Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Perspektiven der außerschulischen politischen Bildung

In der Debatte um kritische Ansätze in der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung fehlt es nicht an richtungsweisenden Prinzipien, relevanten Themen und praktikablen Methoden. Was fehlt, ist eine lebendigere Auseinandersetzung um die konkrete Beschaffenheit des Feldes, in dem Bildungsarbeit gemacht wird, und um ungenutzte Spielräume der Gesellschaftskritik in den Projekten "gegen Rechtsextremismus" und "für Vielfalt". Zu dieser Debatte sollen die folgenden Überlegungen von Katrin Reimer-Gordinskaya beitragen.

In ihrem feministischen Manifest, der Vier-in-einem-Perspektive, erinnert Frigga Haug daran, dass wir Spuren jener Verhältnisse in uns tragen, die umzuwerfen wir antreten, und dass wir daher mit den äußeren zugleich die inneren Grenzen des Menschenmöglichen überwinden müssen.1 Erinnerungsarbeit ist eine Methode, die die lebendigen Beziehungen zwischen subjektiv-biographischen Erfahrungen und gesellschaftlich-historischen Entwicklungen in der Absicht zu rekonstruieren versucht, kollektives Eingreifen zu ermöglichen. Folgt man der Einschätzung Richard Münchmeiers, so bildet das gerade Gegenteil, die Pädagogisierung gesellschaftlicher Widersprüche, das "Konstitutionsparadigma der Praxis der Sozialarbeit" und "die Voraussetzung für die Abgrenzung einer Fürsorgewissenschaft (modern gesagt: Sozialpädagogik)"2. Dieser Widerspruch macht sich ihm zufolge seit dem Ende des 20. Jahrhunderts wieder verstärkt bemerkbar.3 Und mit diesem Widerspruch hat es, ceteris paribus, natürlich auch die politische Jugend- und Erwachsenenbildung in der Sozialen Arbeit zu tun.

Geschichtlicher Rückblick

Im geschichtlichen Rückblick ist die damit auch angesprochene Auseinandersetzung um politische Bildung als Mittel der Herrschaftssicherung bzw. Emanzipation offensichtlich. So geruhte Seine Majestät der König von Preußen in seiner Allerhöchsten Ordre vom 1. Mai 1899 an das Staatsministerium zu erlassen, dass die Schule (staatlich geförderte außerschulische politische Bildung gab es noch nicht) "der Ausbreitung sozialistischer und kommunistischer Ideen entgegenzuwirken" und zudem zu verdeutlichen habe, "daß ein geordnetes Staatswesen mit einer sicheren monarchischen Leitung die unerläßliche Vorbedingung für den Schutz und das Gedeihen des Einzelnen"4 sei. Und die 1952 gegründete westdeutsche Bundeszentrale für den Heimatdienst, Vorläufer der Bundeszentrale für politische Bildung, ging aus einer Kontroverse über die Frage hervor, ob die zu etablierende Einrichtung Staatspropaganda betreiben oder eine unabhängige(re) demokratische Erziehung leisten solle5. Schließlich wurde im Gefolge der sozialen Bewegungen der 1960er Jahre (in der Politikdidaktik) u.a. debattiert, ob politische Bildung "die bestehende Ordnung stabilisieren oder zu ihrer Überwindung aufrufen" bzw. ob sie "für eine auf die staatliche Ordnung beschränkte Demokratie oder für eine Demokratisierung möglichst aller gesellschaftlichen Bereiche eintreten"6 solle. Der von den Kontrahenten 1976 formulierte, derzeit wieder häufiger beschworene, Beutelsbacher Konsens (vgl. 187f) kann diese Kontroverse weder ersetzen noch stillstellen. Vom anhaltenden Ringen um die Ausrichtung des Kraftfeldes zwischen den Polen Emanzipation und Herrschaft zeugen zahlreiche Publikationen, in denen eine kritische oder emanzipatorische Bildungsarbeit zu begründen versucht wird.7 Aber wie und unter welchen Bedingungen wird sie konkret gemacht?

