Ich krieg’ Angst

in (04.04.2007)

Die FPÖ bleibt dabei: Familie heißt Vater, Mutter, Kind. Punkt.Ein Kommentar von Gabi Horak

Ich hab lange überlegt, ob ich diesen Kommentar schreiben soll. Ob diese ewig gestrigen Ideen überhaupt so viel Platz bekommen sollen. Ich tu es doch. Um mir selbst und den an.schläge-LeserInnen den Wahnsinn vor Augen zu führen - was alles an einem Abend geschehen kann. Wir sollten uns immer wieder mal mit den geballten antifeministischen Parolen konfrontieren, damit wir in unserer feministischen Schutzzone nicht auf die falsche Idee kommen, dass unsere Arbeit auch nur annähernd getan wäre.

Also: Der FPÖ-Klub hatte ins Parlament eingeladen zu Vortrag und Diskussion zum Thema "Freiheitliche Familienpolitik: Selbstbewusste Weiblichkeit und glückliche Mutterschaft ist kein Widerspruch", am Podium Barbara Rosenkranz und Bischof Andreas Laun.
Es werden einige Studien zitiert an diesem Abend. Natürlich die richtigen Studien mit den richtigen Ergebnissen ("Das wird die Feministinnen jetzt ärgern"). Das beginnt bei der Hirnforschung, wonach "die Liebe der Mutter" (Laun), unerlässliche Stimulanz für die Hirnentwicklung sei. Angst und Stress durch die Trennung von der Mutter führten "später zu seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen". Und so weiter. Es läuft darauf hinaus: Kleine Kinder, die von der Mutter getrennt werden, sind hypernervös, gestört, krank. Eine Frau aus dem Publikum ist sogar der Meinung (sie zitiert eine Studie aus den 1950ern), dass "abgeschobene" Kinder später alle zu Mördern werden. Die abschiebenden Mütter, die zur Doppelrolle Mutter und Karrierefrau gezwungen werden, sind völlig überfordert, nicht selten tablettensüchtig, selbstmordgefährdet Â…
Die Frau neben mir steht auf und meldet sich zu Wort: "Homosexuellenehe und Lesbenehe" dürften um Gottes Willen doch nicht mit Familie gleichgesetzt werden. Familie ist Vater, Mutter, Kind. Punkt. Und sie meint gar, das "Konzept der Alleinerzieherin" sei erfunden - von denen, die die "systematische Zerstörung der Familie" vorantreiben wollen. Bischof Laun stimmt der Rednerin natürlich zu. Es gäbe diese Leute, die der Meinung sind: Wo Kinder sind, da ist Familie. "Dann wären ja Hänsel und Gretel und die böse Hexe auch eine Familie." Gelächter im Publikum. Und - wie konnte es anders sein - Launs Steckenpferd, die teuflische Abtreibung, darf auch nicht fehlen. Kinder seien doch unser "Rohstoff, wie können wir den vernichten?" Mutterschaft ist ein Geschenk Gottes, eine große Berufung. Amen. Und die abtreibenden GynäkologInnen sind nicht nur in moralischer Hinsicht letztklassig, sie agieren auch nicht gerade wirtschaftlich: Schließlich "töten" sie fünfzig Prozent ihrer späteren Klientel. Und als ob das nicht genug wäre, gibt es dann auch noch eine Familienministerin, die Kondome an 13-Jährige verteilt. Laun: "Man fragt sich, was hat denn die im Kopf? Da schämÂ’ ich mich ja für Österreich, wenn so eine Frau Ministerin wird." Dazu, wie zu allen anderen Aussagen an diesem Abend, kommt zustimmendes Nicken und heftiger Applaus aus dem Publikum!
Apropos Publikum: Der Altersdurchschnitt an diesem Abend beträgt ca. fünfzig Jahre. Viele sehr alte Herren und Damen, sowie die üblichen FPÖ-Ideologen (Gudenus sitzt hinter mir und schreit immer wieder "Bravo, Bravo"). Besonders der Bischof bringt im Laufe seiner Ausführungen noch so einige unglaubliche Vergleiche und "Fakten", die allesamt auf große Zustimmung stoßen.
"Mutet den Frauen nicht zu, zwei große Aufgaben gleichzeitig bestens erfüllen zu müssen", spricht der Bischof, weil Männer müssten das ja auch nicht. Ein Statement aus dem Publikum: "Väter sollen Väter bleiben und nicht männliche Zweitmütter werden."

Die xenophobe Grundstimmung darf bei einer FPÖ-Veranstaltung natürlich nicht fehlen. Und auch dafür scheint der Bischof der richtige Mann zu sein: "Wir wollen eigene Kinder und nicht Import. Weil wir Österreich lieben, wollen wir wir selber bleiben." Tobender Applaus und Bravo-Rufe aus dem Publikum. Ich kriegÂ’ Angst. Am Ende bedankt sich der Bischof für die Einladung, dass er "mit vernünftigen Menschen über dieses Thema diskutieren durfte".
Bleibt die Frage: Warum bin ich nicht aufgestanden und hab ihnen widersprochen, hab geschimpft oder zumindest verächtlich gelacht? Erstens, muss ich gestehen, hab ich mich nicht getraut. In einem Raum, brechend voll mit rechten IdeologInnen, am Podium der Bischof - da bleib ich lieber sitzen. Außerdem: Was hätte das bei diesen Leuten noch gebracht? Wirklich angsteinflößend ist die Vorstellung, dass sie als VolksvertreterInnen in unserem Parlament sitzen - und dass sie wieder mehr werden könnten.

Dieser Artikel erschien in: an.schläge, das feministische Magazin,
www.anschlaege.at