Armee mit Nachwuchsproblemen

Die Bundeswehr braucht für ihre weltweiten Militärinterventionen neue Soldatinnnen und Soldaten - die olivgrünen AnwerberInnen haben dabei vor allem Jugendliche und Kinder im Visier.

Die deutsche Armee muss jährlich etwa 20.000 neuen Rekrutinnen und Rekruten gewinnen um ihren „Bedarf" an Nachwuchs zu decken - besonders an gut ausgebildeten AkademikerInnen fehlt es der Bundeswehr schon heute. Dieses Problem wird sich in Zukunft weiter verschärfen: Teile der Regierung wollen die Armee auch im Inland einsetzen und auch für die immer umfangreicheren Militäreinsätze im Ausland braucht die Bundeswehr neue SoldatInnen. Bei vielen jungen Menschen ist das Militär jedoch unbeliebt. Zur Bundeswehr zu gehen heißt, Befehlen gehorchen zu müssen und in gefährlichen, umstrittenen und oftmals nicht von der deutschen Bevölkerung befürworteten Militäreinsätzen das eigene Leben zu riskieren. Die Wirtschaft zum Beispiel bietet weitaus weniger riskante Berufe, die meist sogar besser bezahlt sind. Der fehlenden Beliebtheit begegnet die Bundeswehr mit unzähligen und immer aufwändigeren Rekrutierungsmaßnahmen: Offiziere besuchen Schulklassen; die Bundeswehr führt mehrtägige Jugendsportfeste durch; Werbe-Trucks der Armee bereisen das Land. Über 600 Rekrutierungsveranstaltungen führte die Bundeswehr im letzten Jahr durch.


Der friedliche Widerstand gegen die Anwerbeversuche der Olivgrünen hat in letzter Zeit erheblich zugenommen. Bundeswehr-Reklameeinsätze auf öffentlichen Plätzen wurden oft erfolgreich von AntimilitaristInnen gestört. Sie haben beispielsweise Konzerte der Bundeswehr-BigBand mit einem „Spiel mir das Lied vom Tod"-Transparent verziert: „Die Bundeswehr ist kein Musikverein, sondern eine Armee - daher protestieren wir gegen die Militärpropagandashow", erklärte im vergangenem Sommer ein Friedensaktivist nach der Transparent-Aktion im westfälischen Rheine. Neben der allgemeinen Kritik an Gewalt und Militär ist es vor allem die Art der Darstellung, die FriedensaktivistInnen bei den Bundeswehr-Werbeveranstaltungen kritisieren. Negative Aspekte des Soldatenberufs - beispielsweise die Gesundheits- und Lebensgefahr beim Einsatz - werden ausgeblendet. Friedensgruppen werfen der deutschen Armee vor, die jungen Menschen regelrecht zu „ködern" - bei Werbeauftritten in der Öffentlichkeit hat die Bundeswehr oft militärisches Gerät im Schlepptau, um vor allem junge, technikbegeisterte Menschen zu den Werbeständen zu locken. In einem bunten Online-Rekrutierungsportal warten Bundeswehr-Computerspiele, kostenlos bestellbare Poster und Gewinnspiele auf die jungen Menschen.


Die Bundeswehr betreibt heute einen enormen Aufwand, um neue SoldatInnen für ihre Militär-Missionen zu finden. Sachargumente hört man von den Militärs selten - stattdessen wirbt sie mit dumpfer Propaganda. Wer sich mit der Bundeswehr einlässt, muss damit rechnen, Menschen zu töten und nicht zuletzt auch selbst getötet zu werden - Befehl ist Befehl.

Michael Schulze von Glaßer

Michael Schulze von Glaßer (21) hat eine ausführlichen Studie zur Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr verfasst, die unter www.imi-online.de abgerufen werden kann.

Weitere Informationen:

http://www.kehrt-marsch.de

http://www.bundeswehr-wegtreten.org

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