Der Zweck eines Streiks ist finanzieller Schaden...

... meint Neupack-Betriebsrat Murat Günes

in (13.04.2014)

Neun Monate befand sich die Belegschaft von Neupack 2012 und 2013 im Arbeitskampf. Neupack stellt Kunststoffverpackungen her und fällt damit in die Zuständigkeit der IG BCE, die hier ihren ersten Arbeitskampf seit langem führte. Das Unternehmen hat etwa 200 Beschäftigte an den beiden Standorten Hamburg und Rotenburg, die von einem gemeinsamen Betriebsrat vertreten werden. Die meisten verrichten als Angelernte Pack- und Helfertätigkeiten. Etwa die Hälfte sind Frauen. Verlauf und Ergebnis des Konflikts haben für einige Reibereien gesorgt, nicht nur zwischen Belegschaft und dem strikt gewerkschaftsfeindlichen Familienunternehmen, sondern auch unter den Streikunterstützern, die sich aus den aktiven Beschäftigten, einem außerbetrieblichen Solikreis und Gewerkschaftsvertretern zusammensetzten. Im Vorlauf der kommenden Betriebsratswahlen sprachen wir mit Murat Günes, der als Betriebsratsvorsitzender eine zentrale Rolle im Streik gespielt hat, über die Bilanz der Auseinandersetzung, die aktuelle Stimmung im Betrieb und die strategischen Perspektiven.

Ihr habt neun Monate für einen Tarifvertrag gekämpft. Am Ende ist kein Tarifvertrag, aber eine Betriebsvereinbarung herausgekommen. Wie genau sehen die Veränderungen aus und wie schätzt Ihr, Du und Deine KollegInnen das Ergebnis ein?

Es ist richtig, wir haben für einen Tarifvertrag gekämpft, und am Ende haben wir unser Ziel nicht erreicht. Das ist natürlich enttäuschend, politisch und aus Arbeitnehmerperspektive, wenn man neun Monate und neun Tage kämpft, und am Ende wieder nur eine Betriebsvereinbarung rauskommt. Das hat niemanden begeistert – niemanden. Aber ich würde trotzdem sagen: besser als gar nichts. Das hat ja auch zu tun mit der Geschichte dieses kleinen Familienunternehmens. Viele kennen das Unternehmen gar nicht und haben dann schnell gedacht: Klar, das kann man schaffen, das wird schon klappen. Aber dieses Unternehmen hat sich bei seiner Abwehr unserer Forderungen genau an die Devise gehalten: Koste es, was es wolle! Das haben sie nicht gesagt, aber so haben sie gehandelt. Alle möglichen Mittel haben sie eingesetzt – auch rechtlich. Wir leben ja in einem Rechtsstaat, aber viele Gesetze sind für die Arbeitgeber gemacht. Sie haben versucht, unseren Streik zu verbieten. Das hat zum Glück nicht geklappt, es hätte mich aber nicht gewundert, wenn das auch gekommen wäre.

Deswegen ist die Betriebsvereinbarung eben besser als gar nichts, auch wegen der finanziellen Verbesserungen für uns. Das ist nicht, was wir wollten, aber bevor wir mit leeren Händen da rausgehen, haben wir das lieber so gemacht. Einige Kollegen haben sich dabei deutlich verbessert, andere haben leider Null davon profitiert. Das war natürlich keine leichte Situation. Es sind sich aber inzwischen alle einig, dass wir gut gekämpft haben, und wenn es so weit ist, werden wir das auch wieder tun. Erstmal brauchen wir jetzt aber ein großes Durchatmen.

Wie genau sieht denn die Betriebsvereinbarung aus?

