Streitkräfte gegen Terroristen?

Wer künftige Massenmorde wie die vom 11. September 2001 verhindern will, muß die Ursachen für den Terrorismus ergründen. Ich möchte nur den militärischen Strang herausgreifen. ...

Dabei ist meine Ausgangsthese, daß der gegenwärtige militärische Feldzug des Westens gegen den Terrorismus nur eine Entäußerung des modernen militärischen Interventionismus darstellt, welcher nach dem Ende der Blockkonfrontation zum Hauptauftrag der Streitkräfte der NATO und ihrer Mitgliedsländer wurde. Zu meiner These gehört, daß der "Kampf gegen den Terrorismus" ebenso wie die "Friedenserzwingung " oder der militärische "Kampf gegen humanitäre Katastrophen" die eigentlichen geostrategischen und machtpolitischen Ziele jener verschleiern, die diese edlen Motive vorgeben.

Die Konfliktvielfalt, auf die der Westen vorgibt, sich auch militärisch einstellen zu müssen, hat er zum großen Teil selbst hervorgerufen. Die andere Seite, und dies ist ebenfalls meine These, wird asymmetrisch reagieren. Die andere Seite sind jene, die in Not und Elend leben, die durch die reichen Industriestaaten ausgebeutet werden und für sich kaum mehr eine Zukunft sehen, die die Aufrüstung des Westens nur als Drohung dafür begreifen, daß alles beim alten bleiben soll - notfalls auch mir brutaler militärischer Gewalt. Es sind 80 bis 85 Prozent der Weltbevölkerung.

Welche asymmetrischen Antworten auf die inakzeptable und maßlose Vorrüstung des Westens, auf die ungehemmte Ausbeutung und die permanente Verletzung existentieller Interessen der Schwächeren und Schwächsten sind zu erwarten?

1. Es wird zu einer Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen kommen. Chemische und biologische Waffen sind relativ leicht und mit überschaubaren finanziellen Aufwendungen herzustellen und zum Einsatz zu bringen. Bereits heute verfügen mehrere Staaten zumindest über chemische Waffen. Auch die Produktion biologischer Waffen stellt für halbwegs organisierte Gruppierungen kaum ein Hindernis dar. Das dokumentieren auf drastische Weise die Angriffe mit Milzbranderregern, einem klassischen biologischen Kampfstoff, in den USA. Der Rückgriff auf andere, noch viel wirksamere biologische Kampfstoffe wie das Botulinusgift ist künftig nicht unwahrscheinlich. Ein Schutz gegen chemische und biologische Waffen, gerade in den hochempfindlichen Industriestaaten und bei dem besonders ausgeprägten Schutzvertrauen der Menschen dort in ihre Staatsführungen, ist nicht möglich. Auch nicht durch Streitkräfte.

Weitere Länder werden sich überdies in den Besitz von Kernwaffen bringen. Heute gibt es außer den fünf traditionellen Nuklearmächten (bzw. Nachfolgestaaten der UdSSR) mit Israel, Pakistan und Indien wenigstens drei inoffizielle Nuklearmächte. Schwellenländer wie Brasilien, Argentinien und einige arabische Staaten sind materiell und ingenieurtechnisch in der Lage, Kernwaffen zu entwickeln und zu bauen. Wer sich auf das Äußerste in seiner Existenz bedroht sieht, könnte vor seinem eigenen Untergang auch bereit sein, andere mit in das Verderben zu stürzen. Jedem verantwortungsbewußten Politiker sollte bewußt sein, was die Äußerung eines indischen Generals 1999 bedeutete, den Krieg der NATO auf dem Balkan hätte es nicht gegeben, wenn Jugoslawien eine Nuklearmacht gewesen wäre. Und die USA haben nach 1945 ein verheerendes Beispiel gegeben, denn sie haben bereits alle drei Arten von Massenvernichtungswaffen zum Einsatz gebracht. Doch auch ohne Nuklearwaffen, wie wir sie alle kennen, ist eine Nuklearkriegführung möglich, durch Terroristengruppen. Durch die Verbreitung spaltbaren Materials könnte eine flächendeckende nukleare Verseuchung herbeigeführt werden. Gegen sie gibt es keine Schutzmöglichkeiten, jedenfalls keine flächendeckenden.

2. Ein Rüstungswettlauf gegen die hochentwickelten kapitalistischen Industriestaaten 1 zu 1 kann von niemandem gewonnen werden. Doch militärisch heißt das noch lange nicht, sofort die weiße Flagge hissen zu müssen: Auch der Schwächste weiß, und der Westen sollte es wissen, was die Militärgeschichte lehrt: "Das Sine Qua Non des Sieges im modernen Krieg ist die bedingungslose Unterstützung durch die Bevölkerung".1

Die Armeen des Westens sind Armeen von Wohlstandsländern. Zunehmend werden sie in Freiwilligenarmeen umgewandelt. Deren Wehrmotiv, das sich ganz überwiegend aus pekuniären Interessen und solchen zumindest zeitweiliger sozialer Sicherheit speist, ist insofern nicht durchweg stabil. Freiwilligenarmeen büßen rasch an Kampfkraft ein, wenn für die überwiegende Mehrheit der Soldaten die Gefährdungen im Krieg, die Verluste durch Tod, Versehrtheit und Gefangenschaft und ausbleibende Kriegserfolge in keinem Verhältnis mehr zur ursprünglichen Dienstmotivation stehen. Und Wehrpflichtarmeen sind bei Interventionen im scharfen Schuß kaum einsetzbar: Zinksärge von Berufssoldaten und Zeitsoldaten - bei letzteren schon viel weniger - kann eine Gesellschaft über eine gewisse Zeit verdauen. Zinksärge und Krüppel von dienstverpflichteten 18- bis 25jährigen, wenn sie in die Tausende gehen, nicht. Solange alles gut geht, wird das Volk zu einem Krieg schweigen oder ihn kritisieren, ihm vielleicht sogar zustimmen, wie ein Drittel der Deutschen beim Krieg gegen Afghanistan. Wird man sich spürbarer Verluste bewußt, dringen Schmerz und Tod in die Familien und das persönliche Umfeld ein, dann wird der hohe Preis des Interventionismus, darunter auch der militärischen "Terrorismusbekämpfung", erfahrbar, verfangen oktroyierte Bedrohungsszenarien immer weniger, wird immer mehr insistiert, warum die Soldaten in Kampf und Tod geschickt werden. Dies sicher besonders in Deutschland, wo die Kriegskatastrophe bei den Alten noch ebenso unmittelbar ist wie die unübertroffenen Kriegslügen des Hitlerfaschismus. "Vaterlandsverteidigung" in allen Ecken der Welt? Eine Massenbewegung, zum Beispiel "Mütter gegen den Krieg", wäre auch mit noch mehr "Sicherheitspaketen " Innenminister Otto Schilys nur schwer niederzuhalten.

