ISAA - Netzwerk und Projekte

Lobby im Dienst der Agro-Gentechnik

Der ISAAA ist - wohl oder übel - die wichtigste Quelle für Daten über die globale Verbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen. Ein Blick in sein Netzwerk und seine Projekte zeigt, mit wem wir es zu tun haben.

Von Christof Potthof

Der International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications (deutsch etwa: Internationaler Service für die Verbreitung der Agro-Gentechnik - ISAAA) gehört zu den bekanntesten Lobby-Organisationen der Agro-Gentechnik weltweit. Dem ISAAA ist es über die vergangenen zwanzig Jahre gelungen, eine Art Monopolstellung über die Zahlen der Verbreitung der Gentechnik in der Landwirtschaft zu erlangen. Seit 1996 veröffentlicht der ISAAA alljährlich seinen Bericht „Global Status of Commerzialized Biotech/GM Crops“ mit den neuesten Daten über die globale Verbreitung gentechnisch veränderter (gv) Pflanzen. Über das Zustandekommen der Statistiken kann teilweise nur spekuliert werden. Denn in vielen Ländern, in denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, gibt es keine offiziellen Statistiken. Der ISAAA füllt diese Lücken mit Schätzwerten, zum Teil sollen diese auf den Zahlen der Saatgut-Industrie beruhen. Schauen wir in den aktuellen - Ende Januar veröffentlichten - Bericht des ISAAA zu globalen Verbreitung der Agro-Gentechnik im Jahr 2014, bleiben bezüglich der Quellen der dort verbreiteten Zahlen einige Fragen offen.

Die Mission des ISAAA ist klar, der Name ist Programm: Der ISAAA steht mit seinen Ressourcen im Dienst der weiteren Verbreitung der Agro-Gentechnik in der Landwirtschaft. Zu diesem Zweck nutzt die Organisation ihre Monopolstellung konsequent, um eine Erfolgsgeschichte zu erzählen.

Quasi-Monopol über die Daten der Agrar-Gentechnik

Neben den alljährlichen Berichten organisiert der ISAAA auch Austausch- und Besuchs-Programme für WissenschaftlerInnen. Insbesondere BesucherInnen aus dem Globalen Süden kommen in diesem Rahmen in die Biotech-Forschungseinrichtungen im Globalen Norden. Die Gentechnik-kritische Nichtregierungsorganisation GRAIN hat darüber schon vor längerer Zeit detailreich berichtet.(1) Ehemalige StipendiatInnen betonen demzufolge besonders das dabei entstehende Gemeinschaftsgefühl. Das Durchlaufen der Stipendien könne erhebliche „downstream implications“ (langfristige Auswirkungen) haben. Zum Beispiel habe Ruben Villareal, der Direktor des South East Asia Regional Center for Research and Graduate Education in Agriculture (SEARCA) im September 1999 an einer ISAAA-Studienreise nach Europa und Nordamerika teilgenommen. Kurze Zeit später habe sein Institut bekannt gegeben, dass die Biotechnologie im kommenden Fünfjahresplan eine Priorität sei.

Auch konkrete Forschungsprojekte zur Entwicklung gentechnisch veränderter Pflanzen wurden vom ISAAA und seinen Partnerorganisationen verfolgt. Dazu zählt zum Beispiel die Entwickung von gv-Papaya in Asien. ISAAA habe in diesem Zusammenhang vermittelt, dass der Branchenprimus Monsanto dem Papaya Biotechnology Network of Southeast Asia die Technologie für eine Virusresistenz zur Verfügung stellt. Das Netzwerk ist eine regionale Initiative von Indonesien, Malaysia, den Philippinen, Thailand und Vietnam. An der Entwicklung von gv-Auberginen ist der ISAAA mit seinem Asien-Center ebenfalls beteiligt.(2)

Auch beim Aufbau von Regularien für die biologische Sicherheit bietet der ISAAA Unterstützung an. Hier wird unter anderem mit der US-Entwicklungshilfe Agentur USAID kooperiert. Ziel ist der Aufbau eines „politischen Umfelds, in der biotechnologisches Engagement ermöglicht und eine vernünftige Entscheidungsfindung bezüglich gentechnisch veränderter Nutzpflanzen unterstützt wird“, wie es in einer Broschüre des ISAAA aus dem Frühjahr 2014 heißt. Im englischen Original ist Formulierung wie folgt: „enabling policy environment that facilitates sound decision-making relating to biotech crops“. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Verwendung von „sound decision-making“ in diesem Zusammenhang immer als Hinweis auf das regulatorische Konzept des sound science verstanden werden muss, was seinerseits ein Gegenkonzept zu der auf Vorsorge basierenden Regulierung ist. Aktiv ist in diesem Thema die afrikanische Niederlassung des ISAAA, das so genannte AfriCenter.

Inwieweit hängt die Auswahl der Projekte und die programmatische Ausrichtung des ISAAA mit der Liste der Sponsoren zusammen? Auch wenn der ISAAA keine finanziellen Details veröffentlicht, immerhin so viel wird publiziert: Eine Reihe von weltweit agierenden Agrar- und Gentech-Konzernen unterstützt den ISAAA finanziell, darunter Monsanto (auch dessen indischer Zweig Mahyco) und Bayer CropScience. Verbände der Agrarindustrie finden sich unter den Sponsoren, so zum Beispiel CropLife Asia und CropLife international.(3) In der Vergangenheit war auch das deutsche Saatgutunternehmen KWS Saat AG und das deutsche Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Liste der Unterstützer. Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Hinzu kommen die Ministerien für Landwirtschaft und Äußeres der US-Regierung und deren Entwicklungsorganisation USAID und andere. In früheren Jahren war die Rockefeller Stiftung ein immer wieder genannter Förderer.

