Extremismusklausel auf der Kippe

Das Verwaltungsgericht Dresden (VG) hat im April 2012 entschieden, dass die sog. Extremismusklausel rechtswidrig ist. Der sächsische Verein Alternatives Kultur- und Bildungszentrum e.V. hatte dagegen geklagt, für den Erhalt einer Förderung die „Einverständniserklärung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ unterzeichnen zu müssen.

Seit 2011 müssen alle Projekte, die Fördergelder im Kampf gegen Neonazis aus dem Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ beantragen, diese Klausel unterzeichnen. Infolge einer Initiative von Kristina Schröder (CDU) sollen sie sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung (FdGO) bekennen, deutlich machen, dass sie keine „Linksextremist_innen“ sind und sicherstellen, dass auch ihre Bündnispartner_innen und Referent_innen uneingeschränkt zur FdGO stehen. Dadurch soll, so der Wortlaut der Erklärung, eine „Unterstützung extremistischer Strukturen durch die Gewährung materieller oder immaterieller Leistungen“ verhindert werden. Eine ähnliche Klausel gibt es auch vom Bundesinnenministerium.

Rechtlich wie politisch wird diese Erklärung bereits seit ihrer Entstehung von gesellschaftspolitischen Akteur_innen heftig kritisiert. Zudem bemängeln bspw. der Verwaltungsrechtler Ulrich Battis und der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Verhältnis- und Zweckmäßigkeit und vermuten einen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot.

Die politische Kritik bezieht sich vor allem auf drei Aspekte: Zum einen liegt der Klausel eindeutig der sog. Extremismusbegriff zu Grunde. Links und Rechts werden als vergleichbare und letztendlich gleiche „extremistische“ Feinde der Demokratie und der FdGO angesehen. Wobei Demokratie und FdGO als etwas Starres und fernab jeglicher Kritik, Auslegung oder Gestaltung Stehendes verstanden werden. Zweiter Kritikpunkt ist das Misstrauen gegenüber dem Engagement gegen Nazis. Wer gegen Rechts kämpft, muss erstmal darlegen, dass er_sie nicht „linksextremistisch“ ist. Der dritte Punkt, welcher auch maßgeblich für die Entscheidung des VG war, ist die geforderte Überwachung. Die Vereine müssen alle ihre Partner_innen auf FdGO- feindliche Bestrebungen untersuchen und dürfen ggf. nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Dies ist nicht nur politisch mehr als fragwürdig. Das VG hält sowohl die Formulierung „Partner“ als auch das abverlangte Verhalten der Organisationen für zu unbestimmt. Das Gericht hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zugelassen, es bleibt also spannend, ob die Extremismusklausel Bestand haben wird und die oberen Gerichte auch auf die anderen Kritikpunkte eingehen werden.

Jannik Rienhoff, Marburg