Skyline

Die Frankfurter Hochhäuser in ihrem Bedeutungs- und Bewertungswandel

"Mainhattan" wird Frankfurt aufgrund seiner Skyline genannt, die nicht nur eine Ausnahme in der europäischen Architektur, sondern auch in der rigiden Durchsetzung der beteiligten Akteure bildet.

In Frankfurt/ Main findet sich eine für Europa einzigartige Konzentration von Hochhäusern, die gemeinsam eine Skyline bilden. Diese enstand in ersten Anfängen in den 1920er Jahren und wuchs vor allem seit den 1950er Jahren kontinuierlich weiter. Im Laufe dieses Prozesses waren ebenso unterschiedliche Hochhausbaukonzepte wie auch wechselnde Akteure auf dem Frankfurter Immobilienmarkt von Bedeutung, auch Symbolik und Bewertung von Hochhäusern änderten sich mehrfach. Auch das Verhältnis von gesellschaftlicher Entwicklung und Hochhaustypen ist in dieser Entwicklung von Interesse, aber auch Kontinuitäten über unterschiedliche Epochen in Sachen Hochhausbau sind zu verzeichnen.

Bau und Gegenbau

Der klarste Ausdruck gesellschaftlicher Utopie in gebauter Form läßt sich am Beispiel der Hochhäuser der zwanziger Jahre feststellen. In Frankfurt/Main handelt es sich dabei um das Gebäude des Allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in der Wilhelm-Leuschner-Straße und um die damalige Hauptverwaltung des IG-Farben-Konzerns am Rande des Grüneburgparks. Unter dem Merkmal Höhe betrachtet sind diese Häuser keineswegs außergewöhnlich für die Weimarer Zeit. Beide weisen eine Höhe von nur etwa 30m auf, während in Stuttgart, Köln oder Hamburg zu dieser Zeit deutlich höhere Häuser mit bis zu 65m realisiert wurden.

Die Besonderheit der Häuser liegt vielmehr in der Bezogenheit aufeinander, obwohl sie stadträumlich weit entfernt voneinander liegen. Das Gewerkschaftshaus, entworfen und gebaut von Max Taut, ist ganz dem Stil der klassischen Moderne verpflichtet. An diesem Gebäude findet sich eine Dominanz des rechten Winkels, der aus vertikalen und horizontalen Stahlbetonstreben entsteht. Diese sind vorwiegend mit Glas ausgefacht, an einigen Stellen mit Klinkern. Insgesamt vermittelt dieses Haus ein luftiges und transparentes Bild, das auf eine bessere und offene Zukunft verweist. Es ist eine gebaute Gesellschaftsutopie der Befreiung. Enger läßt sich der Zusammenhang von Architekturtheorie und Nutzung eines entsprechend gebauten Hauses kaum finden. Die sozialistisch inspirierten Architekten der klassischen Moderne lassen ein repräsentatives Haus ohne Repräsentationssymbole entstehen, das von einer Organisation der Arbeiterbewegung genutzt wird.

Die Hauptverwaltung des IG-Farben-Konzerns stellt den Gegenbau dar. Er ist von der konstruktiven Seite betrachtet ein überaus moderner Stahlskelettbau, von der Erscheinung her gleicht er jedoch einer Schloßanlage. Aus der Zeit der Erstellung sind Bilder überliefert, die die heutigen Ausmaße des Gebäudes als Stahlskelett dokumentieren. Die Erscheinung ist ein Gebäude, das auf einer leichten Anhöhe liegend, konkav gewölbt zur Stadt liegend, den Eindruck der Abgeschlossenheit vermittelt und auf Grund seiner riesigen Dimension als Monument erscheint. Die Verkleidung aus Travertinstein läßt die moderne Konstruktion nicht mehr erahnen, versteckt sie vielmehr hinter Schwere.