Förderstrukturen und Arbeitsverhältnisse

Außerschulische politische Jugend- und Erwachsenenbildung gehört zu jenen reproduktiven Tätigkeiten, die sowohl privat als auch lohnförmig abgewertet werden und (jedenfalls in den schlechter entlohnten Hierarchieebenen und Segmenten) häufiger von Frauen verrichtet werden. In feministischen Analysen reproduktiver oder Sorgearbeit unterm neoliberalen Regime wird darauf verwiesen, dass sie, erstens, im Zuge des Sozialstaatsabbaus aus einem lohnförmig erbrachten öffentlichen Gut in eine Privatsache oder individuell herzustellende und zu vermarktende Ware verwandelt werden und dass, zweitens, die weiterhin lohnförmig verrichteten Tätigkeiten durch die Einführung von (mittlerweile nicht mehr) neuen Steuerungsmodellen (der Finanzierung und Arbeitsorganisation) einer Flexibilisierung und Intensivierung ausgesetzt sind. Dieser für andere Bereiche der Sozialen Arbeit empirisch aufgewiesene Transformationsprozess8 zeichnet sich auch in der außerschulischen politischen Bildung ab, wenngleich eine systematische empirische Untersuchung dazu m.W. aussteht.

Die Situation vor der einsetzenden Transformation lässt sich so beschreiben, dass eine begrenzte Anzahl staatlich anerkannter, bundesweiter Träger der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung in den Genuss einer strukturellen öffentlichen Förderung kam, die es ihnen ermöglichte, Bildungsreferent*innen mit Hochschulabschlüssen (u.a. in Sozialer Arbeit, Erziehungs- oder Politikwissenschaften) dauerhaft anzustellen. Dadurch entstand in Ansätzen eine Profession. Viele dieser Träger wurden vom um die Jahrtausendwende einsetzenden Abbau der Förderung für die Kinder- und Jugendbildung getroffen, die, so vorsichtige Einschätzungen, seit 2007 in eine "Konsolidierung auf einem abgesunkenen Niveau"9 mündete. Eine im Raum stehende oder befürchtete umfassende Deinstitutionalisierung bundesweiter Träger konnte zwar abgewendet werden. Aber was aus den hochschulpolitischen Entwicklungen als Muster neoliberaler Bildungspolitik (gerade in dieser Zeitschrift) bestens bekannt sein dürfte, setzte auch in der außerschulischen Bildung ein: Mit der Auflage zeitlich befristeter Programme wurde ein Wettbewerb initiiert, an dem sich aufgrund der abgesenkten Grundfinanzierung viele beteiligen mussten und müssen, den aber nur wenige gewinnen können. Ob es sich lediglich um eine zufällige Koinzidenz oder einen systematischen Zusammenhang handelt, ist unklar, jedenfalls wurde ab 2001 festes Personal bei den etablierten Trägern für die Akquise zusätzlicher Mittel für Maßnahmen notwendig10 und zur gleichen Zeit begann die bis heute anhaltende Auflage von zeitlich befristeten Sonderprogrammen des Bundes gegen Rechtsextremismus und zur Stärkung demokratischer Verhältnisse (Civitas/Entimon/Xenos; Vielfalt tut gut; kompetent. Für Demokratie; Toleranz fördern - Kompetenz stärken; Demokratie leben!). So sinnvoll manche der dadurch initiierten Projekte sind, setzte mit diesen Programmen doch auch die Konkurrenz zwischen etablierten und neu entstehenden Trägern um die zusätzlichen Mittel ein. Mittlerweile haben sich neue Träger etablieren können, die eine eigenständige Interessenvertretung zur Absicherung ihrer Projekte über die befristeten Förderperioden hinweg betreiben, während die traditionellen Träger sich im Bundesausschuss politische Bildung (bap) zusammengeschlossen haben.