Die Gegner der High-tech-Armeen aber, darunter gerade auch Terrorgruppen, sind in der Regel hochmotiviert. Sie fühlen sich im Recht oder wissen, wofür sie kämpfen, oder beides. Dauernde Benachteiligung und Diskriminierung durch die reiche erste Welt kann bewaffnete Zusammenstöße mit ihnen rasch zu einem Verteidigungs-, mitunter auch zu einem Volkskrieg machen, wenn die Mehrheit der Menschen auf die High-tech-Armeen als Vollstrecker ihres Elends und ihrer Ungerechtigkeit schaut. In der Rolle des David gegen Goliath werden von Rebellen oder auch von Terroristen Niederlagen schneller verarbeitet, und auch noch so kleine Erfolge setzen neue Kräfte frei. Nationale Identitäten oder soziale Grundüberzeugungen von einer besseren Welt ohne Ausbeutung zum einen oder religiöse und nationalistische Verwurzelungen zum anderen oder alles zusammen in bunter Mischung entfalten eine hohe Bindewirkung. "Terroristische Netzwerke", schreibt G. John Ikenberry, Professor an der Georgetown-Universität, in der außenpolitischen Zeitschrift Foreign Affairs der USA, können "nicht abgeschreckt werden, denn sie sind entweder bereit, für ihre Sache zu sterben, oder sie schaffen es, Vergeltungsmaßnahmen zu entgehen."2

Der Schwache ist also dem scheinbar militärisch Übermächtigen meistens durch die Motivation überlegen - ein militärisch enormer Vorteil, der um so mehr ins Gewicht fällt, wenn mörderische Rundumschläge des Goliath gegen unschuldige Kinder, Frauen und Männer die Weltöffentlichkeit mehr und mehr sensibilisieren. Der Schwache wird diesen kaum kompensierbaren Vorteil nicht aus der Hand geben, sondern er wird unentwegt an ihm arbeiten - eine asymmetrische Antwort.

Alle diese "weichen" sind den "harten" Faktoren auf Dauer ebenso überlegen wie das Wasser dem Stein. Kleine Länder wie Grenada oder Panama konnte man mit Bodentruppen niederkämpfen und besetzen, zumal wenn starke Kräfte im Innern dieser Staaten die Invasion unterstützten. Doch schon bei Nikaragua haben die USA in voller Kenntnis der unübersehbaren Risiken das schmutzige Geschäft den Contras überlassen - mit durchwachsenem Erfolg. Das "Ärgernis" Kuba besteht noch immer, und der NATO-Jugoslawien- Kosovo-Krieg stand kurz vor der Niederlage. Für die "Neoimperialisten ", wie sie Ikenberry bezeichnet, prophezeit er deshalb, daß ihr neoimperialer Ansatz nicht durchzuhalten ist.3

3. Wer im hochtechnisierten Schießkrieg, wie ihn der Westen möglichst einseitig führen möchte, weil er ihn gewinnen würde, unterlegen ist, wird den Charakter des Krieges zu ändern versuchen. Der Krieg war bisher ein mit organisierter bewaffneter Gewalt geführter Kampf zwischen Klassen, Völkern, Nationen, Staaten oder Staatenkoalitionen zur Erreichung von politischen und ökonomischen Zielen. Er galt als Kombination militärischer, politischer, ökonomischer, ideologischer und psychologischer Kampfformen mit dem bewaffneten Kampf als Hauptform.4 Solche Kriege wird es zweifellos auch künftig geben. Wer sich darauf einläßt, wird ein Desaster erleben. Das heißt, um auch das klar auszusprechen: Solche Kriege werden auch in Zukunft durch den Westen gewonnen, weil die Streitkräfte den Zielen und dem Charakter des Krieges angemessen sind. Doch mehr und mehr zeigt sich, daß Gegenwehr gegen bewaffnete Übermacht auch andere Wege geht.5 Ein im linearen Rüstungsvergleich mit dem Westen Unterlegener wird seine Streitkräfte und breite Teile der Bevölkerung mit relativ einfachen Waffen ausrüsten, wird zur Dezentralisierung seiner Kräfte zum Partisanenkampf, zum "kleinen Krieg" übergehen. Er wird vermeiden, Ziele zu bieten. Wie soll der hochtechnisierte Goliath computergestützte, hochkomplizierte Führungssysteme von David bekämpfen, wenn dieser solche Systeme gar nicht hat? Wie soll er Massierungen von Kampftechnik bombardieren, wenn es solche Massierungen gar nicht gibt? Wir alle haben gesehen, daß den USA in Afghanistan die Ziele bald ausgegangen waren. Und wie soll er einen Gegner ausschalten, der sich in der zivilen Urbanität eingerichtet hat? Einfache Mittel der Tarnung und Täuschung, wie wir sie, durch die jugoslawische Armee mit Bravour angewandt, 1999 erlebt haben, bewirken ein übriges. Moderne militärische Kampfmittel wirken nur dann, wenn jene Ziele vorhanden sind, für die sie geschaffen wurden. Je weiter sich Militärtechnik über alle möglichen Gegner erhebt, um so weniger liegt diese Bezogenheit vor. Modernste Waffenkonstruktionen können durch viel einfachere Gegenmittel häufig so weit paralysiert werden, daß der Gesamterfolg eines Waffengangs in Frage gestellt wird. Militärtechnischer Fortschritt stößt dort an seine Grenzen, wo ihm das Medium zur Entfaltung seiner Wirksamkeit abhanden kommt. Und im übrigen können sich bewaffnete Gruppierungen im Einzelfall durchaus auch hochmodernes Gerät besorgen.

4. Aber wir erleben auch beachtliche Erfolge in Auseinandersetzungen, die vom Unterlegenen weitgehend ohne militärische Ausrüstung geführt werden. Die zwei Intifadas der Palästinenser wurden bzw. werden mit sozialem Protest, Nationalismus und Steine werfenden Jugendlichen geführt. Israel wird der zweiten Intifada auf Dauer nicht standhalten können. Doch werden wir wohl bald auch regelrechte waffenlose Gewalt erleben. Sie wird nicht viel kosten, aber außerordentlich wirksam sein. Wir werden den Angriff auf die vernetzte, durchprogrammierte, prozessorgestützte Informationsgesellschaft erleben.6 Es gibt sogar schon einen Namen dafür: Cyber War. "Zwölf gut ausgebildete und ausgerüstete Panzerdivisionen aufzustellen und siegreich einzusetzen, kann bestimmt nicht jedes Land; aber zwölf Computerhacker zu rekrutieren, dürfte demgegenüber kein unüberwindliches Problem sein."7 Wir sehen: Es wird sich neben dem Land, der Luft, der See und dem Weltall eine fünfte Sphäre für den Krieg der Zukunft öffnen: Der Raum der elektronischen Information und Desinformation. Die elektronische Kampfführung, die sich bislang auf die elektronischen Systeme des militärischen Gegners gerichtet hatte, wird zur elektronischen Kriegführung, weil sie umfassend auch die zivile Informationstechnik und damit eine Säule der hochtechnisierten Welt angreift.

