Organizing bei Goethes

Probleme und Chancen der gewerkschaftlichen Organisierung Freier MitarbeiterInnen am Goethe-Institut

in (25.11.2014)

Das Goethe-Institut hat einen guten Namen. Mit 158 Niederlassungen in 93 Ländern gilt es als Aushängeschild Deutschlands in der Welt und als wichtiger Eckpfeiler der »Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik«. Gegenüber der Politik und dem Auswärtigen Amt, das mit rund 200000 Mio. Euro im Jahr etwa zwei Drittel des Goethe-Etats trägt, hat sich das Institut eine gewisse strukturelle Unabhängigkeit bewahrt. Zuletzt konnte ein Vorstoß des Auswärtigen Amtes unter Außenminister Westerwelle abgewehrt werden, die »Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik« wirtschaftspolitischen Interessen unterzuordnen.1 Gleichwohl musste das Goethe-Institut in den vergangenen Jahren Kürzungen seiner Grundmittel hinnehmen und ist zunehmend auf Kooperationsprojekte angewiesen, auf deren Inhalte es nur begrenzt Einfluss hat (z.B. »Deutschlandjahre«). Die »Eigenmittel«, die das Goethe-Institut überwiegend durch den Verkauf von Sprachkursen erwirtschaftet, haben sich seit der Finanz- und Währungskrise positiv entwickelt, weil Deutschkenntnisse die Berufschancen in vielen Ländern deutlich verbessern. Die Arbeit der Inlandsinstitute, die ihre Mittel selbst erwirtschaften müssen, ist ohnehin durch den Sprachkursbetrieb geprägt. Insofern kann man das Goethe-Institut in Deutschland als Weiterbildungsträger beschreiben, der über einen privilegierten Zugang zu öffentlich vermittelten Sprachkursen im gehobenen Segment und zu zahlungskräftigen Kunden aus dem Ausland verfügt.

Gegenüber seinen Beschäftigten tritt das Goethe-Institut als eigener Arbeitgeber auf, zählt also nicht unmittelbar zum öffentlichen Dienst. Gleichwohl wendet es für die Beschäftigten, die einen Arbeitsvertrag nach deutschem Arbeitsrecht haben, die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD Bund) mit einigen Ergänzungen und Abweichungen an.

Das Goethe-Institut beschäftigt weltweit etwas mehr als 3000 ArbeitnehmerInnen, davon etwa 2000 »Ortskräfte«, deren Beschäftigungsbedingungen sich nach dem jeweiligen Ortsrecht des Landes richten, in dem sie beschäftigt sind. Etwa 300 »Entsandte« arbeiten mit einem TVöD-Vertrag im Ausland (sie besetzen überwiegend die Leitungspositionen), etwa 750 ArbeitnehmerInnen arbeiten in der Zentrale in München und an den 13 Inlandsinstituten.

Dazu kommt eine nicht bekannte Zahl von Honorarlehrkräften und anderer atypisch Beschäftigter: PraktikantInnen, VolontärInnen, Bundesfreiwillige, FSJlerInnen, LeiharbeitnehmerInnen, usw., usf. Für das Inland kann man die Zahl der Honorarlehrkräfte auf Basis der gehaltenen Unterrichtsstunden immerhin schätzen: Es sind je nach Saison immer 300 bis 400 Honorarlehrkräfte im Einsatz.

 

       Das Goethe-Institut und die GEW

Die GEW ist die zuständige Gewerkschaft für die Beschäftigten des Goethe-Instituts. Zwischen der GEW und dem Goethe-Institut existieren zahlreiche Tarifverträge, die neben der Anwendung des TVöD eigene Eingruppierungsvorschriften enthalten, die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte festlegen und auch die Beschäftigungsbedingungen der Ortskräfte regeln. Allerdings empfiehlt die GEW den Ortskräften in Ländern, in denen eine örtliche Gewerkschaft sie besser vertreten kann (z.B. weil sie nur so die Anwendung eines Flächentarifvertrags erreichen), sich dieser Gewerkschaft anzuschließen.

Gemessen an der Zahl der Tarifbeschäftigten hat die GEW beim Goethe-Institut einen hohen Organisationsgrad und konnte in der Vergangenheit in konfliktbeladenen Verhandlungssituationen durch Aktionen und Warnstreiks Druck machen. Durch den Anstieg atypischer Beschäftigungsverhältnisse wurde die Durchsetzungsfähigkeit allerdings geschwächt.