Im analytischen Konzept von Bau und Gegenbau lassen sich die beiden Gebäude als Pole der Klassengesellschaft der Weimarer Zeit verstehen. Einerseits die Repräsentation von Macht in Form des Industrieschlosses, andererseits die luftige gläserne Utopie der befreiten Gesellschaft.

Versuche in Demokratie

Der Beginn des Wachstums dessen, was heute als Skyline wahrgenommen wird, läßt sich in Frankfurt auf die frühen fünfziger Jahre datieren. In dieser Zeit entstanden die ersten Hochhäuser in massierter Form und auch die ersten Hochhausrahmenpläne. Diese Entwicklung hinsichtlich Hochhausbau war schon damals einzigartig in Deutschland. 1950 fanden erstmals öffentliche Diskussionen zum Thema Hochhäuser in Frankfurt/Main statt. Daraus resultierte noch kein Plan, allerdings städtebauliche Grundsätze, die Hochhäuser als Gestaltungsinstrument zur Betonung besonderer städtebaulicher Situationen wie Innenstadteingänge, Brücken etc. vorsahen. Im Rahmen dieser Vorstellungen entstanden einige Häuser wie etwa die mittlerweile abgerissene AEG auf der südlichen Mainseite an der Friedensbrücke. Der erste gezeichnete Plan wurde 1953 veröffentlicht. Er sah eine Bebauung entlang des sogenannten Anlagenrings, des inneren Rings entlang der ehemaligen Befestigungsanlagen der Stadt Frankfurt, vor. Hier entstanden dann auch zahlreiche Hochhäuser, die mit Höhen bis zu 50 m heute kaum mehr als solche auffallen, allerdings eine eigene, äusserst symbolbeladene Phase darstellen.

Auffällig an der Ästhetik der Bauten dieser Phase ist, daß sie nicht vergleichbar mit den zeitgleich gebauten Häusern in New York oder Chicago waren. Dies betraf einerseits die Höhe, die bei den 70m des Fernmeldehochhauses ihr Maximum erreichte. Aber auch die Form der Bauten war spezifisch. Außer in Ausnahmefällen handelte es sich niemals um Turmbauten, die nach der Vorstellung des frühen amerikanischen Hochhausarchitekten Sullivan aus dem Dreiklang Sockel, Schaft und Kapitell bestehen und für US-amerikanische Hochhäuser prägend und typisch waren. Vielmehr wurde bei den frühen Frankfurter Hochhäusern der Versuch unternommen, durch große Tiefe den Eindruck der Höhe zu relativieren. In der Regel entsprach die Tiefe der Häuser annähernd deren Höhe. In den Diskussionen um die Bauten wurde diese Bauform als Versuch der Konstruktion eines deutschen oder europäischen Hochhaustyps bezeichnet.

Aber nicht nur wegen der Dimensionierung kann man von einem besonderen Hochhaustyp sprechen. Auch die stilistische Ästhetik war eine besondere, die vor allem durch die handelnden Personen in der Stadtplanung geprägt wurde. Hier läßt sich ein Anknüpfen an die Bautradition der zwanziger Jahre feststellen. Frankfurt war in der Weimarer Zeit vor allem durch den mustergültigen Wohnungsbau unter Baustadtrat Ernst May bekannt geworden. Der Wohnungsbau in einer spezifischen Variante der klassischen Moderne war durch ein Team renommierter Planer, Architekten und Designer geprägt, die allesamt während des Nationalsozialismus geflohen waren. Nach Kriegsende kehrte ein Teil von ihnen nach Frankfurt zurück und übernahm wiederum führende Funktionen im Stadtplanungsamt. An den Hochhäusern der fünfziger Jahre finden sich daher immer Spuren der klassischen Moderne. Dies äußert sich an einzelnen Stilelementen und der funktionalistischen Konzeption der Häuser. Ornamentik und Schmuck fehlen an den Bauten der fünfziger Jahre vollständig. Gerade die sozialistisch geprägten Planer legten auf die bewußte Abgrenzung gegenüber den Bauten des Nationalsozialismus und deren ausgeprägter und überladener Ornamentik wert. Insofern waren die Bauten der Fünfzigerjahre - nicht nur in Frankfurt - in ihrer oft abgelehnten Schlichtheit eine Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Bauweisen. Nimmt man Beispiele von Symbolik und Schmuck, etwa die Farbgebung des Bundesrechnungshofes in den Farben der neuen Republik, so ist dieser Schmuck dezent, zurückhaltend und schwer erkennbar.