Die Löhne werden schrittweise angehoben. Die unterste Lohngruppe bei uns ist »Packer 1«, da werden ab März diesen Jahres neun Euro in der Stunde gezahlt. Insgesamt haben wir 15 Lohngruppen. In der höchsten, die vor allem im gewerblichen Bereich gilt, gibt es ab März 16,90 Euro die Stunde. Dabei gilt immer eine Bandbreite von 10 Prozent nach oben, dass heißt, individuell kann die Bezahlung angehoben werden – das hängt ab von Kriterien wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, kollegialem Verhalten usw. Früher waren die sehr chaotisch. Ein Maschinenführer, der lang bei uns gearbeitet hat, hat zum Beispiel 8,80 Euro in der Stunde verdient, eine Packerin 10 Euro. Das war dieser freie Markt auch unter uns Beschäftigten: Wer sich besser verkaufen kann oder wer die schönere Nase hat, kriegt mehr Stundenlohn. Ich selber habe vor dem Streik 10,71 Euro bekommen, künftig soll ich 13,40 bekommen. Das ist aber gestaffelt: Erst gab es 30 Cent mehr, ab 1. März dann noch mal 30 Cent, im Juli noch mal und so weiter.

Die wöchentliche Arbeitszeit wurde auf 38 Stunden bei vollem Lohnausgleich gesenkt. In Rotenburg waren es vorher 40 Stunden, in Hamburg 39.

Das Urlaubsgeld für Packerinnen und Packer ist auch definiert worden, für Maschinenführer, Einrichter und Betriebshelfer ebenfalls. Vorher war das total unterschiedlich: Der eine kriegte 200 Euro, die nächste 240 Euro, einer 600 Euro… Jetzt ist das nach Berufsgruppen festgeschrieben: Ich bin zum Beispiel Maschinenführer und bekomme deswegen 600 Euro, meine Frau ist bei uns Packerin, die bekommt 450 Euro.

Die Schichtzulagen nachts und am Wochenende sind auch neu geregelt: Die alten Beschäftigten hatten 25 Prozent, die neuen 15 Prozent. Das haben wir jetzt vereinheitlicht auf 25 Prozent.

Unsere Urlaubstage wurden auf 28 mindestens erhöht. In den alten Verträgen waren es 30, das bleibt auch so, aber wir hatten seit ungefähr zehn Jahren bei Neueinstellungen nur noch 25 Tage. Bei denen wurde der Urlaub jetzt auf 28 Tage erhöht.

Mit welchen Mitteln hat Neupack auf den Arbeitskampf reagiert? Welche Konsequenzen hatte der Konflikt für Dich und andere KollegInnen?

Oh, sie hatten viele Methoden. Erstens haben sie versucht, uns zu kriminalisieren. Wir hatten ja eine große Aufmerksamkeit, nicht nur in linken Medien, sondern auch in den rechten und liberalen. Wenn man ins Hamburger Abendblatt, die Bildzeitung, die Morgenpost usw. geguckt hat, haben die auch ein bisschen Interesse gezeigt. Also hat Neupack versucht, uns zu kriminalisieren, um der öffentlichen Aufmerksamkeit eine andere Richtung zu geben. Das ist ein Aspekt. Der zweite ist auch ein rechtlicher: Da haben sie bei mir angefangen, am ersten Streiktag habe ich meine dritte fristlose Kündigung erhalten. Am zweiten und sechsten Streiktag die vierte und fünfte, am 77. Streiktag noch eine… Das ging nur gegen meine Person. Aber ich war nicht der einzige, meinen Kollegen wurde später auch fristlos gekündigt. Die Gegenseite hat genau beobachtet, wer im Streik eine führende Rolle einnimmt, und dann haben sie sofort irgendwelches Pillepalle gefunden, um eine Kündigung zu begründen: Der und der hat einen Kollegen beleidigt, der hat sich den Anweisungen der Polizei nicht gefügt usw. Kein Richter konnte da zustimmen, aber mit solchen Mitteln haben sie uns das Leben schwer gemacht. Das ist das, was uns individuell trifft.

Aber auch kollektiv haben sie sofort zugelangt: Gleich in der ersten Streikwoche haben sie alles getan, um unsere Torblockaden und unsere Streikposten vor dem Tor zu behindern. In einem Eilverfahren hat das Hamburger Arbeitsgericht dem sofort zugestimmt: Wir durften Kollegen nicht anhalten, unsere Streikinfos nicht verteilen, um die Streikbeteiligung zu erhöhen. Genau damit waren wir anfangs sehr erfolgreich: Am ersten Streiktag hatten wir zehn Kollegen überzeugt und auch sofort organisiert, die haben sich direkt beteiligt, und das hat der Arbeitgeber auch gesehen. Dann ist er an beiden Standorten vor Gericht gegangen, vors Hamburger Arbeitsgericht und das Arbeitsgericht Niedersachsen-Verden. Wir mussten dann in Berufung, das hat drei Monate gedauert, bis das LAG uns wieder erlaubt hat, die Streikbrecher für 15 Minuten aufzuhalten und sie über den Streik und unsere Ziele zu informieren.