 

       Die Situation der Honorarlehrkräfte

Vor diesem Hintergrund hat die GEW begonnen, gezielt das Thema prekäre Beschäftigung am Goethe-Institut aufzugreifen und Honorarlehrkräfte zu organisieren. Seit 1992 hat das Goethe-Institut in Deutschland keine Lehrkräfte mehr eingestellt und freiwerdende Lehrkraftstellen nicht neu besetzt. So stieg der Anteil der durch Honorarlehrkräfte geleisteten Unterrichtsstunden kontinuierlich an und liegt derzeit bei 80 Prozent aller Unterrichtsstunden (vor 20 Jahren waren es etwa 30 Prozent).

Das Goethe-Institut zahlt an Honorarlehrkräfte seit 1. Juni 2014 Stundensätze von 27,66 Euro bis zu 34,11 Euro, bezogen auf eine Unterrichtseinheit von 45 Minuten, inklusive Vor- und Nachbereitungszeiten. Da Freie Mitarbeiter die Arbeitgeberanteile zur Renten- und Krankenversicherung selbst tragen müssen, keinen bezahlten Urlaub haben und auch keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, ergibt sich daraus ein Nettoeinkommen von 1200 -1500 Euro im Monat. Damit verdienen Honorarlehrkräfte bei weitgehend identischer Arbeit etwa halb so viel wie Vertragslehrkräfte.

Viele Honorarlehrkräfte arbeiten ausschließlich und über viele Jahre für das Goethe-Institut. Sie müssen hohe qualitative Standards erfüllen und aufrechterhalten. Das Goethe-Institut erwartet ein abgeschlossenes Hochschulstudium und eine Zusatzqualifikation in »Deutsch als Fremdsprache«. Für die Lehrkräfte ist es wichtig, mit den spezifischen Kursformaten, neuen (elektronischen) Unterrichtsmedien und Zertifikaten des Goethe-Instituts vertraut zu sein. Das wird aber nicht durch eine angemessene Bezahlung honoriert, die dem Niveau anderer AkademikerInnen entspräche. Das Goethe-Institut profitiert doppelt vom Einsatz der Honorarlehrkräfte: Es hat volle Flexibilität bei der Personal- und Einsatzplanung und spart zugleich Lohnkosten im Vergleich zu festangestellten Lehrkräften. Das unternehmerische Risiko tragen allein die Honorarlehrkräfte, die keinerlei Planungssicherheit haben. In der Regel erfahren sie erst kurz vor Kursbeginn, ob sie im nächsten Monat eingesetzt werden. Wenn Kurse ausfallen, gibt es weder ein Ausfallhonorar noch einen Anspruch auf anderweitigen Einsatz. Wenn das Goethe-Institut die Lehrkraft – aus welchem Grund auch immer – nicht mehr einsetzt, hat sie keinerlei Rechtsanspruch auf Weiterbeschäftigung, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und somit keinerlei sozialen Puffer für den Fall der Erwerbslosigkeit. Oft wird von ihnen zu Beginn des Jahres eine Urlaubsplanung erwartet, um die Planungsmöglichkeiten der Institute zu erleichtern – eine Zusage über einen möglichen Einsatz hingegen erhalten sie nicht. Eigentlich würden Honorarlehrkräfte im Gegenzug für ihre Flexibilität eine Risikoprämie benötigen, die es ihnen erlauben würde, für diesen Fall finanziell Vorsorge zu treffen.

Dem wird aus Sicht der Honorarlehrkräfte noch die Krone aufgesetzt, indem ihnen auf vielfältige Weise signalisiert wird, dass sie nicht »dazu gehören«: Ihnen wird die Teilnahme an Konferenzen und Betriebsversammlungen verweigert, sie haben keinen Zugang zum Intranet des Goethe-Instituts, das ein wichtiges internes Kommunikationsmedium darstellt, und keine Mailadresse @goethe.de. In manchen Lehrerzimmern haben sie nur Gaststatus, und bei der weltweiten Mitarbeiterbefragung wurden sie gar nicht erst gefragt. Das Motto der Kampagne »wir.sind@goethe.de« zielt auf diese Behandlung als Beschäftigte zweiter Klasse.