Weiterhin sind die mit Hochhäusern geschaffenen Stadträume den Idealen modernen Städtebaus verpflichtet. In der Regel wurden die Häuser, in der Optik dann zeilenförmig wirkend, im Winkel von 90 Grad zur Straße gestellt. Durch diese Stellung ergaben sich großflächige Freiräume zwischen den Bauten und keine geschlossenen Straßenschluchten, so daß weite Teile der damaligen Baugebiete heute durchgrünt sind, dadurch allerdings für innerstädtische Räume eine nicht unproblematische Struktur aufweisen, die sich in zerfaserten Räumen und eher vor- und kleinstädtischen Straßenkanten äußert.

Die Frage nach den Bauherren und Nutzern dieser Häuser mit ihrer speziellen Symbolik verstärkt diesen Eindruck des offenen und öffentlichen Raumes. In der Regel handelt es sich um öffentliche Nutzung, um Schulen, staatliche und kommunale Einrichtungen, Bundespostliegenschaften, die in Hochhausbauweise errichtet wurden. Verbindet man in der Interpretation dieser Architektur diese unterschiedlichen Facetten der PlanerInnen, der NutzerInnen, der Ästhetik und Bauweise der Häuser, so wird recht schnell deutlich, daß es sich bei den Fünfzigerjahre-Hochhäusern in Frankfurt/Main um den Versuch der Neudefinition von Architektur nach 12 Jahren Nationalsozialismus handelt, der ein gerütteltes Maß an Symbolik durch Nicht-Repräsentation des neuen Staates BRD beinhaltet. Man kann das entstandene Bild mithin auch als Versuch der Entdeckung einer neuen demokratischen Architektur verstehen.

Dieses Bildes prägt auch die Wahrnehmung älterer FrankfurterInnen, die während Befragungen im Rahmen eines Projekts an der Universität Frankfurt berichteten, dass sie am Wochenende Spaziergänge zu den neuen Hochhäusern unternommen hätten und an diesen Wiederaufbau und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft abgelesen hätten.

Stadtzerstörung und Symbolwandel

Das fast bruchlos positiv besetzte Bild der Hochhäuser in Frankfurt/Main wandelte sich innerhalb weniger Jahre völlig. Zu Beginn der sechziger Jahre beschloß der SPD-dominierte Magistrat der Stadt, das Westend planerisch als City-Erweiterungsgebiet festzuschreiben, um durch die Ansiedlung weiterer Unternehmen und deren Gewerbesteuerertrag eingeleitete und projektierte Reformprojekte wie U-Bahnbau, Kindertagesstättenprogramm und neue Wege in der Kulturpolitik zu finanzieren.

Mittels Befreiungsregelungen vom Bebauungsplan sollte eine "verdichtete Bebauung" - in der damaligen Frankfurter Interpretation mit Hochhausbau gleichzusetzen - im innenstadtnahen Wohnquartier Westend ermöglicht werden. Der gefundene Modus setzte eine Grundstücksfläche von 2.000 Quadratmetern voraus. Durch diese Regelung setzte eine riesige Spekulations- und Aufkaufwelle von Westendgrundstücken ein. Nach dem Kauf war für bauwillige Grundstücksinhaber die entscheidende Hürde, das Grundstück abzuräumen, also den Bestand, in der Regel vermietete Wohnbebauung, in Bauland für Büroraum umzuwandeln.

