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Gewalttäterdateien sollen die WM sicherer machen

in (14.05.2006)

Gewalttäterdateien sollen die WM sicherer machen

Die so genannte "Hooligan-Datei" wurde 1994 nach einem Beschluss der Innenminister- Konferenz unter dem Namen "Datei Gewalttäter Sport" (DGS) ins Leben gerufen. Die DGS sollte damals dazu dienen, dem Hooligan-Problem vor und in Stadien Herr zu werden - gewalttätige oder straffällig gewordenen Personen sollten erfasst, überwacht und mit Maßnahmen wie Ausreiseverboten oder Meldeauflagen in Schach gehalten werden.

Der polizeiliche Umgang mit der Datei Gewalttäter Sport sieht allerdings anders aus: Ins Visier der Ermittlungsbehörden kann heute jedeR normale Fußball-Fan geraten, die sich zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort aufhält. In die DGS können nämlich unter anderem auch solche Personen eingetragen werden, gegen die ein Prozess eingeleitet wurde, in dem es jedoch nie zu einem Urteil kam. Wie auch beim Stadionverbot muss das Ermittlungsverfahren nicht abgeschlossen und die entsprechende Person nicht verurteilt sein - die bloße Einleitung reicht schon, unschuldig bis die Schuld bewiesen ist, gilt hier nicht. Wenn sich am Ende eines Verfahrens herausstellt, dass die Person unschuldig ist, bedeutet das noch nicht, dass damit der Eintrag in der "Datei Gewalttäter Sport" gelöscht wird. Eine Löschung muss grundsätzlich schriftlich beantragt werden, ansonsten werden die Daten erst nach einer Frist von fünf Jahren automatisch aus
der Datei entfernt. Auch die Erteilung eines Platzverweises, eine Ingewahrsamnahme oder eine Personalienaufnahme im Rahmen eines Fußballspiels kann zur Eintragung die Datei führen. Platzverweis, Ingewahrsamnahme oder Personalienaufnahme können bei Auseinandersetzungen von gewalttätigen Fans mit der Polizei im Rahmen eines Fußballspiels allerdings leicht jedem auch völlig unbeteiligten treffen. Wie gesagt: es reicht hierfür einfach zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Für eine Personalienaufnahme muss es noch nicht mal einen Grund geben. Allein die Tatsache, dass man sich an einem Spieltag im Stadionumfeld oder sogar auf dem Weg Stadion-Bahnhof oder Bahnhof-Stadion befindet, kann für eine Personalienaufnahme ausreichen.
Die "Datei Gewalttäter Sport" ist schon lange nicht mehr das, wofür sie ursprünglich ins Leben gerufen wurde: Als Hooligan-Datei. Viel zu leicht ist es mittlerweile, selbst als ganz normaler Fußball-Fan, in die Datei aufgenommen zu werden. Bei einem Eintrag droht zum Beispiel Ausreiseverbot. Mit der bereits länger bestehenden Hooligan-Datei in Verknüpfung mit Ausreiseverboten, dem geforderten Bundeswehreinsatz zur WM, der eingeführten RFID-Technik in WM-Tickets, dem Ausbau der Kamera-Überwachung in WM-Städten wurde zur WM 2006 in Deutschland ein enormer Sicherheitsarchitektur geschaffen, die das öffentliche Leben in der Stadt sowie Grund- und Freiheitsrechte weiter massiv abbaut. Die Fußball-WM wird somit zum Vehikel eines weiteren Ausbaus des staatlichen Überwachungsinventars.
Marija Kaleko