 

       Start der Kampagne

Freie MitarbeiterInnen und Honorarlehrkräfte sind klassisch nur zu einem sehr geringen Grad gewerkschaftlich organisiert. Die Ursachen dafür sind auf beiden Seiten zu suchen. Einerseits kann die Gewerkschaft nur wenig für Freie MitarbeiterInnen tun: Ihre Arbeitsbedingungen sind mit wenigen Ausnahmen (es gibt Tarifverträge für Freie MitarbeiterInnen bei öffentlichen Rundfunkanstalten und einigen Zeitungen) nicht tariflich geregelt; sie genießen nicht den Schutz des Streikrechts, wenn sie streiken, weil kein Arbeitsverhältnis vorliegt und künftige Aufträge ohne Kündigung entzogen werden können; sie sind – gemäß nach wie vor herrschender Rechtsprechung – auch nicht wahlberechtigt bei Betriebsratswahlen, und die Betriebsräte haben nur begrenzte Mitbestimmungsrechte für diese Beschäftigtengruppe. Deshalb fragen sich Freie MitarbeiterInnen zu Recht, ob es sich für sie lohnt, einer Gewerkschaft beizutreten. Die Gewerkschaften ihrerseits haben über viele Jahre an ihrer Orientierung auf die Kernbelegschaften (unbefristete Vollbeschäftigte) festgehalten. Erst seit wenigen Jahren setzt ein Umdenken ein, nicht zuletzt weil auch die Industriegewerkschaften verstanden haben, dass ihnen angesichts der vielen LeiharbeitnehmerInnen und Werkvertragsbeschäftigten die betriebliche Basis und damit ihre Durchsetzungsmacht abhanden zu kommen droht.

Im Weiterbildungsbereich hat sich auch die GEW lange darauf konzentriert, durch Statusfeststellungsklagen und Überprüfungen der Rentenversicherung Honorarlehrkräfte in den Arbeitnehmerstatus zu bringen – zeitweise mit mäßigem Erfolg. Seit einigen Jahren gelingt das nur noch in seltenen Ausnahmefällen, weil die Arbeitsgerichte den Arbeitnehmerstatus nur noch bei Lehrkräften bestätigen, die an einer allgemeinbildenden Schule arbeiten. Zudem sind Statusprüfungen für viele Honorarlehrkräfte ein zweischneidiges Schwert, weil sie zwar rentenversicherungspflichtig sind, aufgrund ihrer Berufsbiographie und ihres Einkommens jedoch auf eine Rente zusteuern, die unterhalb der Grundsicherung liegt. Wenn sich zudem bei einer Überprüfung herausstellt, dass Honorarkräfte ihre Rentenbeiträge nicht gezahlt haben, drohen ihnen erhebliche Nachzahlungen.

Die GEW hat mit der Tagung »Prekäre Beschäftigung beim Goethe-Institut« im November 2011 erstmalig die Gruppe der Freien MitarbeiterInnen gezielt angesprochen und seither die Aktivitäten in diesem Bereich intensiviert. Ziel war und ist, dass diese Beschäftigtengruppe sich innerhalb der GEW selbst organisiert und mit gewerkschaftlicher Unterstützung die Fähigkeit zu eigenständigen Aktionen und Verhandlungen entwickelt. Im November 2012 konnte eine Verhandlungskommission der Freien MitarbeiterInnen gebildet werden, die im Dezember 2012 den Vorstand des Goethe-Instituts zu Verhandlungen über ihre Beschäftigungsbedingungen aufforderte.

Entscheidend aus Sicht der GEW war, dass die Freien MitarbeiterInnen selbst die Forderungen entwickeln und gegenüber dem Vorstand als Verhandlungspartner auftreten. Die Mitglieder der Verhandlungskommission haben von Anfang an deutlich gemacht, dass die Forderung »Festanstellung für alle« nicht das Ziel sein kann. Das sei nicht nur rechtlich schwer durchsetzbar und mit Risiken verbunden, es sei auch gar nicht das Anliegen aller Honorarlehrkräfte. Viele KollegInnen hätten den Status als Selbständige bewusst gewählt und würden noch stärker auf Distanz zur GEW gehen, wenn man dieses Ziel verfolgen wollte. Das Problem sei weniger der Status als die weiteren Benachteiligungen, die damit einhergehen: geringeres Einkommen, unsichere Perspektiven und vor allem die fehlende soziale Absicherung. Im Idealfall müsste Freie Mitarbeit so gestaltet sein, dass Honorar und Arbeitgeberzuschüsse zur Sozialversicherung etwa dem Einkommen von Festangestellten mit vergleichbarer Tätigkeit entsprechen plus einem Risikozuschlag für die Flexibilität, die der Arbeitgeber sich durch diese Vertragsform erkauft.