Natürlich haben sie auch versucht, die Polizei gegen uns zu nutzen. Das hat auch ein bisschen geklappt. Das hat uns erst gewundert, und wir haben intern diskutiert, wie es in einer sozialdemokratisch regierten Stadt wie Hamburg sein kann, dass die Polizei gegen Streikende eingesetzt wird, aber das ist hier auch schon öfter vorgekommen. Ich wohne in Altona, wo die Polizei sich mit ihren Gefahrengebieten breitmacht usw.

Jedenfalls sind sie bei jeder Kleinigkeit angekommen, zum Beispiel wenn unsere Feuertonne vorne stand. Die Unternehmensseite hat auch Autos als Waffe gegen uns benutzt, als wir sie am Tor angehalten haben. Dabei wurde ein Kollege verletzt, dem dann am gleichen Tag noch fristlos gekündigt wurde. Mit Hilfe der IG BCE ist er erst nach vielen Monaten wieder in den Betrieb zurückgekommen. ... [Anm. der Linksnet-Redaktion, 15.6.15: Der folgende Satz ist auf Bitte von Murat Günes hin gestrichen. Hintergrund ist ein Arbeitsgerichtsverfahren, das Murat Günes in der ersten Instanz gewonnen hat, in dem aber die Aussage des jetzt gestrichenen Satzes hinsichtlich körperlicher Angriffe gegen Streikposten nicht bewiesen werden konnte. Mehr zum Verfahren im Labournet-Dossier.]

Angesichts dieser Schilderungen: Gab es denn auch Momente in diesem Arbeitskampf, die Du in guter Erinnerung hast? Und was waren die bittersten Momente?

Es gab zu Beginn des Streiks Kollegen, die hatten am Tag vorher ihre befristeten Arbeitsverträge unterschrieben. Sie wussten, dass sie so keine Aussicht auf Verlängerung haben, aber sie haben sich sofort am Streik beteiligt. Diese Entschlossenheit, das werde ich nie vergessen. In bester Erinnerung habe ich auch die Solidarität der Kolleginnen und Kollegen von außerhalb. Unser Kampf ist schnell deutschlandweit bekannt geworden und auch über die Grenzen, da gab es sehr viele Soli-Schreiben.

Das bitterste waren immer die richterlichen Entscheidungen. Zum Beispiel wenn der eine sagt: Ihr dürft die Leute vor dem Tor 30 Minuten aufhalten, der nächste sagt 15 Minuten, und dann wieder einer, der 22 Minuten festlegt. So was zieht sich in die Länge, und darüber geht der Streik kaputt.

Aber wie gesagt: Die besten Erinnerungen habe ich an die Soli-Aktionen und unseren Hamburger Solikreis. In Rotenburg gab es leider keinen, deswegen konnten wir da auch keine vergleichbaren politischen Aktionen durchführen. In Hamburg hat der Solikreis eine Schlüsselfunktion gehabt während des Dauerstreiks und während des Flexistreiks. In Rotenburg dagegen sind beim Flexistreik viele Kollegen dringeblieben, der eine hat den anderen reingezogen. In Hamburg war es umgekehrt: Wenn einer reingegangen ist, haben wir am nächsten Tag drei andere mit rausgenommen. Das ging nur mit dem Solikreis und seiner guten politischen Arbeit.

War die Entscheidung für den Flexi-Streik von vornherein falsch, oder hätte dieser nur anders geführt werden müssen, nämlich so, dass er für den Arbeitgeber unberechenbar geworden wäre und es für ihn so auch schwerer gewesen wäre, LeiharbeiterInnen einzusetzen?

