische Aufladung der dominanten Vorstellungen des Raums angreifen. Diese organisieren sich ausgehend vom und im Widerstand gegen die Enteignung von Ressourcen, aber auch einer ganzen Form des Lebens und der sozialen Beziehungen.

Kämpfe und Widerstände gegen die herrschenden Mächte

In diesem Sinne weist unser zweiter Argumentationsstrang darauf hin, dass trotz der vorgeblichen Rationalität und Kohärenz der dominanten Repräsentationen des Raumes in der kapitalistischen Gesellschaft zugleich Widersprüche des Raumes existieren (Lefebvre 1976). Wenn einerseits von Seiten des dominanten Diskurses und des Staates der Raum als Ressource und Ort der Macht dargestellt wird, so ist es die Ir/rationalität dieser Kontrolle die, wie wir im Folgenden sehen werden, die Konfliktivität im Territorium zum Ausbruch bringt. Aus dieser Sicht erscheint die Lokalisierung der Konflikte als Resultat eines Prozesses der sozialen Verräumlichung der Beziehung zwischen den Herrschenden und den Beherrschten, zwischen den ausgebeuteten Klassen und ihren „Eliten“, zwischen den Besitzenden und den Ausgeschlossenen. Aus diesem Grund geht die Verräumlichung von Machtbeziehungen nicht ohne Infragestellung oder Widerstände vor sich.

Die Widerstände und Kämpfe gegen den Bergbau müssen sich, wie Harvey (2008) nahe legt, ins Zentrum der ökonomischen und politischen Prozesse einschreiben. Allein in der Reaktion auf diese Prozesse erscheinen Protest und Widerstand als offene Form des Verhältnisses zwischen sozialem Sein und sozialem Bewusstsein, zwischen Spontaneität und Bewusstsein. Edward Palmer Thompson (2004) paraphrasierend ließe sich sagen, dass diese Kämpfe sich stets „im Werden“ befinden und so nicht von gegebenen Identitäten ausgehen, sondern sich als Verhältnis und Prozess entwickeln, die unhintergehbar durch den Konflikt geprägt werden.

Dieses „Werden“ ist Ergebnis der Ansammlung und Verarbeitung von Erfahrungen, Wissensbeständen und kollektiven Praktiken, die aus dem Erleben von Konflikt und Angst hervorgehen. Ihre Konfiguration resultiert aus dem widerständigen Handeln selbst, nicht etwa aus einem vorgegeben normativen oder ideologischen Konsens oder den normalisierten Formen der Subjektivierung. Im Gegenteil, all dies ist Ergebnis eines Prozesses der Erkundung und Ausarbeitung von Mechanismen, die zur Artikulation von Positionen, zur Schaffung von Konsens und zur Durchführung von Aktionen in der Lage sind (Melucci 1994); dieser entspringt aus seiner Verortung in einem gemeinschaftlichen Feld, das sich einer Bedrohung ausgesetzt sieht.

Das Risiko und die Bedrohung bilden somit den Auslöser für eine Rückkehr der Subjekte zu einer Politik, die von den unmittelbaren und alltäglichen Erfahrungen einer untragbaren Realität ausgeht. Wir sprechen hier von „einer“ Realität im Sinne einer „verkürzten Realität“. Das heißt, dass sie durch die Erfahrung nicht als Totalität begriffen werden kann. Folglich konstituiert diese Erfahrung Subjekte und Konflikte, die den mit bestimmten Räumen und Situationen verbundenen Perspektiven und Regeln folgen.

In den Geschichten und Darstellungen wird das Territorium als gelebter Raum verstanden, also als durch das Leben formierter und geordneter Raum. Für seine Bewohner ist das Territorium nicht einfach ein räumliches Bezugssystem, sondern sie schaffen sich ihren Raum, in dem sie ihn bewohnen und sich in ihm bewegen.[15] Es ist dieser Prozess der Erfahrung ähnlicher Lebensbedingungen und Erfahrungen, in dem das Gemeinsame entsteht.