Die Verhandlungskommission hat daher folgende Forderungen beschlossen:

·        tarifliche Vereinbarungen zu den Honoraren bzw. künftigen Honorarerhöhungen und weiteren Entgeltbestandteilen der Freien Mitarbeiter;

·        Regelungen zum Bestandsschutz und Angebote zur Übernahme in eine Festanstellung;

·        Beiträge des Arbeitgebers zur Sozialversicherung;

·        zusätzliche soziale Leistungen des Arbeitgebers.

 

Der Vorstand des Goethe-Instituts hat sich strikt geweigert, zu diesen Forderungen in Verhandlungen einzutreten und die Verhandlungskommission der Freien MitarbeiterInnen als Verhandlungspartner anzuerkennen. Daraufhin fand von Juli bis November 2013 eine Reihe von Aktionen an verschiedenen Standorten des Goethe-Instituts statt. Die GEW hat verschiedene Kampagnenmaterialien entwickelt, die auf die besondere Situation und die Forderungen der Freien MitarbeiterInnen hinweisen und zugleich die anderen Beschäftigtengruppen zur solidarischen Beteiligung auffordern. Das Motto »Wir sind Goethe! Gleiche Arbeit, gleiche Rechte für Freie MitarbeiterInnen« bzw. »wir.sind@goethe.de« wurde auf Flugblättern, Postkarten und Transparenten umgesetzt.

Eine Besonderheit waren die Goethe-Masken, die bei den Aktionen zum Einsatz kamen. Sie beziehen sich einerseits auf das Motto der Kampagne und korrespondieren zugleich mit dem Slogan »Wir sind 80 Prozent«, indem auf die Occupy-Bewegung (»Wir sind 99 Prozent«) und die dort häufig verwendeten Guy-Fawkes-Masken angespielt wird. Andererseits wurde damit ein praktisches Problem gelöst: die Sorge vieler Freier MitarbeiterInnen, dass ihnen wegen der Teilnahme an Aktionen Nachteile bis hin zum Auftragsentzug durch das Goethe-Institut drohen könnten. Durch die Masken konnten sie unerkannt an den Aktionen teilnehmen.

Die Aktionen wurden jeweils von den Honorarlehrkräften vor Ort geplant und durchgeführt. Dabei wurden sie von der GEW durch die Aktionsmaterialien und begleitende Pressearbeit unterstützt, wobei häufig die KollegInnen selbst als Ansprechpartner für die Presse vor Ort zur Verfügung standen.

In mehrfacher Hinsicht waren die Aktionen ein großer Erfolg. Zunächst schon deshalb, weil erstmals überhaupt diese Beschäftigtengruppe kollektiv und unübersehbar für ihre Interessen eintrat. Die Beteiligung an den Aktionen übertraf alle Erwartungen: Dadurch, dass in der Regel auch die anderen Beschäftigungsgruppen gewonnen werden konnten, waren deutlich mehr Menschen beteiligt, als Honorarlehrkräfte im Einsatz waren. Es gab zahlreiche kreative Momente, die von den Medien dankbar aufgegriffen wurden.2 Insgesamt ist es gelungen, eine mediale Aufmerksamkeit für die Situation der Honorarlehrkräfte zu erreichen, die in einem längeren Bericht in der Süddeutschen Zeitung vom 16./17. November 2013 gipfelte. Auch das Medium Internet konnte mit selbstgemachten Videos, die u.a. über Facebook verbreitet wurden, erfolgreich genutzt werden.

Die Verweigerungshaltung des Goethe-Vorstands konnten die Proteste zwar nicht durchbrechen. Bei der Mehrheit der Beschäftigten des Goethe-Instituts treffen die Aktivitäten der Freien MitarbeiterInnen jedoch auf große Zustimmung und Unterstützung. Im Frühjahr 2014 hat die Tarifkommission, die die Anwendungstarifverträge des Goethe-Instituts zum TVöD (Bund) verhandelt, die Forderung aufgenommen, dass der Vorstand mit den Freien MitarbeiterInnen in Verhandlungen eintreten soll.