Nicht der Flexistreik an sich ist falsch, unserer aber schon. Als die ersten Leiharbeiter aus Polen kamen, da war es gut reinzugehen. Aber insgesamt hat unser Streikleiter Entscheidungen getroffen, die gegen uns waren. Der Zweck eines Streiks ist finanzieller Schaden. Das haben wir zwar erreicht, aber nicht ausreichend. Wir haben selbst ein Konzept vorgelegt, das wurde aber nicht mal diskutiert. Wir wollten grundsätzlich kollektiv auf Abmahnungen, Kündigungen und so weiter reagieren. Bei jeder Abmahnung ein Tag Streik, bei jeder Kündigung drei Tage, und zu allen Arbeitsgerichtsprozessen wollten wir mit allen hingehen. Wir wollten den Flexistreik unberechenbarer gestalten, zum Beispiel indem wir einen Streiktag ankündigen, dann aber nur für zwei Stunden rausgehen. Oder nur die Maschinenführer, oder nur die Packer, oder umgekehrt. Oder nach Früh- und Spätschicht... Für die Entscheidungen wollten wir eine demokratisch gewählte Streikleitung: zwei Leute von uns, einer von der Gewerkschaft an jedem der beiden Standorte. Sicher hätten wir am Anfang Schwierigkeiten gehabt, mit so einem Konzept die gleiche Menge Leute mit rauszunehmen. Trotzdem finde ich, dass ein Flexi-Streik anders organisiert werden muss, als es bei uns geschah. Nicht so, dass dem Arbeitgeber zwölf Stunden vorher gemeldet wird: Um sechs gehen wir raus, um zwölf wieder rein. Eigentlich ist ein Flexistreik eine gute Idee, aber wie er bei uns umgesetzt wurde, war er von A bis Z falsch. Deswegen habe ich das auch die Flexi-Verarschung genannt.

Wir hätten die Mittel unseres Gegners besser kalkulieren müssen, und die Leiharbeiter waren eins dieser Mittel. Vielleicht hätte er nicht 70 Leute neu eingestellt, sondern nur 30, und stattdessen versucht, mit uns eine Vereinbarung zu treffen, wenn wir mit einer geschickteren Streiktaktik mehr Druck aufgebaut hätten. Leiharbeiter hätte er so oder so eingesetzt, das erlaubt ihm das deutsche Rechtssystem ja auch. Einerseits gewährt uns das Grundgesetz die Koalitionsfreiheit, andererseits gilt die unternehmerische Freiheit und das AÜG erlaubt die Einstellung von Leiharbeitern, wo kein Richter sagt: Das darfst du nicht!

Wenn ich als jemand mit Migrationshintergrund die deutschen Gesetze so durchgucke, dann finde ich auch vieles, was noch aus der Nazizeit stammt oder direkt aus der Nachkriegszeit. Das ist total widersprüchlich: Einerseits dürfen wir streiken, andererseits darf der Arbeitgeber Streikbrecher anheuern. Wie sollen wir dann streiken?

Der Anwalt Harald Humburg, der den Betriebsrat bei Neupack vertritt, bewertet das Ergebnis des Streiks nicht als Niederlage, sondern als ersten Erfolg und als »Stärkung für einen notwendigen zweiten Anlauf«. Wie ist die Stimmung bei Euch – kann es in absehbarer Zeit einen zweiten Anlauf geben?

Klar, es kommt immer drauf an, wie man kalkuliert. Man muss auch sehen, dass 2002 so gut wie niemand bei uns organisiert war, und wir 2012 einen Organisationsgrad von 75 Prozent hatten, außerdem eine hohe Beteiligung am Streik. So gesehen war der Streik natürlich keine Niederlage. Ob es einen zweiten Anlauf gibt, wird auch vom Ausgang der Betriebsratswahlen abhängen. Wenn wir da wieder eine Mehrheit erreichen, sieht es gut aus. Ansonsten haben wir jetzt auch offiziell eine Vertrauenskörperleitung. Wenn wir den Betriebsrat nicht gewinnen, müssen wir unsere politische Arbeit auf der Ebene machen. Aber insgesamt ist unsere Stärke auf jeden Fall gewachsen.

Mit welchem Ergebnis der Betriebsratswahlen rechnest Du denn?