Organisatorische Struktur ist unklar

Die genaue organisatorische Struktur des ISAAA bleibt im Grunde unklar. In der Selbstbeschreibung ist davon die Rede, dass sie „ein kleines, reaktionsfähiges, unbürokratisches Netzwerk mit drei Niederlassungen“ [„Centers“] sei: das AmeriCenter für Nordamerika, angeschlossen an die Cornell-Universität im US-Bundesstaat New York, das AfriCenter in Nairobi, Kenia, und für Asien das SEAsiaCenter in Los Baños, Laguna auf den Philippinen. Weitere regionale Büros oder anderweitige Niederlassungen können hinzukommen. Mitglieder hat dieses Netzwerk jedoch nicht. Offiziell ist eine Gruppe von Direktoren für die programmatische wie organisatorische Arbeit verantwortlich.

Clive James, Gründer des ISAAA (1991) und langjähriger Vorsitzender dieses Gremiums, ist das Gesicht des ISAAA. Den Vorsitz hat er mittlerweile abgegeben, James gehört jedoch weiterhin dem Direktorium an.(4) Auch ist er weiterhin der Herausgeber der jährlichen ISAAA-Berichte.

Den Vorsitz des ISAAA-Direktoriums hat mittlerweile Paul S. Teng inne, ein Wissenschaftler aus Singapur. Teng arbeitete unter anderem als Vizepräsident für die Region Asien-Pazifik für Monsanto. Sein Name steht auch in der Liste des Steering Kommittees der Public Research and Regulation Initiative (PRRI), einer weiteren Lobby-Organisation, die sich vor allem in internationalen Verhandlungen für die Regulierung der Agro-Gentechnik einsetzt und dabei in der Regel Industrie-nahe Positionen vertritt.

Im ISAAA-Direktorium saßen beziehungsweise sitzen auch hochrangige - zum Teil ehemalige - VertreterInnen der Gentech- und Agrarkonzerne, zum Beispiel Robert Fraley von Monsanto oder - aktuell - der ehemalige Novartis- und Syngenta-Forschungsmanager Wallace Beversdorf.

Neben den konkreten personellen Verbindungen setzt der ISAAA auch auf so genannte „Patrons“ (etwa: Gönner). Böse Stimmen würden es Name-dropping nennen. Denn was sie genau für den ISAAA tun, ist nicht ersichtlich - außer, dass hin und wieder ihr Name ins Spiel gebracht wird. In der Liste der ISAAA-Patrons finden sich zum Beispiel der bereits verstorbene Norman Borlaug (einer der Väter der Grünen Revolution, siehe unten), oder Marc van Montagu, einer der Entdecker der gentechnischen Transformation durch das Agrobakterium. Letzterer, Emeritus am Institut für Pflanzenbiotechnologie für Entwicklungsländer, gehört - wie Teng - zum Steering Committee der oben bereits genannten Public Research and Regulation Initiative.

Nähe zu privatwirtschaftlichen Akteuren

Last but not least soll eine weitere Konstante im ISAAA-Netzwerk genannt sein: Dies ist die Nähe zu verschiedenen Forschungseinrichtungen der Consultative Group on International Agricultural Research (CGIAR). Die CGIAR ist ein internationales Netzwerk von - ehemals öffentlich geförderten - Agrarforschungseinrichtungen. Das Netzwerk hat in den letzten Jahren einen Wandel vollzogen, der insbesondere von der Zivilgesellschaft heftig kritisiert wurde. Mehr und mehr ist es auf privatwirtschaftliche Akteure zugesteuert, allen voran auf die transnationalen Agrarkonzerne. Die Nähe des ISAAA zu CGIAR-Einrichtungen reicht zurück bis in dessen Gründungszeit. Clive James zum Beispiel hat selbst unter anderem am CIMMYT gearbeitet, dem CGIAR-Zentrum für die Forschung an Mais und Weizen. Die asiatische ISAAA-Niederlassung, das SEAsiaCenter, ist auf dem Gelände des Internationalen Reis- Forschungszentrum (IRRI) angesiedelt, das seinerseits Teil des CGIAR-Netzwerkes ist. Gleiches gilt für das AfriCenter des ISAAA, es ist beim Internationalen Forschungszentrum für Nutztiere in Nairobi, Kenia, untergekommen. So ist guter Kontakt zur internationalen Agrarforschung leicht möglich. Dazu muss gesagt werden, dass die internationalen Forschungszentren des CGIAR noch nie die Zentren agrarökologisch orientierter Landwirtschaft waren - auch vor ihrer Neuorientierung nicht. Vielmehr gelten sie als die Wiege und Wegbereiter der Grünen Revolution, einer Strategie der Ressourcen-intensiven, oft auf die Produktion von vermarktbaren Produkten orientierten industriellen Landwirtschaft, die insbesondere in den 1970er und 80er Jahren weltweit gefördert wurde.

Dies wird im ISAAA bruchlos fortgesetzt ...

 

Christof Potthof ist Mitarbeiter des GeN und Redakteur des GID.

 

 

Fußnoten:

(1)            Devlin Kuyek (2000): ISAAA in Asia: Promoting Corporate Profits in the name of the poor. GRAIN; im Netz unter www.grain.org oder www.kurzlink.de/gid228_s.

(2)            Siehe zum Beispiel die ISAAA-Broschüre unter http://isaaa.org/inbrief/pdf/isaaa-brochure.pdf (März 2014).

(3)            CropLife zählt zu den einflussreichsten Lobby-Organisationen im Bereich Agrar weltweit.

(4)            Siehe dazu auch www.isaaa.org/inbrief/default.asp.