Zwei für diese Vorhaben zentrale Qualifikationen, notwendige Ortskenntnis und Skrupellosigkeit im Umgang mit Westendbewohnern, schoben eine besondere Gruppe in das Zentrum der Westendentwicklung. Es handelte sich um etwa 40 namentlich benennbare Personen, die als sogenannte Immobilienkaufleute firmierten. Der Übergang von kriminellem Milieu zu "normalem" Geschäftsgebaren war dabei fließend. Durch die zweifelhafte Räumungspraxis entstand so eine enge Verflechtung zwischen Kommunalpolitik und Spekulantenszene. Aber auch die Banken, die in dieser Zeit selbst keine Häuser bauten, spielten als Finanziers eine wesentliche Rolle. Nach einer Erhebung des Stadtplanungsamtes waren im Jahr 1971 1,04 Milliarden DM an Hypotheken auf Grundstücken im Stadtbezirk Westend-Süd an die Gruppe der 40 Spekulanten vergeben worden - allesamt durch die fünf größten Frankfurter Banken. Das Geschäft der direkten Kapitalanlage in Immobilien und der eigenen Betreibung der Öffnung des Frankfurter Immobilienmarktes mittels gewaltförmiger Durchsetzung hätten sich die Banken wegen der Einbuße ihrer Reputation nicht leisten können. Insofern übernahm die Spekulantenszene, vom Ergebnis betrachtet, instrumentell die Rolle des Durchsetzungsagenten.

Mit diesen Entwicklungen wurde die Akzeptanz der Hochhäuser in der Stadtbevölkerung reduziert. Zahlreiche Hausbesetzungen und Straßenkämpfe drückten den Unmut der Bevölkerung aus. Die Kombination von bürgerschaftlichem Engagement in Form der AG Westend einerseits und der aktionistisch orientierten Frankfurter Studentenbewegung andererseits erfuhr bundesweit Beachtung. Frankfurt erabeitete sich durch die Auseinandersetzungen den Ruf als unregierbare Stadt, "Krankfurt" oder "Bankfurt". Bis in die frühen achtziger Jahre hinein bewegten diese Prozesse den Stadtteil und letztlich die ganze Stadt. Zahlreiche Regulierungsversuche scheiterten an den Interessenverflechtungen zwischen Politik und Spekulanten, oder auch einfach an vormals getroffenen Zusagen seitens der Stadt. Die negative Wahrnehmung der städtischen Politik durch die Stadtbevölkerung ging schließlich so weit, daß es zu einem völlig unerwarteten Wechsel von einer absoluten SPD Mehrheit 1973 zu einer absoluten CDU Mehrheit nach der Kommunalwahl 1977 kam.

Betrachtet man die im Westend gebauten Häuser in ihrer Ästhetik, so handelt es sich meist um Bauten, die alleine funktionalistischen Ansprüchen wie höchstmöglicher Grundstücksausnutzung oder innerer Flächenoptimierung genügten. Ansprüche am die Gestaltung wurden kaum gestellt. Der Ausdruck der Häuser entsprach dem, was sie in die Stadt vermittelten - die Unterordnung von Stadtstruktur und baulicher Ästhetik unter das Primat der schnellen Realisierung spekulativen Profits.

Ästhetisierung des Genius loci

Nach der eruptiven politischen Veränderung 1977 wurde versucht, das Thema Bürohochhausbau möglichst von der politischen Tagesordnung zu nehmen. Statt dessen thematisierte die neue Mehrheit im Frankfurter Römer die Innenstadtentwicklung entlang der zentralen Einkaufsstraßen, unternahm Versuche der Rekonstruktion des historischen Ortes Frankfurt mit fragwürdigen postmodernen Architekturen und setzte auf Kulturalisierung und Festivalisierung lokaler Politik.