Wie im Hochschulbereich und in anderen Feldern der Sozialen Arbeit auch untergräbt das Finanzierungsmodell mit seiner Kombination aus abgesenkter Grundfinanzierung und befristeten Programmen die Qualitätsentwicklung. Denn Träger und Mitarbeiter*innen müssen nach Ablauf eines Programms stets ein neues, innovatives Projekt erfinden, weil der Bund in diesen Programmen eben nur Modellprojekte fördert. Es dürfte kein allzu großes Geheimnis sein, dass wirkliche Innovationen eher die Ausnahme darstellen. Eine kontinuierliche Entwicklung oder gar strukturelle Absicherung sinnvoller Projekte ist gerade nicht vorgesehen, sondern wird in die Verantwortung der Träger bzw. Länder übertragen. Dieses Problem ist erkannt worden und es wurde versucht, ihm durch die Verlängerung der Laufzeit des aktuellen Programms Demokratie leben! von drei auf fünf Jahre und durch die Etablierung einer Linie zur Förderung zum bundesweiten Träger zu begegnen. Für diejenigen, die in die Förderung aufgenommen wurden, mögen sich tatsächliche graduelle Verbesserungen ihrer Arbeitsbedingungen eingestellt haben. Jene aber, die in diesem Nullsummenspiel verloren haben, werden vom wind of change eiskalt erwischt. Die Träger können ihre Arbeit meist nicht fortsetzen, es entstehen Projektruinen. Die Mitarbeiter*innen finden evtl. Unterschlupf bei anderen Trägern oder begeben sich auf den Markt der freien Bildungsarbeiter*innen.

Substantiell bessere Arbeitsbedingungen kann ich auch bei den "Gewinnern", bei denen ich zwischen 2005 und 2013 beschäftigt war, nicht erkennen. Soweit sich meine Erfahrungen und Beobachtungen bei alten und neuen Trägern sowie als Selbständige verallgemeinern lassen, markieren die Merkmale prekärer Arbeitsverhältnisse bis heute den Standard in der außerschulischen politischen Bildung: Die Kolleg*innen sind überwiegend befristet, in Teilzeit oder als Selbständige an oder unterhalb der Grenze eines existenzsichernden Einkommens tätig und genießen keine oder kaum betriebliche Vertretung. Festzustellen ist auch eine Intensivierung und Ausdehnung der Arbeit(szeit), die Zunahme des relativen Anteils administrativer Aufgaben (Mittelverwaltung, Dokumentation, Evaluation) im Verhältnis zur pädagogischen Tätigkeit und eine u.a. durch die Befristung bedingte Fluktuation der Mitarbeiter*innen. Unter diesen Bedingungen ist Zeit für eine kontinuierliche Reflexion der Inhalte und Methoden, für Fort- und Weiterbildungen, für Muße gar, rar.

Insofern kann man sagen, dass außerschulische politische Bildung unter bildungsfeindlichen Bedingungen organisiert werden muss. Im Problem liegt aber zugleich ein Ansatzpunkt für veränderndes Handeln. Denn letztlich sind die Professionellen (nicht nur in beruflicher Hinsicht) ähnlichen Verwerfungen ausgesetzt wie jene, mit denen sie arbeiten. So könnte ein gemeinsames (Erkenntnis-) Interesse an der gedanklichen Durchdringung und praktischen Veränderung von Verhältnissen bestehen, in denen (in Anlehnung an ein bonmot meines akademischen Lehrers Morus Markard) längst nicht an alle gedacht ist, bloß weil jede*r an sich denkt. Die Vier-in-einem-Perspektive ist dazu ein geeigneter Leitfaden, sie und die Debatten um diesen Entwurf bieten vielfältige Anregungen für Gespräche oder Fortbildungen im Team sowie für Workshops und Seminare. Auf der Ebene einzelner Träger wäre es m.E. zudem wichtig, gewerkschaftliche Interessenvertretungen zu etablieren, um Prozesse der Entprekarisierung einzuleiten. Und schließlich wäre es sinnvoll, wenn alte und neue Träger auf Länder- und Bundesebene gemeinsam deutlich machen würden, dass die neoliberal inspirierten Steuerungsmodelle kontraproduktiv sind, und wenn sie sich für eine substantielle Erhöhung der Grundförderung politischer Jugend- und Erwachsenenbildung einsetzten.

