Streitfall HPV-Impfung

Rund zwei Jahre nach der Zulassung zweier Impfstoffe gegen Humane Papilloma Viren (HPV) wächst die Kritik an den überzogenen Versprechungen, mit denen sie beworben werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat die Impfkommission nun zu einer Neubewertung der Impfung aufgefordert.

Es ist schon etwas Außergewöhnliches, wenn sich so unterschiedliche Organisationen wie die Berliner Ärztekammer, pro familia, eine Senatsverwaltung und das Feministische Gesundheitszentrum (FFGZ) zu einer gemeinsamen Stellungnahme zusammenraufen. Schon allein deshalb hat die „Berliner Erklärung zur HPV-Impfung”(1), die zehn Organisationen und Institutionen Ende April veröffentlicht haben, eine Signalwirkung. Noch wichtiger dürfte allerdings der Umstand wiegen, dass die Stellungnahme, ebenso wie der dreisprachige Flyer, den die Unterzeichner an Berliner Schulen und Gesundheitsämtern verteilen lassen, ohne Beteiligung der Pharmaindustrie zustande kam. Denn seit rund zwei Jahren werden junge Mädchen und ihre Eltern mit Darstellungen überschwemmt, die von den Impfstoffherstellern selbst herausgegeben oder finanziert werden.
„Es wird höchste Zeit für eine kritische Debatte und für unabhängige Informationen über die Wirkungen aber auch Nebenwirkungen der HPV-Impfung”, sagt Sybill Klotz, Bezirksstadträtin und Mitglied des Netzwerks Frauengesundheit im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg, in dem die Initiative ihren Ursprung hat. Zusammen mit ihren MitunterzeichnerInnen setzt sie sich für eine Versachlichung der Diskussionen ein. Mit dabei ist der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz. Seiner Ansicht nach wird der Nutzen der Impfung in der Öffentlichkeit häufig über-, die Risiken unterbewertet. Jonitz' Fazit: „Wer sein Kind nicht impfen lässt, tut ihm damit nichts Schlimmes an.”

Falsche Schuldzuweisungen

Dass ein solcher Satz mittlerweile Aufsehen erregen kann, ist vor allem auf die massiven Werbekampagnen der Pharmaindustrie zurückzuführen. Deren Lobbyarbeit schließt Fachgesellschaften, Politiker, öffentliche Gesundheitseinrichtungen und staatliche Kontrollbehörden ein. Auch scheinbar gemeinnützige Organisationen wie der „Verein zur Förderung von Patienteninteressen” oder das Deutsche Grüne Kreuz haben laut Recherchen der Journalistin Christina Berndt für Fernsehspots und Plakat-Aktionen erhebliche Summen von den Impfstoffherstellern erhalten.(2) Dabei wird in den öffentlichen Darstellungen zur Krebsimpfung häufig eine regelrechte Vernebelung der Tatsachen betrieben, Statistiken werden aus dem Zusammenhang gerissen und die unsichere Zulassungsgrundlage für die Impfstoffe verschwiegen (siehe Kasten: „Die Streitpunkte“). In den hauseigenen „Aufklärungsbroschüren” greifen die Impfstoffhersteller tief in die psychologische Trickkiste und scheuen sich nicht davor, Angst und Schuldgefühle zu erzeugen: „Liebe Mutter, dies zu wissen kann das Leben Ihrer Tochter retten”, heißt es beispielsweise auf Plakaten und Broschüren, die in Arztpraxen ausliegen und von Sanofi Pasteur herausgegeben werden. Wer sich kritisch äußert, muss mit Einschüchterungsversuchen rechnen: Der Bielefelder Gesundheitsforscher Ansgar Gerhardus berichtete gegenüber der Süddeutschen Zeitung von unangekündigten Stippvisiten durch Pharmavertreter in seinen Vorlesungen. Und auch an das Netzwerk Frauengesundheit Tempelhof-Schöneberg sowie den Gesundheitsausschuss der Berliner Bezirksversammlung sind die Pharmalobbyisten bereits herangetreten.