 

       Umsetzung von Organizing-Prinzipien

Die Entscheidung der GEW, sich verstärkt für die Belange der Freien MitarbeiterInnen am Goethe-Institut zu engagieren und deren Selbstorganisation innerhalb der GEW zu unterstützen, kam zunächst ohne expliziten Bezug auf »Organizing« zustande. Gleichwohl wurden dabei mehrere Grundsätze umgesetzt, die mit diesem Ansatz übereinstimmen. Es ging zunächst um die Entwicklung einer Kampagne mit dem Ziel, Freie MitarbeiterInnen gewerkschaftlich zu organisieren und sie dabei zu unterstützen, selbst für ihre Interessen einzutreten. Die Inhalte und Ziele der Kampagne wurden von den Honorarlehrkräften selbst bestimmt und aktionsförmig in die Belegschaft getragen.

Im Anschluss an die ersten Aktionen hat die Verhandlungskommission das Interesse artikuliert, sich explizit mit dem Organizing-Ansatz zu befassen. Im November 2013 erfolgte eine erste Beratung durch ORKA (Organisierung und Kampagnen) mit dem Ziel, sich in der nächsten Phase der Auseinandersetzung stärker auf den Aufbau und die Erweiterung der eigenen Basis an den Instituten zu konzentrieren. Dafür wurde ein »Mapping« der Betriebe entwickelt und die Kampagnenziele in einem Zeitstrahl geordnet. Die Mitglieder der Verhandlungskommission wurden auf 1:1-Gespräche mit KollegInnen vorbereitet, die dann häufig erfolgreich verliefen.

Eine Unterschriftensammlung zur Unterstützung der GEW-Forderungen war für die Aktiven vor Ort eine weitere Gelegenheit, sich zu beteiligen und mit den anderen KollegInnen ins Gespräch zu kommen. Bis Juli 2014 konnten 460 Unterschriften gesammelt werden, die anlässlich des Auftakts zu den Tarifverhandlungen für die Angestellten des Goethe-Instituts am 14. Juli dem Vorstand übergeben wurden. In Düsseldorf hat der SprecherInnenkreis der Freien MitarbeiterInnen ein eigenes Magazin (»Freiarbeit«) entwickelt, das der Information der KollegInnen und dem Erfahrungsaustausch gewidmet ist. Bisher ist eine Ausgabe erschienen.

Die Sitzungen der Verhandlungskommission finden an wechselnden Standorten des Goethe-Instituts statt, um mit den Freien MitarbeiterInnen vor Ort in Kontakt zu kommen. Wo die Kontaktaufnahme gelang, wurden die Treffen sehr positiv aufgenommen und haben Selbstorganisationsprozesse vor Ort ausgelöst.

 

       Ausblick

Nachdem prekäre Beschäftigung und die Situation der Honorarlehrkräfte am Goethe-Institut in der ersten Phase der Kampagne erfolgreich zum Thema gemacht wurde, geht es in der zweiten Phase verstärkt darum, die eigene Basis an Aktiven zu verstärken, um perspektivisch auch zu einer Druck-Kampagne in der Lage zu sein. Da mit einem kurzfristigen Durchbruch hinsichtlich der angestrebten Verhandlungen mit dem Vorstand kaum zu rechnen ist, müssen die Beschäftigten gleichzeitig darauf vorbereitet werden, dass es noch ein langer Weg ist, bis wir unsere Ziele erreichen. Auf dem Weg dahin, werden wir weiter »heiße Themen« in den Betrieben aufgreifen, die durch kollektives Handeln und Verhandeln erfolgreich bearbeitet werden können. Ein Beispiel dafür ist die Schlechterstellung der Honorarlehrkräfte bei der Stundengutschrift für die Teilnahme an notwendigen Schulungen. Hier konnten die Spielräume vor Ort genutzt werden, um durch ein gemeinsames Auftreten zumindest eine Verbesserung zu erreichen.

Bislang sind Honorarlehrkräfte im Weiterbildungssektor ein weißer Fleck auf der gewerkschaftlichen Landkarte. Die Erfahrungen am Goethe-Institut zeigen, dass kampagnenorientierte Gewerkschaftsarbeit ein guter Weg ist, diesen weißen Fleck mit Farbe zu füllen. Das geht nicht von heute auf morgen, aber es geht kontinuierlich vorwärts.

 

* Oliver Brüchert arbeitet als Tarifkoordinator beim Hauptvorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.

 

Anmerkungen:

1)         www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/KulturDialog/Aktuelles/110908-BM_AKBP-Rede_node.html

2)         So u.a. in der rbb Abendschau vom 15. November 2013 und in der Zeitschrift Kulturrisse 3/2013: http://kulturrisse.at/ausgaben/experiment-kunstfoerderung/kulturpolitiken/deutsch-als-flexible-arbeitskraft

 

Erschienen in: express 11/2014