Wertschätzung und Kostbarkeit des Territoriums haben nichts mit einer Bewunderung der ästhetischen oder landschaftlichen Qualitäten seiner physischen Bestandteile zu tun. Ebenso wenig gehen sie auf ein Gefühl der Heiligkeit, ausgehend von einer spirituellen Betrachtungsweise der Natur, die dieser beispielsweise ein inhärentes Wesen und Werte zuschreibt, zurück. Vor all diesem ist das Territorium eine lebendige Erfahrung für Kämpfe und Widerstände, ein Gewebe, das als Schutz‑ und Sicherheitsnetz erlebt wird und das die Feststellung und Bejahung der Präsenz seiner BewohnerInnen in einem Hier und Jetzt ermöglicht.

In diesem Rahmen erscheint die bergbauliche Ausbeutung in den Darstellungen des Widerstands als Komplex von Trennungen und Brüchen, die vor allem zwei Formen annehmen: Einerseits die des Bruchs mit dem physischen Raum, der sich in Wendungen wie „sie werden uns vertreiben“ oder „sie wollen uns hier raushaben“ ausdrücken. Diese verweisen auf Entwurzelung und Exodus als Formen der Trennung. Andererseits geht es um die Zerstörung der Muster von Soziabilität und von familiärer, nachbarschaftlicher oder kommunitärer Solidarität im Territorium. Diese zeigt sich in Menschen, die nicht miteinander sprechen, sich nicht austauschen, einander nicht begegnen, Menschen, die sich verbergen, vor anderen verstecken, die miteinander streiten.

Die Besonderheit der Erfahrung, aus der die Kämpfe erwachsen, kann somit als Raum der Konstruktion des Politischen gefasst werden. Dies bedingt nicht nur den lokalen und multiplen Charakter der Konflikte, sondern auch eine Re-Absorption des Sozialen in das Politische. Diese zweite Dimension spiegelt eine Form der Politisierung wider, die aus der Entfremdungserfahrung im Unmittelbarsten des Lebens erwächst: die Bedrohung, das Risiko, die Armut, der Mangel, das Fehlen oder die Zerstörung von grundlegenden Gütern wie Nahrungsmitteln, Wasser, Gesundheit und darüber hinaus. Das Leiden ist hier kein stummer Bodensatz der Politik, sondern bildet im Gegenteil ein Fundament um sich aufzurichten und sich den Mächtigen entgegenzustellen (Foucault 1992).

Auf diese Weise drückt sich das Territorium als Verhältnis zwischen dem, was man ist, und dem, was man nicht ist, aus. Daher handelt es sich nicht um einen geometrischen Raum, um eine reine Ausdehnung, sondern um eine von den Bedeutungszuschreibungen, den in ihm geknüpften Verbindungen und den in ihm verankerten Projekten ausgehende Verortung. Wenn die Entwurzelung einen tiefgehenden Prozess der Desubjektivierung einleitet, so bildet die Konstitution eines Territoriums als Ort der Zugehörigkeit eine Gegenbewegung. Die Herstellung eines Territoriums ausgehend von einem Raum – sei er physisch oder symbolisch, ein Ort der Arbeit oder des Wohnens, etc. – bedeutet, ein Bündel von Zuschreibungen und von Ordnungen von Beziehungen zwischen Subjekten und zwischen Subjekten und Dingen ins Spiel zu bringen. In jedem Fall bedeutet sie, das Territorium als Ordnung zu errichten.

Ein Territorium als Ort der Zugehörigkeit zu erschaffen verlangt vor allem, es zu umreißen, ihm eine Morphologie zu geben oder zuzuerkennen, das heißt, seinen Merkmalen und seinen Menschen Rechnung zu tragen, ihre Bedürfnisse und auch ihre Befähigungen zu erkennen. Die Erfahrung der in einem bestimmten Raum vorhandenen Bedürfnisse bildet folglich das Substrat (und den Grundstoff) des Gemeinsamen. Hiernach werden das Nahegelegene und das Konkrete zu den Kriterien der Demarkation des Raumes wie der Zugehörigkeit; sie bestimmen die Reichweite und Grenzen des Gemeinsamen. Durch die Geläufigkeit der etablierten Verbindungen und durch den mehr oder weniger greifbaren, festen und dauerhaften Charakter der spezifischen sozialen Beziehungen, die sich in ihm herstellen, reproduzieren und zusammentreffen, übersetzt sich der Raum in ein Territorium.