Diese Befriedungsstrategie schien auch zunächst aufzugehen. Politisch stabilisierte sich die neue Mehrheit. Hochhausbau wurde erst wieder Mitte der achtziger Jahre ein Thema, als der Druck der Investoren in Frankfurt zunahm. Die CDU-Mehrheit versuchte, den Druck aus der Innenstadt hinaus zu lenken und definierte ein neues Innenstadtgebiet als Hochhausentwicklungsgebiet: Das Gallusviertel und das Gutleutviertel, Stadtteile mit hoher Konzentration mehrfach benachteiligter Bevölkerungsgruppen, wurden als Entwicklungsgebiete ausgewiesen. Offensichtlich lagen hier die Erfahrungen aus dem Westend zu Grunde, denn im Westend hatte es sich um ein klassisches Mittelschichtsquartier mit hoher Organisationsfähigkeit der Bevölkerung gehandelt, was in den nun anvisierten Stadtquartieren nicht zu erwarten war. Realisiert wurden im Rahmen dieser Planungen recht wenige Hochhäuser. Zu nennen sind das Trianon und das Hochhaus Westendstraße 1. Diese Häuser wurden von je einer Frankfurter Großbank errichtet, was eine Wende bei den Investoren und Akteuren in diesem Geschäft markiert. Nun waren es nicht mehr Privatpersonen, die notfalls mit Gewalt ihre Bauprojekte durchsetzten, vielmehr wurde es nach der Öffnung des Marktes für Hochhäuser mit Höhen deutlich über 100m möglich, deren Bau im Rahmen vermeintlich normaler Investitionsprozesse zu tätigen.

Auch die Ästhetik der neu gebauten Häuser hatte sich verändert. Jedes Haus hatte nun ein mehr oder minder eigenes Äußeres. Schmuck am Bau, Ornamentik, oder die Anlage des gesamten Hauses als Gesamtkunstwerk wie etwa Oswald Matthias Ungers Messetorhaus löste die bis dahin dominierende funktionalistische Kiste ab. Frankfurt wurde in dieser Zeit auch wegen seiner Hochhäuser zur Hauptstadt der Postmoderne in Deutschland.

Allerdings herrschte bei weitem noch kein Konsens über den weiteren Bau von Hochhäusern. So nahmen die Auseinandersetzungen im Gallus- und Gutleutviertel zu, der Magistrat rückte sich durch fragwürdige Genehmigungspraxen in ein schiefes Licht und die Opposition von SPD und Grünen war in der Lage, das Thema Hochhausbau öffentlich auf die Tagesordnung zu setzen.

Finanzplatz und Stadtgesellschaft

Der Wechsel zu einer rot-grünen Magistratsmehrheit nach der Kommunalwahl 1989 schien zunächst einen Einschnitt zu markieren. Hochhausbau und Genehmigungspraxis des CDU Magistrats war eines der zentralen Themen des Kommunalwahlkampfes gewesen, aus dem die Grünen als schärfste KritikerInnen der Hochhausentwicklung mit weit über 10% der Stimmen hervorgingen. Mehr oder minder symbolisch wurden einzelne Projekte verhindert, andere weiterverfolgt, so dass eine konsistente Position der neuen Mehrheit nicht sichtbar wurde.

Zudem war der Druck auf die Flächen in der Innenstadt durch avisierte Projekte so groß, daß der rot-grüne Magistrat recht schnell einen neuen Hochhausrahmenplan mit der Konzentration eines Hochhausclusters im traditionellen Bankenviertel vorlegte und so die Entwicklung zu steuern versuchte. Der Druck entstand vor allem aus der zunehmenden Integration des Finanzplatzes Frankfurt in die globale Wirtschaft. Abzulesen war diese Entwicklung vor allem an der Entwicklung der in Frankfurt ansässigen Banken, der benachbarten Gewerbe wie Beratungsunternehmen, spezialisierte Anwaltskanzleien und Werbeagenturen, aber auch durch die Entwicklung des Börsenumsatzes.

