Wer glaubt denn so was?

Fünf Ansätze, warum Religionen kritikwürdig sind

in (17.12.2008)

Wenn die Gläubigen glauben zu wissen und die Ungläubigen wissen nicht zu glauben - was kann man dann noch wissen und glauben? Die großen Weltreligionen haben immer schon von sich behauptet, alleinigen Anspruch auf die Wahrheit zu haben. Und schon immer gab es kritische Stimmen. Religionskritik kommt aus ganz verschiedenen Richtungen. Fünf der geläufigsten Theorien stellen wir euch vor.

Projektion der menschlichen Eigenschaften
Ludwig Andreas Feuerbach (1804-1872) meint, dass die Menschen nur ihr eigenes Wesen auf einen Gott abbilden. Für ihn ist die Menschheit selbst schon unendlich, vollkommen, ewig und allmächtig. Das alles sind Attribute, die gläubige Menschen ihrem „Gott" zusprechen. Laut Feuerbach ist es die Aufgabe der Menschen, sich dieser Projektion bewusst zu werden, damit sie sich selbst verwirklichen können.

Der Kapitalismus ist schuld
Karl Marx (1818-1883) stimmt weitestgehend mit Feuerbach überein. Allerdings sieht er den Grund   für das Ent- und Bestehen der Religionen im Kapitalismus. Dieser beutet den Menschen aus und schafft somit Elend. Die Religion hilft den Menschen, das Elend zu verdrängen. Daher kommt der berühmte Satz: „Die Religion ist das Opium des Volkes". Marx meint, dass der Mensch seine Ketten durch die Revolution sprengen, die Klassenherrschaft beenden und den Kapitalismus abschaffen muss, damit keine Religion mehr benötigt wird.

Gott als Wahnvorstellung
Nach Sigmund Freud (1856-1939) ist Gott nur eine Wunschvorstellung oder auch eine Vaterprojektion. Diese beruht auf dem Bedürfnis nach Schutz, der Forderung nach Gerechtigkeit, der Sehnsucht vom Leben nach dem Tod, der Suche nach Antworten auf alle Geheimnisse des Lebens.

Naturgesetze bestimmen unser Leben
Auguste Comte (1798-1857) und Bertrand Russel (1872-1970) vertreten den naturwissenschaftlichen Ansatz der Religionskritik: Früher diente Gott als Erklärung für alles, was naturwissenschaftlich nicht zu ergründen war. Nachdem sich die naturwissenschaftliche Forschung allerdings immer weiterentwickelt hat, wissen wir mittlerweile, dass die Umwelt den Naturgesetzen folgt und nicht von einer unbekannten Macht gelenkt wird.

Das Theodizee-Problem
Der französische Philosoph Albert Camus (1930-1960) ist enttäuscht von einem Gott, der angeblich allmächtig und liebend sein soll, jedoch Leid zulässt. Dieses Problem nennt sich Theodizee. Nach Camus wird Gott gerne als Ausrede benutzt, um zu rechtfertigen, warum Leid nicht bekämpft wird. Er meint, dass die Menschen die Absurdität der Leidzufügung aushalten müssen, weil es keinen Sinn gibt. Sie müssen sich gegen das Leid auflehnen und ihre Würde solidarisch verteidigen.

Kindheitstrauma
Auch Jean-Paul Sartre (1905-1980) ist von Gott fast schon „genervt". Dieser fungierte in Sartres Kindheit nämlich immer als eine Art lästiger Aufpasser. Für Sartre existiert der Mensch nur dann, wenn er sich selbst, ohne Fremdeinwirkung, verwirklichen kann. Ansonsten ist er nicht frei, sondern wurde von Gott vor seinem Bestehen geformt. Den Existentialisten Sartre stört auch, dass Gott nicht objektiv erfahrbar ist. Das heißt, dass niemand Gottes Wirken sehen kann, ausgenommen die Person, der es angeblich zu Gute gekommen ist.

-----

Dieser Artikel kann gerne weiterverbreitet werden, unter folgenden
Bedingungen:  Nennung der Autorin bzw. des Autors und des Erscheinens
in der utopia; keine kommerziellen Zwecke; keine Bearbeitung. (Lizenz)