So sind es Erfahrungen der Gefahr und der Mikro-Konfliktivität, welche die Dynamik der Herstellung individueller und kollektiver Subjektivitäten aus dem Handeln und dem Widerstand gegen die – ebenfalls multiplen – kapitalistischen Logiken der Ausbeutung und Beherrschung antreiben. Der Prozess der Subjektwerdung nimmt hier seinen Ausgangspunkt in einer Sequenz von Erfahrung-Antagonismus-Autonomie, die im Laufe ihrer Entwicklung und Vereinigung eine neue Subjektivität formt, deren Herausbildung stets eine individuelle und kollektive „Singularisierung“ darstellt (Guattari 1996: 18).

Das Auftreten dieser innovativen Kräfte in lokalen Kontexten verweist auf eine erneuerte Tendenz bezüglich der Formen des politischen Handelns. Indem sie, unter Beziehung auf die historisch konkreten Modalitäten ihrer Ausübung, spezifische Formen sozialer und politischer Macht artikulieren, bilden sie eine lokale politische Rationalität aus, die sich mit Vorsätzen und Fähigkeiten der globalen Irrationalität des Kapitals entgegenstellt. Somit ist die Autonomie gegen und an den Grenzen der Beherrschung ein Ergebnis jener innovativen Kräfte. Sie werden durch ein gemeinsames Interesse geleitet und sind fähig, sich selbst im Inneren von Geflechten der Kooperation zu leiten. Ausgehend von einem multiplen und in sich differenzierten (lokalen) Raum bringen sie Kämpfe hervor, die die Anmaßungen bzw. Bedingungen der Unterwerfung herausfordern, welche die dominanten Mächte durchzusetzen versuchen.

Schlussfolgerungen

Ausgehend von den bisherigen Darstellungen möchten wir abschließend hervorheben, dass der Raum und das Leben außergewöhnlich verletzlich werden, wenn sie – wie durch die megaminería – den Parametern des Kapitals und des Systems der Warenproduktion unterworfen werden. In den Worten von Harvey: „Wenn es einen Konflikt zwischen dem Wohlergehen der Bevölkerung und einem guten Geschäftsklima gibt, gewinnt das letztere“ (Harvey 2006: 4). Der Vormarsch des Kapitals auf die natürlichen Ressourcen bedeutet sowohl eine Bedrohung der Umwelt und der in ihr bestehenden Formen des Produzierens wie auch der im Laufe der Zeit an einem bestimmten Ort herausgebildeten Machtverhältnisse. Deshalb entfesselt das Aufeinandertreffen jener Modelle der Räumlichkeit Konflikte und Dynamiken des Widerstandes.

Die Besonderheit der Konflikte und Widerstände, die sich der bergbaulichen Ausbeutung entgegenstellen, ist darin zu sehen, dass sie Ausdruck einer autonomen und antagonistischen politischen Subjektwerdung sind. Der Ort, wo die gegenwärtigen Kämpfe gegen das Eindringen großer Kapitale mit ihren die Lebensräume in dramatischer Weise verändernden Projekten der Ressourcenausbeutung entstehen und organisiert werden, liegt im Zwischenraum zwischen der Bewusstheit der Gefahr und der spontanen Reaktion. Der entstehende Konflikt ist damit eine vitale Reaktion, ein Zeichen, wie Antonio Gramsci sagt (1999: 344), der „Alarmbereitschaft“ gegenüber den Möglichkeiten einer Desorganisation der Topografien und Verhältnisse, der Lebens‑ und Handlungsweisen, die die Soziabilität in jenem bedrohten Raum konstituieren.

Die Insubordination, die von den Erfahrungen der Kämpfe her gekennzeichnet ist, muss ins Zentrum der ökonomischen und politischen Prozesse eingeschrieben werden. Im Widerstand artikuliert sich das Verhältnis zwischen sozialem Sein und sozialem Bewusstsein, zwischen Spontaneität und Bewusstsein. Im Prozess der Subjektwerdung, der sich mit dem Widerstand entfaltet, spielt die Möglichkeit der „Enteignung“ eine grundlegende Rolle als vereinende Kategorie, insofern ihre Artikulation sich auf die Handlung des Raubs bezieht, während sie gleichzeitig in umfassender Weise auf die Formen der Extraktion-Produktion-Reproduktion, welche sie vollziehen, verweist.