Neue Form der „Präventionsmedizin“
Neu ist diese Vermischung von Aufklärung und Marketing im Medizinbereich natürlich nicht. Schon des Öfteren wurde auf die problematischen Verbindungen der Pharmaindustrie zu Fachschaften, niedergelassenen Ärzten und Patientenorganisationen hingewiesen ohne dass diese Beziehungen einen öffentlichen Skandal auslösten. Im Fall der HPV-Impfung sind die Herstellerfirmen - Sanofi Pasteur MSD (Gardasil) und GlaxoSmithKline (Cervarix) - aber offensichtlich zu weit gegangen. Denn angesichts der überstürzten Zulassung, den aufdringlichen Vermarktungsstrategien und der massenhaften Verbreitung des Impfstoffs bekommen nun offensichtlich auch diverse Fachgesellschaften und gesundheitspolitische Entscheidungsträger Bauchschmerzen. Immerhin ist zweieinhalb Jahre nach Einführung der Impfung, rund jedes zweite Mädchen zwischen zwölf und siebzehn Jahren geimpft.(3) Bei der Hepatitis B-Impfung dauerte es zehn Jahre, bis ähnliche Raten erreicht wurden. Sollten sich Befürchtungen über schwerwiegende Nebenwirkungen erhärten oder noch unerkannte Langzeitnebenwirkungen herausstellen, wäre nicht nur der gesundheitliche Schaden groß; die Präventionsmedizin als Disziplin hätte auch einen Ruf zu verlieren. Schließlich bemühen sich Gesundheitspolitiker und Gesundheitswissenschaftler seit Jahren besonders darum, Kinder und Jugendliche mit Strategien zur Gesundheitsvorsorge zu erreichen. Schon allein aufgrund ihrer Hauptzielgruppe gilt die HPV-Impfung daher vielen Präventionsmedizinern als Modell par excellence, um neben Erziehungsprogrammen zur „richtigen“ Ernährung und Bewegung konkrete Angebote für die Gesundheitsvorsorge bei Teenagern zu schnüren.(4) Gleichzeitig läutet die umstrittene Impfung aber auch eine neue Phase in der Infektionsprävention ein: Im Unterschied zu den „klassischen“ Kinderimpfungen wie Tetanus, Diphterie, Pertussis gibt es zwischen den Infektionen, die sie verhindern und der Krankheit, vor der sie schützen soll, keinen direkten Kausalzusammenhang. Wer sich mit den betreffenden Papillomaviren ansteckt, kann in sehr seltenen Fällen Gebärmutterhalskrebs bekommen. Wer sich nicht ansteckt, möglicherweise auch. Zumindest in Hinblick auf das Management von Risiken reiht sich die „Krebsimpfung“ also eher in die Reihe von Präventionsprogrammen wie das umstrittene Brustkrebs-Screening ein. Wenn auf einer solch prognostischen Basis medizinische Eingriffe an Gesunden gerechtfertigt werden sollen, müssen diese auf eine besonders wasserdichte Grundlage gestellt sein.

Forderung nach Neubewertung
Folglich schlug das Manifest für eine „Neubewertung der HPV-Impfung“, das dreizehn Wissenschaftler der unterschiedlichsten Disziplinen im November 2008 unterzeichnet hatten, hohe Wellen. Die Autoren forderten „ein Ende der irreführenden Informationen“. In Ihrer Stellungnahme betonen sie, die Datenlage sei nicht ausreichend, um die Wirksamkeit der Impfung zu beurteilen, daher dürften auch keine falschen Versprechungen gemacht werden: „Behauptungen, die Impfung reduziere Gebärmutterhalskrebs um 70 Prozent oder gar 98 Prozent, müssen unterbleiben.”(5)
Was unter Wissenschaftlern vorwiegend als „Fehlinterpretation von Daten“ und „Vernebelung wissenschaftlicher Tatsachen“ diskutiert wird, hat in der Politik inzwischen weitere Kreise gezogen. Im April forderte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), jenes Gremium, das in Deutschland über die Aufnahme von medizinischen Behandlungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen entscheidet, die beim Robert Koch Institut ansässige Impfkommission (STIKO) dazu auf, den medizinischen Nutzen der HPV-Impfstoffe erneut zu überprüfen.(6) Bei der Entscheidung über die Einführung der Impfung habe der G-BA „enorm unter Druck gestanden“ räumte der G-BA-Vorsitzende Rainer Hess gegenüber dem Spiegel ein.(7)
An der Impfkommission dürften sich die Kritiker allerdings die Zähne ausbeißen. Bereits mehrfach hat die STIKO lapidar erklärt, dass alle ihre Empfehlungen selbstverständlich regelmäßig einer Überprüfung unterzogen werden. STIKO-Vorsitzender Friedrich Hofmann wirbt in Interviews weiterhin damit, die umstrittene Impfung könne „Tausenden“ das Leben retten. Und sein Vorgänger Heinz-Josef Schmitt, seinerzeit hauptverantwortlich für die Empfehlung, die Impfung in den Regelkatalog der Krankenkassen aufzunehmen, wird regelrecht polemisch: „Ich verstehe ja, dass die Gynäkologen befürchten, dass ihnen in Folge der HPV-Impfung das Screening wegfällt und dass sie da weniger Geld verdienen“, wetterte er in der Süddeutschen Zeitung, die würden wohl „lieber den Krebs behandeln als ihn zu verhindern“.(8)
Dass es also in kurzer Sicht zu einer tatsächlichen Neubewertung kommt, darf also bezweifelt werden. Die Konsequenzen des Schlagabtauschs dürften wohl eher im Bereich der politischen Symbolik liegen: Denn es ist unverkennbar, dass das Unbehagen über die Verflechtungen zwischen staatlichen Kontrollbehörden und der Pharmabranche wächst. Für Empörung sorgte jüngst auch die Tatsache, dass Ex-STIKO-Chef Schmitt 2007 zum Medikamentenhersteller Novartis wechselte - und zuvor auch noch ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro einsteckte, das vom Gardasil-Produzenten Sanofi Pasteur MSD gestiftet worden war.(9)