Schwer zu sagen. Fifty-fifty. Der Arbeitgeber stellt eine eigene Liste – das ist natürlich nicht nachzuweisen, aber die Liste besteht aus Managementkräften, Schichtführern und so. Noch versucht der Arbeitgeber, den bestehenden Betriebsrat einzuschüchtern. Wenn wir wieder eine Mehrheit haben sollten, werden diese Einschüchterungsversuche auch weiter gehen. Schon beim letzten Mal sind sie mit zwei Listen gegen uns angetreten, eine davon hatte auch viele Stimmen, hat aber kaum ein Versprechen eingelöst und ist dann zurückgetreten, so dass wir die Mehrheit hatten.

Als Streikbrecher wurden Leiharbeiter eingesetzt, die im Laufe des Konflikts fest eingestellt wurden. Wie ist jetzt das Verhältnis von den Streikbeteiligten und den »Neuen«?

Anfangs war das ziemlich frostig, aber jetzt wird es langsam gut – wir geben uns die Hände, wir rauchen zusammen, wir versuchen zu diskutieren. Viele verstehen aber fast kein Deutsch. Ich selber rede ja ziemlich gebrochenes Deutsch, die Kolleginnen und Kollegen aus Polen verstehen kaum etwas. Aber wir versuchen das, sie sind ja schließlich auch Arbeiter. Sie haben auch ziemlich große Probleme: Als sie noch Streikbrecher waren, hat der Arbeitgeber ihnen Miete, Strom und Wasser gezahlt, jetzt verdienen sie ihre 8,80 Euro und müssen alles selbst zahlen. Ich hoffe, dass es langfristig besser klappt, sie zu organisieren.

Viele Deiner KollegInnen sind im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung in die Gewerkschaft eingetreten. Wie ist euer Verhältnis zur Gewerkschaft jetzt?

Eigentlich gut. Die Unterstützung vor der Betriebsratswahl jetzt ist gut. Zu Beginn des Streiks, als wir noch im Vollstreik waren, war es auch in Ordnung. Später war es schwierig, weil unser Flexistreik, wie gesagt, nicht demokratisch geführt wurde. Aber dass ein Landesbezirksleiter als Streikführer Mist gebaut hat, können wir nicht auf die ganze Gewerkschaft schieben. Mit unserem zuständigen Sekretär kommen wir gut klar. Von den Streikenden sind jedenfalls nur Leute ausgetreten, die nicht mehr bei uns im Betrieb sind. Außerdem weiß ich noch von vier Streikbrechern, dass sie ausgetreten sind.

Grundsätzlich habe ich auch so meine Probleme mit der Politik der DGB-Gewerkschaften, aber wenn wir uns für einen Moment vorstellen, es gäbe keine Gewerkschaften mehr in diesem Land... Dann sähe es finster aus für Arbeitnehmerrechte, für Betriebsräte, für Tarifverträge. Wir sind auch auf die finanzielle Stärke der großen Gewerkschaften angewiesen, deswegen denke ich, dass wir innerhalb dieser Organisationen kämpfen müssen.

Während der Auseinandersetzung hat sich ein Unterstützerkreis für Neupack gebildet, der teilweise auch heftig kritisiert wurde. Wie war die Zusammenarbeit mit den UnterstützerInnen?

Der Solikreis hat den Flexistreik heftig kritisiert, aber sie haben gute Arbeit gemacht. Er hat sich schon vor dem Streik gebildet, und es galt von Anfang an, dass die kämpfenden Kolleginnen und Kollegen, die Arbeiterklasse, unterstützt werden soll. Der Solikreis hat gesagt: Wir unterstützen die Belegschaft, aber nicht die IG BCE, weil die als sozialpartnerschaftlich orientierte Gewerkschaft bekannt ist. Die Gruppe trifft sich jetzt als »Arbeitskreis betriebliche Kämpfe« weiter. Im Moment kann ich nur selten an den Treffen teilnehmen, weil die immer nachmittags sind, und wenn ich Spätschicht arbeite, schaffe ich das nicht.

Von dem Solikreis nehme ich aber eine Botschaft mit, die er auf einem Flugblatt nach dem Streik formuliert hat. Mit Bertolt Brecht sagen sie da: »Wer kämpf, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren!« Und das haben sie ergänzt: »Wer verloren hat, kann wieder aufstehen. Wer wieder aufsteht, hat Erfahrungen!«