Dabei ist die Informationstechnologie nur ein, wenn auch strategischer Bestandteil der Infrastruktur hochtechnisierter Gesellschaften. Energieanlagen, Chemiewerke, Transportwege mit ihren Brücken, Paßstraßen, Luft- und Seeterminals sowie Finanzstränge oder Notdienste - sie alle gehören dazu. Abstrahiert von den menschlichen Tragödien hatten die Terrorangriffe in den USA einen auf 150 Milliarden Dollar geschätzten wirtschaftlichen Einbruch zur Folge. Die hochspezialisierten, diversifizierten, doch dabei auch in höchstem Maße integrierten Industrie- und Informationsgesellschaften des Westens reagieren überaus empfindlich auf Störungen jedweder Art. Sie sind extrem verwundbar. Mechanismen des kapitalistischen Reproduktionsprozesses könnten leicht aus den Fugen geraten, erst recht, wenn einmal durch Angriffe, zum Beispiel auf Kernkraftwerke oder Chemiestandorte, zigtausende Opfer zu beklagen sein sollten. Selbst die Aktienmärkte, die bei Kriegen sonst immer eine Hausse erleben, stürzen ab. Jedenfalls eine Zeitlang. Der Terrorismus in seinen diversesten Varianten könnte in einer Weise gesteigert werden, daß die westlichen Gesellschaften pausenlos in Atem oder im Belagerungszustand gehalten werden. Gegenmaßnahmen würden Unsummen verschlingen. Gegenpotentiale könnten zersplittert werden. Vernetzter internationaler Terrorismus könnte zu einer Verzettelung des NATO-Militärs in mehreren Kriegen und anderen Einsätzen führen. Die gesamte Funktionsfähigkeit großer Regionen, ja ganzer Gesellschaften könnte gelähmt werden mit sogar systemdestabilisierenden Folgen.

5. Eine weitere Form der asymmetrischen Reaktion auf die Übermacht und den Hegemonismus des Westens werden Bündnisse verschiedener Qualität und Quantität zwischen denen sein, "die nicht dazu gehören". Überall in der Welt versuchen Staaten, durch die Gestaltung ihrer Beziehungen untereinander sich Zwängen der ungerechten Weltwirtschaftsordnung und hegemonialem Druck zu entziehen. Mit wechselndem Erfolg sicherlich, weil der Westen sofort "regulierend" eingreift. Die Regionen an der Peripherie sind es, "in denen sich vertiefte Formen der Kooperation und vertiefte Grade des Konsenses herausbilden, die wahr- und ernstgenommen werden wollen."8 Und Czempiel sieht darin das Interesse, "innerhalb der regionalen Zusammenarbeit und mit ihrer Hilfe den Machtanspruch der Groß- und Supermächte einzudämmen."9 Die Tendenz also ist unverkennbar. Eine Reform der UNO, die die Organisation der Vereinten Nationen zu einem Wurmfortsatz der USA und der NATO degradieren soll, ist bislang nicht zustande gekommen. Regionale Organisationen wie die Arabische Liga oder die frühere Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) versuchen, ihren Bedeutungsverlust nach dem Zusammenbruch des europäischen Realsozialismus aufzuholen. Doch das signifikanteste Signal für diese Tendenz in der internationalen Arena war zweifellos der Vertrag über Nachbarschaft, Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Rußland und der VR China, der auf höchster Ebene am 16. Juli 2001 unterzeichnet worden ist. Es entstand eine strategische Allianz zweier gedemütigter nuklearer Großmächte, an denen vorbei Politik im Zeitalter der Globalisierung nur schwer gemacht werden kann. Militärtechnisch durchaus noch leistungsfähig der eine, wirtschaftlich potent der andere Partner. Wie die Entwicklung - vielleicht in der Ergänzung und im Austausch -in den nächsten Jahren ist, wird sich herausstellen.

Für Deutschland zeichnet sich über kurz oder lang eine Entscheidungssituation ab. Auf Dauer kann es sich nicht jener Erkenntnis entziehen, die Samuel Huntington, Autor des viel diskutierten Buches Kampf der Kulturen, schon 1999 in Foreign Affairs niedergeschrieben hat. Die USA, so Huntington, verfolgten "eine Politik der ›globalen Einseitigkeit‹. Sie setzen ihre eigenen spezifischen Interessen ohne große Rücksicht auf die anderer durch."10 Entweder folgt nun Deutschland diesem Kurs. Dann gewinnt es zweifellos Freiräume gegenüber Washington, verliert sie aber gegenüber allen, die sich den USA mehr oder weniger verweigern. Die Nibelungentreue würde Berlin gänzlich zum Satelliten des großen Bruders in Übersee machen. Oder es gewinnt Selbstbewußtsein und schließt bewußt mit den Europäern und anderen die langfristige Alternative - den Bruch - nicht aus, wenn ansonsten nur der Vasallenstatus bliebe. Der vor kurzem verstorbene Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg, Dieter S. Lutz, empfahl sogar schon, "stets und beharrlich nach neuen Bündnispartnern (zu) suchen Â…"11.

Ein Trend zu einem politischen Zusammengehen derjenigen, "die nicht dazu gehören", könnte sich aber auch darin widerspiegeln, der geballten Nachrichtenmacht des Westens etwas entgegenzusetzen. Seit dem Golfkrieg 1991 gibt es eine Fülle von Literatur, die sich mit der neuen Qualität der Manipulation von Milliarden von Menschen über die elektronischen Massenmedien auseinandersetzt. Hier geht es nicht um Nachrangiges, sondern um einen strategischen Faktor. Die Nachrichtenkartelle der USA, aber auch ihrer Verbündeten und dabei gerade auch Deutschlands, haben die Menschen in den zurückliegenden zehn Jahren bei Krieg und Frieden in einem Maße in die Irre geführt, wie dies kaum vorstellbar war. Der Kampf um die Hirne wird ein Kampf darum werden, ob Kriege mit Aussicht auf Erfolg geführt und damit überhaupt begonnen werden können. Darin liegt seine strategische Natur. Ist es gänzlich ausgeschlossen, daß es künftig noch mehr solcher Anstalten wie die des arabischen Fernsehsenders Al-Dshasira gibt, der viele Wahrheiten zum Afghanistankrieg verbreitete und damit das westliche Informationsmonopol antastete?