Wider die Pädagogisierung

Kritische Bildungsarbeit dürfte sich mindestens durch den Versuch auszeichnen, sich der eingangs angesprochenen Pädagogisierung gesellschaftlicher Widersprüche zu entziehen, indem sie, um zunächst im Bild Richard Münchmeiers zu bleiben, nicht den Armen, sondern die Armut anprangert, also gesellschaftskritisch auftritt. Zwei prominente Vertreter der außerschulischen politischen Bildung sehen genau dies als ihre zentrale Aufgabe an.11 Dass, wie man demzufolge erwarten könnte, dem neoliberalen Projekt aus den Reihen der Bildungsarbeit kräftiger Widerstand erwächst, ist nach meinen Beobachtungen in der Praxis allerdings lange Zeit durchaus nicht der Fall gewesen. Die Schwäche sozialer Bewegungen und der Kehraus kritischer Wissenschaften in den 1990er Jahren haben dies sicherlich begünstigt, teilweise sind die Probleme aber auch hausgemacht. Das gilt etwa dort, wo allzu leichtfertig und lustvoll in den Chor derer eingestimmt wird, die das in den 1990er Jahren aufgelegte Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt und insbesondere die darin geförderte akzeptierende Jugendarbeit verdammen und die seit 2001 bestehende Ausrichtung preisen. So wird ein einseitiges Bild beider Konstellationen gezeichnet, während sie tatsächlich komplementäre Gegensätze darstellen12: Der akzeptierende Ansatz nahm die sich in den 1990er Jahren verstärkenden negativen Tendenzen der Individualisierung wahr, blieb aber den konkreten Strukturen, Strategien und Ideologien der extremen Rechten gegenüber weitgehend blind. Diese wurden in den 2000er Jahren in den Fokus gerückt, allerdings um den Preis einer völlig unzeitgemäßen sozialkritischen Schwäche. Denn die seit 2001 geförderten Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und zur Stärkung demokratischer Kräfte in der Zivilgesellschaft wurden von einer rot-grünen Regierung initiiert, die in ihrem Wahlkampf 1998 zwar eine wirtschafts- und kulturpolitische Abkehr vom rechtspopulistischen Neoliberalismus der Kohl-Regierung versprochen hatte, dann aber das neoliberale Projekt hegemonial verallgemeinerte (Candeias), indem sie vormals gegen-hegemoniale Fraktionen (aus Parteien, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen) in den neoliberalen Block führte. In der Folge gingen die Öffnung der Schere zwischen Arm und Reich, die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen und die autoritäre Kontrolle der Exkludierten Hand in Hand mit der Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts, der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und Kampagnen "für Vielfalt". Regierung und trans-nationale Kapitalfraktionen machten sich tatsächlich daran, eine den Produktionsverhältnissen des trans-nationalen High-Tech-Kapitalismus (W.F. Haug) korrespondierende Lebensweise hervorzubringen - auch mithilfe der seit 2001 aufgelegten Programme, die [i]im Rahmen[/i] des progressiven neoliberalen Projekts gegen Rechtsextremismus und zur Förderung von Vielfalt beitragen soll(t)en, und doch permanent zur Überschreitung dieser Grenze herausfordern. Letzteres soll im Folgenden knapp veranschaulicht werden.

Gesellschaftskritisches Potenzial ausschöpfen

Die NPD und die mit ihr assoziierten Kräfte begaben sich unter Udo Voigt just in dem Moment auf ihren (bis heute unter Franz Frank beibehaltenen) sozialrevolutionären Kurs, als die SPD sich auf dem Dritten Weg von einer sozialdemokratischen Zähmung des Kapitalismus verabschiedete. Sie (die NPD) war und ist teils noch mit Kampagnen erfolgreich, in denen sie Schutz vor den Zumutungen und Verwerfungen des neoliberalen Projekts einfordert - allerdings nur für "Deutsche". Sie agiert in ideologischer Form gegen den neoliberalen Block. Die von Wolfgang Clement zu verantwortende Formulierung, das Verhalten von Sozialhilfeempfänger sei schlimmer als das von Parasiten, weil sie - anders als diese - über einen Willen verfügen, die Attacken Thilo Sarrazins gegen den Plebs vor allem muslimischer, aber auch nicht-muslimischer Provenienz und die Phantasien Peter Sloterdijks von einem (fiskalischen) Krieg der Leistungsträger gegen die Unteren kamen dagegen aus dem neoliberalen Block. Sie rebellierten nicht gegen die Zerklüftung der Gesellschaft, sondern suchten die Vorherrschaft der Wenigen über die Vielen zu befestigen.