Eigenverantwortliche Patientinnen
Inmitten dieses Dickichts aus Vorwürfen, Aufruhr und Statistiken sollen sich die Patientinnen nun wohlüberlegt und eigenverantwortlich selbst entscheiden. Dass dabei nicht jede Rationalität erwünscht ist, lässt sich jedoch erahnen: Informiert soll die Entscheidung sein und möglichst im ärztlichen Behandlungsrahmen stattfinden. Dabei könnten die meisten Allgemein-, Frauen-, oder Kinderärzte wohl selbst etwas Beratung brauchen: Die wenigsten verstehen sich darauf, Statistiken korrekt zu lesen, stellte Gerd Gigerenzer vom Berliner Max Planck Institut für Bildungsforschung fest. Eine Studie aus den USA ergab entsprechend, dass sich Gynäkologen bei der Entscheidung, ihren Patientinnen die HPV-Impfung zu empfehlen, meistens auf die Position ihrer jeweiligen Fachschaftsorganisation verlassen.(10) Ohnehin wird in der so genannten Impfsprechstunde der Kinderärzte meistens pauschal ein Vorgehen entsprechend dem Impfkalender der STIKO angeraten.
Dabei ist nicht immer sichergestellt, dass Eltern auf die Impfung ihrer minderjährigen Kinder einen Einfluss haben. Beim Berliner Feministischen Frauengesundheitszentrum rief kürzlich eine empörte Mutter an: Ihre 14jährige Tochter sei ohne ihr Beisein und ohne ihre Zustimmung gegen HPV geimpft worden. Sie musste darüber aufgeklärt werden, dass der Arzt juristisch einwandfrei gehandelt hatte: Einem Urteil des Bundesgerichtshofs zufolge ist die Einwilligung Minderjähriger für medizinische Eingriffe nämlich ausreichend, wenn er oder sie „die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und seiner Gestattung zu ermessen vermag.”(11) Als der Bundesgerichtshof Ende der 50er Jahre dieses Urteil aussprach, war das heutige Ausmaß des Direktmarketings an Schulen und Arztpraxen vermutlich noch nicht abzusehen.


Monika Feuerlein ist Mitarbeiterin des Gen-ethischen Netzwerks im Bereich Mensch und Medizin.