Wer sich dieses Spektrum erfolgter oder noch möglicher asymmetrischer Antworten auf die Politik des Westens vor Augen führt, kann nur zu einer Schlußfolgerung kommen: Zur Gefahrenabwehr, darunter auch zur Abwehr menschenverachtenden Terrorismus, kann es nur politische Lösungen geben, wozu von seiten der Friedensforschung schon lange geeignete Vorschläge vorliegen. Erst im Oktober 2001 hat das Papier Friedensethik in der Bewährung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) solche wiederholt.12

Doch nun - nach den asymmetrischen Antworten auf Vorrüstung und Ausbeutung - zum Thema Kriegsbild und moderner Interventionismus, das heißt zur militärischen Logik. Dabei ist zunächst nach dem Charakter von interventionistischen Aktionen und Kriegen zu fragen. Denn nur das kann zu halbwegs tragfähigen Aussagen über ein eventuelles Pro oder Kontra zu Kriegen gegen den Terrorismus führen. Gleich am Anfang stoßen wir auf ein noch eher politisches Problem. Die Kriege und Konflikte nach 1945 entsprangen zu 90% ökonomischen Ursachen. Bei Aktionen gegen den Terrorismus oder zur "Friedenserzwingung" müßte man also erst einmal sicherstellen, daß die eingesetzten Streitkräfte keine unmittelbaren ökonomischen oder machtpolitischen Interessen der Entsendestaaten durchsetzen sollen. Von Terrorismusbekämpfung und Friedenserzwingung reden aber zuallererst die kapitalistischen Industriestaaten, obwohl doch vom Terrorismus "die gesamte zivilisierte Welt" betroffen sei. Und gerade die hochentwickelten kapitalistischen Staaten vertreten das geballte wirtschaftliche Potential in dieser Welt. In allen möglichen Koalitionen handeln sie entsprechend mit roher militärischer Gewalt - der Golf, Irak, Jugoslawien und Afghanistan sind die markantesten Exempel der zurückliegenden zehn Jahre, stets begründet mit hehren Absichten. Doch warum sollte man heute gerade jenen Staaten die hehren Absichten abnehmen, sie wollten sich für Freiheit und Demokratie und gegen Völkermord, Terrorismus und andere Menschenrechtsverletzungen engagieren, die wirtschaftlich weltweit die egoistischsten Interessen verfolgen und die den Rest der Welt schon heute mit dem nichtmilitärischen Mittel des ungerechten Weltwirtschaftssystems skrupellos ausbeuten, die in der Geschichte die Träger des rabiatesten Kolonialismus und Neokolonialismus waren und die ihre Bereitschaft zur Verfolgung ihrer globalen ökonomischen Interessen auch mit militärischen Mitteln sogar in Grundsatzdokumenten der Militärdoktrin, wie gerade in der neuen NATO-Militärstrategie vom April 1999 13 oder in den deutschen Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 14, offen zum Ausdruck bringen? Warum sollte man gerade jenen glauben, die die allermeisten Massenvernichtungswaffen angehäuft haben und diese, wie die USA, auch schon eingesetzt haben, wenn gerade sie verkünden, sie wollten notfalls auch mit militärischer Gewalt die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen verhindern? Tatsache ist, daß diese Staaten seit 1945 noch nie in einen Krieg der Moral, des Friedens, der Bekämpfung des Terrorismus und der Menschenrechte wegen eingetreten sind. Es verbietet sich also politisch, bei Erwägungen zur Terrorismusbekämpfung und "Friedenserzwingung" an die kapitalistischen Industriestaaten zu denken. Die Schlußfolgerung daraus kann nur lauten: Mit dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus oder zur "Friedenserzwingung" können nicht jene beauftragt werden, die sich selbst anbieten. Und andere werden sich nicht finden. Friedenserzwingung und Kampf gegen Terroristen mit "Schießkrieg " scheiden also schon unter diesem politischen Aspekt praktisch aus.

Nun zur militärischen Argumentation. Sie ist mir wichtig, um auch von dieser, häufig nicht beachteten Seite Argumente gegen Waffengewalt abzuleiten. Denn in der Politik und bei vielen Menschen gilt: Streitkräfte können alles, wenn es gilt, Gewalt gegen Gewalt zu setzen. Ich will zu zeigen versuchen: Streitkräfte können eben nicht alles. Sie können sogar sehr wenig.15 Sie können eigentlich nur das, was der Artikel 51 der UNO-Charta vorsieht: Selbstverteidigung gegen Angriffe, ergänzt um Friedenssicherung durch Blauhelme.

Begeben wir uns also direkt in die militärische Logik und unterstellen, es fänden sich doch Staaten, die mit ihren Streitkräften uneigennützig für hohe politische und moralische Ziele einzugreifen bereit wären.

Zunächst: In fast 70 % der knapp 300 Kriege und Konflikte nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es nicht, die erklärten politischen Anfangszielstellungen zu erreichen.16 Anders ausgedrückt: Der Krieg hat bald drei Viertel seiner Bedeutung als Instrument zur Durchsetzung erklärter politischer Ziele eingebüßt. Es gibt nur wenige Beispiele für einen im Sinne des Fortschritts und der Freiheit sinnvollen Einsatz von Militär als Instrument der Politik.

Welche Ergebnisse hat man nun zu gewärtigen, wenn Streitkräfte wirklich im scharfen Schuß eingesetzt werden? Welche Ergebnisse also für die Ziele der Konfliktbewältigung und der Terrorismusbekämpfung, für eine dauerhafte Friedenssicherung, für die betroffenen Menschen in den Kampfgebieten und für die Truppen selbst?

Erstens: Wer Streitkräfte einsetzen will, muß ihren Auftrag mit ihren eigenen Möglichkeiten und mit denen des Gegners in ein Verhältnis setzen. Lange vor Clausewitz schon betonte der Kriegskommissär Kaiser Karls V., Lazarus von Schwendi: "Es soll im Krieg nur Mögliches und Erreichbares unternommen werden, zu dessen Ausführung und Vollendung man im Besitz der nötigen Mittel und Wege ist oder diese aller Wahrscheinlichkeit nach besitzen wird."17 Moderne Streitkräfte werden folglich einen symmetrischen Krieg, wenn man so will: die offene Feldschlacht, gewinnen, weil sie darin haushoch überlegen sind. Sie können auch Schlachten in asymmetrischen Kriegen gewinnen oder sogar einseitig verkünden, sie hätten sich in einem asymmetrischen Krieg durchgesetzt, wie in Jugoslawien 1999. Die klassische Frage, wer die Niederlage erlitten und wer den Sieg errungen hat, ist damit aber noch nicht beantwortet. Was bedeutet das für die Terrorismusbekämpfung?

Durch Spezialeinheiten moderner Streitkräfte am Boden, und nur sie kommen dafür in Betracht, lassen sich bewaffnete Kontingente, Terroristen oder andere in der Tat ausschalten. Die Militärgeschichte kennt genügend solcher Kommandoaktionen. Man denke nur an die bewaffneten Einsätze zur Befreiung von Flugzeuggeiseln, so 1977 durch die westdeutsche Grenzschutzgruppe (GSG) 9 in Mogadischu/ Somalia. Militärische Kommandoaktionen können durchaus erfolgreich sein, aber nur, wenn