Die drei agierten als konzeptive Ideologen, deren Relevanz in den mit ihren Vorstellungen verknüpften Diskursereignissen liegt. Deren jeweilige Bedeutung oder Funktion erschließt sich mit Blick auf die jeweilige Konstitution des neoliberalen Projekts. Die Clement zuzuschreibende Formulierung ist lediglich eine extreme Zuspitzung der in dem 2005 erschienenen "Report" Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, "Abzocke" und Selbstbedienung im Sozialstaat13 insgesamt vertretenen These eines Sozialschmarotzertums, die das workfare regime des progressiven Neoliberalismus untermauert und dazu geeignet ist, Solidarisierungen zwischen verschiedenen Gruppen des Prekariats durch die Markierung eines differenten sozialen Status bzw. Habitus zu durchkreuzen. Desgleichen Sarrazins Intervention im Lettre International14 bzw. in Deutschland schafft sich ab15, nur dass hier primär die ethnische Differenz (und nicht der soziale Status) zur Spaltung möglicher Bündnisse der Prekären ins Spiel gebracht wurde -, und das, als das progressive neoliberale Projekt den Zenit seiner Hegemoniefähigkeit schon überschritten hatte.16 Die AfD schließlich ist ein Produkt der handfesten Wirtschafts- und Finanzkrise im neoliberalen Projekt, sie entstand zur Wahrung der Interessen bestimmter Kapitalfraktionen im Umgang mit der Krise.17 Und: Die relative Stärke der extremen Rechten, ob sie gegen oder aus dem neoliberalen Block agiert, ist ein Symptom der Erschöpfung des progressiven Neoliberalismus. In ihr offenbaren sich die Grenzen von Antidiskriminierungs- und Diversity-Strategien, die sich um die soziale Frage bestenfalls nicht scheren oder schlimmstenfalls zur Produktion eines Gegensatzes aus bunter Elite und vielfältig gespaltener Masse beitragen.18 So klammert das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Klasse als möglichen Anlass von Diskriminierung aus, während die Diversity-Kampagnen der trans-nationalen Unternehmen auf Wertschöpfung durch Wertschätzung von Differenzen aus waren und zugleich zahlreiche Menschen vielfältiger Zugehörigkeiten aus dem Prozess der Wertschöpfung ganz oder teilweise ausstießen.

Folgt die außerschulische politische Bildung ihrem Auftrag zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und zur Stärkung von Vielfalt im Rahmen des progressiven neoliberalen Projekts mit einem wachen Blick, der sozial- und ideologiekritische Impulse verbindet, eröffnen sich gesellschaftskritische, grenzüberschreitende Potenziale, die in Zukunft hoffentlich noch beherzter ausgeschöpft werden. Die mit Blick auf Arbeitsbedingungen und politische Kräfteverhältnisse offensichtlich schlechten Zeiten wären so gesehen gute Zeiten für kritische Bildung.

Anmerkungen

1) Frigga Haug 2008: Die Vier-in-einem-Perspektive. Politik von Frauen für eine neue Linke, Hamburg.

2) Richard Münchmeier 2011: "Geschichte der Sozialen Arbeit", in: Hans-Uwe Otto, Hans Thiersch (Hg.): Handbuch Soziale Arbeit, München u. Basel: 528-540; hier: 533 (Herv. entf.; KR).

3) Vgl. Sabine Hering u. Richard Münchmeier 2007: Geschichte der Sozialen Arbeit. Eine Einführung, Weinheim und München: 227.

4) Hans-Werner Kuhn u. Peter Massing 1990: Politische Bildung in Deutschland. Entwicklung - Stand - Perspektiven, Opladen: 35f.

5) Vgl. Gudrun Hentges 2013: Staat und politische Bildung. Von der "Zentrale für den Heimatdienst" zur "Bundeszentrale für politische Bildung", Wiesbaden: 67ff.

6) Joachim Detjen 2007: Politische Bildung: Geschichte und Gegenwart in Deutschland, München: 176.

7) Vgl. Benedikt Widmaier u. Bernd Overwien 2013: Was heißt heute kritische Politische Bildung?, Schwalbach/Ts.; Marcus Hawel u. Stefan Kalmrimg 2014: Bildung mit links! Gesellschaftskritische und emanzipatorische Lernprozesse im flexibilisierten Kapitalismus, Hamburg.