Fußnoten:
(1)    „Berliner Erklärung zur HPV-Impfung”, PM Ärztekammer Berlin, 22.04.09
(2)    Christina Berndt, „Marketing um jeden Preis”, SZ, 26.11.08
(3)    Deutsche Krebsgesellschaft, „Aktuelle Impfraten“, 20.11.09. Bei den 12- bis 14jährigen Mädchen sollen 39 Prozent, bei den 15- bis 17jährigen 59 Prozent geimpft sein. Generell sind Impfstatistiken nur eingeschränkt aussagekräftig, da nur bei der Einschulung Informationen über den Impfstatus aller Kinder zu bekommen sind.
(4)    Zimet, G.D. (2005), „Improving Adolescent Health: Focus on HPV Vaccine acceptance“, Journal of Adlescent Health 37, 17-23, zitiert in Monica J. Casper and Laura M. Carpenter, „Sex, drugs, politics: the HPV vaccine“, in: Simon J. Williams et al. (Hrsg.), Pharmaceuticals and Society. Critical Discourses and Debates, Wiley-Blackwell, 2009
(5)    „Wissenschaftler/innen fordern Neubewertung der HPV-Impfung und ein Ende der irreführenden Informationen”, SZ, 25.11.08
(6)    „HPV-Impfung: Übernahme durch Kassen auf dem Prüfstand“, www.krankenkassen-direkt.de, 20.04.09
(7)    „Gesundheitsbehörde lässt Impfung erneut prüfen“, Spiegel online, 18.04.09
(8)    Ex-STIKO-Chef Schmitt: „Da braucht man kein Gehirn“, Interview, SZ, 18.04.09
(9)    Christina Berndt, „Experten mit den falschen Freunden“, SZ, 25.01.08
(10)    Raley, J.C. et al., „Gynecologists’ attitudes regarding human papillomavirus vaccination: a survey of Fellows of the American College of Obstetricians and Gynecologists“, Infectious Diseases in Obstetrics and Gynecology, 12, 3/4, 127-144, zitiert in: Pharmaceuticals and Society, 2009
(11)    BGHZ 29,33,36



Kasten 1:
Die Streitpunkte

Im Folgenden einige Zitate von Impfstoffherstellern und Personen des öffentlichen Lebens sowie die Kritik daran.

„(L)eider ist Gebärmutterhalskrebs - nach Brustkrebs - die zweithäufigste Krebsart bei jungen Frauen zwischen 15 und 44 Jahren“ (Broschüre von Sanofi Pasteur MSD)
Diese Zahlen stimmen nur, wenn man das Krebsvorkommen global betrachtet: 80 Prozent der Neuerkrankungen an Gebärmutterhalskrebs treten in Entwicklungsländern auf. In Deutschland ist der Gebärmutterhalskrebs dagegen auf Platz zehn der Krebserkrankungen bei Frauen, die Sterberate aufgrund dieser Krebsart beträgt für die Altersgruppe der 15- bis 45jährigen Frauen 1:100.000. In Deutschland waren 2006 2,4 Prozent der Todesfälle bei Frauen in diesem Alter auf diese Krebsform zurückzuführen (184 von 7.801 verstorbenen Frauen). Seit Einführung des Krebsfrüherkennungsprogramms sind die Anzahl der Neuerkrankungen und die Sterblichkeit durch diese um rund 75 Prozent zurückgegangen.

„Infektionen mit Humanen Papilloma Viren (HPV) zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten” (BARMER Krankenkasse)
Insgesamt sind rund 100 HPV-Typen bekannt, rund dreißig sind sexuell übertragbar, 15 gelten als krebserregend. Wenig ist jedoch darüber bekannt, inwieweit die Hochrisikotypen 16 und 18, gegen die sich die beiden Impfstoffe richten, in einzelnen Ländern überhaupt verbreitet sind. Eine 2007 in den USA durchgeführte Studie an 1.921 Frauen zwischen 14 und 59 Jahren ergab, dass zwar 27 Prozent der Frauen zu diesem Zeitpunkt eine HPV-Infektion hatten, aber nur in 1,5 bzw. 0,8 Prozent der Fälle handelte es sich bei den gefundenen Erregern um die Typen 16 bzw. 18. Während die betreffenden HPV-Typen in Entwicklungsländern weitaus stärker verbreitet zu sein scheinen, könnte das geringe Auftreten in den westlichen Industrienationen die generelle Wirksamkeit der Impfstoffe zusätzlich infrage stellen.