Die Gefahr des Raubs von natürlichen Ressourcen bedeutet, dass Gemeinden sich auf bisher gegenüber ihrer Alltagswelt fremde Wissensfelder begeben müssen. So werden sie zu Experten für strikt technische Fragen, die sich mit der Ausbeutung der Naturressourcen und ihren Konsequenzen für die Umwelt befassen. Parallel hierzu entwickelt sich eine besondere Sensibilität für die Gemeingüter. Im Angesicht der Möglichkeit des Umweltverfalls beginnen die Gemeinden jenes wertzuschätzen, das bisher kaum beachtet wurde: die Qualitäten ihrer natürlichen Umgebung. Auf diese Weise stellen Wissen und Sensibilität die Vektoren dar, die die lokalen kulturellen Praktiken erweitern und verstärken, während sie gleichzeitig jene neuen Formen der Soziabilität hervorbringen, die aus Kampf und Widerstand entsprungen sind. Die Enteignung der natürlichen Ressourcen zu verhindern bedeutet zugleich, die Enteignung der Fähigkeit zur Aufrechterhaltung und Weitergabe einer eigenständigen Lebensform und Beziehung zur Umwelt zu verhindern.

Aus dem Spanischen übersetzt von Matthias Ebenau, Theo Mutter, Ingrid Wehr & Hanns Wienold

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Anschriften der Autorinnen:
María Alejandra Ciuffolini
ma.ciuffolini@yahoo.com.ar

Candela de la Vega
cande_dlv@yahoo.com.ar

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[1]       Wir beziehen uns insbesondere auf das Forschungsprojekt „Gestión de la vida: öffentliche Politiken und die Ausbeutung von Territorium und Naturressourcen. Eine vergleichende Studie in drei argentinischen Provinzen“, angesiedelt an und finanziert von der Fakultät für Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen der Katholischen Universität in Córdoba. Eine ausführlichere Darstellung der Projektergebnisse findet sich in Ciuffolini 2012). Einige Ausführungen stützen sich ferner auf die Masterarbeit im Bereich der Öffentlichen Verwaltung (SeCyT-IIFAP-UNC) von Candela de la Vega, unter der wissenschaftlichen Leitung von María Alejandra Ciuffolini.

[2]       Eduardo Gudynas (2009: 199) stellt heraus, dass „die Exporte, die aus den Bergwerken und Steinbrüchen der Länder des erweiterten MERCOSUR (Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay) stammen, im Jahr 2004 über 20 Mrd. US$ ausmachten und 2008 einen Höchststand von 58 Mrd. US$ erreichten, um dann 2009 auf 42 Mrd. US$ abzusinken“.

[3]       Der Sojaanbau nahm in Lateinamerika zwischen 1990 und 2005 um 120 % zu (Zibechi 2012); in Argentinien nimmt er derzeit 70 % des urbaren Landes in Anspruch (Katz 2010; vgl. auch Dobelmann 2012).

[4]       So schreibt zum Beispiel die CEPAL: „Unter den Fusionen und Neuerwerbungen im Bereich der Naturressourcen ragen 2010 einige große Erwerbungen in den Öl- und Gassektoren heraus, die von chinesischen Unternehmen getätigt wurden, so etwa der Ankauf von 40 % der brasilianischen Tochterfirma der Repsol YPF durch Sinopec für 7,1 Mrd. US$ und der Erwerb von 50 % der argentinischen Bridas Corp. durch CNOOC für circa 4,8 Mio. US$ […]. Diese Operationen spiegeln das Interesse transnationaler Unternehmen wider, ihre Ressourcenstrategien in der Region, insbesondere in Südamerika zu stärken.“ (CEPAL 2011: 43)

[5]       Nach Angaben der Weltbank – einer der Hauptmotoren hinter dieser globalen Vermarktung des Bodens – wurden in den Ländern des Südens, insbesondere in Afrika und Lateinamerika zwischen 2008 und 2009 56 Mio. Hektar Land verpachtet oder verkauft, größtenteils finanziert mit Geldern von Investitionsfonds (zit. in Seoane 2012).

[6]       So konstatierte etwa die CEPAL (2009) vor dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise einen Zyklus von sechs Jahren des Wachstums des regionalen BIP (2003-2008) und von fünf Jahren eines Wachstums des BIP pro Kopf von mehr als 3 % jährlich (2004-2008).