8) vgl. Ulrike Eichinger 2009: Zwischen Anpassung und Ausstieg. Perspektiven von Beschäftigten im Kontext der Neuordnung sozialer Arbeit, Wiesbaden.

9) Benno Hafeneger 2008: "Zur gegenwärtigen Situation der Kinder- und Jugendarbeit - ein Kommentar zur aktuellen Datenlage", in: Werner Lindner (Hg.): Kinder- und Jugendarbeit wirkt. Aktuelle und ausgewählte Evaluationsergebnisse der Kinder- und Jugendarbeit, Wiesbaden: 37-50; hier: 37.

10) Achim Schröder, Nadine Baltzer u. Thomas Schroedter 2004: Politische Jugendbildung auf dem Prüfstand. Ergebnisse einer bundesweiten Evaluation, Weinheim u. München: 157.

11) Vgl. Klaus-Peter Hufer 2010: "Emanzipation: Gesellschaftliche Veränderungen durch Erziehung und politische Bildung - ein Rückblick auf eine nach wie vor aktuelle Leitidee", in: Bettina Lösch u. Andreas Thimmel: Kritische politische Bildung. Ein Handbuch, Schwalbach/Ts.: 13-24. Albert Scherr 2011: "Bildung als Auseinandersetzung mit sozialen Ungleichheiten und soziokulturellen Unterschieden", in: Benno Hafeneger (Hg.): Handbuch außerschulische Jugendbildung. Grundlagen - Handlungsfelder - Akteure, Schwalbach/Ts.: 43-56.

12) Vgl. Katrin Reimer 2013a: "Zwischen Anpassung und kritischem Gesellschaftsverständnis: Perspektiven außerschulischer Bildungsarbeit zu Rassismus und Rechtsextremismus", in: Das Argument 302, 55. Jahrgang, Heft 3/2013: 413-423. Dies. 2013b: "Rechte Ideologie und Soziale Frage. Soziale Arbeit und Politische Bildung in Zeiten des rechtspopulistischen Neoliberalismus", in: Friedrich Burschel, Uwe Schubert u. Gerd Wiegel (Hg.): Der Sommer ist vorbei...Vom "Aufstand der Anständigen" zur "Extremismus-Klausel". Beiträge zu 13 Jahren "Bundesprogramme gegen Rechts", Münster.

13) Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, "Abzocke" und Selbstbedienung im Sozialstaat. Ein Report vom Arbeitsmarkt im Sommer 2005. Abrufbar unter: http://www.berliner-arbeitslosenzentrum.de/download/vorrang_fuer_die_anstaendigen.pdf (12.2.2016).

14) Tilo Sarrazin 2009: "Klasse statt Masse". Interview mit Thilo Sarrazin, in: Lettre International, November 2009, Heft 86: 197-201: Ausdruck von: http://www.pi-news.net/wp/uploads/2009/10/sarrazin_interview1.pdf (20.10.2010)

15) Tilo Sarrazin 2010: Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen, München.

16) Wolfgang Fritz Haug 2012: High-Tech-Kapitalismus in der großen Krise, Hamburg.

17) Vgl. Andreas Kemper 2013: Rechte Euro-Rebellion. Alternative für Deutschland und Zivile Koalition e.V., Münster: 17ff. Alexander Häusler u. Rainer Roeser 2015: Die rechten "Mut"-Bürger. Entstehung, Entwicklung, Personal und Positionen der Alternative für Deutschland, Hamburg: 64ff.

18) Vgl. Katrin Reimer 2014: "Politiken der Vielfalt in der Krise?", in: Wolfgang Kastrup u. Helmut Kellershohn (Hg.): Kapitalismus und/oder Demokratie? Beiträge zur Kritik "marktkonformer" Demokratieverhältnisse, Münster: 108-126.

Katrin Reimer-Gordinskaya, geb. 1973, Dipl.Psych., Dr. phil., Professorin für Kindliche Entwicklung, Bildung und Sozialisation an der Hochschule Magdeburg-Stendal.  katrin.reimer@hs-magdeburg.de.