„Bis zu 100-prozentiger Schutz vor Gebärmutterhalskrebs“ (PM von Sanofi-Pasteur MSD)
In den zulassungsrelevanten Studien für den Impfstoff Gardasil zeigte sich zwar, dass Frauen, bei denen zu Beginn der Studie keine Infektion mit den in den Impfstoffen enthaltenen HPV-Typen vorlagen, zu fast 100 Prozent vor Zellveränderungen geschützt waren, die mit HPV 16 oder 18 assoziiert waren. Es fehlen aber Angaben dazu, wieviele Zellveränderungen auftraten, die mit anderen krebserregenden HPV-Typen in Verbindung standen. Auswertungen seitens der FDA sollen ergeben haben, dass eben diese Verringerung der Gesamtzahl der Zellveränderungen in den Studien statistisch nicht aussagekräftig gewesen sei. Nach Einschätzung von Experten könnte dies darauf hindeuten, dass andere krebserregende HPV-Typen bei den Geimpften den Platz von HPV 16 und 18 eingenommen haben (Replacement).

„Wenn sie die Daten sehen und effektiv bewerten, dann kommen sie zu dem Ergebnis, dass man das empfehlen muss. Da braucht man kein Gehirn dafür.“ (Ex-STIKO-Chef Schmitt in der SZ)
Da in den Zulassungsstudien bei den Studienteilnehmerinnen aus ethischen Gründen nicht bewusst das Entstehen von Tumoren abgewartet werden konnte, wurde bereits das Auftreten beziehungsweise Nichtauftreten von Zellveränderungen der Gebärmutterhalsschleimhaut (aus denen sich in seltenen Fällen Krebs entwickeln kann), als Indiz für die Wirksamkeit anerkannt. Der Streit dreht sich unter anderem darum, ab welchem Grad solche Zellveränderungen als plausible Vorstufe von Krebs angesehen werden können, da sich erfahrungsgemäß je nach Schweregrad ein hoher Anteil dieser Veränderungen spontan zurückbilden kann. Kritisiert wird außerdem, die Zielgruppe der unter 15jährigen Mädchen sei nicht ausreichend repräsentiert und die Studiendauer insgesamt zu kurz gewesen.

„Lebenslange Impfeffektivität“ (STIKO)
Die Grundlage für eine solche Aussage ist nicht gegeben, da Langzeituntersuchungen fehlen. Es ist folglich unklar, ob und wann Auffrischungsimpfungen nötig sind. Erfahrungen mit der Windpockenimpfung zeigen, dass die Immunisierung kürzer anhalten kann, als erwartet und Infektionen älterer Menschen schwerwiegender verlaufen können als bei Kindern.
(mf)

Quellen:
Ansgar Gerhardus, „Wie wirksam ist die HPV-Impfung?”, Deutsches Ärzteblatt, 106.8, 20.02.09, A 330-333
„HPV-Impfung: Notwendigkeit der Begleitforschung und Evaluation“, Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGepi), der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (gmds), der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM), erstellt von S.J. Klug et al. für die Arbeitsgruppe Krebsepidemiologie, 23.03.09
ISIS Press Release, „The HPV Vaccine Controversy“, 05.05.09
Abby Lippman et al., „HPV, vaccines and women's health: questions and cautions", CMAJ 177, 28.08.2007, commentary: 484-487
„Zweiter HPV-Impfstoff Cervarix“, arznei-telegramm 11/2007


Kasten 2:
Neue Märkte:
Während die Verunsicherung über die Wirksamkeit und Verträglichkeit der HPV-Impfstoffe wächst, bemühen sich die Herstellerfirmen, deren Einsatz zu erweitern: Im Januar lehnte die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA bereits zum zweiten Mal einen Antrag der Firma Merck, Gardasil für Frauen zwischen 27 und 45 Jahren zuzulassen, ab. Zur Begründung hieß es, Langzeitergebnisse der Studien müssten vorerst abgewartet werden. Gleichzeitig ist, zumindest in den USA, ein weiterer Antrag auf Zulassung der Impfung für Männer zwischen 16 und 26 Jahren geplant.
Eine Ausweitung der HPV-Impfung auf Babys und Kleinkinder forderte Daniela Dörfler von der Medizinischen Universität Wien. Sie soll 110 Mädchen zwischen 4 und 15 Jahren auf Papillomaviren getestet und bei 20 von ihnen die Erreger gefunden haben. Die Mediziner nehmen an, dass die Viren bei der Geburt von den Müttern auf die Kinder übertragen werden. Gegenüber der Zeitschrift Focus sagte Dörfler, es müsse darüber nachgedacht werden, Mädchen schon als Babys gegen Gebärmutterhalskrebs zu impfen. (www.boston.com, 25.06.08; DKG, 19.11.08; Ärzte Zeitung, 18.05.09)
(mf)