  • der Gegner im Zentrum der Aktion klar unterlegen ist. Ob das klassische Kräfteverhältnis, das mindestens 1 zu 3 beträgt, vorhanden sein muß, oder ob eine technische Überlegenheit anderes zuläßt, ist nebensächlich;
  • der Gegner umfassend aufgeklärt ist. Die Aufklärung ist das A und O moderner Kriegführung, darunter auch und gerade gegen den terroristischen Gegner, da der immer gedeckt operieren wird;
  • der Gegner sich nicht in der Fläche verteilt, sondern genau zu bezeichnende Punkte besetzt hat;
  • die Aktion überraschend, blitzartig und höchst präzise durchgeführt wird, weil nur so die Vorteile des Gegners, besonders die Orts- und Geländekenntnis, ausgeglichen werden können und weil nur so der Waffeneinsatz begrenzt bleiben kann und Unschuldige nicht betroffen werden;
  • der Gegner keine oder kaum Unterstützung aus der Bevölkerung erhält. Anderenfalls werden militärische Schläge ins Leere gehen, und die gegnerischen Kontingente werden sich bei Gefahr im Verzuge im Meer der Zivilbevölkerung rasch dezentralisieren. Sie sind dann nicht mehr zu fassen, sondern werden aus diesem Meer heraus eigene gefährliche Übergriffe starten;
  • der Antiterror- oder ein anderer vergleichbarer Kampf räumlich und zeitlich klar eingegrenzt ist. Eine Kampfführung in der Fläche und zeitlich überdehnt kann durch Spezialtruppen nicht durchgehalten werden, da sie sonst personell und logistisch bald an ihre Grenzen stoßen;
  • der Antiterror- oder andere Kampf auch deshalb zeitlich, räumlich und im Waffeneinsatz begrenzt wird, weil nur so die Verhältnismäßigkeit der Mittel - ein Grundprinzip rechtsstaatlichen Handelns - gewahrt und damit die Chance auf eine nachfolgende politische Lösung bewahrt wird.

Wenn militärische Kommandoaktionen nur punktuell realistisch sind, bedeutet dies: Um in der Fläche zu wirken, müßte man ganze Streitkräfte völlig neu organisieren, was aber aus politischen, militärischen und finanziellen Gründen kaum durchführbar ist. Beispiel Afghanistan: Der Krieg dort ist durch den Westen erst einmal gewonnen worden, weil er die Luftkriegführung für die talebanfeindliche Nordallianz übernommen hatte. Hätte es diese Nordallianz nicht gegeben, hätte er diesen Krieg womöglich gar nicht geführt. Seine eigenen Spezialtruppen hätten nicht auch nur annähernd ausgereicht. 18 Der "Antiterrorkrieg" in Afghanistan führt uns so auf die politische Kernfragestellung zurück: Wenn die USA den Krieg am Boden führen ließen, ihn aus der Luft unterstützen und nun selbst mit anderen wie den Briten und den Deutschen mit Landstreitkräften in Afghanistan Präsenz zeigen, dann muß es sich um alles andere, aber nicht um die Ausschaltung des Terrorismus handeln. Selbst wenn Terroristen im Krieg, ja selbst wenn Osama bin Laden oder der Talebanführer Mohammed Omar doch noch gefaßt oder getötet werden sollten. Aus der Analyse des militärischen Kräfteansatzes in Afghanistan bereits ergibt sich, was sich dort abspielt und worum es dort geht: Es kann sich nur um große Strategie und nicht um die nachgeordnete Frage des Kampfes gegen den Terrorismus handeln, denn sonst hätte man in der Tat zeitnah eine zwar höchst gefährliche, aber doch am ehesten Erfolg versprechende militärische Kommandoaktion zur Ergreifung der Führer des Terrors unternehmen oder einen großen Landkrieg mit eigenen Verbänden starten müssen. Das Beispiel des sowjetischen Afghanistanabenteuers vor Augen, schreckte man davor aber zurück. So wurde der afghanische Bürgerkrieg forciert mit dem Ziel, eine willfährige Regierung in Kabul einzusetzen und das ganze Land unter die Kontrolle des westlichen Globalisierungs-Kolonialismus zu stellen.

Warum aber hat man nicht von Anfang an mit eigenen Landstreitkräften in den Krieg eingegriffen, sondern hat anderen das opferreiche Kämpfen am Boden überlassen - in Afghanistan der Nordallianz, im Kosovo der UÇK und im Irak demnächst einer zersplitterten Opposition (wenn das dort überhaupt funktioniert)? Weil die heutigen modernen Armeen einzig und allein auf den bewaffneten Kampf mit ihresgleichen vorbereitet sind. In ihrer Ausbildung, Ausrüstung und Motivation taugen sie nicht für Interventionen, wo ein Bürgerkrieg tobt und ein Guerillakrieg zu erwarten ist. Sie taugen auch nicht zum längeren Einsatz gegen Terroristengruppen. Staaten und reguläre Streitkräfte haben "trotz ihrer überlegenen militärischen Machtmittel prinzipiell große Schwierigkeiten... , sich in asymmetrischen Konflikten gegen nichtstaatliche Akteure durchzusetzen"19. Auch neue sogenannte Krisenreaktionsstreitkräfte ändern daran nichts Wesentliches, weil auch sie ganz überwiegend auf den Kampf gegen geschlossene Formationen gut ausgerüsteter militärischer Kontingente, in der Regel von Staaten, ausgerichtet werden. Streitkräfte können nur für den Zweck eingesetzt werden, für den sie sich eignen. Sonst scheitern sie. Wenn man sich aber umschaut, dann handelt es sich bei den bewaffneten Zusammenstößen in der Welt zu etwa 90 % um innerstaatliche bzw. Bürger- bzw. Guerilla- bzw. "kleine Kriege", ein Begriff von Clausewitz, der sich mit dieser höchst effektiven Kriegsform als erster wissenschaftlich auseinandersetzte. 20 In solchen Kriegen gilt, was Henry A. Kissinger schon 1969 erkannt hatte: "Die Guerilla gewinnt, wenn sie nicht verliert. Die konventionelle Armee verliert, wenn sie nicht gewinnt."21 Kämpfe gegen Terroristen können hier vollauf mit eingerechnet werden. Terroristengruppen und Guerillas, die im übrigen viel schwerer aufzuklären und zu identifizieren sind als reguläre Truppen von Staaten, sind in "kleinen Kriegen" deshalb im Vorteil, weil sie ihren Krieg asymmetrisch führen. Sie führen ihn mit anderen Motiven, mit anderen Ideologien und Feindbildern, mit anderen Waffen, mit anderen Regeln und mit anderen Zeitvorstellungen über die Länge der militärischen Auseinandersetzungen. Innenpolitische Differenzen in Ländern, in denen interveniert wird, können sich abschwächen, wohingegen solche Differenzen in den intervenierenden Staaten meist zunehmen. Von außen Soldaten in derartige Kriege zu schicken, ohne daß, wie in Haïti 1994 oder in Osttimor 1999, die Gewähr für einen kampflosen Einmarsch besteht, lassen hohe Opferzahlen schon bei den Interventionstruppen erwarten. Dies um so mehr, als diese Kriege von ihrer Natur her von allen Beteiligten besonders grausam geführt werden. In Afghanistan und vorher schon im Kosovo hatten Washington und die NATO dies begriffen. Was im Irak passiert, wird man sehen. Recht hat deshalb Ernst-Otto Czempiel mit seiner Feststellung, daß das Militär als Instrument der Terrorismusbekämpfung (nicht nur - L. S.) deutliche Schwächen zeigt.22 Es soll eben weiterhin andere Aufgaben wahrnehmen. Und deshalb war das Militär auf die Abwehr des politischen Terrorismus nicht nur nicht vorbereitet - "auf sie wollte es sich auch nicht einstellen"23.