Die Steuerungsversuche erwiesen sich recht schnell als hilflos. Zu sehr agierte der Magistrat mit Ausnahmen von seinen eigenen Rahmenplänen, wodurch etwa das Bahnhofsviertel stark unter Druck geriet - in dem mittlerweile an drei neuen Projekten gebaut wird. Großbanken mit professionellen Planungs- und Rechtsabteilungen in Verbindung mit internationalen Immbobilienberatungsgesellschaften stellen mittlerweile die neuen Akteure auf dem Frankfurter Immobilienmarkt dar. Mit ihnen hat sich auch das Wesen der neu gebauten Hochhäuser verändert. Sie sind nicht mehr individuell initiierte Spekulationsprojekte, vielmehr sind sie, eingebunden in das komplexe Finanzierungs- und Anlagesystem, Bestandteil von Fondsinteressen geworden, Anlagegüter also, die in ihrer dauerhaften Rendite mit Konkurrenzprodukten wie Aktien vergleichbar sein müssen. Dies hat neue Strategien nach sich gezogen. Mittlerweile geht es nicht mehr alleine um neuen Büroraum, vielmehr umfassen die neuen Konzepte raumgreifend ganze Stadtquartiere. Angefangen bei Sicherheitsbedürfnissen, der Integration weiterer Sphären wie Einkaufen und auch Wohnen in den Verwertungsmechanismus bis zur Zurichtung ganzer Nachbarschaften unter dem Gesichtspunkt der Renditeoptimierung von Anlagegütern wie Hochhäusern, ist der Hochhausbau in den globalen Anlagemarkt integriert worden.

Dies ist allerdings nur deshalb denkbar, weil sich die Einstellung der Frankfurter Bevölkerung zu den Hochhäusern verändert hat. In zwei Befragungsreihen im Rahmen eines Universitätsprojektes wurden Akzeptanzwerte gemessen, die bei etwa 70% positiver bis sehr positiver Bewertung liegen. Insbesondere die Ästhetik des Gesamtbildes, der Skyline, spielt dabei eine zentrale Rolle. Diese wird als attraktiv und positiv wahrgenommen. Je größer die Distanz zu individueller räumlicher Betroffenheit, desto stärker wird diese Akzeptanz. Insofern ist auch nicht mehr die Ästhetik der einzelnen Häuser von Bedeutung, sondern die Konstitution des Raumbildes Skyline, das mit individuellen Entwicklungschancen wie auch mit Werthaltungen wie Internationalität und Offenheit verbunden wird.

Resumee

Innerhalb von 50 Jahren lassen sich starke Veränderungen auf dem Immobilienmarkt in Frankfurt feststellen. Dies erscheint bei den gesamtgesellschaftlichen Veränderungen auch nicht allzu erstaunlich. Allenfalls die Schärfe und Deutlichkeit ist aussergewöhnlich, was aber an der selbstgewählten Rolle der Stadt Frankfurt liegen mag, die sich spätestens seit den sechziger Jahren als offen für härteste Modernisierungsprozesse zeigte. Überraschend ist allerdings die vollständige Veränderung in der Wahrnehmung und dem Bewußtsein der Stadtbevölkerung innerhalb der letzten 20 Jahre.

Was an dieser Stelle nicht entwickelt werden konnte ist die Frage nach der Professionalität städtischer Politik, die dieser rasanten Entwicklung deutlich hinterherhinkt und vieles ohnmächtig erleiden muß. Es ist die Kombination der extremen Nachfrage durch einen erfundenen Ort - den Finanzplatz Frankfurt - mit der Arbeit in einem Hochpreisprodukt - dem Hochhaus -, was die Schwierigkeit ausmacht, nicht ganze Stadtteile unter die Räder kommen zu lassen, da die angelockten und initiierten ökonomischen Interesse von erheblicher Stärke sind.

Stefan Böhm-Ott ist Diplom-Soziologe und zur Zeit freiberuflich tätig in den Bereichen Quartierentwicklung, Förderung lokaler Ökonomie und Organisation des öffentlichen Sektors

(Forum Wissenschaft 1/2001)