[7]       „Minería en América Latina proyecta inversiones por US$300.000M hasta el 2020“ (América Economía, 16. 4. 2010, http://www.americaeconomia.com/negocios-industrias/mineria-en-america-latina-proyecta-inversiones-por-us300000m, letzter Aufruf: 7. 10. 2013).

[8]       Unter den Projekten mit der größten Reichweite befinden sich in Catamarca Bajo de la Alumbrera (Kupfer und Gold), Agua Rica–Farallón Negro (Gold, Kupfer und Molybdän), Loma Blanca (Lithium und Borat) in Jujuy Pirquitas (Silber, Zinn und Zink); in La Rioja ragt Famatina (Silber) heraus. Die wichtigsten Projekte in San Juan sind Veladero (Gold und Silber), El Pachón (Kupfer) und das binationale Projekt mit Chile Pascua Lama (Gold und Silber); und in Mendoza das Förderprojekt Potasio Río Colorado (Potassium). In Santa Cruz stechen die Projekte Cerro Vanguardia (Gold) und Cerro Negro (Gold), in Río Negro Sierra Grande (Eisen) hervor.

[9]       Javier Rodríguez Pardo: „Un año de conflictos mineros“. In: Diario Crítica, 8. 2. 2010, http://www.criticadigital.com/index.php?secc=nota&nid=37286, letzter Aufruf: 7. 10. 2013.

[10]      So verkündete der damalige argentinische Staatssekretär für Bergbau, Jorge Mayoral, in einem Interview mit der Zeitung Clarín im Jahr 2007: „Unsere Geographie soll genutzt werden. Wir wollen die Entwicklung jeder Provinz maximieren und ein produktives und nachhaltiges Modell auf der Basis der lokalen natürlichen Ressourcen realisieren. In den Bergbauprovinzen kann man keine Soja anbauen oder Fleisch produzieren […]. Der größte Teil des Landes ist eine Steinwüste“, zit. n. „Récord de inversiones para la gran minería“. In: Clarín, 18. 2. 2007, http://edant.clarin.com/suplementos/economico/2007/02/18/n-00311.htm, letzter Aufruf: 8. 10. 2013.

[11]      In diesem Sinne, und obwohl wir den resultierenden Effekten Rechnung tragen können, nehmen wir Abstand von anderen wichtigen Konzepten, die in der einschlägigen Literatur verwendet werden, etwa „Entterritorialisierung“ (desterritorialización) (Gudynas 2009), „Selbsthemmung“ (autoinhibción) (Antonelli 2009) oder „Staat als Metaregulator“ (Estado metaregulador) (de Sousa Santos 2007).

[12]      Die Política y Estrategia Nacional de Desarrollo y Ordenamiento Territorial (2004-2016): Argentina 2016 wurde im Jahr 2004 unter der Regierung Néstor Kirchners im Rahmen des Planungsministeriums erarbeitet und vorgestellt. Eine Analyse der ideologischen Vorannahmen, die dieses Projekt inspirierten und der Repräsentationen des Raumes, die ihm eingeschrieben sind, findet sich in Brandán u.a. 2012.

[13]      Vgl. die Prinzipienerklärung des Unternehmens, http://www.emselr.com.ar, letzter Aufruf: 9. 10. 2013.

[14]      Aussagekräftige Beispiele für die Gegenwart dieser Mechanismen finden sich in den Vorfällen, die in den folgenden Artikeln dokumentiert werden: „El peligro de represión persiste en Famatina“. In: Cosmos FM, 8. 1. 2012, http://www.fmcosmos.com.ar/2012/01/08/el-peligro-de-represion-persiste-en-famatina-a-casusa-de-una-minera, letzter Aufruf: 9. 10. 2013; „Catamarca: brutal represión a una protesta pacífica contra la minería“, In: La Razón, 10. 2. 2012, http://www.larazon.com.ar/actualidad/Catamarca-represion-protesta-pacifica-mineria_0_321900143.html, letzter Aufruf: 9. 10. 2013.

[15]      A. d. Übers.: Die Autorinnen fügen hier ein längeres Zitat zur Phänomenologie des Wohnens von Otto F. Bollnow ein, das nicht aus dem Spanischen rückübersetzt wurde.