Beachten wir ferner: Rasch kommt man in solche Konflikte hinein, hinaus - und das ist politisch und militärisch gemeint - um so schwerer. Wer nach den Desastern der USA in Vietnam und der Sowjetunion in Afghanistan dafür noch Beweise braucht, sollte fragen, warum die USA Kuba noch nicht angegriffen haben. Und warum die NATO 1999 eben den Landkrieg gegen Jugoslawien überhaupt nicht und gegenwärtig in Afghanistan faktisch nicht eröffnet hat, sondern warum sie ihn von anderen hat führen lassen. Und warum sie im Kosovo alles unternahm, um sich auf keinen Fall in Scharmützel mit den Bürgerkriegsparteien verwickeln zu lassen.

Zweitens: Ein neutrales gewaltsames militärisches Eingreifen in Guerilla- und Bürgerkriege, um Terroristen zu jagen oder Frieden zu erzwingen, ist so gut wie unmöglich. Bei der militärischen Verfolgung eigener Ziele kann man nicht beide Parteien solcher Kriege auf gleicher Distanz halten. Man würde sich beide zum Feind machen. Also muß man auch militärisch Partei nehmen, was man im Kosovo und in Afghanistan ja auch getan hat, ganz bewußt, in Erkenntnis dessen und vor allem, um eigene Truppen zu schonen. "... Eingreifen heißt Durchgreifen, und Durchgreifen bedeutet Partei ergreifen, um eine bestimmte politische Lösung des Problems durchzusetzen. "24 Im Kosovo und in Afghanistan gab bzw. gibt es also von vornherein ein klares einseitiges Freund- und Feindbild. Wird auf der Basis einer solchen Begünstigung nur einer Seite der "Frieden" hergestellt oder ein staatlicher Umsturz wie in Afghanistan herbeigeführt, mit welchem vorgeblichen Ziel auch immer, so kann dies nur ein Diktat sein. Es wird von der anderen Konfliktpartei niemals akzeptiert werden. Der Konflikt im Lande besteht weiter. Mehr noch: Neuer politischer und militärischer Sprengstoff wird angehäuft. So auch in Afghanistan, wo das westliche Militär es vielleicht doch noch mit Guerillas aus den Bergen zu tun bekommen könnte. Denn es ist noch lange nicht entschieden, wie sich die Kämpfer der Nordallianz und die wieder aufgetauchten Mudschaheddin zur westlichen Militärpräsenz im Lande stellen werden und was aus den versprengten Taleban geworden ist.25

Wer in Terrorismusbekämpfung durch Krieg oder in gewaltsamer militärischer Friedenserzwingung eine realistische Möglichkeit sieht, muß sich zudem über die Auswirkungen moderner Gefechtshandlungen ein klares Bild machen: Zunehmend verwischen sich die Grenzen zwischen Front und Hinterland. Die Reichweite der Waffen erhöht sich immer mehr. Die Bedeutung des Orts- und Stadtkampfes (schon 40 % der Kampfhandlungen in Europa während des Zweiten Weltkrieges) wächst folgerichtig an, während der Prozeß der Urbanisierung jährlich um drei bis fünf Prozent fortschreitet. Bald ein Drittel der Weltbevölkerung lebt heute schon in großen städtischen Agglomerationen. Bei Kampfhandlungen unter diesen Bedingungen leidet niemand mehr als die Zivilbevölkerung. Häufig ist Terror gegen die Zivilbevölkerung sogar Methode der Kriegführung. Betrug das Verhältnis der Verluste Soldaten zu Zivilisten im Ersten Weltkrieg noch 95 zu 5 %, im Zweiten Weltkrieg 55 zu 45 %, so dürften "peaceenforcement-Aktionen" oder ein "Anti-Terror-Krieg" zivile Opfer in einer Größenordnung von 75 % (wie bei den Bürgerkriegen der letzten Jahrzehnte) ergeben, wenn nicht gar eine ähnliche Relation wie im Korea- bzw. Vietnamkrieg erreicht wird, wo sie bei 16 zu 84 bzw. 10 zu 90 % zuungunsten der Zivilisten lag.26 Der Landtagspräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Hinrich Küssner, sprach es aus: "Die Ereignisse in Afghanistan zeigen, daß Krieg kein Mittel zur Lösung von internationalen Konflikten ist. Ein Krieg vergrößert das Leid unschuldiger Menschen und bringt neuen Terror hervor."27

Die verbrecherischen Terroranschläge in den USA vom 11. September 2001 waren nicht die Ursache des Krieges in Afghanistan. Sie waren der schlimme Anlaß. Schon in den 80er Jahren machten die Militärstrategen der USA im Becken des Indischen Ozeans - von den Ostküsten Afrikas bis nach Mittel- und Südasien - einen "Krisenbogen" aus. Am 3. April 1984 erließ USA-Präsident Reagan die "Nationale Sicherheitsdirektive 138". Sie bezog sich auf den Kampf gegen den Terrorismus und sah Präventiv- und Vergeltungsschläge in allen Teilen der Welt vor. Das strategische Konzept nannte sich "low intensity conflicts" -Konflikte bzw. Kriege geringer Intensität. Danach sollten schon damals einerseits als Freiheitskämpfer bezeichnete Insurgenten, zum Beispiel die Contras in Nikaragua, unterstützt, andererseits solche Befreiungsbewegungen wie der ANC Südafrikas als auch die SWAPO Namibias bekämpft werden. Nicht zufällig wurde deshalb Anfang 1983 das CENTCOM, des Zentralkommando der USA-Streitkräfte mit dem Hauptquartier auf der Luftwaffenbasis MacDill in Tampa/Florida gebildet, dessen Verantwortungsbereich sich auf heute 25 Staaten des Indischen Ozeans, des Nahen und Mittleren Ostens und Afrikas erstreckt. Nicht zufällig auch wurde gerade unter diesem Kommando ein Teil der USA-Spezialtruppen zur "Joint Unconventional Task Force" zusammengefaßt. Schon sind neue Konfliktherde ausgemacht. "Neuer Unruheherd Nr. 1: Asien" war ein Titelthema der bundesdeutschen Reservistenzeitschrift. 28 Am 23. November 1998 wurde ein Strategiedokument des USA-Verteidigungsministeriums veröffentlicht. Danach sollen die USA-Streitkräfte in Korea nordkoreanische Angriffe nicht nur aufhalten und zurückwerfen, sondern "in das nordkoreanische Territorium eindringen, Pjongjang einnehmen, die Koreanische Volksarmee zerschlagen und das Regime von Kim Jong Il zerstören."29 Im März 2001 ging durch die Presse, daß in der USA-Militärstrategie Asien und speziell die VR China stärker gewichtet werden sollen.30 Im November 2001 legte Verteidigungsminister Donald H. Rumsfeld einen Katalog von Staaten vor, die die Interessen der USA gefährdeten: Nordkorea, Iran, Irak, Syrien, Kuba und Kolumbien.31 Heute bilden sie die "Achse des Bösen" von Präsident Bush. Wen wundert es da, wenn sich immer mehr Staaten bedroht fühlen. In der brasilianischen Militärzeitschrift Poder wurde Anfang 2000 vor einer Intervention auch in Südamerika gewarnt. Anlässe werde man suchen und finden, weshalb man sich wappnen müsse. In der Analyse hieß es: "Weil aber der vorrangige Grund der NATO die Sicherung der amerikanischen Vorherrschaft in Europa war und ist, wuchs das Bündnis noch, anstatt sich aufzulösen ... und zeigt nun (im Zusammenhang mit dem NATO-Jugoslawien-Kosovo-Krieg - L. S.) sein wahres Gesicht - den bewaffneten Arm der nordamerikanischen Macht."32

