Gegen Studiengebühren!

in (01.09.2001)

Die unendliche Geschichte über Studiengebühren in der BRD geht in eine neue Episode.

Zentrales Thema sind diesmal die so genannten "Langzeit"-Studiengebühren. Darunter zu verstehen: StudentInnen, die die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überschreiten, sollen eine Strafgebühr zahlen; im Gespräch sind 1000 DM pro Semester, also 2000 DM pro Jahr.

Als bisher einziges Bundesland kassiert z.Z. Baden-Württemberg ab, mindestens das Saarland hat jedoch ähnliche Maßnahmen angekündigt - und auch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD), im Wahlkampf 1998 noch wählerInnenwirksam als fundamentale Gegnerin jedweder Studiengebühr aufgetreten, preist mittlerweile die finanzielle Exekution im Ländle.
Nach inzwischen vier Jahren Erfahrung aus dem bundesrepublikanischen Südwesten liegen die Folgen solcher "Langzeit"-Gebühren klar auf der Hand: Sie produzieren Abbrüche statt Abschlüsse, und sie treffen die sozial Schwächsten. StudentInnen aus finanziell schlechter gestellten, namentlich ArbeiterInnen-Familien, sind ohnehin nur noch marginal an den deutschen Hochschulen vertreten, die sich immer mehr zu Elitereproduktionsschmieden entwik-keln, und wie jede Studiengebühr wird auch die "Langzeit"-Bestrafung diese soziale Auslese weiter verschärfen.

Das rot-grüne Wahlversprechen der Studiengebührenfreiheit, nach der großen Hochschul-Streikwelle Ende 1997 ausgesprochen, hat sich insbesondere durch Bulmahns Kurswechsel in sein Gegenteil verkehrt. Unter den etablierten Parteien steht z.Z. allein noch die PDS auf dem Standpunkt, dass ein Hochschulstudium grundsätzlich und in jedem Fall gebührenfrei sein müsse.

Stehen also flächendeckende Studiengebühren bevor? Bei allen Besorgnis erregenden Tendenzen gilt es eines festzuhalten: Schon Mitte der 1990er Jahre war die Ansicht weit verbreitet, allgemeine Studiengebühren ab dem ersten Semester kämen in kurzer Frist "sowieso" , und wer sich diesem vermeintlichen Trend entgegenstelle, habe von vorn herein keine Chance.

Das aktuelle Zwischenergebnis dieser lang anhaltenden politischen Auseinandersetzungen lautet momentan: In sechs der 16 Bundesländern existieren einzelne Gebührenformen. Am drastischten schlägt wie geschildert Baden-Württemberg zu. Bayern und Sachsen erheben Gebühren für ein so genanntes "Zweitstudium" in Höhe von 2000 bzw. 1200 DM pro Jahr; im Unterschied zu Baden-Württemberg kann jedoch das Erststudium bis zum Abschluss ohne finanzielle Sanktionen absolviert werden. Berlin, Brandenburg und Niedersachsen erheben z.Z. 200 DM pro StudentIn und Jahr an "Verwaltungskostenbeiträgen", die den Charakter einer Studiengebühr haben und ab dem ersten Semester fällig werden. Zehn Bundesländer sind vollkommen gebührenfrei.

Der Kampf ist also noch lange nicht entschieden. Überall, wo Gebührenpläne existieren, regt sich politischer Widerstand vor allem unter den StudentInnenvertretungen. Bulmahns Kehrtwende ist jüngst von zahlreichen studentischen Organisationen mit einer energischen Rücktrittsforderung beantwortet worden. Im Saarland wird zur Zeit eine Demonstration für den Oktober geplant. Die BefürworterInnen von Studiengebühren haben einen langen Atem - die VerfechterInnen der Gebührenfreiheit jedoch auch!

Mehr Infos und Argumente:
www.studierende-abs.de