Den Weg, nicht der blinden Gewalt, sondern der Vernunft zu gehen, hat nichts mit Angst, Feigheit oder Zurückweichen vor dem Bösen, ja nicht einmal etwas mit Pazifismus zu tun, sondern mit wohlverstandener Rationalität und Humanismus. Schließen wir deshalb mit Clausewitz. Er schrieb 1819: "Nichts ist in der Welt, besonders in Staatssachen, so gefährlich, als das Kleine mit dem Großen zu verwechseln, sich von dem ersten anziehen zu lassen und es darüber zu versäumen, mit dem Großen vertraut zu werden."33

Lothar Schröter - Jg. 1952; Dr. sc. phil., Major a. D. der Nationalen Volksarmee der DDR; 1974 bis 1990 wissenschaftlicher Assistent und Dozent sowie Fachgruppenleiter Militärgeschichte der BRD und zuletzt Abteilungsleiter Militärgeschichte der NATO und der BRD am Militärgeschichtlichen Institut der DDR Potsdam. Zuletzt in UTOPIE kreativ: Bundeswehrreform. Der Krieg ist der Ernstfall, Heft 138 (April 2002).

1 Zitiert nach Frank Kitson: Im Vorfeld des Krieges. Abwehr von Subversion und Aufruhr, Stuttgart 1974, S. 52.

2 G. John Ikenberry: Amerikas neue imperiale Gelüste, in: Rheinischer Merkur, 17. Oktober 2002, S. 10.

3 Siehe ebenda.

4 Siehe Wörterbuch zur deutschen Militärgeschichte, 2. Aufl., Bd. 1, Berlin 1987, S. 401 f. Ähnlich das Internationale Friedensforschungsinstitut Oslo (PRIO). Für PRIO ist der Krieg "ein bewaffneter Konflikt um Macht oder Gebietsansprüche mit zentral organisierten Kämpfern und Kampfhandlungen sowie fortlaufenden kriegerischen Aktivitäten." (Dan Smith: Der Fischer Atlas. Kriege und Konflikte, Frankfurt/M. 1997, S. 13.)

5 Siehe Rüdiger Moniac: Die neue Art des Krieges. Szenarien künftiger Terroranschläge, in: loyal, Heft 10/2001, S. 4 f.

6 Siehe Reinhard Hutter: "Cyber-Terror": Risiken im Informationszeitalter, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 8. März 2002, B 10-11, S. 31-39.

7 Holger M. Mey: "Information Warfare": Chancen und Risiken. Informationsoperationen als neue militärische und sicherheitspolitische Herausforderung, in: Der Mittler-Brief, Bonn, Nr. 3/2001, S. 2.

8 Ernst-Otto Czempiel: Weltpolitik im Umbruch. Die Pax Americana, der Terrorismus und die Zukunft der internationalen Beziehungen, München 2002, S. 34.

9 Ebenda, S. 35.

10 Samuel Huntington: Die einsame Supermacht, in: Rheinischer Merkur, 30. April 1999, S. 6.

11 Dieter S. Lutz: Frieden durch Angriffskriege? Das zivilisatorische Projekt (des Westens) steht am Scheideweg, in: Neues Deutschland, 9./10. November 2002, S. 10.

12 Die EKD betonte den Vorrang nichtmilitärischer Instrumente bei der Friedenssicherung, wobei sie folgende hervorhob: - Politische Einflußnahme und präventive Diplomatie; - Bemühungen um gerechtere weltwirtschaftliche Verhältnisse und den Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens; - Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Kooperation; - Etablierung ziviler Formen des Konfliktaustrags und der Konfliktregelung mit dem Ziel verfassungsmäßig gesicherter Koexistenz; - Aufbau und Einsatz von Friedensdiensten zur Ergänzung und Weiterführung friedenssichernder Aktivitäten über den militärischen Beitrag hinaus; - Fortschritte bei der Abrüstung und der Begrenzung des Waffenhandels; - Verhängung von friedensverträglichen und friedensdienlichen Sanktionen und Embargomaßnahmen. (Friedensethik in der Bewährung. Ein Positionspapier der Evangelischen Kirche in Deutschland, in: Frankfurter Rundschau, 25. Oktober 2001.)

13 Laut Ziffer 24 dieser Militärstrategie können die Sicherheitsinteressen der NATO auch durch "Akte des Terrorismus, der Sabotage und des organisierten Verbrechens sowie der Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen" (Zit. nach: Das neue Strategische Konzept der NATO, in: Reader Sicherheitspolitik. Beilage zur Zeitschrift Information für die Truppe, Bonn, VIII., Ergänzungslieferung 6/1999, Teil II, S. 133.) berührt werden.

14 In Ziffer 8 formulieren die Richtlinien als eines von zehn "vitalen Sicherheitsinteressen " die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer gerechten Weltwirtschaftsordnung." (Zit. nach: Verteidigungspolitische Richtlinien für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung vom 26. November 1992, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 9/1993, S. 1139)

15 Der britische Spezialist für Antiguerilla- und Antiterrorkriegführung Brigadegeneral Frank Kitson beklagte in diesem Sinne: "Der Slogan, daß ein gut ausgebildeter Soldat mit einem Gewehr in der Hand alles, was verlangt wird, machen kann, ist leider bis zum heutigen Tag aktuell. ... Aber leider ist die oben erwähnte Auffassung bei Offizieren auf beiden Seiten des Atlantik sehr eingefleischt." (Frank Kitson, a. a. O., S. 269).

16 Siehe Hans-Werner Deim: Strategisches, operatives und taktisches Denken, in: Walter Jablonsky, Wolfgang Wünsche (Hrsg.): Im Gleichschritt? Zur Geschichte der NVA, Berlin 2001, S. 131. Ein Autor aus dem konservativen Umfeld betont deshalb zu Recht: "Der Einsatz militärischer Mittel bewirkt, für sich alleine genommen, nur in seltenen Fällen eine unmittelbare Problemlösung ..." . "Ohne eine an den militärischen Erfolg anknüpfende diplomatische Fortführung und Umsetzung - und eine daraus resultierende grundlegende und auch von der unterlegenen Seite akzeptierte Veränderung der politischen Ausgangslage - sind Militäreinsätze als Mittel der Politik im 21. Jahrhundert weder sinnvoll noch zu verantworten." (Martin Hoch: Krieg und Politik im 21. Jahrhundert, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 11. Mai 2001, B 20, S. 25.) Das Positionspapier der EKD "Friedensethik in der Bewährung" betont: "Viele Anzeichen deuten ... darauf hin, daß die Veränderung der politischen Verhältnisse heute zu einer Situation geführt hat, in der faktisch der Einsatz militärischer Macht durch eingeschränkte Erfolgsaussichten charakterisiert ist. ... Die nachhaltige, friedenschaffende Leistungsfähigkeit herkömmlicher militärischer Mittel in einer veränderten politischen Landschaft ist es, die in Frage steht." (Friedensethik in der Bewährung, a. a. O.)

17 Zit. nach: Kurt Pätzold: Ihr waret die besten Soldaten. Ursprung und Geschichte einer Legende, Leipzig 2000, S. 31 f.

18 Die Spezialkräfte der USA umfassen gegenwärtig etwa 30 000 Mann plus 10 000 Mann Reserve. Die EU-Mitgliedstaaten verfügen über 10 000 Mann, davon etwa 3 000 in den Einsatzkräften. (Thomas Fritsch: Militärische Spezialkräfte für die Europäische Union, in: Der Mittler-Brief, Bonn, Nr. 3/2002, S. 6, 4.

19 Martin Hoch, a. a. O., S. 23.

20 Als wichtige Vorteile der Kämpfer in "kleinen Kriegen" nannte Clausewitz das Operieren mit kleinen Truppenkörpern von 20 bis 400 Mann, ihre Versorgung aus dem Lande heraus, ihr leichteres Verbergen im Lande, die hohe Manövrierfähigkeit, besonders im Gefecht, eine rasch mögliche Aufnahme von Gefechtshandlungen und die rasche Reaktion auf veränderte Gefechtslagen. (Siehe Werner Hahlweg, Hrsg.): Carl von Clausewitz. Aufsätze, Studien, Briefe, Bd. 1, Göttingen 1966, S. 231-234.) Untergrundkämpfer müssen die gegnerischen Truppen nicht vollständig vernichten. Ihr Ziel ist der moralische Sieg, der am Ende auch den politisch-militärischen Sieg verspricht. Dazu werden die regulären Truppen des Gegners mit gezielten militärischen Nadelstichen, durch Überfälle auf kleine Einheiten, auf Versorgungslinien und -fahrzeuge, durch die Vernichtung von Versorgungsgütern oder die Unterbrechungen von Nachrichtenverbindungen in einem Zustand ständiger Anspannung gehalten, fortlaufend zu Kräftezersplitterungen gezwungen, verunsichert, verwirrt, zermürbt und ermattet. Eine gewisse Unorganisiertheit ist für Guerillas sogar von Vorteil. Der "kleine Krieg" hat aber nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn er sich auf die Unterstützung eines nennenswerten Teils der Bevölkerung stützen kann.

21 Zit. nach: Thomas M. Wandinger: Ursachen von Konflikten und Kriegen im 21. Jahrhundert. Konsequenzen für die westlichen Industriestaaten, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 11. Mai 2001, B 20, S. 7.

22 Siehe Ernst-Otto Czempiel, a. a. O., S. 153.

23 Ebenda, S. 161.

24 Lothar Rühl: Die NATO und ethnische Konflikte, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 11. Mai 2001, B 20, S. 4.

25 Siehe Christoph Hörstel: Das Experiment droht zu scheitern, in: Neues Deutschland, 30. November/ 1. Dezember 2002, S. 7.

26 Mit diesem Verhältnis rechnete bei einer UNO-Konferenz zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten auch Dieter Kastrup, der deutsche Botschafter bei den Vereinten Nationen. (Siehe Deutschlandfunk, Köln, 23. Februar 1999, Informationen am Morgen, 6.15 Uhr.) Siehe Hans-Werner Deim, a. a. O., S. 128 f.; siehe Martin Hoch, a. a. O., S. 21.).

27 Zit. nach: Wolfgang Rex: Entschieden, in: Neues Deutschland, 16. November 2001, S. 4.

28 Siehe loyal, Bonn, Heft 10/1999.

29 Zit. nach: Wilfried A. Herrmann: Neuer "Verteidigungsplan " der US-Streitkräfte in Korea, in: Soldat und Technik, Heft 3/1999, S. 172. Siehe auch Adventurous "Operation Plan 5027-98", in: Korea Today, Pjongjang, Heft 10/1999, S. 41.

30 Siehe Weichenstellung für neue Militärstrategie. Asien und speziell China werden stärker gewichtet, in: Neues Deutschland, 26. März 2001, S. 6.

31 Siehe Rainer Tampert: Die ungehaltene Rede eines Ungehaltenen, in: Neues Deutschland, 24./25. November 2001, S. 10.

32 Zit. nach: Horst Prayon: Die NATO als Feindbild in Brasilien, in: loyal, Heft 9/2000, S. 24.

33 Carl von Clausewitz: Unsere Kriegsverfassung, in: Gerhard Förster/ Dorothea Schmidt/Christa Gudzent (Hrsg.): Carl von Clausewitz. Ausgewählte militärische Schriften, Berlin 1980, S. 323.

 

in UTOPIE kreativ, H. 149 (März 2003), S. 221-232

aus dem Inhaltsverzeichnis
UTOPIEkreativ Heft 149, März 2003
Essay
DIETER WITTICH Thomas S. Kuhn und der Marxismus S.197
Geschichte & Politik
Dokumentation: Der Tod des Diktators - ein Circulus vitiosus für die SED S.209
Krieg & Frieden
LOTHAR SCHRÖTER Streitkräfte gegen Terroristen? S.221
WOLFGANG TRIEBEL Staat, Kirchen und Militär Hand in Hand zum Kriegseinsatz. Militärseelsorge in der Bundeswehr S.233
Bildung, Wissenschaft & Politik
DIETER KIRCHHÖFER Neue Lernkultur - Realprozeß oder ideologische Konstruktion? S.246
STEFAN BOLLINGER Ohne ostdeutsche Sozialwissenschaftler keine ostoder gesamtdeutsche Zivilgesellschaft S.256
Programmdiskussion der PDS
HORST DIETZEL Wohin geht die PDS? Zur Richtungsdiskussion in der Partei S.265
Standorte
ROLAND CLAUS Was wollen die Reformer? S.274
Bücher & Zeitschriften
Ekkehard Sauermann: Neue Welt Kriegs Ordnung. Die Polarisierung nach dem 11. September 2001 (ERNST LUTHER) S.282
WeltTrends e.V. (Hrsg.): WeltTrends Nr. 35: Krieg im 21. Jahrhundert (KATRIN MÖLLER) S.283
Hansjörg Herr, Albrecht Sommer, He Zerong (Hg.): Nachholende Entwicklung in China (ULRICH BUSCH) S.284